Wie uns ja allen hinlänglich bekannt ist, kommt der ungeliebte Nachbar aus der Vorstadt. Wir haben ja neben der Liebe zur Musik auch eine Liebe für Geografie, da bietet ein Song, der beim Derby immer gespielt wird, besonders viel Anlass sich einmal näher damit zu beschäftigen. Wie immer gilt, dass dies auch bitte mit einem Zwinkern zu lesen ist. Nehmt es nicht zu ernst.
Hier erstmal der Text. Die Wiederholungen des Refrains sind bewusst raus gelassen.
Ich hab ’nen harten Tag gehabt
Und musste noch mal raus
Mit der S-Bahn in die Innenstadt
Am Hafen steig ich aus
Ich hab noch ein paar Bier dabei
Und setz mich an die Pier
Die Schiffe und der Lichterglanz
Ich denke so bei mir
Mein Hamburg lieb ich sehr
Sind die Zeiten auch oft schwer
Weiß ich doch, hier gehör ich her
Hier, wo ich geboren bin
Wo ich spielte schon als Kind
In den Straßen die mein Zuhause sind
Vom Volkspark übern Alsterlauf
Bis zum Öjendorfer See
Von Norderstedt bis Rönneburg
Das ist mein Revier
Mein Wohnzimmer das ist der Kietz*
Die Neustadt mein Büro
Die Elbterasse mein Balkon
Die Veddel is mein Klo
In Glasgow hat’s mir gut gefallen
Auch London war okay
Und Belfast war voll Herzlichkeit
Der Abschied tat mir weh
Doch wenn ich von der Autobahn
Die Köhlbrandbrücke seh
Den Michel und den Fernsehturm
Dann will ich nie mehr gehen
Dann wollen wir uns dieses “Meisterwerk” mal anschauen.
Ich hab ’nen harten Tag gehabt
Und musste noch mal raus
Mit der S-Bahn in die Innenstadt
Am Hafen steig ich aus
Ich hab noch ein paar Bier dabei
Und setz mich an die Pier
Die Schiffe und der Lichterglanz
Ich denke so bei mir
*Kietz mit TZ => Alle Quellen, die wir im Internet finden haben diesen Fehler drin. Auch wenn der Text bei Rautenfanclubs etc. zitiert ist. Es gibt aber online kein offizielles Textheft, so dass das auch ein Transkriptionsfehler sein kann.
In Strophe eins und zwei beschreibt das lyrische-Ich, dass es einen schlechten Tag hatte und zum Entspannen und Runterkommen an den Hafen fährt. Da er mit der S-Bahn in die Innenstadt fährt und am Hafen aussteigt, ist davon auszugehen, dass es sich um die Haltestelle Landungsbrücken handelt. Und hier sind wir schon beim Zwiespalt des HSV seins. Auf der einen Seite überall kundtun und große Schwenkfahnen malen wie scheiße man St. Pauli findet und dann auf der anderen Seite zur Entspannung ins Viertel fahren. Schon scheiße, wenn das eigene Stadion so weit draußen am Arsch der Heide liegt, dass man für alles, was man als schön empfindet, in die Innenstadt fahren muss. Oder habt ihr da draußen nichts, was euch gefällt?
Vom Volkspark übern Alsterlauf
Bis zum Öjendorfer See
Von Norderstedt bis Rönneburg
Das ist mein Revier
In Strophe drei werden nun die Grenzen der angeblich so geliebten Stadt beschrieben. Schauen wir uns dies auf einer Karte einmal an. Wenn man all die genannten Orte mit einander verbindet kommt man zu diesem Ergebnis.
Wir haben als „Alsterlauf“ jetzt einfach mal den Punkt genommen an dem die Alster, die Hamburger Stadtgrenze überschreitet. Dann wäre da noch das Thema Norderstedt. Liebe Rauten: Norderstedt ist nicht Hamburg. Bloß weil die U 1 dahinfährt, heißt das nicht, dass das noch Teil der Stadt ist. Aber selbst wenn man großzügig ist und für Norderstedt die Grenze zwischen den beiden Orten nimmt, drängt sich mir bei der Betrachtung eine viel wichtigere Frage auf. Was ist mit dem Rest der Stadt? Was ist mit dem Teil der westlich des Volksparks liegt? Der komplette Südwesten? Bergedorf? Was ist mit dem Teil der östlich zwischen Alster und Öjendorfer See liegt? Uns scheint, man hat ein sehr exklusives Verständnis von dem was Hamburg für einen bedeutet. Denn am Reimschema kann’s nicht gelegen haben. Und by the way: Wir dachten das Revier ist auf Schalke?
