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Wilhelmshaven und Pyro auf Kufen

Vorwort

Liebe Leser,

ich weiß, ich breche nun ein Versprechen. Es ist schon über ein Jahr her, dass ich hier nichts mehr schreibe. Hui, die Zeit fliegt.

Aber ab und zumal (vielleicht so jedes Jahr?) jucken mir doch die Blogfinger und dann schreibt man mal einen Gastbeitrag und erfreut/ärgert/beglückt/nervt euch mit ein paar Zeilen. Ein paar mehr Zeilen. Vielen Zeilen. Und dann gleich mit einem komplexen und eher nicht so actionreichen Thema.

Während ich so mit meinem Cocktail in der Rentnerhängematte mein Pensionistendasein genieße, hauen die Jungs echt gute Dinge raus. Mir gefällt das. Und wenn die beiden nicht so faul wären, wäre noch viel mehr Blödsinn und Heavy Metal möglich.

Also noch mal die Warnung: Ab jetzt wird es lang (!!) und vielleicht nicht ganz so unterhaltsam. Harter Stoff voraus! Für die Hooliganberichte sind halt unsere jungen Freunde zuständig.

Aber warum?

Aber warum juckt nun die Bloggerfeder? Erinnert ihr euch noch an die vielen Artikel über die Sportgerichtsbarkeit des DFB? (exemplarisch mal einer verlinkt: Hier)  Diese ist einfach zu spannend, um sie nicht zu kommentieren. Das jucken siegte.

Man kann diese Sportgerichtsbarkeit sehr gut in Frage stellen, wie wir hier schon häufiger thematisiert hatten. Unser Verein hat dazu leider nie die Eier gehabt und so endet auch die aktuelle Pokalgeschichte mit einem „der Verein hat das Urteil akzeptiert.“

Nun soll das ausdrücklich keine Kritik an unseren Altvorderen sein. Ich weiß nicht, was für Druckszenarien da im Hintergrund aufgebaut werden. Ich weiß nicht, ob man als Verein nicht einfach sagt: „Hey, 10.000 Euro sind uns eine schöne Show einfach mal wert, scheiß drauf.“ Bei einem Millionenetat sind irgendwie 50.000 Euro für Strafen ein Posten, den man vernachlässigen kann. Jeder unglückliche Spielereinkauf kostet mehr.

Die wir – und so viel darf ich zur aktuellen sportlichen Situation sagen – nicht getätigt haben. Da verweise ich mal auf den Übersteiger, der das sehr fein auseinander genommen hat. Und – dies sei auch kurz erwähnt – ich glaube an die Jungs. Das wird ein hartes Brett, 22 Punkte zu holen, aber dieser Kader kann das und anstatt Naki zu brüllen, sollten wir die Jungs in jeder noch zu spielenden Minute unterstützen.

Vorbemerkung

Zurück also zum Thema: Die Sportgerichtsbarkeit. Eigentlich ein alter Hut. Lange ausgesungen. Und doch plötzlich brandaktuell und mit neuen Aspekten. Denn das OLG Bremen hatte den Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven vor der Flinte und verkündete am 30.12.14 ein bemerkenswertes Urteil.

Kurzfassung: Es erklärte den Zwangsabstieg des SV Wilhelmshaven für unzulässig. Begründen tut es dieses mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit und einem Verstoß gegen diese. So auf den ersten Blick deutlich und klar. Trotzdem ist es spannend, sich die einzelnen Details des Urteils mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Das soll unser erster Schritt sein.

Wenn wir diesen Schritt getan haben, würzen wir das ganze mit der Rechtsprechung im Fall Pechstein. Denn auch hier zweifelt ein ordentliches Gericht deutlich an der Verbandsrechtsprechung. Und das ggf. noch absoluter. Und wenn wir dies getan haben, fragen wir uns zuletzt, was das alles mit der Pyro-Rechtsprechung zu tun hat.

Wichtig dabei ist: Juristen neigen dazu, ihre Meinung (!) als absolut hinzustellen. Kein Jurist sagt: „Ich bin der Meinung, dass dies verfassungswidrig ist.“ Nein, jeder Jurist sagt: „Das ist verfassungswidrig.“ Ich habe damit grundsätzlich Bauchweh. Man täuscht dort eine Absolutheit von Meinungen vor, die einfach gerade im Juristischen nicht gegeben ist. Die Anwendung von abstrakten Normen auf Lebenswirklichkeiten ist immer ein Graubereich. Und dies wird viel zu doll übersehen. Man könnte auch sagen, dass Juristen wider besserem Wissens eindimensionalen Weltbildern Vorschub leisten. Aber das ist natürlich auch sehr eindimensional.

Und so muss man auch das Urteil des OLG Bremen lesen. Dieses hat eine juristische Meinung. Nun ist so ein Oberlandesgericht nicht das Königlich Bayrische Amtsgericht und auch nicht Richter Alexander Hold, da sitzen drei gut ausgebildete, fähige und bewährte Richter. Aber auch diese können sich irren oder der BGH (fünf noch besser ausgebildete, noch fähigere und noch bewährtere Richter) ist letztendlich anderer Meinung. Denn – wie ihr sehen werdet – geht es hier auch um Abwägungen.

