Slow & Calm

Liebe Lesende, 

wir hoffen natürlich nicht, dass ihr je in die Lage kommt, und Mord ist eigentlich selten eine gute Idee, aber als juristischer Tipp: Wenn ihr die Leiche nach dem Mord zerstückelt, ist das keine Störung der Totenruhe. Für diese Norm muss die Leiche bereits begraben gewesen sein. 

Was dies mit dem FC St. Pauli zu tun hat? Nichts. Aber wir waren in Teilen krank und der Tag musste mit Dokus ausgefüllt werden, damit Mensch sich nicht zu doll über die Abwesenheit in Gladbach ärgert. 

Müssen wir was zu der Bad Religion Nummer sagen? Wir denken nein und wir denken auch, dass der Verein seine Stellungnahme sein lassen hätte können. Versteht uns nicht falsch, die ist inhaltlich super, aber um Argumentation oder Verständnis geht es auf dieser Welt überhaupt nicht mehr. Es geht um hektische Aufregung und Empörung um des Empören willens. Auch das ist „Flood the zone with shit“ und jede gut gemeinte Stellungnahme befeuert nur wieder die sinnlose Empörung. Das ist wie bei der Harbeck Strafanzeigen Nummer. Es ist egal, ob Merz oder wer auch immer genauso Strafanzeigen stellt. Es geht um die Empörung. Und die bleibt hängen und bleibt kleben. Weil es einfache Sätze und Muster sind, die in den Synapsen hängen bleiben. Dies wird man nicht mit guten Stellungnahmen ändern.  Wir als Blog haben eine besondere Beziehung zu Bad Religion. Es gäbe uns nicht ohne Bad Religion. Unser Senior hatte das mal angesichts eines Bad Religion Konzertes aufgeschrieben.

Auf gut deutsch: Wir sind der antideutsche, antichristliche, Antifaverein. Laber Rhabarber. Wir kämpfen, so lange wie ihr euch aufregt, lieber um eine gerechtere Welt. 

Gladbach

„Elf vom Niederrhein“? So ein bisschen ist das schon Tourist*innenmarketing und so, als ob man den Flughafen in Haan als „Frankfurt-Haan“ bezeichnet. Ja, liebe lokalpatriotisch eingestellte Menschen, wir wissen, dass es hier um die Region geht, aber das „am“ deutet doch eher auf einen Fluss hin. Oder meint der Song, dass man nur am Rande des Niederrhein Gebietes liegt? Wir zitieren Wikipedia: 

„Weiteren zählen am östlichen und südlichen Rand Teile der Städte Isselburg und Oberhausen (Stadtbezirke Alt-Oberhausen und Sterkrade), der Rhein-Kreis Neuss, die Stadt Mönchengladbach und der Kreis Heinsberg zum Niederrhein.“

Wie wahrscheinlich sonst nur die Rauten lebt Gladbach von ehemaligen sportlichen Erfolgen. Der letzte große Titel jährt sich nächstes Jahr auch schon zum 30. Mal und in letzter Zeit war man eher graues Mittelmaß mit kleinen Ausflügen ins internationale Geschäft. Ohne mal eine berauschende Nummer wie z.B. Frankfurt abzuliefern. Die Geschichte des Vereines führt aber zu Fans, die von sehr weit anreisen. Wir haben Kennzeichen aus allen Kreisen Deutschlands gesehen. Das ist aller Ehre wert, aber irgendwie ist Gladbach so ein „egal“ Verein. Es ist in der Beklopptheit nicht Schalke, in der Größe nicht Köln und in der Tragödie nicht Düsseldorf. 

Im Endeffekt kann man sich nur erneut an dieser nervigen Preussen Verklärung reiben. 

Borussiapark

Früher gab es da was, was Gladbach besonders machte. Der Bökelberg war einzigartig und alle Fußballfans, die diesen jemals besucht haben schwärmen heute noch über dieses steile, mitten in einem Wohngebiet gelegene Stadion. Ja, es war am Ende leider auch eine Bruchbude, aber es hatte Charme ohne Ende. Sorry, aber da ist der irgendwo ins Nichts gepflanzte Borussiapark, der aussieht wie 100 andere Stadien, ein übles Downgrade. 

Was auffällt: Man baut ein Stadion neu und am Ende ist die Anbindung an die Autobahn so schwierig, dass man von den Parkplätzen auf die wirklich nah gelegene Autobahn extrem lange braucht. Genau da wollen die meisten Menschen nach dem Spiel aber hin. Wie schon erwähnt: Kennzeichen aus ganz Deutschland. Lustigerweise kommt man schneller und besser in Richtung Innenstadt. Diese Situation führt wahrscheinlich auch dazu, dass ab der 80. Minute ein merklicher Strom von Menschen sich in Richtung Ausgang bewegte. 

Was auch bemerkenswert ist: Im Jahre des Herren 2024 scheint es an diesem Stadion kein vernünftigen Platz zu geben, um Fahrräder abzustellen. Jeder Baum war zu einem Fahrradstellplatz umfunktioniert. (Menschen wiesen darauf hin, dass es wohl einen Radplatz gibt. Gibt aber anscheinend noch mehr Bedarf dann.)

