Liebe Lesende,
Unsere Begeisterung hielt sich zu Beginn des Tages in engen Grenzen.
Folgender ausgesprochener Gedanke fasst die Stimmung zusammen:
„Ich kann mir nichts depressiveres vorstellen als ein Heimspiel gegen Karlsruhe an einem verregneten Samstag im Oktober, also außer mir selbst, aber dafür müsste ich in den Spiegel schauen.“
Ja, es sind gerade nicht so leichte Zeiten beim Kollektiv, aber was muss das muss und so begaben wir uns ins Millerntor. Und Achtung Spoiler: es gibt gleich ein Happy End.
Bevor wir aber zum Spiel kommen, müssen wir noch kurz über die nicht so leichten Zeiten sprechen. Danke an euch alle für die große Anteilnahme, die unseren Senior und uns erreichte. Sehr viele sehr liebe und sensible Nachrichten erreichten uns. Und eine, deren Text grob mit „ja ist doof, dass der gestorben ist, aber habt ihr schon unseren geilen neuen Podcast gehört?“ zusammen gefasst ist. Der freundliche Hinweis, dass das extrem unsensible war, wurde mit einem Blocken beantwortet. Wir nennen natürlich keine Namen, aber unterzeichnet hatte ein namhafter Medienmensch, der auch einen Preis für Blogger macht. Feingefühl kann man nicht kaufen und gehört anscheinend auch nicht zur Ausbildung als Medienschaffender. (Nachtrag am 30.10.23 weil Leute das echt missverstanden haben: es handelt sich um niemanden aus dem FCSP Umfeld!)
Nun aber zum Geschehen des Tages.
Vermisst eigentlich wer das alte unüberdachte Millerntor? Wir nicht. Am Eingang wird unsere Gegengeradenfraktion von Ordner*innen mit guter Laune und Animation begrüsst. Wie soll man sich denn so auf seine eigene Agonie konzentrieren?
Beim Einchecken in die Groundhopper App stellen mehrere Kollektiv-Mitglieder fest, dass dies das 10. Mal ist dass sie ein Spiel mit Beteiligung des Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix e. V. sehen. Damit steht der KSC in einer Reihe mit so (ehemaligen) Ligahighlights wie Bielefeld, Sandhausen, Fürth und Heidenheim. Es wird wirklich Zeit, dass wir aus dieser Liga verschwinden.
Zu Beginn des Spiels zeigen Nord Support ihre Geburtstagschoreo. (Danke an alle, die bei der Umsetzung halfen!) Das sah toll aus! „Mit Messern auf den Zaun – Mord Support“, meinte unser Ex-Chefeditor zu lesen. Nochmal herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle. Belustigt beobachten wir dann wie USP immer und immer wieder versucht einen Geburtstags-Wechselgesang mit der Nordtribüne anzufangen und immer wieder vom Geschehen auf den Rängen und auf dem Platz unterbrochen werden. Aber am Ende klappt es natürlich doch.
Es ist kalt, feucht und bäh heute. Die dünne Jacke, die aus Aberglaube immer noch getragen werden muss, hilft auch nicht.
Und das Spiel?
Wir tun uns heute genauso schwer wie das Wetter mit Sonnenschein. Nur phasenweise zeigen wir unsere Qualität, ansonsten tun wir uns schwer. Man merkt deutlich, dass der KSC sich das Spiel gegen Paderborn angeschaut hat. Tief verteidigen, mauern, Räume dicht machen, bloß nicht pressen. Wir finden aus dem Spiel heraus keine Lösungen, unsere Bälle sind ungenau und das Spiel statisch. Wenn wir den Ball Richtung gegnerisches Tor bekommen, landet er entweder in den Armen des Torwarts oder im Nirgendwo. Wir fühlen uns etwas an den Anfang der Saison zurück versetzt. Die Lösung, die im Lehrbuch steht, ist Außenspieler mit Tempo zu nutzen, wenn die Mitte zu ist. Aber das klappt einfach nicht. Und Karlsruhe macht das natürlich auch gut.
