Vorbemerkung: Wir gehen davon aus, dass ihr unseren grundlegenden Artikel zur Genossenschaft gelesen habt. Wenn nicht, bitte holt dies unter diesem Link nach!
Am 08.01.25 hat der Vere… äh halt, wir müssen uns da umgewöhnen, also noch mal von vorne… heute haben der Verein und die Genossenschaft eine Pressekonferenz zum Zwischenstand der Genossenschaft gegeben.
Es sprachen in verteilten Rollen Oke für den FCSP, Miriam und Andreas für die Genossenschaft und Fabian Gebert von Genossenschaft Digital (https://genossenschaften.digital/). Nur damit ihr Zitate zuordnen könnt. Das ist jetzt nicht in der zeitlichen Abfolge, wie es gesagt wurde, aber so macht es am meisten Sinn.
Zielgröße
Alle drei FCSP Vertreter*innen zeigten sich zufrieden über die bisherige Zeichnungssumme. Man sei die Genossenschaft, die in der Bundesrepublik in so kurzer Zeit am meisten Geld eingesammelt habe. Später wurde nach einer Quelle dafür gefragt und Fabian erklärte, dass seine Organisation „die Szene“ beobachte und sie keine Kenntnis von einer Genossenschaft hätten, die schneller soviel Geld eingesammelt habe.
Ziel würden die 30 Millionen bleiben. Ein Zwischenziel sei aber, dass man über 20 Millionen käme, um die Mehrheit am Stadion zu erwerben. Man sei optimistisch, dass man noch in den 30 Millionen Zone käme und sei sicher, dass man bald die 20 Millionen habe. Ihr werdet euch jetzt fragen, warum diese Mehrheitsbeteiligung so wichtig ist. Gute Frage. Wissen wir nun auch nicht zu 100 %, aber wenn die Stadiongesellschaft nicht mehr zur Mehrheit dem Verein gehört, muss er diese nicht mehr in die Konzernbilanz aufnehmen. Was in der Bilanz ein paar positive Effekte hätte.
Wir nehmen die 30 Millionen mal als „Berufsoptimismus“. Dieser ist uns bekanntermaßen fremd. Das wird eher sehr schwierig, auch gerade wenn ihr später lest, was denn so noch geplant ist. Wir denken auch, dass 20 + Millionen denkbar sind und dies natürlich schon ein riesiger Schritt ist.
Wir sind überrascht
Man habe in der ersten Phase „den Verein abholen wollen“.
Andreas nannte dazu ein paar Fakten: 16.000 Anmeldungen habe man zum Newsletter gehabt. 14.000 Zeichnungen würden zeigen, dass man da gut das Potenzial abgerufen habe. Ein bisschen was ginge da noch, aber da sei viel gemacht worden. Von den Postleitzahlen seien die meisten Zeichnungen nah am Stadion. Dies sei auch ein „riesen Pfund“. Der Verein werde von den umliegenden Stadtteilen getragen. Seien wir mal ehrlich: Dieser doofe Stadtteilverein ist wirklich ein Stadtteilverein, etwas was es so wahrscheinlich in wenigen anderen Städten gibt und der letzte zitierte Satz ist sehr wahr. Aber! Es hat auch eine andere Seite, denn die Postleitzahlen um das Stadion umfassen auch viele Stadtteile, die gentrifiziert sind und dementsprechend von Menschen bewohnt werden, die eine entsprechende Kaufkraft haben. Auch dies ist Teil der Wahrheit. Jaja, wir sind nicht wirklich mehr working class, liebe FCSPler*innen. Und wenn 14.000 Zeichner*innen nicht die gleichen Personen sind, wie die 16.000 Newsletterleser*innen, so ist dies doch eine sehr schöne Zahl und ein Beweis, dass Mitglieder des e.V. in sehr weiten Teilen bereit sind, solche Schritte mitzugehen.
Es war überraschend für uns, dass Andreas erwähnte, dass man von dem Ansturm an den ersten Tagen überrascht war. Man habe dies so nicht erwartet. Wenn man uns Laien vorher gefragt hätte, hätten wir sofort gesagt „St. Paulianer*innen? Sind durch Kartenvorverkäufe so abgehärtet, dass sie sofort zeichnen!“. Daher überrascht uns die Überraschung.
