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Endlich wieder warmer Kaffee bei Banken

Liebe Genoss*innen und Nicht-Genoss*innen, wir schreiben hier Gedanken zu der Townhall der Genossenschaft am 08.05.2025 auf. Das ist relativ harter Stoff und wer sich jetzt hier verabschiedet und sagt „ich habe davon keine Ahnung“, dem sei gesagt, dass das vollkommen okay ist, und dass Finanzen, Eigenkapitalquoten und ähnliches echt eine spezielle Materie ist. 

This Townhall could have been an E-Mail

Wir sind mal ehrlich: Wir finden dieses Format beim FCSP (und das soll hier die Genossenschaft mit einschließen) richtig gut. Niedrigschwellig können sich viele Menschen informieren und bekommen auch mal handelnde Gesichter zu sehen. Das baut Hürden ab und ist wirklich sinnvoll. Und das 2.281 Menschen teilgenommen haben, unterstreicht dies nur. Für uns relativ informierte Menschen gab es aber wenig Neues, und das hätte eine E-Mail sein können. Aber das ist nun unsere Arroganz und Langeweile. 

Wir hätten ein Bingo gebraucht. „Leuchtturmprojekt“, „Strahlkraft“. Ja mag ja alles sein, aber wir mögen unseren FCSP immer dann nicht, wenn er sich so selbstverliebt in Einzigartigkeiten darstellt. Es ist ein super Projekt, ja. Aber Marketingsprech? Noch nie unser Ding gewesen. Sorry, wir sind Kommunist*innen. 

Wir sind speziell

Wir stellen da lieber das Lob vom Podium an uns alle in den Mittelpunkt. Beinah wortwörtlich wurde da gesagt, dass man spezielle Fans brauche, damit die so ein ungetestetes Projekt so mitmachen würden. Das ist nicht nur ein Seitenhieb an Schalke, wo die Genossenschaft gerade mehr oder minder scheitert, obwohl die auch spezielle Fans haben. Es zeigt auch wie sehr wir alle mit unserem Fußballprojekt verbunden sind. Das ist ein Pfund, dieses Pfund hat der FCSP nun erfolgreich angezapft, er sollte sich der Notwendigkeit der Pflege dieses Pfundes immer bewusst sein. Ja, da steht auch eine Mahnung drin. Auch spezielle Fans stehen irgendwann nicht mehr als Cashcow zur Verfügung. Siehe Schalke. 

Neuwerk ist ein Rautenloch!

Das wichtigste sind vielleicht die trockenen Zahlen. 22.623 Menschen können sich nun Genoss*in nennen und wir haben EUR 29.178.800 an Anteilen gezeichnet bekommen. Das Ziel war mal 30 Millionen. Wir haben unser Ziel also zu 97 % erreicht. Sagen wir es, wie es ist: Das ist ein voller Erfolg. Wer von euch hat die 29.178.800 erstmal durch 850 geteilt? Richtig, es kommen 34.328 Anteile heraus, was grob 1,5 Anteilen pro Genoss*in entspricht. D.h. wir haben es hier in einem sehr großen Anteil mit Kleinanleger*innen zu tun. Das ist richtig gut. 

Weiter wurde gesagt, dass die Genoss*innen durchschnittlich 49,6 Jahre alt und zu 77,2 % männlich seien. Sprich 22,8 ordneten sich anderen oder keinem Geschlecht zu. Wenn man nun bedenkt, dass irgendwas zwischen 30 und 35 % (es gibt dafür keine sichere Quelle!) unserer Stadionbesucher*innen nicht männlich sind und laut Information in der letzten Einladung zur MV 24,5 % unserer Vereinsmitglieder nicht männlich sind (23,87 weiblich, 0,7 divers), dann ist die 35 => 24,5 => 22,8 nicht optimal. Ja klar, zwischen 24,5 und 22,8 liegt nicht viel, aber eben doch etwas. Wir sind insgesamt in allen Belangen SEHR männlich. Dies sollten wir ändern. Das ist eine Aufgabe für uns alle. Und Diversität fängt bei anderen Geschlechtern als „Mann“ erst an. 

Postalisch überwiegt wohl HH, wobei niemand von Neuwerk (27499, und die PLZ hat Neuwerk wirklich alleine) gezeichnet hat. Wir stellen fest: Das ist ein echtes Rautenloch. Wobei: Wenn es ein Loch wäre, dann würde sich das ja schnell bei Nordseeflut erledigen. Es wurde noch erwähnt, dass im Endspurt viele Menschen aus Bayern zeichneten, da hat Hoeness, aber vielleicht auch die Freundschaft zwischen vielen Gruppen ihren Einfluss. Insgesamt haben 44 Länder gezeichnet. St. Pauli international. 

Erfrischende Selbstkritik

Es ist begrüßenswert, dass vom Podium auch eine Manöverkritik erfolgte und neben positiven Punkten (wie z.B. „Plattform hat immer gehalten“, was Zyniker gedanklich gleich mit „war ja auch nicht Eventim“ ergänzten) auch negative Punkte erwähnt wurden, wie z.B. dass man die Möglichkeit, dass Minderjährige zeichnen könnten und/oder man Anteile verschenken könnte, nicht optimal vorbereitet habe. Wir wissen von einem Fall, wo ein Anteil an ein minderjähriges Kind geschenkt werden sollte, und das war schwierig. Es sei aber erwähnt, dass der Helpdesk immer freundlich und bemüht war, das Problem zu lösen. 

