Auf dem Rasen, auf den Rängen, da wäre überall mehr drin gewesen.
Und damit haben wir das Derby eigentlich schon vollinhaltlich abgehandelt. Aber weil wir wir sind und immer zu viele Worte nutzen, schreiben wir jetzt noch mehr.
Zwei Stunden
Das Stadion früher zu öffnen war eine gute Idee. Viel Druck, länger im Domdurchgang zu stehen, wurde so vermieden. Warum die Polizei bei jedem Spiel kurz vor Einlass immer mit Fahrzeugen durch das Gedränge fährt, muss uns mal jemand bei Gelegenheit erklären. Zwei Stunden im eiskalten Stadion herumzustehen ist dann aber ein ganz schöner Grind.
Wir hatten schon wieder komplett neue Ordner*innen, die erstmal angelernt werden mussten. Auch erreichten uns Berichte von sehr schleppenden Einlasssituationen, weil das Personal neu und unerfahren war. Das ist wahrscheinlich die Realität im Niedriglohnsektor. Und die ist aus diversen Gründen nicht gut.
Es gab keinen Alkohol zu kaufen. Was aber nicht heißt, dass es keinen Alkohol gab. Was wir alles an geschmuggelten Alkohol sahen, beantwortet wahrscheinlich für immer die Frage, wie eigentlich Pyro in Stadien kommt. Große Flasche Jägermeister, vor Ort gemixter Cuba Libre (mit Limetten!) – alles gesehen.
Zwei Fanlager
Choreographien? Siehe Fotos. Wieder und immer wieder einen riesigen Respekt an all die Menschen, die sich das ausdenken, nähen, malen und durchführen. Support? Von beiden Seiten schon deutlich bessere Auftritte gehört und gesehen. Die GG fiel nach den zwei Gegentoren in eine komplette Schockstarre. Es dauerte, bis da überhaupt wieder ein Ton kam. Das ist mehr als ärgerlich.
Pyro wurde natürlich auch gut verarbeitet. Ja, wir wissen, dass die Stadionsprecher*innen angehalten sind, auf das Verbot hinzuweisen, aber irgendwie erwarten wir nicht mehr, dass irgendeine Fangruppe mal „Oh, sorry, das wussten wir nicht, wir packen den Rest jetzt weg“ sagt und aufhört. Ein kleiner Lacher war dann wenigstens das (sinngemäß zitierte) „kommt gut nach Hause und nehmt euer Pyro mit“ in Richtung Gästeblock nach dem Spiel.
Ob man so komplett kontextlos während des laufenden Spiels immer wieder Pyro zünden muss, sei mal dahin gestellt. Das wirkt dann doch häufig eher nach „Ablaufdatum erreicht, musste weg“ als nach Anheizen der Kurve. Und gefühlt unterbrach es auch mehrfach Gesänge, weil die Leute abgelenkt waren. Pyro ist halt immer eine Abwägungsfrage, weil es schlichtweg auch kostet. Nein, wir schieben jetzt keinen „das ist verboten“ oder „das kostet so viel“-Grind. Aber wenn etwas was kostet, sollte es den Punk auch anschieben. Ihr schmeißt ja auch keine 50 Euro-Scheine ins Klo, sondern kauft davon was Cooles.
Zu dem Stadionverbotsplakatgrind enthalten wir uns jetzt ganz bewusst mal. Haben wir gesehen. Denken wir mal in Ruhe drüber nach und nicht verkatert einen Tag nach dem Derby.
Zwei Tore
Beide Tore von uns sollen illegal gewesen sein? Mag sein, aber das ist dann doch sehr mit der Lupe aufgenommen und wird wahrscheinlich nur absolute Hardcorerauten als Rechtfertigung ihrer Leistung in Halbzeit 1 überzeugen. Eckbälle sind unsere Spezialität, und das zweite Tor wird Heuer-Fernández noch auf seiner Abschiedsfeier sehen. Wenn man sich das ansieht ist er da aber auch die ärmste Sau, der Ball ist katastrophal gespielt und der Schneerasen macht den Rest. Okay, genug Mitleid, wir haben herzlich gelacht.
Warum geht es nur 2-2 aus? Weil wir zur Zeit nicht das hinbekommen, was die Rauten zweimal hinbekamen. Den Ball schnell über außen vorzutragen und dann gefährlich in die Mitte zu spielen. Und da einfach auch einen Stürmer zu haben, der die Dinger macht. Wir verheddern uns häufig außen und treffen die falsche Spielentscheidung. Das wird Fabi wahrscheinlich gerade mit den Jungs durchdiskutieren.
