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Mein erster Sonderzug

„Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes,

Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,

Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat,

Und auf dem Meere so viel’ unnennbare Leiden erduldet,

Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft.“

Odysseus wollte nach seinem Sieg in Troja eigentlich nur nach Hause. Und dann ist er einmal falsch abgebogen und zack! – Irrfahrt. So geht es auch unserem Helden nach dem Auswärtssieg in Heidenheim: Unserem Minifanten. Hier also nun seine Odyssee. 

Erfolgssonderzug

Ganz aufgeregt war er am Morgen des Spiels gewesen, war dies in seinem jungen Leben doch sein erster Sonderzug. Dazu noch zu einem Gegner, bei dem sein Erfolgsgarantentum wirklich mal getestet werden würde. Aufgeregt sang er kommunistische Arbeitslieder, hüpfte durch das magischerfc-Headquarter und fragte immer wieder: „Wann geht es los? Wann geht es los?“ 

Fanzug USP Allez Allez

Auf nach Altona und rein in den Zug sollte es gehen. So der Plan unseres Heldens. Da gab es nur ein kleines Problem: Es fehlte der Zug. „Gut“, so dachte er, „verstecke ich mich in der linken Jacketasche und warte“. Erste Verehr*innen machten ihre Aufwartungen. „Ist das DER Minifant?“. Schüchtern war unser Held nicht, er strahlte alle an. 

Kleiner Fant in großem Zug

Waggon entgleist? Gerüchte flogen. 80 Minuten später hatten wir vom Blog und der magische Minifant dann einen Zug. In seinem ersten Sonderzug eroberte unser Minifant gleich einen Fensterplatz. Freudig hüpfte er aufs Fensterbrett und forderte Champagner. Ja, liebste Lesende, unser Held schwankt zwischen Bescheidenheit und „Mutter – der Mann mit dem Koks ist da!“. 

Später erfuhr unser Held dann, dass ein anderer Zug entgleist war und so unseren Zug aufhielt. 

Mit Schwung ging es Richtung Süden. Im Partywagen gab es Dosenbier (Holsten) und Semmel (lecker!). Danke an alle, die da jedes Mal organisieren, schleppen und verkaufen. Ohne euch wäre ein Sonderzug halb so lustig. 

Unser Held ging tanzen und trank auf den Champagner noch ein Dosenbier und Eierlikör. Anfängerfehler! Erstmal Rausch ausschlafen. 

Trinkt nur feinste Perlage (mit lieben Grüßen an Schmölli)

Doch seine feinen Ohren hörten die dummen Witze von Dudes über FLINTA-Klos. Nicht lustig, Loide. 

Heidenheim

Heidenheim. In die Tasche gehüpft und mit einem Marsch zum Stadion. Märsche bringen dann Spaß, wenn man als Szene gut aufgelegt ist, man nicht komplett von behelmten Cops gekesselt ist und man Menschen wirklich noch erstaunen kann. Alles war in Heidenheim gegeben, und so zogen wir fröhlich singend und trötend Richtung Stadion. Bis wir Menschen den Berg hoch mussten, da wurde der Gesang doch spärlicher. Unserem Helden machte das nichts aus, haben seine Vorfahr*innen doch die Alpen überquert. Da hat man Bergsteigen in den Genen oder wird halt in der Tasche getragen. 

Einlass. Gynäkologische Untersuchung mal wieder inklusive. Dass trotzdem Sticker und Minifant weder gefunden noch kontrolliert wurden, setzte der Absurdität die Krone auf. 

Im Block entwickelte sich schnell eine Euphorie, die sich aus Sonderzug und sportlichem Lauf fütterte. Alte Häsinnen des FCSP würden spätestens jetzt einen nennenswerten Betrag auf eine 5-0 Klatsche gesetzt haben, aber ihr alle hattet die Wette ohne unseren jungen Minifanten gemacht. 

Insgesamt war das einer der rundesten Auftritte eines FCSP-Blocks seit Jahren. Schon weit vor Beginn mega laut, und selbst als der Vorsänger sagte, dass man eine Pause mache vor dem Spiel, machte der Block einfach weiter und war später im Fernsehen bestens zu hören. 

Dazu eine schöne Choreo (reine Rautenkopie, also zumindest wurde das auf Twitter behauptet) mit schwarz-weiß-braunen Fahnen und Blinkern. Ein Konzept, dass natürlich nur die Rauten bisher jemals genutzt haben. NICHT. 