Und daher muss man folgenden äußerst wichtigen Hinweis lesen:

Das Urteil des OLG Bremen in Sachen SV Wilhelmshaven ist nicht, ich wiederhole, nicht rechtskräftig. Der BGH wird sich höchstwahrscheinlich damit beschäftigen.

Der Sachverhalt

Wenn man das Urteil im Original liest, dann verdreht einem dieses schnell den Kopf, denn hier fliegen Kläger, Verein, Beklagter etc. ganz schnell durcheinander. Dazu muss man sich anschauen, welche Geschichte der SV Wilhelmshaven hat.

Sportlich 2006/2007 in der Regionalliga Nord ansässig. Damit in einer Liga, die direkt dem DFB und seinem Regelwerk unterfällt. Damals verpflichtete der SVW (ich nutze jetzt mal diese Abkürzung, auch wenn der geneigte Fußballfan da vielleicht an einen anderen Verein denkt) einen Spieler aus Argentinien. Was für den weiteren Fortlauf wichtig ist: Dieser Argentinier hatte auch einen italienischen Pass.

Das OLG schreibt dazu lapidar: „Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der verpflichtete Spieler auch italienischer Staatsangehöriger ist…“. Und damit ist für ein Zivilgericht das Thema auch erledigt, denn einen Aufklärungsgrundsatz hat es nicht. Und das obwohl wahrscheinlich auch dem Gericht bekannt ist, dass mit der doppelten Staatsangehörigkeit Italien/Argentinien im Profisport erheblicher Schindluder getrieben wurde und wird. Soll nicht unser Thema sein, ein Hinweis an dieser Stelle muss aber trotzdem sein, denn die italienische Staatsangehörigkeit des Spielers spielt eine entscheidende Rolle.

Nun gut, der Spieler durchlief in Argentinien also seine Jugendjahre und wurde dementsprechend von argentinischen Vereinen ausgebildet. Und unterschrieb dann in Wilhelmshaven (Globalisierung kann schon etwas komisch sein) seinen ersten „Profivertrag“. Für diesen Fall sieht das Reglement der FIFA (!) vor, dass den Vereinen seiner Jugend eine Ausbildungsentschädigung zusteht. Diese hat die FIFA pauschalisiert und je nach Wertigkeit der Ligen ausgestaltet. Im Detail uninteressant. Für die damalige Regionalliga Nord ergab sich 30.000 Euro pro Ausbildungsjahr (!!), solange der Spieler unter 15 war sollten 10.000 pro Ausbildungsjahr gezahlt werden.

Insgesamt beläuft sich die vom SVW zu zahlende Summe auf (gerundet) 160.000 Euro.

Man muss kein Jurist sein, um hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellen zu können. Ein Verein, der in der damaligen 3. Liga mitspielte, gab vielleicht irgendwas zwischen 1,5 und 5 Millionen aus. Da tut so eine Entschädigung schon erheblich weh. Um es mal freundlich zu formulieren. Man könnte auch sagen: Kein Verein der dritten Liga kann das bezahlen. Man kann auch ohne weiteres dahin gestellt lassen, ob das Wort ENTSCHÄDIGUNG wirklich das richtige ist, denn diese Summe wird sich wahrscheinlich nicht wirklich an den tatsächlichen Kosten orientieren.

Der Spieler hatte nebenbei schon damals eingewandt, dass er italienischer Staatsbürger sei.

Wichtig aber ist DFB => Ligaveranstalter, FIFA => setzt diese Regel.

Der SVW zahlte in der Folge nicht, verlor jedoch bei allen verbandsinternen Gerichten und dem berühmten CAS (wer nicht weiß, was das ist, folge bitte dem Link auf Wikipedia). Der SVW ging gegen das Urteil des CAS aber nicht in eine weitere Berufung!

2011/2012 wurde daher gegen den SVW eine Strafe der FIFA verhängt, die insbesondere in einem Punktabzug bestand und bei Nichtzahlung in einem weiterem Punktabzug für die nächste Saison. Daher wurde dem SVW vom DFB in der Saison 11/12 sechs Punkte abgezogen

2012/2013 wurden dem SVW erneut sechs Punkte abgezogen. Diesmal jedoch nicht mehr vom DFB, der nicht mehr zuständig war, sondern vom NFV (Norddeutschen Fußballverband), dessen Mitglieder der SVW durch sportliche Erfolglosigkeit und Einführung der 3. Liga geworden war.

Was man nämlich wissen muss: Der DFB ist mehrstöckig aufgebaut. Ganz unten ist der Fußballverein. Dieser ist Mitglied in seinem örtlichen Fußballverband (hier der NFV), welcher dann wieder Mitglied im DFB ist. Und so werden auch die Strafen nach unten durchgereicht.

Eine gegen den zweiten Punktabzug gerichtete Klage vor dem Bremer Landgericht wurde nicht zu Ende gefochten, weil auch in dieser Saison der SVW in der Liga blieb.

Zahlen tat der SVW immer noch nicht und so ordnete die FIFA(!)-Disziplinarkommission am 05.10.12 den Zwangsabstieg des SVW in die nächst niedrigere Liga ab. Eine gegen diese Entscheidung eingelegter Einspruch beim CAS wurde am 24.10.13 abgewiesen.