Andreas erwähnte auch, dass der anfängliche Ansturm zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand geführt habe, da man jede Betrittserklärung in Papier annehmen müsse. Miriam ergänzte, dass man dies zum größten Teil ehrenamtlich gemacht habe und teilweise mit Minijobber*innen. Viel auch deswegen ehrenamtlich, um das Geld wirklich dem Zweck zuzuführen. Unsere Bitte in diesem Zusammenhang: Wir finden das toll, dass so viel im FCSP ehrenamtlich gemacht wird, aber bitte bitte liebe Ehrenamtler*innen achtet darauf, dass ihr Grenzen der Selbstausbeutung zieht. Dies ist nämlich nicht nur ein herzenslieber e.V. mit einer Genossenschaft, sondern auch ein ziemlich fett verdienendes Wirtschaftsunternehmen. Und ja die meisten Kosten gehen drauf für die Männer, die diese Einnahmen erzielen, aber es gibt eben auch Grenzen, was man für 0 Euro leisten sollte und wie viele Überstunden man leisten sollte.
Beim Thema überrascht erwähnte Andreas noch, dass man von 2.000 Schenkungen und 1.600 Menschen, die den Ansparplan genutzt hätten überrascht gewesen sei. Viele hätten die Ansparung aber schon vollständig vorgenommen.
Aus Erfahrung unseres Umfeldes können wir sagen, dass die Problematik der Schenkung insbesondere an minderjährige Kinder die Genossenschaft ein bisschen auf dem kalten Fuß erwischt hat. Da sind viele Formalitäten zu beachten und sagen wir es mal so: Da haben auch viele Hotlinekontakte noch nicht zum Endergebnis geführt.
Hätte man das Thema Schenkungen besser vorbereiten können? Vielleicht! Gibt es da irgendwann auch begrenzte Kapazitäten, selbst bei einem so groß angelegten Projekt? Wahrscheinlich auch. Und ganz ehrlich: Da sind auch wir überrascht. Das bei 14.000 Genoss*innen 2.000 geschenkte Genoss*innen sind, ist mal eine Anzahl. Die 1.600 angesparten Anteile empfanden wir eher als wenig. Da hätten wir eine größere Zahl vermutet. Zeigt aber erneut, dass es im Umfeld des FCSP genügend Menschen mit Geld gibt.
Wie weiter?
Erstmal wird man den Aktionszeitraum bis zum 31.03. verlängern. Andreas und Miriam erzählten, dass man in seiner Kampagne durch den Ansturm und die Abarbeitung dieses Ansturms drei bis vier Wochen im Rückstand sei. Hätte man das vielleicht besser hinbekommen können? Vielleicht. Man muss dann aber wohl irgendwann aus dem Ehrenamt raus und das wollte man nicht. Siehe oben. Ärgerlich so etwas, aber seien wir ehrlich: Bei solchen Kampagnen ist eine Verlängerung auch das normalste der Welt.
Andreas und Miriam erwähnten, dass man nun in eine neue Phase gehen wolle. Man wolle weiter Zielgruppen ansprechen, Partner*innen des Vereines (dazu gleich noch eigene Gedanken), Sympathisant*innen, Menschen, die vielleicht Fußballfan sind, aber nicht FCSP Fan, aber die Idee teilen. Oder auch Menschen, die „Dinge für die wir stehen“ cool finden. Man möchte eine digitale Kampagne machen und hoffe auch jüngere Leute.
Hier sei auch wichtig, dass man nun gesetzlich auch rein digital zeichnen könne und die Genossenschaft in Zusammenarbeit mit Genossenschaft Digital auch bis Mitte Januar umsetzen wolle.