Zwei Halbzeiten
Wir haben – das zweite Spiel hintereinander – die zweite Halbzeit mehr oder minder verschlafen. Das darf nicht passieren. Und im Gegensatz zu Hansa haben die Rauten halt die Qualität, dann auf Gleichstand zu stellen. Am Ende haben die drei Schüsse aufs Tor und zwei sind drin. Das ist nervig, es sind auch zu viele Gegentore, aber nun ja.
Zwei Launen
Auf der einen Seite haben wir gegen die nächste Spitzentruppe einen Punkt geholt, auf der anderen Seite haben wir gegen die ersten Sieben auch nur zweimal gewonnen. Auf der einen Seite sind wir ungeschlagen, auf der anderen Seite sind Unentschieden komplett tödlich in einem 3-Punkte-System.
Auf der einen Seite ist es eine absolut coole Feststellung, dass wir einen feinen, technischen Fußball spielen, der am besten auf perfektem Geläuf funktioniert und wir dieses perfekte Geläuf am Millerntor auch haben (dass Schnee mal der Endgegner im Derby wird und uns nicht hilft…!), auf der anderen Seite läuft das natürlich komplett gegen die „wirst den Gegner niederringen“- Mentalität am Millerntor und ist so ein bisschen eine FC Bayern -Ausrede.
Zwei Vereine
Wir führen weiterhin die Tabelle an. Die Rauten knapp hinter uns. Eine Wachablösung ist das nicht. Mit einem Sieg hätten wir die unangespitzt in den Boden gerammt. Und Tim Walter wohl perspektivisch einen neuen Arbeitgeber besorgt. So wird er wahrscheinlich dableiben und weiter diskutiert werden. Alles nicht Fisch, nicht Fleisch.
So bleibt es eine Stadt auf Augenhöhe und gewonnen haben nur die ganzen Verfolger. Die können (zum Zeitpunkt des Schreibens) über das Wochenende noch rankommen.
Zwei Spiele
Stehen nun nächste Woche an: Pokal in Homburg und das wahre Derby. Seid euch mal sicher, dass die in Homburg gerade die DVD „St. Pauli – Bremen Pokal“ in Dauerschleife gucken und auf genau so einen Rasen hoffen.
In Osnabrück können wir entweder die Lichter ausknipsen oder Aufbaugegner sein. Mal gucken.
Einfach wird beides nicht.
Zwei Endgedanken
Wir sind St. Pauli.
Wir sind die einzige Möglichkeit.
Und wie groß das Problem mit Alkoholismus im Millerntor-Stadion ist, möchte ich da ergänzen.
Jo, fiel mir auch etwas irritierend auf, dass irgendwie immer Pyro gezündet wurde, als auf dem Platz eigentlich gerade nichts passierte. Und was mich als Asthmatiker betrifft unterbricht mich Pyro eher weniger wegen der Ablenkung, sondern eher deswegen beim singen, weil ich keine Lust habe, mehr von dem Zeug zu inhalieren wie unbedingt nötig. So schön ich Pyro in der Kurve auch finde sorgt es bei mir also eher dazu, dass ich in dem Moment dann nicht mehr anfeuern werde bzw. kann, um einen Anfall vorzubeugen. Gerade bei eher windstillem Winterwetter bleibt der Rauch dann halt auch noch relativ lange sehr stationär im Stadion – im Sommer zieht der ja meist recht schnell ab, aber im Winter steht man dann halt gefühlt das komplette Spiel über im Rauch, wenn alle paar Minuten wieder nen Pyro angerissen wird. Nun gut, war beim Derby andererseits aber auch so zu erwarten, und so ne FFP2-Maske hilft interessanterweise dann auch gegen zuviel Rauch in der Lunge/Bronchien…
Und irgendwie muss die Information, dass das Stadion schon eine halbe Stunde früher geöffnet wird, an mir vorbei gerauscht sein, wirklich breit gestreut wurde die dann wohl nicht. Ist das nun dauerhaft so, dass das Stadion zwei Stunden vor Spielbeginn aufmacht oder war das eine Derby-Besonderheit?
Bisschen doof, wenn man dann wie üblich 1,5 Stunden vorher in den Block kommt und der schon proppevoll ist und man gar nicht mehr bis zu seinem eigenen Stehplatz vordringen kann. 🙂
ich fand die stimmung leider auch sehr dürftig. hab es zumindest auf meiner ecke und blockumkreis auf die anderen substanzen geschoben die man in massen gerochen hat, die downen ja bekanntlich eher statt partylaune zu machen.
fußball geht auch ohne rausch