Und jetzt wird es freakig. Die FIFA weist darauf hin den DFB an, den SVW zwangsabsteigen zu lassen, dieser bat dann den örtlichen Fußballverband die FIFA-Entscheidung durchzusetzen, der dann den Zwangsabstieg beschloss. Denn nur dieser ist ja überhaupt verbandsrechtlich mit dem SVW verbandelt.

Man kann sich das wahrscheinlich ungefähr so vorstellen. Bei Niersbach klingelt das rote Telefon. Sepp ist dran und senkt den Daumen. Daraufhin greift Niersbach zum grünen Telefon und senkt erneut den Daumen. Wie in so einem schlechten Film.

Und nun wird es spannend. Der NFV hat in seiner Spielordnung keine Strafe vorgesehen für die Nichtzahlung von Ausbildungsentschädigungen. Der DFB auch nicht. Vielmehr wird vom NFV auf die „jeweils gültige Satzung des DFB“ verwiesen und dieser verpflichtet sich in seiner Satzung, dann Entscheidungen der FIFA umzusetzen.

Exkurs

Das wäre ungefähr so, als würde im Strafgesetzbuch stehen: „Ob das strafbar ist und welche Strafe du zu erwarten hast, bestimmt die EU, welche sich verpflichtet hat Entscheidungen der UN umzusetzen.“

Die Juristen haben das schöne Wort „Bestimmtheit“, welches in seiner reinen Konsequenz heißt, dass jeder Bürger aus der Norm selbst ablesen können muss, was ihn erwartet. Dies wäre z. B. bei einer solchen Technik doch eher zweifelhaft.

Gerade im strafenden Recht gilt der Grundsatz: „Keine Strafe ohne (bestimmtes) Gesetz“. Über die Details, was denn nun bestimmt ist und was nicht, sind juristische Bibliotheken geschrieben worden. Ein schönes Beispiel aus der alltäglichen Praxis ist z. B. der Landfriedensbruch. Wer uns da in einem einfachen Satz erklären kann, was strafbar und was nicht strafbar ist, der ist schon ziemlich gut.

Der DFB in seiner eigenen strafenden Gerichtsbarkeit sieht das bei den Pyro-Vergehen nicht so eng. Denn solange man auch in der Rechts- und Verfahrensordnung blättert, einen Passus „Pyro ist verboten und kann mit bis zu XYZ Euro bestraft werden“ findet man in dieser nicht. Zwar gibt es ein Verbot bei Bundesligaspielen, aber das ist keine Strafnorm! (siehe dazu und zu Erfurt ein bisschen allgemeiner „Strafrecht am Spieltag“)  Der DFB nimmt dort das „unsportliche Verhalten“ und packt da eigentlich alles drunter, was ihm nicht passt. Da werden selbst Luftballons zu unsportlichem Verhalten. Ob dies eine ausreichende Bestimmtheit hat, kann man stark diskutieren. Wohlgemerkt: Auch der DFB kann anders, denn nur ein paar Normen davor und danach hat er für andere Fälle (z.B. Doping) sehr detaillierte Normen, die Tatbestände und Rechtsfolgen sehr stark ausfächern.

Exkurs Ende

Kurz und gut. Da die Rechtsmittel gegen den nun verordneten Zwangsabstieg innerhalb des Verbandes keinen Erfolg hatten, wurde der SVW abgestiegen. (verkürzte Darstellung)

Was nun macht das OLG aus diesem Sachverhalt?

Die Vorinstanz hatte die Klage noch zurückgewiesen. Das OLG lässt sich nun lange über die Zulässigkeit einer Klage vor einem ordentlichen Gericht aus und behandelt dann die Begründetheit der Klage.

Zulässigkeit der Klage: Erst mal muss man den Klageweg eröffnen. Und der könnte dann eben nicht eröffnet sein, wenn die Gerichte eines Verbandes ein Schiedsgericht sind, welches den normalen Klageweg ausschließt. Dies ist nach der ZPO (Zivilprozessordnung) möglich. Wir müssen uns deswegen mal die Voraussetzungen dafür angucken und dann sehen, ob die NFV- und DFB-Gerichte diese Voraussetzungen einhalten.

Voraussetzungen für ein abschließendes Schiedsgericht

Man neigt zur Zeit dazu, Verbandsgerichte als etwas Böses zu betrachten. Dabei sind sie es per se eigentlich nicht. Ein spezialisiertes Gericht macht in diesem Bereich definitiv Sinn. Man stelle sich vor, jede Rote Karte müsste vor einem Amtsgericht verhandelt werden. Dies ergibt weder Sinn, noch will das jemand.

Sowieso wollte der Gesetzgeber eine Möglichkeit schaffen, dass man zivilrechtlich ordentliche Gerichte ausschließt und Fälle vor sachnäheren Schiedsgerichten verhandelt. Auch Schiedsgerichte haben in Zeiten von TTIP einen schlechten Ruf, weil dieses Abkommen den Gedanken eines Schiedsgerichtes doch pervertiert, aber grundsätzlich ergeben Schiedsgerichte absolut Sinn, da sie sachnäher sein können und schneller entscheiden können.