Die rot umrahmte Fläche ist grob 310 Quadratkilometer groß. Hamburg hat 755 Quadratkilometer. Ihr seid also nicht mal die Hälfte von Hamburg.
Mein Wohnzimmer das ist der Kietz
Die Neustadt mein Büro
Die Elbterasse mein Balkon
Die Veddel is mein Klo
Die Strophe, die anschließend folgt, zeigt nur noch deutlicher, welches Bild im Volkspark von Hamburg vorherrscht. Schon im ersten Vers sind wir wieder bei der Zwiespältigkeit des HSV-Fan seins. “Wir finden euch voll scheiße – aber eure Viertel ist unser Wohnzimmer.”, ne so läuft das nicht. Ihr könnt doch nicht alles scheiße finden an St. Pauli und das dann als eurer Wohnzimmer claimen. Außerdem ist das schon unser Zuhause. Und auch wenn ihr glaubt, irgendein Anrecht auf den Kie“t“z zu haben: Müsst ihr nicht eine S-Bahn in euren Vorort bekommen? Das ist vor allem albern und absurd.
Die letzte Zeile der Strophe schießt aber komplett den Vogel ab. Das ist an Rassismus und Klassismus nicht zu übertreffen. Die Veddel, ein Stadtteil mit 45,2% Ausländeranteil, 11,2% Arbeitslosenquote und einem durchschnittlichen jährlichen Einkommen von 15.831€ (alle Zahlen laut Wikipedia und Stand 2020), als Toilette zu bezeichnen ist an Widerwärtigkeit nicht zu überbieten. Und kommt mir nicht mit, “dass singen die doch nur, weil jede Wohnung auch ein Bad braucht”. Nehmt die Hafencity oder irgendeinen anderen Hamburger Schnöselstadtteil. Aber sinnbildlich auf einen armen und migrantisch geprägten Stadtteil zu scheißen. Das ist einfach purer Rassismus und Klassismus. Und das von der Fanszene, die die wahre Arbeiterklasse Hamburg sein will.
In Glasgow hat’s mir gut gefallen
Auch London war okay
Und Belfast war voll Herzlichkeit
Der Abschied tat mir weh
Nun folgt eine Strophe in der man sich mit drei Städten Großbritanniens vergleicht und feststellt, dass Hamburg doch schöner ist. Kann man machen. Holt uns aber auch nicht ab.
Doch wenn ich von der Autobahn
Die Köhlbrandbrücke seh
Den Michel und den Fernsehturm
Dann will ich nie mehr gehen
Die letzte Strophe zeigt allerdings wieder deutlich, dass für die Rauten irgendwie doch nur die Innenstadt, der Hafen und St. Pauli wichtig ist. Ist es euch nicht peinlich euch permanent über uns und unseren Stadtteil zu stellen und bei der Frage nach schönen Orten in der Stadt angekrochen zu kommen? Wie schlechte kennt ihr euch in Hamburg aus, wenn euch nur Orte in Millerntor Laufweite als Sehenswürdigkeiten einfallen?
Mein Hamburg lieb ich sehr
Sind die Zeiten auch oft schwer
Weiß ich doch, hier gehör ich her
Hier, wo ich geboren bin
Wo ich spielte schon als Kind
In den Straßen die mein Zuhause sind
Euer Hamburg liebt ihr sehr, ja also außer die Veddel … und den Südwesten … und Bergedorf aber sonst liebt ihr Hamburg sehr. Naja und eigentlich mögt ihr auch nur den Hafen, St. Pauli und die Neustadt. Aber das könnt ihr nicht so laut in eurer Vorstadtwohnsiedlung sagen. Erinnert der Refrain euch eigentlich auch so ein bisschen an das Herz von St. Pauli? “Klar, kannst du abschreiben, aber verändere die Worte bitte ein bisschen”.
DEr Alsterlauf aka Alsterquelle ist in Henstedt Ulzburg (Schleswig -Holstein) da wo früher einige Rautenprofis gewohnt haben weil das Traningsgelände des HAMBURGER SV in NORDERSTEDT (Schleswig -Holstein) lag….. Ich find auch. mehr Hamburg geht nicht….
Aber wir haben auch 040 Vorwahl!
Norderstedt ist Hamburg! (bitte…)
Ich will kein Vorstadt-St.Pauli-Fan sein 🙁