Grundlage hierfür ist nebenbei ein Gesetz aus dem September und man kann sich natürlich fragen, warum dies nicht von Beginn an berücksichtigt wurde und eine digitale Zeichnung nicht am Inkrafttreten am 01.01.25 möglich war. Aber liebe Leute, so läuft das nicht. Das entsprechende Gesetz ist am 29.10.24 verkündet und vor der Verkündung würde unser Hausjurist niemandem raten auf die Inhalte eines Gesetzes zu wetten. Zuviele Überraschungen sind da schon eingetreten. Und wenn man nun wirklich Mitte Januar für eine digitale Zeichnung schafft, dann ist das ein sehr schnelles Reagieren auf eine neue Gesetzeslage.
Diese Möglichkeit der digitalen Zeichnung ist natürlich zu begrüßen. Es macht es für alle einfacher. Siehe oben.
Man habe gerade ein Gewinnspiel laufen mit „Money can’t buy“ Preisen, man habe gegen Union auch noch einen Aktionsspieltag und wolle eben noch eine digitale Kampagne fahren. Man sei auch bei allen Spielen im Stadion vertreten.
Bei dem Gewinnspiel und auch dem Aktionstag kann man sich natürlich fragen, wie viel Potenzial dies noch hebt, denn das ist wieder die Zielgruppe, die auch Newsletter abbonniert hat und auch sonst sehr zeichnungswillig war. Wir kommen gleich noch auf den Chat des Livestreams, aber was uns auf der einen Seite erstaunt, aber auf der anderen Seite auch Hoffnung macht, waren viele Nachfragen, die ehrlich wissen wollten, was es mit der Genossenschaft so auf sich habe. Insofern ist ein „sehr laut ins Stadion tragen“ wahrscheinlich doch gut.
Und natürlich kann man sich fragen, wie viele Sympathisant*innen sich zu so einer Bindung animieren kann. Anderseits brauche ich von Millionen von Sympathisant*innen auch nur eine sehr geringe Quote, um die gewünschten Zahlen zu erreichen.
Was wahrscheinlich eher brotlose Kunst sein wird, ist die Idee „Fans anderer Vereine“ zu animieren. Der „tribal effect“ im Sportfantum ist so groß, dass nur sehr wenig Fans anderer Vereine bereit sein werden einem anderen Verein zu helfen. Selbst wenn sie ihn sympathisch finden und die Idee gut finden. Wir lassen uns gerne vom Gegenteil überzeugen. Zu viele will man dann im Hinblick auf das demokratische Geflecht natürlich auch nicht haben.
Partner*innen
Die Techniker Krankenkasse habe heute eine Beteiligung bekannt gegeben und man habe lernen müssen, dass Partner*innen/Unternehmen längere Entscheidungswege haben. Daher habe man da noch Potenzial. Das finden wir nun auch wieder ein bisschen überraschend ehrlicherweise. Wir hätten auch gedacht, dass da sehr früh schon Vorgespräche geführt worden sind. Institutioneller Anleger (und ja der Begriff passt hier nur zu 75 %) haben ganz andere Beratungs- und Entscheidungswege. Wir Privatmenschen sagen „850 Oi? Hab ich! Wo geht es hin?“ Ein gewerbliches Unternehmen muss sich Fragen stellen wie „Ist das eine steuerliche Betriebsausgabe? Wie verbuche ich die erworbenen Anteile?“. Wenn ich wie z.B. die Techniker Krankenkasse noch einer behördlichen Aufsicht unterliege, dann muss ich das auch da klären. So etwas braucht Zeit.
Trotzdem hörte man zwischen den Zeilen, dass man sich da wohl zu diesem Zeitpunkt mehr erhofft hatte. Aber wahrscheinlich ist da noch ein Punkt sehr entscheidend: Solche Partner*innen wollen immer auch die Nase gepudert haben. Und wenn man sich erstmal mit dem Ansturm beschäftigen musste, dann konnte man dies bisher nicht. Und muss es nun tun. Ist so. Kann man das andersherum machen? Vielleicht. Aber vielleicht hätte es auch komisch ausgesehen, wenn da am Anfang 10 Millionen von 3 Genoss*innen (wir übertreiben) gestanden hätte.
Oke erklärte auch, dass man morgen (und korrigierte sich auf Übermorgen) noch mal beim Team vorstellig werde und da Genoss*innen („Genoss*innen wohl weniger“ korrigierte sich Oke, im Hinblick auf die Herrenanzahl bei der ersten Herren des Vereines.) einwerben wolle. Auf Nachfrage wurde später erklärt, dass es schon Spieler gäbe, die Genossen wären, man nun aber noch mehr überzeugen werde.