Und so hat der Gesetzgeber in den §§ 1025ff ZPO die Möglichkeit eines Schiedsgerichtes geschaffen, welches auch den Gang zu den ordentlichen Gerichten ausschließt. Er sah aber auch schon die Gefahr, dass einer den anderen dabei überfährt. Und so schrieb er gewisse Voraussetzungen in diese Normen, u. a. muss so ein Verbandsgericht paritätisch besetzt sein. Das OLG Bremen formuliert es in Anschluss an eine BGH-Entscheidung wie folgt:

„Um ein solches Schiedsgericht zu sein, muss das Vereinsgericht satzungsmäßig als unabhängige und unparteiliche Stelle organisiert sei und die Streitbeteiligten müssen paritätisch Einfluss auf dessen Besetzung nehmen.“

(In der Praxis wird dies z. B. gerne wie folgt erreicht: Jede Partei bestimmt einen Schiedsrichter, diese beiden einigen sich dann gemeinsam auf einen dritten Schiedsrichter, der mit beiden nix zu tun hat.)

Und gerade dieser Punkt „paritätisch besetzt“ ist hier spannend. Denn der BGH hat 2013 (für Juristen: Urteil vom 23.04.13 II ZR 74/12) folgenden Satz in ein Urteil zum Boxverband geschrieben: „Die Mitglieder des Berufungsausschusses des Klägers werden nach Art. 21 Abs. 2 der Satzung von der Generalversammlung des Klägers gewählt. Das genügt nicht dem Erfordernis der paritätischen Bestimmung der Schiedsrichter durch die Streitparteien.“

Der BGH will dann noch unterscheiden zwischen Streitigkeiten von Organen eines Vereines untereinander, wo er vielleicht eher noch einen Ausschluss des Weges zur normalen Gerichtsbarkeit sieht, und Streitigkeiten, die über „innere Ordnung des Vereines“ hinausgehen.

Ich sage euch ganz ehrlich: Dieses Urteil war mir bis zum OLG Bremen nicht bekannt. Und in meiner unbedeutenden Meinung ist dieses Urteil und dieser Satz das Ende jeglicher abschließender Rechtsprechung durch Verbände.

NFV und DFB

Beim NFV ist das ganze schnell erzählt. Seine Verbandsgerichte werden von der Mitgliederversammlung bestimmt. Siehe oben. Damit ist der Weg zu einem ordentlichen Gericht eröffnet.

Beim DFB ist das ganze etwas anders aufgebaut. Die Verbandsgerichte sind dreigliedrig. Es gibt ein DFB-Sportgericht, welches vom Verbandstag gewählt wird; als Rechtsmittelinstanz gibt es ein Bundesgericht, welches vom Verbandstag gewählt wird. Diese entsprechen also nicht den Maßstäben des BGH.

Als letzte Instanz gibt es aber ein ständiges Schiedsgericht, dessen Zuständigkeit und Besetzung durch einen Schiedsgerichtsvertrag bestimmt wird, der zumindest für Liga 1 und 2 öffentlich ist. Dieser muss (!) von jedem Verein, der in den Bundesligen 1 und 2 spielen will, unterzeichnet werden. Zur Besetzung beinhaltet dieser Schiedsgerichtsvertrag folgenden schönen Passus: (alle nun folgenden Zitate findet ihr hier in den Satzungen und Ordnungen)

„Das Ständige Schiedsgericht entscheidet in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern.“

„Der Vorsitzende und sein ständiger Vertreter werden von der Mitgliederversammlung des Ligaverbandes, der DFL und dem DFB einvernehmlich benannt. Der Vorsitzende des Ständigen Schiedsgerichts ist Herr Professor Dr. Udo Steiner, Regensburg. Ständiger Vertreter ist n.n.“ (auch schon ein starkes Stück)

„Die Mitgliederversammlung des Ligaverbandes benennt für die Teilnehmer fünf Beisitzer, der Vorstand des Ligaverbandes, die DFL und der DFB benennen jeweils bis zu fünf, mindestens jedoch drei Beisitzer. Ligaverband und DFL können dieselben Beisitzer benennen. (die werden in der Folgezeilen namentlich genannt)“

„Die Parteien bestimmen für das jeweils laufende Verfahren einen der von ihnen benannten Beisitzer. Der Vorsitzende des Ständigen Schiedsgerichts unterrichtet die jeweils andere Partei hiervon. Streitgenossen müssen sich auf einen gemeinsamen Beisitzer einigen.“

Zusammengefasst heißt das folgendes: Wenn ich dieses ständige Gericht anrufe, dann habe ich Udo als Vorsitzenden. Dazu kann ich mir aus einer Liste von höchstens 20 Personen meinen eigenen Beisitzer auswählen, die Gegenseite (der DFB) auch.

Man kann sehr daran zweifeln, dass dies eine paritätische Besetzung im oben genannten Sinne ist. Udo ist vom DFB gewählt und bekommt mindestens noch einen Beisitzer, der auch vom DFB stammt. Damit sind 2/3 immer eher DFB-nah. Unabhängig, neutral, paritätisch besetzt?

Und selbst das 1/3, welches ich selber bestimmen kann, kommt aus einer Liste, die vorher von Verbandstagungen bestimmt wurde. Auch hier könnte man erhebliche Zweifel an der Parität und der Neutralität haben. Kurzum: Dass wirklich die Voraussetzungen des BGH-Urteils von der DFB-Verbandsgerichtsbarkeit eingehalten werden, kann man ganz stark bezweifeln. Damit wäre diese nicht abschließend und damit wäre der Weg für jeden Fußballverein zu ordentlichen Gerichten eröffnet.

