Wir würden jetzt hier gerne einen lustigen Bericht schreiben über einen Besuch in Bembletown, über die Benennung von Plätzen in Hannover und über Country und Western. Aber dann kam die Staatsmacht. Wer eine Zusammenfassung lesen möchte, findet diese bei der Braun-Weissen Hilfe (spendet gerne)
Es folgt deswegen nun ein Rant:
Um es mal vorab sehr klar zu stellen: Selbst wenn wir jetzt mal unterstellen, dass in Hannover ganz schlimme Dinge passiert sind, dann waren daran vielleicht auf beiden Seiten jeweils 20 Personen beteiligt. Und auf diese hohe Zahl kämen wir selbst dann nur, wenn wir die ausufernde Rechtsprechung des BGH zum Landfriedensbruch berücksichtigen. Für Lai*innen unter euch: Polemisch gesagt ist für den BGH alles Landfriedensbruch in Täter*innenschaft, außer du rennst bei den ersten Anzeichen von Ärger mit lauten „Ich distanziere mich“-Rufen weg.
Selbst wenn wir das jetzt alles mal als fest stehende Wahrheit fingieren -und es sei deutlich nochmal gesagt, dass es sich hier um eine Fiktion handelt-, SELBST DANN KANNST DU NICHT EINFACH EINE RIESIGE ANZAHL VON LEUTEN IN GEWAHRSAM NEHMEN!
Schätzungen sagen, dass ca. 200 Menschen am Ende der Zugang zur Stadt Frankfurt verwehrt wurde. Also selbst bei unserer Fiktion hatten sich 90 % nichts zu Schulden kommen lassen.
Und geht uns weg mit „Gefahrenabwehr“ und „könnten Straftaten aus dieser Gruppe geschehen“. Welchen konkreten Grund gibt es, dass in Frankfurt was passieren sollte, den es vor Hannover nicht gab? Richtig! Keinen! Wolfsburger haben wir in Frankfurt nämlich nicht gesehen! Im Endeffekt wird das „Gefahrenabwehrrecht“ dann nur als Sofortstrafe gegen alle, die in eine Schublade passen benutzt. Weswegen ja auch genügend nicht „szenetypisch“ aussehende Menschen doch noch ihren Weg ins Stadion fanden. Oder anders ausgedrückt: Weil ich die konkreten Täter nicht ermitteln werde und selbst wenn, dann nicht wirklich viel Straftat übrig bleibt, nutze ich das „Gefahrenabwehrrecht“ um Gießkannensofortstrafen auszusprechen. Polizisten als Judge Dredd. Polizisten als Gegner des als zu milde empfundenen Rechtsstaat. Ja wir hören die bürgerlichen Sesselfurzer schon „aber die haben doch was gemacht“ sagen. Und wir sagen a. Wer ist „die“? und b. Macht „irgendwas machen“ Menschen (leider muss man hier ein „noch“ gedanklich einfügen) nicht vogelfrei. Das ist nämlich der entscheidende Unterschied zwischen Rechtsstaat und erschossen werden, weil du eine Brille trägst. Um mal ein Beispiel eines Willkürstaates zu nennen.
Stadien (und auch der Weg dahin) sind das überwachteste und auch sicherste Umfeld der Welt. Wenn es dir also um Ermittlung der 10 % Verantwortlichen ginge, dann kannst du alle ganz entspannt ins Stadion lassen und greifst die später ab. Nein finden wir nicht cool, wir möchten diesem Verfolgungsgedanken gar nicht den Mund reden. Aber das war mal der Gedanke hinter der heutigen BFE Ausstattung. Das die aus Menschenmengen gezielt nur die Täter abgreifen können. Was machen sie heute? Gießkannenmaßnahmen und Knüppel marsch. Dann sind es nur noch rechtsfrei agierende Gewaltgruppen und haben nichts mit ihrem Namen und ihrer Idee mehr zu tun.
Worum es eigentlich geht? Thin blue line denken. „Wenn wir nicht hier wären, würde die Gesellschaft zusammen brechen“. Blödsinn. Polizisten sind nicht allmächtige Götter und Zivilitationsretter.
Aber jetzt stellt euch doch mal vor, wenn die gesagt hätten „wir haben die ins Stadion gelassen, es ist nix passiert, die Täter*innen werden wir in Ruhe ermitteln“. Wie sollst du da die „SICHERHEIT!!!“ brüllende Meute der komplett enthemmten Konservativen befriedigen? Wie sollst du deine tägliche Aufrüstung weiter begründen, wenn du das sachlich und entspannt löst? Und wie sollst du deine schöne neue KI Crimesoftware vom Faschomilliardär mit Daten füttern? Nein, du musst das Bild der brandschatzenden Meute aufrechterhalten. Es ist zum kotzen!