Von unseren Fernsehguckenden wurde uns berichtet, dass der Moderator richtig begeistert war vom Support und die Anreise per Sonderzug als „großartig“ und „einzigartig“ bezeichnete. Das war natürlich korrekt – welche Fanszene reist sonst mit einem Elefanten an? 

Auf der Heimseite gab es auch eine Choreo, die garantiert auch gut war, die wir aber durch Fahnen und Blinker nicht gut sahen. Dem kritischen Auge des Minifanten fiel aber eine kleine Sache auf: Bei dem Avanti war zwischen dem AV und dem ANTI ein bisschen sehr viel Platz gelassen, die flüchtig Lesenden sahen da also schnell ein „Anti Rosso“.

Av Anti

Kleindienst umgrätschen, damit Ruhe ist

Auf der Wiese entwickelte sich ein hochintensives Zweitligaspiel. Und ein sehr gutes Zweitligaspiel. Zwei Mannschaften, die um jeden Millimeter kämpften, die beide richtig gut gecoacht und eingestellt sind. Das führte denn auch zu Ballverlusten auf beiden Seiten, und gerade in der ersten Halbzeit war das bei uns auch mal etwas fahrig – wir erinnern uns da an gepflegte Fehlpässe von Manolis und Jakov. Das wurde dann mit fortgeschrittener Spielzeit deutlich besser. 

Heidenheim hatte in den letzten Spielen aus dem Nichts immer 1.000 Tore gemacht und gerade Kollege Kleindienst hat ungefähr alles versenkt. Die Mathematiker*innen im Block merkten an, dass es halt eine Regression zur Mitte gibt. Der Minifant war sich jedoch sicher, dass es seine Anwesenheit war, die dazu führte, dass Heidenheim mal nicht jeden Ball versenkte. Erfolgsgarant oder Mathe? Wir wissen die Antwort! 

Tim Kleindienst hat neben 20 Toren auch schon 8 gelbe Karten. Als Stürmer? Kann man mal machen. Aber wer braucht schon einen Kleindienst, wenn er einen Torschützen des Jahres in seinen Reihen hat? Ihr habt jetzt genauso skeptisch geguckt wie unser Minifant? Ja, genau diese Ehrung hat Marcel Hartel schon einmal erhalten. Und sagen wir es mal so: Seit Samstag Abend können wir uns eine Wiederholung dieser Ehrung vorstellen. Mal ehrlich: Wo hat er den denn her geholt?! Abschuss ist ja nun nicht wirklich die Stärke von Marcello, und dann so eine Kirsche! Aus dem Nichts! 

Nun ging es richtig ab im Block, und unsere Truppe gewann durch das Tor absolute Sicherheit. Halbzeit. Und in der zweiten Halbzeit (zweimal dasselbe Wort für unterschiedliche Dinge – Sprache kann einfach großartig sein! gez. das Lektorat) sah das von uns sehr aggressiv aus. Alles, was Heidenheim versuchte, wurde weg verteidigt. Marcello lief über 13 km! Als Heidenheimer sah man irgendwo in der Formation des FCSP eine Lücke, man spielte dort hin und zack! hatte der Minifant genau in diese Lücke Hartel gezaubert. Das ist schon echt richtig krass, was der zuarbeitet. 

Was jedem Menschen klar sein muss ist, dass man Heidenheim nicht zu 100 % verteidigt bekommt. Das ist schon eine absolute Spitzenmannschaft. Aber der FCSP ist es eben auch. Und seitdem Fabi übernommen hat, ist „Defense wins Championships“ ein gelebtes Motto. Oder wie Marcello (zitiert nach der offiziellen Homepage) es ausdrückte: 

„Man sieht Woche für Woche, dass wir uns den Arsch aufreißen und alle Bock haben zu verteidigen, um die Null hinten zu halten.“ 

Wenn man denn unbedingt noch über etwas meckern wollte, dann war dies, dass wir das 2-0 nicht machten. Dieses „damit Ruhe ist“ bekommen wir noch nicht so richtig hin. Otto mit einem richtig fetten Ding hätte das Tor verdient gehabt, aber traf leider nur die Latte. 

Eine kluge Frau meinte nach dem Spiel, dass sie ab der 75. Minute sicher war, dass wir kein Tor mehr bekämen und gewinnen würden. Der Minifant war sich des Sieges schon ab der 1. Minute sicher. Natürlich.