(Ganz ehrlich: Hatte ich bisher so nicht gesehen. Wie schon gesagt, das Urteil des BGH aus 2013 ist der Hammer.)

Und was ist mit dem CAS?

Das LG Bremen hatte noch damit argumentiert, dass der SVW nicht alle Rechtsmittel vor dem CAS ausgeschöpft hatte und deswegen ein ordentliches Gericht nicht mehr anders entscheiden könne.

Dies wischt das OLG ziemlich schnell vom Tisch. Seiner Meinung nach ist der Rechtsweg dann ausgeschöpft, wenn man innerhalb eines Verbandes den Rechtsweg ausgeschöpft hat. Man müsse nicht weiter zum übergeordneten Verband gehen und dort wieder Rechtsmittel einlegen. Begründen tut er dies mit dem Spannungsfeld zwischen Vereinsautonomie und effektivem Rechtsschutz, der hier dann in Richtung effektiven Rechtsschutz ausschlägt.

Dies kann man definitiv anders sehen und dies könnte dem SVW ggf. noch den Kopf kosten.

Begründung des Urteils

Inhaltlich ist das Urteil dann schnell begründet. Der Zwangsabstieg soll ja letztendlich die Nichtzahlung der Ausbildungsentschädigung sanktionieren. Anstatt des Gerichtsvollziehers wird hier halt der Zwangsabsteiger geschickt.

Das OLG sieht aber nun einen Verstoß der Ausbildungsentschädigung in der heutigen Form gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit der EU. Auf die sich eben auch ein Arbeitgeber berufen kann. Klingt erstmal komisch, aber logisch, sonst müsste immer die ärmste Sau ihre Rechte durchklagen. Aber im einzelnen:

Das OLG schreibt einleitend dazu:

„Gegenüber Disziplinarentscheidungen der Vereins- oder Verbandsgerichtsbarkeit wird der gebotene Rechtsschutz des der Verbandsstrafgewalt unterworfenen Personenkreises dadurch gewährleistet, […] hinaus überprüfen und zwar auf ihre Begründetheit im Gesetz und in wirksamen – ihrerseits der Inhaltskontrolle auf ihre Angemessenheit unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben unterliegenden – Bestimmungen des maßgeblichen Regelwerks, auf die Einhaltung eines elementaren, rechtsstaatlichen Normen und der eigenen Verfahrensordnung des Verbandes entsprechenden Verfahrens, auf die Fehlerfreiheit der dem Spruch zugrunde liegenden Tatsachenermittlungen sowie bei sozial mächtigen Verbänden auf ihre Billigkeit. Die Entscheidungen der Sportgerichte können, soweit es nicht um die Einhaltung der Spielregeln im engeren Sinne geht, keine Ausnahme für sich beanspruchen.“

Man kann das auch eindampfen zu: Ein ordentliches Gericht kann überprüfen, ob das Gesetz eingehalten wurde, ob das eigene Regelwerk eingehalten wurde, ob elementare, rechtsstaatliche Normen eingehalten wurden und ob bei einem sozial mächtigen Verband die Billigkeit gegeben ist. Der letzte Satz ist lustig: Bei einer Roten Karte gelten diese ganzen Maßstäbe dann nicht mehr? Da können wir die spanische Inquisition einsetzen? Hm, wohl eher nicht.

Achtung: Damit kommen dort Grundrechte als Maßstab zur Bedeutung. Etwas, was ja sonst zwischen zwei Privaten nicht der Fall ist. Meinungsfreiheit heißt eben nur, dass der Staat dir zuhören muss und deinen Blödsinn dulden muss. Ich als Einzelperson muss es nicht. Da hier aber eine Ersetzung der staatlichen Gerichte erfolgt, interpretiere ich das deutlich so, dass hier ganz direkt auch die Grundrechte jedes Beteiligten geprüft und beachtet werden müssen.

Interessant ist hier auch die Billigkeit. Ist es eigentlich noch billig und gerecht, einen Verein mit 20.000 Euro Pyrostrafe zu belegen, wenn er sich das genehmigen lassen hat? Oder für Trillerpfeifen? Für Ballons? Für Papierrollen? Für genehmigte Wunderkerzen?

Nun will ich hier nicht vorwegnehmen, was ich gleich noch mal länger ausführen möchte, aber kann diesen Gedanken ohne weiteres mal im Auge behalten.

Arbeitnehmerfreizügigkeit

Hier ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit betroffen, die für einen EU-Bürger den Status eines Grundrechtes hat. Das OLG Bremen zitiert dann Bosman und schreibt u.a.:

„Eine Maßnahme, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ist nur dann zulässig, wenn mit ihr ein berechtigter, mit dem Vertrag vereinbarter Zweck verfolgt wird und sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Dabei muss die Anwendung einer solchen Maßnahme geeignet sein, die Verwirklichung des in Rede stehenden Zwecks zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zu seiner Erreichung erforderlich ist. Für den Berufssport hat der EuGH festgestellt, dass angesichts der beträchtlichen sozialen Bedeutung, die dem Sport und insbesondere dem Fußball in der Union zukommt, der Zweck, die Anwerbung und die Ausbildung junger Spieler zu fördern, als legitim anzuerkennen ist“

Mit anderen Worten: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit verbietet mitnichten jegliche Ausbildungsentschädigung.

