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Zum Gutachten über Josef Ollig

Liebe Lesende,

der Verein hat ein Gutachten zu Josef Ollig veröffentlicht. Dieser hat unsere Stadionhymne „Das Herz von St. Pauli“ getextet. Vielen Dank an Celina Albertz und Peter Römer, die sich die Arbeit gemacht haben.

Und man muss es so hart sagen, Ollig war ein überzeugter Nazi und Täter des NS-Regime, der auch nach dem Krieg null Reue zeigte. Ein Mensch, der gegen alles steht, was wir als FCSP vertreten.

Zitate

Ein paar für uns prägende Zitate aus dem Gutachten wollen wir kurz wiedergeben.

Vor den Nazis

„Trotz betont bildungsbürgerliche Diktion, vertrat die Redaktion offen republikfeindliche und antiparlamentarische Positionen. Auch antisemitische Äußerungen „waren – im Rahmen des bürgerlichen Dekorums – durchaus ein selbstverständlicher Teil der konservativ-reaktionären Gedankenwelt, die sich in den Spalten der ‚Hamburger Nachrichten‘ artikulierte“.

„Die politisch einflussreiche Zeitung hat mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu beigetragen, die NSDAP in Hamburg frühzeitig zu normalisieren und sie für ihre Leserschaft aus der Ober- und gehobenen Mittelschicht anschlussfähig zu machen.“

Während der Nazi-Zeit

„Als Josef Ollig im Oktober 1933 in die zentrale Pressestelle (ZPS) der Rhenania-Ossag Mineralölwerke wechselte, war die Betriebspresse bereits eindeutig in den Dienst der nationalsozialistischen Propaganda getreten – ohne staatlichen Zwang. Olligs Wechsel, der mit einer zehnprozentigen Gehaltssteigerung einherging, stellte somit keine „Flucht ins Unpolitische“ dar.“

„Entgegen seiner eigenen Darstellung handelte es sich bei der Mehrzahl der von Josef Ollig verfassten Kriegsberichte nicht um „unpolitische Kampfberichte“, sondern um Texte, die sich deutlich an den propagandistischen Zielvorgaben der jeweiligen Kriegsphase orientierten. Neben dem bereits zitierten Bericht von Oktober 1941, in dem Ollig sowjetische Kriegsgefangene als „primitiv“, „halbwild“ und „tierhaft“ entmenschlicht und das kriegstaktisch gewollte Narrativ von der vom bolschewistischen Joch befreiten „Landbevölkerung“ bedient, verfasste er im Herbst 1941 einen weiteren Kriegsbericht über Kämpfe bei Stawky, der das Motiv des parasitären Bolschewisten, der das eigene Volk ausbeuten, aufgreift“

Nach den Nazis

„Olligs publizistische Leitlinie, statt der „düsteren“ Vergangenheit lieber das „Positive“ und „Wertvolle“ zu betonen, entsprach dem weit verbreiteten Wunsch der Nachkriegsgesellschaft nach einem Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit. Ausnahmen von diesem kollektiven Vergessen zeigten sich auch in Olligs Texten nur dort, wo das Leid der deutschen Mehrheitsgesellschaft in den Fokus rückte.“

Das Fazit

„Ollig allerdings hat – wie diese Untersuchung zeigt – von seinen Handlungsoptionen keinen Gebrauch gemacht, um sich vom Nationalsozialismus abzugrenzen. Im Gegenteil: Selbst dort, wo er Gelegenheit gehabt hätte, sich der Vereinnahmung durch das Regime zu entziehen, entschied er sich in der Regel dazu, dieses aktiv zu unterstützen.“

Und nun?

Wir als Verein müssen uns nun verhalten. Das ist unsere Aufgabe und nicht Aufgabe dieses Gutachtens. Die Fakten stehen fest. Punkt.

Kann man das Werk vom Künstler trennen?

Dies ist die uralte Frage der Kunst. Wer es sich einfach machen will, der bejaht diese Frage einfach und hört weiter „Feine Sahne Fischfilet“. Für den FCSP ist dies aus unserer Sicht aber keine Handlungsoption.

Klar, irgendwann gibt es eine Art Zeitablauf und das Werk trennt sich vom historischen Künstler. Niemand steht in der Sixtinischen Kapelle und fragt sich, was Michelangelo so politisch vertreten hat. Aber wir sprechen dann über Jahrhunderte und nicht wie hier Jahrzehnte.

Eine Mindestfrist, die man für die Trennung abwarten sollte, ist zumindest das Auslaufen des Urheberrechtes und damit das Ende des finanziellen Profitieren durch den Künstler und seine Erb*innen. Letztere neigen nebenbei nicht dazu aktiv die Schweinerein ihrer Einkommen generierenden Vorfahren aufzuklären. Wir wissen nicht, wer die Urheberrechtsinhaber*innen sind, aber wir haben ein Problem damit ihnen für ein Werk ihres Nazivorfahren jedes Mal Geld zu überweisen. Auch wenn es wahrscheinlich nicht viel ist.

Das „Ablauf des Urheberrechtes“ nicht immer reicht, sieht man an der Familie Wagner, die bis heute massiv von ihrem extrem problematischen Vorfahren profitieren. Und ja das Werk ist künstlerisch komplett einzigartig. Das ist unser Stadionsong nun absolut nicht.

(Disclaimer: wir kennen die Position der Hinterbliebenen von Ollig nicht.)

Aber das Herz

Natürlich ist unser Stadionsong Herz. Er ist Bestandteil unseres Erlebnisses, er berührt Punkte im Körper, da wird Lotto oder Scooter nie hinkommen. Das will niemand in Abrede stellen. Niemand will dir, will uns das Gefühl absprechen. Uns allen tut das weh. Richtig weh.

ABER! Wir haben uns geschworen, dass wir kein Fußball für Faschist*innen machen. Und das müssen wir dann auch durchhalten, wenn es uns weh tut. So richtig weh tut. Und wir verstehen diesen Schmerz.

Wir zitieren jetzt mal Kraftklub, die in „Wittenberg ist nicht Paris“ so schön folgendes singen: „Und „Nazis raus!“ ruft es sich leichter da, wo es keine Nazis gibt“

Wenn wir in diesen Zeiten laut, kraftvoll und überzeugend sein wollen, dann müssen wir bei uns anfangen. Und da hin gehen, wo es weh tut. Sonst sind wir irgendwann wie „Die Grünen“ die in der Opposition immer einen auf dicke Hose machen und in der Regierung dann jeden rassistischen und menschenverachtenden Müll mitmachen. Und das will nun echt keine*r.

Und „Tradition“ und „früher war alles besser“ ist kein Argument. Früher waren die Nazis. Und Preußen. Und verdammt viel dritte Liga. Das will niemand wieder. Zumindest niemand, der am Millerntor seine Herzheimat hat.

St. Pauli bleibt unsere Heimat. Unser Herz leuchtet immer nur hier. Es bleibt unser Hafen, unser Traumort. Aber das können wir auch gemeinsam mit einem Text besingen und fühlen, der nicht von einem Nazi geschrieben ist. Wir werden ihn finden. Gemeinsam.

Weiter immer weiter.

2 Kommentare

  1. Walter Walter

    Wie immer auf den Punkt. Danke.

  2. Palito Palito

    Es gibt sowieso nur eine Lösung: Die Internationale!

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