Zu der Schnellstrafe gehört natürlich auch, dass man Leute erniedrigt, indem man sie erst nicht und dann nur in engster Begleitung auf Klo lässt. „Guckt mal Frankfurt Hauptbahnhof, wenn wir diesen bösen Menschen jetzt nicht mit massiven Kräften aufs Klo begleiten würden, würde dieser eine Mensch euch alle Bemble klauen und Frau Rauscher durch die Stadt jagen.“ Ne, ist klar.
Bleiben wir bei unserer Fiktion und wenden uns mal an uns selber. Es gibt für uns eine eiserne Regel: wir fahren da gemeinsam hin und wir fahren gemeinsam nach Hause. Wir sind solidarisch und wenn es was zu klären gibt, dann klären wir das. Meistens nicht in der Öffentlichkeit. Oder anders ausgedrückt: Natürlich kann man danach mal fragen, ob alles okay war. Aber in Frankfurt sind wir solidarisch. Und das schließt einen Verzicht auf Support oder einen sehr vorsichtigen Support ein. Das tut uns allen super weh. Aber Solidarität äußert sich eben dort, wo es unbequem wird. „Ich bin solidarisch und will aber normal weiter machen“ Dieser Satz ist keine Solidarität
Und ja liebes Social Media Team. Dies gilt auch für euch. Die Nachricht muss auch mal weh tun. Die Cops müssen dann auch euch mal böse angucken. Ihr schreibt:
„Angesichts der Ereignisse am Frankfurter Hauptbahnhof ruft der FC St. Pauli zu Deeskalation auf. Vor dem Hintergrund der bislang bekannten Informationen zum Vorfall in Hannover wirken die polizeilichen Maßnahmen mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit zumindest fragwürdig. Dies wird weiter zu klären sein, wir sammeln derzeit zusätzliche Informationen. Klar ist aber schon jetzt: Dem Team des FC St. Pauli wird der lautstarke Support unserer Fans in Frankfurt sehr fehlen.“
Sorry das ist zu wenig. Da muss klar gesagt werden wer wann wo eskaliert. Und wem man also zur Deeskalation auffordert. „Zumindest fragwürdig“ Nein, einfach nein. Das ist Hintertürchen offen halten hoch 1000. Das ist gesichtslose Hippiescheisse.
In einer Traumwelt schreibt ihr „Gewinnt für unsere Verbannten, fick die Polizei“, aber auch ein „wir sind immer solidarisch mit unseren Fans. Wenn es was zu klären gibt, klären wir es später. Unsere Fans gehören ins Stadion“ würde uns auch reichen. Oder was Coach Blessin sagt:
„Ich habe mit einem von den Ultras vor dem Spiel geschrieben und mitbekommen, dass es eine Auseinandersetzung gab“, sagte er. Es seien aber nicht viele, anscheinend nur zehn oder 15 Leute gewesen. „Die Polizei hat dann Schiss gehabt“, so Blessin weiter. „Ich weiß nicht, ob man so reagieren muss.“ Er habe von mehreren Perspektiven gehört, dass es „too much“ gewesen sei. „Es hat mir wehgetan, weil diese Fans zu jedem Auswärtsspiel fahren. Da ist es schade, wegen so einer Sache wieder zurückgeschickt zu werden“
(Zitiert nach Abendblatt; Über das rumgeheule des Abendblattes heute verlieren wir lieber kein Wort, das ist einfach so dumm, das ist nicht satisfaktionsfähig)
Noch was: Wenn bei Stress deine erste Reaktion ist, es mit dem Handy zu filmen und es ins Internet zu packen, dann bist du Teil des Problems und schadest allen. Ja, waren hier keine FCSP Fans, aber alle Leute, die diesen ganzen Fascho-Hool-Seiten und den Cops Material liefern, sollen nie wieder einen Sieg ihres Teams sehen.
Und fucking Frankfurt: Solidarität ist ja schön und gut, aber sie muss weh tun und so lange euer Traditionslied in einer von einem Polizistenchor vorgetragenen Version breit gefeiert wird, ist das hohl. Nehmt den Song neu auf, schmeißt ihn raus oder brüllt ihn mit „Fuck the Cops“ nieder. Dann nehmen wir euch ernst. Solidarität muss weh tun!
Jetzt haben wir uns schon heillos aufgeregt und haben noch nix über das Spiel geschrieben.
Es war Scheiße. Offensiv null Gefahr, defensiv zwei Böcke. Fertig ist die Laube. Und dazu aggressive Sitzplatzdudes neben dem Gästeblock und schreiende Stadionsprecher. Wir hatten schon mehr Spaß.
Schwamm drüber.
Und wir alle als Millerntor, Verein und Team, wir müssen Dienstag und dann Samstag einen Bock umstoßen. Wer Dienstag und Samstag nicht bereit ist alles zu geben, der kann gerne zu Hause bleiben. Looking at you, alle Bereiche des Stadions außer den Stimmungsnestern. Wir machen Mittwoch und Sonntagmorgen Kontrollanrufe, wer als Zusehender im Stadion war und noch Stimme hat, den schicken wir aufs Reisfeld.
Wir sind St. Pauli und wir sind die einzige Möglichkeit. Aux Armes! Gilt noch mehr, wenn es mal nicht läuft auf dem Acker.
Zuletzt möchten wir zwei netten Menschen danken, die einen Teil von uns mit örtlichen Spezialitäten verwöhnt haben: Danke E & B!

Weiter immer weiter. When the going gets tough the St. Pauli gets going.

Eure Aufforderung zum Alles-geben in allen Ehren, finde ich richtig und wichtig. Volle Zustimmung. Zieht aber wenigstens in Betracht, dass es stille Menschen gibt, die gerade mit ihrem Committment struggeln wegen Irvine und der Nichtreaktion des Vereins.
Davon mal ab habe ich es gestern auf der GG als sehr laut empfunden, unser Stadion.