Aber: „Transferentschädigungen erfüllen mithin die Funktion des Ersatzes von Ausbildungskosten nur dann, wenn sie sich an den tatsächlich angefallenen Ausbildungskosten orientieren und nicht am Marktwert des fertigen Spielers“

Das ist bei einer pauschalen, an einer mehr oder minder willkürlichen Ligaklassifizierung, die sich nicht an den Kosten in Argentinien (!!) orientiert, nicht der Fall. (Wird im Urteil sehr lang ausgeführt.) Dies sieht nebenbei die FIFA auch so, denn innerhalb der EU berechnen sich die Ausbildungsentschädigungen etwas anders. Hier werden die Trainingskosten pauschalisiert mit beachtet. Aber ob das nun reicht? Das OLG Bremen hatte dies nicht zu entscheiden.

Real Madrid, Arsenal London und auch Rot-Weiss Essen werden diese Ausführungen nebenbei gerade mit Interesse lesen. Da ist nämlich viel Geld wegen des Transfers von Özil geflossen.

Und hier kann man zweifeln. Pauschalisierungen sind im Recht ohne weiteres möglich. Und man könnte sich vorstellen, dass der BGH ggf. genau diese Frage den EuGH zur Entscheidung vorlegt. Ist dies ggf. eine noch zulässige Pauschalisierung? Ja oder nein?

Insgesamt bleibt es ein bisschen abartig. Weil die Ausbildung in Argentinien „billiger“ ist, bekommst du als Verein weniger oder gar nix und das Geld bleibt bei den reichen Vereinen (oder dem jetzigen Starspieler). Das ist nicht gerade das, was man „sozial gerecht“ nennt.

Nun neige ich auch dazu eher zu sagen, dass das Ganze den Voraussetzungen der EU nicht entspricht. Die will ja ganz bewusst die Beweglichkeit eines Arbeitnehmers erhöhen und damit auch ganz bewusst dort die „Kräfte des Marktes“ spielen lassen. Und diese „Kräfte des Marktes“ bevorteilen immer denjenigen, der einen nachgefragte Leistung erbringt. Hier also den Starspieler.

Aber sicher ist so etwas nicht.

Spannend ist auch zu sehen, wie sich die Frage nach der italienischen Staatsbürgerschaft entwickelt hat. Dies wurde erst bestritten, dann vom CAS festgestellt und nun bähm, ist es unstrittig. Das wird nun aber in Stein gegossen, denn weder vor dem BGH noch in einem eventuellen Vorlageverfahren zum EuGH wird noch mal neu ermittelt.

Aber hindert nicht die FIFA?

Bleibt noch eine letzte Frage. Immerhin hat ja hier nicht der NFV aus eigenem Antrieb gehandelt, sondern er ist ja von oben angewiesen worden. Muss nicht etwa direkt die Fifa verklagt werden?

Das OLG verneint dies. Zwar sieht er auch diese Über- Unterordnungsverhältnis und erkennt auch an, dass man Sport nach einheitlichen Regeln betreiben muss. Er führt dann aber aus, dass es hier eben nicht um die Frage der Kernregeln des Spieles geht, sondern um Transfers. Sozusagen: „Wichtig ist auf dem Platz, das könnt ihr als FIFA zwingend regeln.“ Aber: „Neben dem Platz, da müsst ihr schon eher überprüfen, ob das alles dem Recht und Gesetz entspricht.“

Der DFB hat dies in seiner Satzung für Entscheidungen des CAS ausdrücklich geregelt: „und unterwirft sich den Entscheidungen des CAS, soweit zwingendes nationales oder internationales Recht nicht entgegensteht oder die FIFA- oder UEFA-Reglemente Ausnahmen zulassen.“

Das OLG sagt also: Lieber DFB, das hättet ihr schon prüfen müssen, bevor ihr das weiterreicht. Und auch du, lieber NFV hättest das prüfen müssen, denn auch du verweist auf die Satzung des DFB und damit auf diesen Passus.

Der DFB argumentierte, das könne er nicht. Und im Juristendeutsch schreibt das OLG Bremen dem DFB ein „Willst du mich eigentlich verarschen?“ ins Stammbuch:

„Soweit der Beklagte im vorliegenden Prozess einwendet, (selbst) der DFB sei zu einer solchen Überprüfung nicht in der Lage, hat der Senat angesichts der gerichtsbekannt nicht unbeträchtlichen finanziellen und personellen Ausstattung des DFB Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Vortrags.“

Das OLG hat nebenbei die Revision zugelassen. Das ist eigentlich auch immer ein bisschen der Selbstschreck von Gerichten, wenn ihnen ihre eigene Argumentation ggf. nicht überall geheuer ist. Man hätte die hier auch ohne weiteres auch nicht zulassen können. Immerhin haben der BGH und der EuGH schon viele Fragen diskutiert. Und ob der SVW nun eine grundsätzliche Bedeutung hat, kann man auch mal bezweifeln.

Fazit

Das OLG Bremen erschüttert erheblich die Sportgerichtsbarkeit des DFB. Es spricht ihm ziemlich eindeutig die Voraussetzungen für ein Schiedsgericht, welches die ordentlichen Gerichte ausschließt, ab.