Der Gästeblock ist viel Käfig, aber wir haben keinen Ärger mit den Ordner*innen mitbekommen. Wenn man den Parkplatz 1 auch Gästefans zuweisen würde, müsste man so ein Spiel vielleicht auch nicht mit gefühlt 10.000 Cops begleiten, aber dann könnte man ja auch nicht mehr über Kosten und Überstunden jammern. 

Gladbach meinte vor dem Spiel noch auf das Cannabisverbot hinweisen zu müssen und darauf, dass Ordner*innen dies durchsetzen würden. Gilt das eigentlich auch für Pflanzen im Topf? Es ist ein schönes „fuck the rules“, wenn dann vor uns im Block der große Joint angezündet wird. 

Stimmung

Ja, die haben einen ganz bemühten Kern. Aber irgendwie besonders laut, besonders beeindruckend? Ne ist das nicht. Es ist solide. Aber irgendwas fehlt den ganzen Abend. Klar, ein souveräner, aber komplett  glanzloser Sieg gegen einen Aufsteiger ist vielleicht auch nicht gerade der Stimmungsmacher. 

Im Gästeblock war dafür deutlich mehr Alarm. Hier -mal wieder- ganz viel Lob an unsere vorsingenden Menschen. Positive, motivierende Ansprache und immer wieder der Versuch alle Menschen mitzunehmen. Das ist wirklich gut. Danke für euren Einsatz. 

Schöne Grüße auch nach Lüttich. Eine große Delegation von Standard hatte ihren Weg in den Gästeblock gefunden. Und in schwierigen Zeiten Freund*innen zu haben, ist doch was Gutes, oder? 

Auf dem Platz

Vorab: Niemand hat gesagt, dass es einfach wird. Nein, wir haben nicht das Geld um noch einen Stürmer, einen Hartel Ersatz und zwei offensive Mittelfeldspieler zu holen. Lernt endlich mal Bilanzen zu lesen und finanzielle Möglichkeiten von Vereinen realistisch einzuschätzen. Jeder Spieler, der bei Gladbach auf der Bank sitzt, wäre bei uns wahrscheinlich Topverdiener. Ja, so groß ist die Spreizung und das haben euch unser Präsident und alle sportlich Verantwortlichen auch immer gesagt. Wenn dann bei uns im Kader auch noch eine Verletzungsseuche herrscht, dann wird es dünn. Das ist so. Und das lässt sich nicht ändern, außer man will sich heillos verschulden oder anderen Blödsinn machen. 

Daher ist es vollkommener Unsinn jetzt irgendwie den Kopf des Trainers zu fordern oder Bornemann zu kritisieren oder neunmalklugen Mist ins Internet zu schreiben. Wir werden bis zum letzten Spieltag und vielleicht auch bis zum Abpfiff der Relegation kämpfen müssen. Das geht nur gemeinsam und geschlossen und nicht mit Spaltpilz. 

Dies vorausgeschickt muss man trotzdem sagen, dass dies ein richtig schlechtes Spiel von uns war. Gladbach musste nur 20 Minuten ein bisschen hoch schalten und schon stand es 2-0. Eine schlecht verteidigte Ecke und ein Geistesblitz reichten aus. Das liegt daran, dass wir null Gefahr entwickeln. Gegner können sich gegen uns zurück ziehen, wir werden keinen Ball gefährlich vor das Tor bekommen. Ja, da fehlt Saad an allen Ecken und Enden. Da fehlt auch Selbstvertrauen und Lauf. Jackson hat gefühlt jedes Spiel eine Kopfballchance, die er letzte Saison gefühlt alle gemacht hat. Jetzt versemmelt er die. Die Chancen, die wir hatten, kamen dann aber eher in der „Garbage Time“, als Gladbach schon komplett in die Verwaltung geschaltet hatte. 

Trotzdem ist es wichtig zu sehen, dass unsere Jungs bei allen Unzulänglichkeiten nicht auseinanderbrechen, ihr möglichstes versuchen und auch das spricht für Trainer und Truppe. Es war trotzdem kein guter Tag. 

Haben wir Qualität auf der Bank? Nein, haben wir nicht. Unsere erste Elf stellt sich zur Zeit von alleine auf. Und auch das ist nicht gut. Ist es schön zu sehen, dass Nemeth stabil ist, wenn er spielt? Ist es gut, dass Ahlstrand belebend wirkt, wenn er kommt? Ja ist es. Aber da fehlt was. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage, warum unser Trainer erst spät und nur 2,5 mal wechselt. Albers kommt im Endeffekt nur für den Handschlag aufs Feld. Ja, keine Qualität auf der Bank. Aber an einem Tag an dem gar nichts läuft, mal was versuchen? Wäre für uns auch okay gewesen.

Es gibt zu diesem Zeitpunkt der Saison kein „must win“ Spiel. Selbst wenn wir gegen Kiel verlieren ist alles weiterhin offen. Aber das Gefühl sagt etwas anderes, oder? Heimtore und ein Sieg gegen Kiel wären Gold wert. 

Packen wir das an. Gemeinsam. Laut. Kämpferisch und nie aufgebend. 

Wir sind St. Pauli.