Beim Blick auf die Aufstellung der Gäste wird manche*r im Stadion sicherlich gemunkelt haben, dass Igor garantiert ein Tor gegen uns schießen wird. Und es kam wie es kommen musste: In der 43. Minute traf Matanovic.
Nach der Halbzeit kam Saad für Dapo. „Auf so eine Bank wären viele 2. Ligisten neidisch“, sagten wir schon vor Spielbeginn. Es ist schon toll, nicht mehr auf die Liste der Auswechselspieler auf unserer Bank zu schauen und sich zu fragen, ob die zusammen überhaupt auf 10 Ligaspiele kommen. Grüße an alle „Bornemann raus“ Accounts.
Da Karlsruhe nun die 0:1 Führung tiefstehend verwalten kann, wird es zäh. Zäh und statisch. Klar „überlegt“ ist immer besser als „vogelwild“, aber wir sind Fans und das reißt natürlich nicht mit. Wir brauchen dringend noch eine bessere Strategie, gegen die KSC/Paderborn Strategie. Sonst spielen demnächst alle so gegen uns. Und wir können uns nicht immer darauf verlassen, dass das Tor schon irgendwie fallen wird. Aber wir haben da auch Vertrauen in die Qualitäten des Kaders und Fabians Taktikideen.
Heute aber fallen die späten Tore. 10 Minuten vor Schluss macht es Eggestein, wie es nur ein Stürmer kann. Umgeben von drei Karlsruhern dreht er sich und schießt den Ball zwischen gefühlt allen 44 Spielerbeinen auf dem Platz ins Tor. Wenn man oben stehen will in Liga 2, braucht man halt einen Knipser, der auf engstem Raum mal einen versenken kann. Wir sind immer noch erstaunt, dass dieser Knipser Eggestein heißt. Schön für ihn. Wir freuen uns für und mit ihm.
Jetzt ist auch das Publikum wieder da. Zwischenzeitlich ein bisschen eingeschlafen war nun ein fetter Roar zu hören.
Der Schiedsrichter kocht das noch ein bisschen hoch. Wir haben da mal so ein, zwei Fragen. Wenn ein Spieler im Lauf mit dem Fuß im Rasenhängen bleibt und dann extrem dramatisch fällt, warum bekommt er dann Freistoß? Wenn unser Team Ballbesitz hat und dann ein Gegner auf dem Rasen liegt und du das Spiel unterbrichst, warum bekommt der gegnerische Torwart dann den Ball? Es ist wahrscheinlich gut, dass das Spiel so ausgegangen ist, wie es ausgegangen ist. Sonst hätte das viele Diskussionen gegeben.
Die Diskussionen gab es dann zwischen den Trainerbänken, nachdem das vermeintliche 2:1 wegen Foul am Torwart zurückgepfiffen wurde. Es sah kurz nach richtig Stimmung aus, mit zwei gelben Karten, je eine pro Bank, hatte sich das aber auch schnell erledigt.
Nachdem Ausgleich rannten wir gegen das Tor des KSC an und sammelten Torchancen en más. Und dann kamen Philipp Treu und die 93. Minute. Ecke Hartel, zweiter Ball und Treu hämmert den Ball halbhoch ins rechte Eck.
Was für ein Strahl. Setzen sie hier bitte alle Pinkelwitze ein, sie wurden alle im Stadion gerissen.
Das Millerntor explodiert. Schlusspiff. Weiterhin Tabellenführung. Wir haben halt auch die Qualität solche Spiele zu drehen und zu gewinnen. Und Fabian hat nun Zeit das alles aufzuarbeiten und uns weiter zu verbessern. Läuft bei uns. Weiter immer weiter.
PS: wir hatten gute Zeiten – wir waren mit dabei – wir bleiben TREU
en masse, ansonsten genauso, wie ich das Spiel gesehen habe (abzgl. dünne Jacke)