Das OLG Bremen sieht eine Überprüfungsmöglichkeit für ordentliche Gerichte, ob die Urteile der Sportgerichte gegen das geltende Recht verstoßen und bei sozial mächtigen Verbänden (und niemand würde dies beim DFB auch bezweifeln) auch ob diese billig sind.

Das OLG Bremen sieht einen deutlichen Unterschied dort, wo es um die Regeln auf dem Platz geht und den Regeln neben dem Platz.

Letztendlich verstößt die hier in Frage stehende Regelung gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit.

Pechstein?

Nun gibt es ja ein Verfahren, welches ganz ähnliche Fragen behandelt. Und zwar das Verfahren Pechstein.

Hier fehlen die Gründe im einzelnen noch, aber wenn man den Presseveröffentlichungen glauben will (siehe Link oben), dann haut das OLG München zum einen in die gleiche Kerbe wie das OLG Bremen. Auch hier wird die Parität und die Neutralität von Sportgerichten erheblich angezweifelt, weil die Verbände immer einen Vorteil bei der Besetzung haben.

Das OLG München äußert aber noch einen anderen Aspekt. Nämlich einen kartellrechtlichen. Ich kann Sport nur innerhalb eines Verbandes ausüben. Und damit ist dieser Monopolist. Und damit muss ich mich diesem unterwerfen.

Zitiert nach Legal Tribune: „Die Richter gehen von einem Missbrauch der Marktmacht aus. Nach den Verfahrensregeln hätten die beteiligten Verbände bestimmenden Einfluss auf die Auswahl der Personen, die als Schiedsrichter in Betracht kämen. Die Verbände erhielten so bei Streitigkeiten mit Athleten ein „strukturelles Übergewicht, das die Neutralität des CAS grundlegend in Frage stellt“, so das Gericht.“

Das gilt natürlich auch alles für den DFB.

Pyro?

Und was heißt das nun für die Pyro-Rechtsprechung des DFB?

Erst mal, dass sie von ordentlichen Gerichten überprüfbar wäre. Und insbesondere wäre überprüfbar, ob sie sich a. an die eigenen Verfahrensregeln hält und b. ob sie sich an geltendes Gesetz hält.

Und da muss man eines sofort vorab etwas bremsend klar stellen: Es ist nicht so, dass die Bestrafung ohne eigenes Verschulden dem Recht komplett fremd ist. Schon das BGB kennt eine Haftung für eine Gefährlichkeit von z. B. Tieren, ohne dass es dann auf ein individuelles Verschulden ankommt.

Man kann aber natürlich hinterfragen, ob und inwieweit so etwas auch für Vertragsstrafen gilt. Und gerade wenn man das Argument des OLG München sieht, dann ist der Vergleich zu einseitig gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen schon nicht von der Hand zu weisen und in deren Inhaltskontrolle wäre eine solche Haftung für jemanden, den man sich nicht ausgesucht hat, nicht zulässig.

Man kann hier aber garantiert in beide Richtungen argumentieren. Der Kollege von Strafrecht am Spieltag ist da auch leicht anderer Meinung als ich (gleicher Link wie oben). Es wäre allemal spannend, dies vor einem ordentlichen Gericht auszufechten.

Ebenso kann man hinterfragen, ob eigentlich ein privates Ersatzstrafrecht, welches weit über die eigentlichen Regeln des Spieles Fußball hinaus geht, ob dieses nicht gegen den gesetzlichen Richter und andere strafrechtliche Normen verstößt. Aber auch hier will ich das eher als Gedankenanstoß verstehen.

Ganz anders ist es jedoch bei den Entscheidungen der DFB-Justiz, die beim gesunden Menschenverstand doch etwas Kopfschütteln auslösen.

Es sei mal als Beispiel unsere „Bullenschweine“-Strafe genannt. Hier wird uns eine Strafe für eine Beleidigung in einer Grafik auferlegt. Grundlage dafür ist das übliche „unsportliche Verhalten“. Und hier kann man sehr gut zweifeln, ob man nicht einen Verstoß gegen die eigene Ordnung des DFB hat und/oder ein Verstoß gegen Verfassungsrecht.

Wer wird denn unsportlich behandelt? Niemand, der in die Zuständigkeit des DFB fällt, denn die Polizei ist immer noch ihr eigener Player. Hier wäre also vor ordentlichen Gerichten zu klären, ob dies eine strafwürdige Beleidigung ist. Der DFB geht hier weit über das von ihm zu regelnde Spiel (und man mag ja wohlwollend dazu auch Zuschauer zählen, auch wenn das schon sehr sehr weit ist) hinaus und maßt sich eine Beurteilung von Sachen an, die ihn eigentlich nix angehen.

Da kann man schon zweifeln, ob dies in der eigenen Ordnung wirklich vorgesehen ist und sein sollte.

Darüberhinaus haben wir hier natürlich einen Spannungsbogen zwischen Meinungs- und Kunstfreiheit auf der einen Seite sowie Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite. Und seien wir ehrlich: Deutsche Gerichte könnten da eventuell geneigt sein, dies eher als straffrei zu bewerten. Und hochaktuell ist da natürlich auch der Hinweis, dass Satire eigentlich alles darf. (wobei meines Erachtens schon ein „beinahe alles“ in diesen Satz lesen sollte). Was Satire aber immer dürfen muss, ist staatliches Handeln zu karikieren und zu kritisieren. Und in diesem Spannungsbogen könnte ein Punk mit einem „Bullenschweine“-Schal doch sehr gut straffrei sein.