„Macht meinen Job einfacher“ 

Bleibt nur noch ein Punkt zu klären. Was bringt „uns“ der ganze Bumms eigentlich? Wir haben das schon mehrfach versucht zu erklären, müssen aber leider feststellen, dass das bei vielen Menschen nicht perfekt ankommt. 

Extrem verkürzt und vereinfacht passiert nun Folgendes: 

Die Genossenschaft kauft das Stadion vom Verein. Dieser bekommt einen großen Anteil der eingenommenen Kohle dafür von der Genossenschaft. 

Extrem verkürzt und vereinfacht! 

Wir haben das schon mal geschrieben, aber im Endeffekt macht hier der FCSP e.V.-Konzern ein Sale-and-Lease-back mit der Genossenschaft, die eben nicht zu diesem Konzern gehört. Auch dies ist ein bisschen vereinfacht, aber die Auswirkungen sind grob die gleichen. 

Warum macht man das? Einmal weil es liquides Geld gibt. Grundstücke sind toll, aber ich kann damit nicht mein Brot bezahlen. Dafür muss ich es beleihen und Geld bekommen oder verkaufen und Geld bekommen. Das haben wir hiermit getan. Man bekommt also Cash in die Täsch. Hinzu kommt, dass ich sogenannte stille Reserven in der Bilanz aufdecken kann. Zyniker würden von Bilanzkosmetik sprechen, aber das ist es eben nicht nur. Wir sparen uns hier mal die Erklärung, das führt zu weit. 

Wir haben also Geld, können damit z.B. Kredite ablösen und haben somit weniger Zinsen zu zahlen, und im Notfall haben wir noch neues Geld auf der Bank, das wir einsetzen können. Wilken nannte dann auch ein „wir entschulden uns vollständig“-Szenario, welches zu einer Eigenkapitalquote von 48 % führen würde. Wir schrieben schon mal: Je höher diese Zahl ist, je besser. 48 % wäre beim FCSP historisch. Wir waren vor Corona mal bei grob 23 %. Alles über 30 % zeigt ein super gesundes Unternehmen an. Sprich: Wir würden in so einem Szenario nicht alles auf „vor Corona“ zurückdrehen, wir würden auf ein anderes Level gehen. 

Wir wollen Wilken jetzt nix unterstellen, aber irgendwie haben wir die Vermutung, dass dieser Schlingel uns nicht das wahrscheinlichste Szenario an die Wand geworfen hat. Wir haben da noch so eine Kollaustraße und dafür brauchen wir Geld. Wir würden beinah vermuten, dass man ein hybrides Modell wählt, bei dem man die EK-Quote auf irgendwo um die 30 % steigert (was immer noch historisch gut wäre) und andere Mittel in die Kollaustraße fließen lässt. Wobei dann ja auch wieder Bauten zu aktivieren wären, was auch wieder Bilanzen verändert. Lassen wir uns überraschen. 

Wann kaufen wir Genoss*innen denn nun unser Stadion? Man hielt sich vage. Und sprach vom „im Sommer“. Dabei ist spannend, dass das Geschäftsjahr des e.V. am 30.06.2025 endet. Wir vermuten, dass man sich da zum jetzigen Zeitpunkt auch ein bisschen Spielraum geben will, ob man dies in dieses Geschäftsjahr oder ins nächste bucht. Wir spekulieren jetzt mal wild: Das kann nicht nur an kosmetischen, sondern auch an steuerlichen Gründen hängen. Aber das geht nun ins Blaue hinein. Eine Sache, die im FCSP-Kosmos in der Zukunft spannend sein wird, ist dass die Genossenschaft ihr Geschäftsjahr vom 01.01. bis 31.12. hat. 

Was vielleicht auch wichtig ist: Sofort, wenn dies alles vollzogen ist, wird ein Vergleich dieses (und aller folgenden Geschäftsjahre) mit dem vorherigen (und aller anderen zurückliegenden Geschäftsjahre) Geschäftsjahr sehr schwierig. Die Bilanz des FCSP-Konzern wird danach sehr viel anders aussehen. Und das ist auch gut so. 

Was es (wahrscheinlich) nicht bringt: 

1. Cash für den neuen Wunderstürmer oder einen Etat auf Freiburg-Niveau. Klar kann der e.V. mit dem Geld zumindest theoretisch machen, was er will, aber das wäre unverantwortlich und wahnsinnig. Und das ist unsere Vereinsleitung nicht. Mal ganz davon ab, dass unser Steuerrechtler da sofort Fragen hätte. 

2. Eintrittskarten für alle Genoss*innen. Das war nie versprochen und wäre auch eine weitere finanzielle Hürde und würde damit einen Besuch im Stadion noch mehr privilegieren, als er es jetzt schon ist. 

3. Das Herz von St. Pauli zurück. 

Warum wir das schreiben? Weil wir gefühlt dies alles im begleitenden Chat gelesen haben. 

Warum nicht alles digital? 

Und natürlich auch die Frage, wann denn endlich der e.V. seine MV digital macht. Wir wollen hier als Antwort einfach folgendes schreiben:

Er wird sie dann digital machen, wenn er sich sicher sein kann, dass alle Beteiligten ein Niveau von Facebook-Kommentaren übersteigen. Und davon sind wir Lichtjahre entfernt. 

Wie geht es weiter? 

Am 20.06. mit der Generalversammlung der Genossenschaft. Dann auch mit konkreten Bilanzzahlen. Wir werden berichten. 

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