Liebste Lesende,
unser Kollektiv ist in letzter Zeit nicht häufig in voller Stärke bei Spielen gewesen. Viele verschiedene Dinge hielten uns davon ab.
Wir wollen nicht ins Detail gehen, aber hey, sollten Dinge für euch gerade schwierig sein, dann ist St. Depri ein guter Anlaufpunkt. Und wenn ihr gerade auf der Sonnenseite des Lebens steht, dann lasst doch mal Geld bei St. Depri. Das können die für ihre Arbeit richtig gut gebrauchen. Spendenmöglichkeiten findet ihr hier:
https://st-depri.de/st-depri.html
Aus den oben erwähnten Abwesenheiten ergab sich folgender Dialog im Arbeits-Chat dieses Blogs: „Wer erzählt mir wie das in so einem Auswärtsblock geht? War lange nicht mehr da, hab das vergessen.“
Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten:
„Ach eigentlich gibt es da nicht viele Regeln: Die Menschen in schwarz auf den Rängen LIEBEN es, wenn sie gefilmt und ungefragt umarmt werden. Sollte das Gästeteam ein Tor schießen, werfe ungefragt das Getränk deiner Wahl auf die Menschen vor dir. Das ist ein sehr beliebtes Ritual. Ansonsten sammle die schlimmsten Schimpfwörter zusammen und brülle sie den Spielern und vor allem dem Schiri entgegen UND den Nebenleuten ins Ohr. So will es die gute Sitte. Achja und wenn es Stress gibt, unbedingt der Polizei Verursachende melden und sie dazuholen, dann bleibt es immer friedlich.“
„…wenn die Menschen in schwarz die gerne auf dem Zaun rumhampeln dich auffordern bei ihrer Performance mitzumachen, mache dies auf gar keinen Fall. Stelle dich mit am besten verschränkten Armen hin und schmolle oder stimme mit deiner Bezugsgruppe einen anderen Gassenhauer an und beobachte die Reaktion der umstehenden Personen.“
„Und um das wichtigste nicht zu vergessen: Es heißt Pauli!“
Da fühlt Mensch sich doch gleich wieder gut vorbereitet. Wobei ein Punkt hatten wir vergessen. „Aux Armes immer mit lautem S am Ende…“
Wie üblich reisten wir getrennt an. Ein Teil von uns ging mit dem Marsch. Und wie sollen wir sagen? Die Polizei hatte nicht nur 1312 behelmte Beamt*innen aufgefahren, sondern auch handgezählte 10 Zivis. Dieser Braintrust hatte sich für den Marsch folgende Sightseeingtour ausgedacht: Vom HBF an der Förde beinah bis zur Marineschule und dann erst in Richtung Stadion ist schon ein zarter Umweg. Aus grob 3 km wurden so über 5. Wie witzelte jemand so schön: „Wir haben unser Schrittziel erreicht, nun seid ihr dran, liebe Spieler“. Andere versuchten sich im „nur noch positiv“: Hey, das richtige Meer sehen wir sonst nur im Urlaub. Zumindest war der Weg hübsch…


Wir überwanden den Einlass relativ schnell. Andere Menschen haben da sehr lange gewartet. Enge Drehkreuze? Überhaupt nicht unser Ding! Enge Drehkreuze, die nicht schnell funktionieren? Super beschissen.
Im Block hatten wir gefühlt mehr Platz als in den Jahren zuvor. Dafür weniger Sicht. Versteht uns bitte nicht falsch: Fahnen und Banner sind ein absolutes Muss in einer bunten Kurve. In einem Block wie dem in Kiel sieht man dann aber nicht mehr sehr viel vom Spiel. Wobei wir in vergangenen Jahren schon ohne viele Fahnen feststellten, hier sieht man grundsätzlich sehr wenig vom Spiel und vielleicht bewirbt sich in naher Zukunft endlich eine europäische Baufirma diese Tribüne zu ersetzen, damit Gästefans nicht nur in den Hör- sondern auch in den Sehgenuss der Partie kommen.

Zum Spiel daher -leicht überspitzt- folgendes: Fahne, Hartel spielt Mittelstürmer?, Fahne, oh ein Quadratmeter Rasen, Fahne, Schal, Fahne, Schal, Schal, oh Tor? Ja Tor!, Fahne, Fahne, Schal
Wahrscheinlich fragt sich Kiel ähnlich wie nach dem Hinspiel, warum man eigentlich so schnell 3-0 zurück lag. In einem Spiel mit Chancen auf beiden Seiten ist bei uns gefühlt jeder Schuss drin. Wenn wir es jetzt noch schaffen würden, solche Spiele entspannt nach Hause zu schaukeln, dann wäre das noch besser. Aber das ist erstmal meckern auf HÖCHSTEM Niveau.
Dagegen sprach jedoch, dass Kiel halt auch eine absolute Toptruppe ist. Was wir auch als Gedanken hatten: Erinnert ihr den Bielefelder Bundesligaaufstieg? Die Truppe ist damals mit einer unfassbar laufintensiven Spielweise aufgestiegen und hatte am Ende der Saison dann doch Probleme ihr Spiel in jedem Spiel 90 Minuten zu präsentieren. Was ist unser Spiel? Unfassbar laufintensiv! Auch gegen Kiel schrubbt unsere Truppe wieder 133 km (laut Kicker) ab.
Neben der vielen Kieler Chancen bzw deren druckvollen zweiten Halbzeit sollten unsere beiden Lattentreffer in der Nachspielzeit von Carlo und Hartel noch Erwähnung finden. Diese Chancen fielen zumindest auf der „Gästeseite“ und hatten einige schon drin gesehen. Ähnlich wie die Kieler das Ding schon drin sahen, als der Ball durch Niko in der ersten Halbzeit von der Linie gekratzt wurde und Teile des Kollektivs schon laut schimpfend am Getränkestand standen, da es sich wie der mögliche Ausgleich zum Stand von 1:1 anhörte.
Ihr merkt, das Fußballspektakel war vor allem ein akustisches. Aber so konnten wir uns dann voll und ganz auf den Support bis nach dem Abpfiff mit der Mannschaft konzentrieren. Feiern, Fraggels, ab zum Bahnhof.
Die Rückfahrt beginnt mit einem Aufenthalt in Flintbek. Polizeieinsatz, Verspätung, Generve. Wir wissen nicht was genau vorgefallen ist, aber wir wissen, dass Rauchen im Zug eher uncool ist. Nervt und stinkt. Und hey wir sprechen hier von 80 Minuten Fahrt. Auch zu viert gegen jede Wand zu klopfen und Gesänge anzustimmen, während alle anderen chillen wollen? Eher schwierig. Du bist nicht Vorsänger, Digga!
Tatsächlich waren aber nicht nur Fußballfans in Feierlaune im Zug. Der eine oder andere junge Mitfahrende mit dem Partyziel Hamburg, fand die müden aber glückseligen Fans zu ruhig und fordert ständig auf Gesänge mit deutlichen Beschimpfungen gegen die Vorstadt mitzusingen. Da war die Energie bei den meisten aber raus, denn so ein Dauerlauf in Kiel und zu gewinnen sind auch anstrengend an einem Freitag im Februar.
Nun ja. Irgendwann fuhr auch der zweite Zug weiter und wir kommen als Nr. 1 der Stadt und Liga zurück.
Danke für den Hinweis auf St. Depri. Und – gute Besserung.