Und so macht der DFB dann etwas strafbar, was eigentlich nicht strafbar ist. Und dies auch nicht einmal gegen den Verantwortlichen, sondern gegen den Verein, der das im schlimmsten Fall geduldet hat. Hier kann man schon extreme Bauchweh bekommen. Denn ein „Staat im Staate“ können und sollen Verbände eben nicht sein.

Oder nehmen wir doch den aktuellen Fall Erfurt.

Erfurt macht zum Abschied seines alten Stadions eine Veranstaltung „Freundschaftsspiel“ und lässt sich danach eine zweite Veranstaltung „Pyroshow“ von den örtlichen Behörden genehmigen. Trotzdem bestraft der DFB die Pyroshow.

Auch hier könnte man sehr gut fragen, ob der DFB denn überhaupt zuständig ist. Nein falsch, man kann sich mal fragen, ob der DFB sich eigentlich für allmächtig hält. Äh nein, immer noch falsch. Der DFB hat Großmachtphantasien.

Um das eigentliche Spiel Fußball geht es nicht mehr. Und nur dieses und – wenn man ganz lieb zum DFB ist – seine Randerscheinungen können von ihm geregelt werden. Was er nicht hat, ist eine Allmacht über alles, was Vereine machen. Er ist eben kein Staat im Staate.

Man darf auch nicht vergessen: Erfurt hat sich innerhalb der Gesetzes der Bundesrepublik Deutschland verhalten. Und wird nun doch bestraft. Anders als in den „klassischen“ Pyrofällen direkt mal für eigenes Verschulden, denn die wollten ja eine Pyroshow machen. Trotzdem kann man auch hier ein Spannungsverhältnis sehen. Der DFB soll halt das Spiel regeln und die dort begangenen Gesetzesverletzungen (Foul als Körperverletzung z. B. Doping ggf. als Betrug) in eigener Zuständigkeit verurteilen. Aber ob er die Macht hat, eine erlaubte Handlung über die staatliche Genehmigung hinweg zu bestrafen, obwohl es sich um eine neue Veranstaltung handelte? Da kann man sehr gut ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Grundgesetzes sehen. Und auch daran muss sich der DFB halt messen lassen, wenn er Gerichte ersetzen will!

Schlusswort

Der Weg zu den ordentlichen Gerichten ist mit den hier vorgestellten Entscheidungen eröffnet. Da viele davon beim BGH (und eventuell selbst noch höher) landen werden, gibt es noch Unsicherheiten. Aber wie schon oben geschrieben: Oberlandesgerichte haben schon eine gewisse Rechtskenntnis und Erfahrung.

Man darf auch nicht vergessen, dass zumindest für DFB-Angelegenheiten (Pyro!) zuerst die drei DFB-Rechtsinstanzen durchlaufen werden müssen, bevor man vor ein Landgericht zieht. D. h. wenn alles schlecht läuft, hätte man als Verein sechs (!) Instanzen vor sich, bevor man weiß, ob man Recht bekommt.

Dies kostet natürlich auch Zeit und Geld, sodass man als Verein schon abwägen kann, ob man sich das antut. Und da ist noch nicht mal eingerechnet, wie häufig Hr. Niersbach in einem solchen Fall einen anruft.

Es wäre trotzdem zu begrüßen, wenn ein Verein endlich mal den Mut und das Durchhaltevermögen finden würde, „all the way“ zu gehen. Und wenn es nur wäre, damit endlich mal die Grenzen und Möglichkeiten der immer weiter ausufernden DFB-Rechtsprechung gerichtlich überprüft werden.

Und damit verabschiede ich mich wieder in die Blogger-Hängematte. Macht es gut.
Norbert

4 Kommentare

  1. […] und wenig aggressiven Lichtershow. Strafen im vierstelligen Bereich wird es dafür dennoch geben. Zu dem Thema sei der lange, aber lohnenswerte Artikel des Magischen FCs empfohlen. Derartige Sanktionen könnten auf wackligeren Füßen stehen als bisher […]

  2. […] Denn genau die gleichen Überlegungen hatte auch „die Antragstellerin, welche den aus dem FC C.Z.J. ausgegliederten Profifußball betreibt“ (Zitat BGH/ Beschluss vom 04.11./ I ZB 54/20; etwas verändert, damit es grammatisch passt. Welcher damalige Drittligist ist hier wohl gemeint? Ich muss jedes Mal lachen, wenn der BGH versucht, Fußballvereine zu anonymisieren), und klagte vor einem Zivilgericht gegen eine verbandsrechtliche Verurteilung, weil Zuschauer*innen bei Heimspielen von Carl Zeiss Jena (UPS!) Pyro gezündet und Gegenstände auf den Platz geworfen hatten.  Jena argumentierte, dass es sich bei den DFB-Gerichten nicht um ein unabhängiges Schiedsgericht handele und dass eine Zurechnung nach § 9a gegen die sogenannte ordre public verstoßen würde. Wir lassen die formelle Frage des Schiedsgerichtes jetzt mal außen vor; das ist juristisch sehr kleinteilig und soll uns mal nicht interessieren. Der BGH sah darin auch kein Problem. Wen das genauer interessiert, wird hier fündig. […]

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