Spannende Nebensätze
Ein paar spannende Nebensätze erregten unsere Aufmerksamkeit. Oke sprach davon, dass die Genossenschaft ja nicht nur für jetzt sei und auch andere Projekte denkbar seien. Er erwähnte auch, dass dies auch im Hinblick auf 50+1 und einem Klima, wo Profifußball in einem e.V. „nicht mehr so positiv gesehen werde“ denkbar wäre. Man habe dann eine solidarische und partizipative Antwort geschaffen. Was meint Oke damit: Ganz einfach, sagt unser Hausjurist. Nicht nur die schwindenden 50+1 Überlebenschancen nagen an dem Modell „gemeinnütziger e.V. betreibt Profifußball“. Auch gibt es immer lautere juristische Stimmen, die sagen, dass dies nicht der dominierende Zweck eine steuerbegünstigten Sportverein sein kann. Das ist bisher nicht die Mehrheit, aber für den Fall gewappnet zu sein, wo Finanzämter und Gerichte dies vielleicht nicht mehr so geil finden, ist allemal ein kleines Plus dieser Genossenschaft, dass man nicht unerwähnt lassen sollte. Über die Abschaffung von 50 + 1 und der dann Notwendigkeit dann in einer Kapitalgesellschaft zu agieren, darüber wollen wir gar nicht nachdenken an dieser Stelle. Aber auch da gilt für die Genossenschaft: Lieber haben als brauchen.
Man erklärte auch, dass man die Genossenschaft nach dieser Phase schließen werde, aber sie sei ein Einstieg für einen anderen Fußball und eine Öffnung sei für andere Projekte immer denkbar.
Oke konnte sich auch nicht den Seitenhieb auf diejenigen verkneifen, die immer „einen Entscheider“ für sportlichen Erfolg als notwendig ansehen.
Nachfragen
Es wurde u.a. nachgefragt, wie man denn auf die Mehrheit bei etwas über 20 Mio käme. Und da wurde gesagt, dass man das Stadion per Gutachten mit 55 Millionen bewertet habe, aber in der Gesellschaft ja auch 15 Millionen Schulden seien, so dass man bei grob 40 Millionen Wert für die Gesellschaft käme.
Ach deswegen ist die Mehrheit auch so wichtig, denn wenn keine Mehrheit zusammenkommt, müsste der e.V. in seiner Konzernbilanz die Schulden weiterhin ausweisen. Das will er natürlich nicht. Er wird da wahrscheinlich Bürgschaften oder ähnliches gestellt haben, aber das kann man dann doch etwas besser verstecken.
Die Zahl, die ihr auf der Seite der Genossenschaft seht (geht auf https://fcspeg.com/ und klickt dann auf „Jetzt Genoss*in werden“, dann seht ihr die), sind alle gezeichneten Anteile auch die, die bisher nicht abgewickelt wurden. Wo also z.B. keine Beitrittserklärung vorhanden ist. Wir werden uns da also noch auf Korrekturen einstellen müssen. Denn es ist immer so, dass da dann auch mal was im Nichts endet.
Die Kommentare im Chat
Haben wir euch mal hier als Screenshots auszugsweise anonymisiert zur Bebilderung des Artikels beigefügt. Sorry, sind leicht unscharf. Wer auch immer da die Moderation für den offiziellen Account übernommen hat: Du bist unserer Held des Tages.
Und „lieber“ Christoph: Viel Meinung, wenig Ahnung? Einfach mal die Fresse halten! Und zwar nicht nur bei dem Thema Genossenschaft. Das ist ja schon länger unerträglich.
Danke für den Beitrag.
Wo gibt es denn die gezeigten Kommentare im Original, kann die nicht gut lesen wegen der Auflösung. Bei Youtube gibt es zwar Kommentare, aber nicht die hier gezeigten…
Moin, waren bei Youtube im Livechat. Wir haben ehrlich keine Ahnung ob und wie die archiviert werden von Youtube