Das Leben ist wichtiger als das Spiel

Wir alle würden es uns nie eingestehen, aber Fußball ist in unserem Leben öfters wichtiger als es sein sollte. Wir verschieben Termine, nehmen frei, sind „krank“ und sagen Familienfeiern ab, um für unseren Verein quer durchs Land zu fahren. Der Samstag hat wieder einmal deutlich gemacht, dass Fußball halt eben doch nicht die Bedeutung hat, die wir ihm gerne geben. An dieser Stelle danke an Karlsruhe für die Durchsage im Stadion und Ultras Karlsruhe für die Solidaritäts-Tapete. Danke an den Gästeblock, der zum Großteil verstanden hat, was los ist. Mehr werden wir nicht dazu schreiben, also fragt uns nicht nach Details. Wir sind in Gedanken bei der betroffenen Person und den Freund*innen und Angehörige*n.

Stadionatmosphäre

Alter, man kann sein Stadion schon so beschallen. Muss man aber wollen. Dachten wir nach dem Einlass noch, dass die Musikauswahl gar nicht so schlecht sei, ging es, um so näher wir dem Anpfiff kamen, immer mehr bergab. Zu Heavy Metal zum Aufwärmen einlaufen, eine Sache. Das Lied dann aber komplett durchlaufen zu lassen, während sich Spieler unmotiviert Bälle zu passen wirkt dann doch eher albern.

Müssen wir noch schreiben, warum das Badener Lied schwierig ist? Wir glauben nicht. Und die Stadionhymne? Wir zitieren „Ich habe Schmerzen – vom Rücken und der Stadionhymne.“ Allgemein werden wir echt keine Fans mehr von diesen Kampfschrei-Stadionsprechern. Es ist am Ende nur Fußball und ihr tut so als würdet ihr in den Krieg ziehen. Nein, wirklich nicht unser Stil.

Der Heimblock profitiert in unseren Augen im neuen Stadion und hat eine ordentliche Mitmachquote im Block. Zu Beginn zeigten sie eine große Choreo zum 20. Geburtstag der Wild Boys und anschließend ihre Hühnerbrüste. Bei 20°C am Abend muss man schon das T-Shirt ausziehen, anders wäre das ja nicht aushaltbar gewesen. Ist schon klar. Lasst es doch einfach.

Zum Spiel

Puhh, also da lief alles schief, was schief gehen kann. Holy shit. Wir sind heute immer noch heiser vom Schimpfen über den Schiedsrichter und überhaupt und sowieso. Es ging schon suboptimal los. Anpfiff, Gegentor. Ja, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Karlsruhe ging agressiv ins Spiel und zeigte wieder mal deutlich auf, wo die Schwäche in unserem Team ist: Schnelle Bälle über die Abwehr. Dann haben wir immer Probleme. Unsere Innenverteidiger sind gut, aber die Schnellsten sind sie nicht. Da müssen wir für nächste Saison nachbessern. Wir bräuchten jemand wie Avevor. Seufz.

Wir kamen also schwer ins Spiel und der KSC machte Druck vor unserem Tor. Erst mit weiterem Verlauf der ersten Halbzeit wurden wir stabiler und konnten immer mehr unser Spiel aufziehen. Das Spiel wechselte von Vogelwild und unkontrolliert zu einem guten 2. Liga Spiel.

Kurz vor der Halbzeit sorgte Jackson dann für die Erlösung. Nach einer Ecke von Hartel köpfte er den Ball zum ersehnten und verdienten 1:1 ins Tor. Damit ging es dann auch in die Pause.

Die zweite Halbzeit wurde dann wild, aber anders als uns allen lieb war. Wir kamen stark aus der Kabine und machten viel Druck vor dem Karlsruher Tor. Nach einem Angriff und etwas Flipper im Strafraum der Karlsruher kam Jackson zum Schuss und traf zum 1:2. Alles jubelte. Aber der Videoassistent hatte was dagegen. Kemlein stand wohl im Abseits. Zum Zeitpunkt an dem wir das hier schreiben, haben wir noch keine Bilder gesehen. Kann sein.

Nach drei Ecken in Folge, die jeweils gleich verliefen, nähmlich Hartel hoch auf Jackson und dieser mit dem Kopf aufs Tor, wovon keine reingehen wollte, glitt das Spiel dem Schiedsrichter komplett aus der Kontrolle. Und ließ uns mit sehr vielen Fragen und Ärger zurück. Wir sind keine Freund*innen des VAR. Aber wie kann es sein, dass er den Elfmeter für uns nicht erkennt und Hauke den Ball spielt und trotzdem vom Platz fliegt? Warum gibt es den Scheiß dann, wenn solche Entscheidungen nicht verhindert werden? Saad wurde mehrmals gefoult ohne Konsequenzen. Saliakas lag eine gefühlte Ewigkeit angeschlagen im Strafraum, ohne das der Schiedsrichter reagierte. Und dass der Karlsruher Saad einfach von hinten klammerte und festhielt hat gleich gar keiner aus dem Schiedsrichter-Team gesehen. Klasse Leistung. Nicht. Nach der Fehlentscheidung letzte Woche zum angeblichen Abseitstor von Kemlein liegen die Nerven wirklich blank was das Thema VAR angeht.

Und dann wäre da noch das Thema Fabian Hürzeler und die Schiedsrichter. Wir wissen nicht was er sagt, ob seine Wortwahl so unter der Gürtellinie ist, dass er bei der kleinsten Äußerung gelb sehen muss. Aber was wir wissen, ist dass wir den Karlsruher Trainer gestern beobachtet haben und wie er schimpfend und zeternd mehrmals beim vierten Offiziellen stand und auch den Schiedsrichter massiv anging. Ohne Folgen. Zweierleimaß Herr Schiedsrichter?

Am Ende kam es, wie es kommen musste bei einem Spiel, wo so gar nichts in den entscheidenden Situationen zusammenläuft: Der KSC machte noch das 2:1. Wir wechselten zwar offensiv – Dapo, Maurides, Albers, Amenyido kamen noch ins Spiel, die auch viel versuchten und die Bälle teilweise schön ablegten – aber es kam nichts mehr dabei rum.

Was ist eigentlich peinlicher, die Stadionhymne des KSC oder dass die Hymne unironisch von den Fans kurz vor Schluss gesungen wird? Und wie geil fühlt man sich eigentlich als mit 40er Stinkefinger in den Gästeblock zeigend dazustehen? Und Homofeindliche Gesten sind geschmacklos, die können egal welches Alter endlich mal aus allen Stadien verschwinden.

Nach dem Spiel finden wir schnell die Shuttlebusse und machen uns wieder zurück auf den Weg Richtung Hauptbahnhof und/oder Hamburg. Irgendwann wird der Tag kommen an dem gegnerische Fans nicht auf Mysogynie und Sexismus zurückgreifen, um uns zu beleidigen. Der Tag war nicht Samstag in Karlsruhe.

Nicht unser Spiel, nicht unser Tag. Nochmals ganz viel Kraft an die betroffene Person, alle Angehörigen und Freund*innen. Unser Tag wird kommen.