Nach dem Spiel war Eskalation angesagt. Im Heimbereich wurde auf der Gegentribüne blau-roter Rauch gezündet- auch mal spannend. Irgendjemand warf dann den roten Rauch auf den Platz. Skurril. Und komplett ohne irgendeinen Kontext. 

Der Gästeblock drehte komplett frei. Gefühlt wurde noch mindestens eine Stunde gesungen. Marcello stand auf ein Interview wartend vor dem Block und wirkte komplett fasziniert, die Mannschaft kam nach dem Duschen wieder raus und der kollektive Fraggles-Ohrwurm wurde bestens bestärkt. Unser Minifant tanzte fröhlich durch die Gegend. 

Und zurück

Irgendwann später begannen wir also die Rückfahrt. Und sagen wir es mal so: Wenn wir fröhlich 4-0 auf den Sack bekommen hätten, dann wäre das vielleicht alles nicht so entspannt gewesen. Zum Bahnhof und in den Zug ging alles noch ganz unproblematisch und auch die gut 2 Stunden mit der Diesellok waren noch ganz okay. Dann allerdings konnten wir 2,5 Stunden Donauwörths Bahnhof bewundern, und wr können euch sagen: Da steppt vielleicht immer noch der Minifant, aber ansonsten steppt da gar nix. Probleme mit der von hier aus notwendigen elektrischen Lok führten zu einer ordentlichen Verspätung. 

Ich sehe was, was du auch siehst und es ist langweilig

Und während wir alle während des Fahrens noch geschlafen hatten, machte der Stopp alle wach. Irgendwann ging es dann weiter, und irgendwann kamen wir auch in Hamburg an. Irgendwann.

Oder auch nicht. Vielleicht fahren wir auch immer noch durch die Welt, singen die Fraggles, tanzen zu Eurodance und huldigen dem Erfolgsgaranten. Wer weiß  das schon? 

Vielen Dank an euch alle für diesen Zug, vielen Dank an USP und den Fanladen für die Organisation, und insbesondere vielen Dank allen Menschen, die geholfen und gearbeitet haben. Nächster Sonderzug dann zum ersten Auswärtsspiel in der 1. Liga nächste Saison! 

So lange es noch rechnerisch möglich ist, werfen wir alles rein für den Aufstieg. „Wir haben noch nichts erreicht“ ist das Zitat eines klugen Menschen aus dem Zug. Wir können nach dem 34. Spieltag dankbar sein, aber nun gilt „weiter, immer weiter!“. Wir auf den Rängen, die Spieler auf dem Platz, der Minifant in seiner Tasche. 

Wir sind St. Pauli! Und wir machen das Unmögliche möglich. Wir gewinnen ja auch in Heidenheim!

PS: FLINTA*-Klos sind ein richtig guter Schritt in die richtige Richtung. 

PPS: Mindestens die Fanladen-Hoschis verdienen bei über-30 Stunden-Schichten drei Wochen Extraurlaub. DANKE für ALLES!

PPPS: 51 Punkte-Rückrunde immer noch möglich. Wahnsinn!

PPPPS: Jakov? Wir sind Fans!

PPPPPS: Minifant? Erfolgsgarant!

6 Kommentare

  1. Uee Uee

    Danke für den herrlichen Bericht…. 😀😀

  2. Ulli Ulli

    Vielleicht sollten sich die Menschen, die Witze über die FLINTA* Klos gemacht haben, ob sie den richtigen Zug erwischt haben oder zumindest das Geschehene reflektieren. Mies uncool!
    In meiner Reisegruppe wurden die Klos, nicht nur von FLINTA*s, sehr positiv aufgenommen (und ich denke auch vom allergrößten Teil der Mitfahrer*innen).

    Hat trotzdem sau Bock gemacht, mein Kopf denkt immer noch, wir fahren durch die Republik…
    30 Stunden? Gerne wieder 🙂
    Ich liebe dich, oh FC St. Pauli!

  3. Michael Michael

    Genau meine Art von Humor – weiter, immer weiter …

  4. Mobilisto Mobilisto

    Tränen gelacht. Weiter, immer weiter vor 🤎🤍

  5. […] , an das Tor von Tschauner gegen Paderborn , an den ersten Sieg nach Jahren bitterer Niederlagen in Heidenheim (beim Nachgucken wann das war gerade festgestellt, dass wir nun dreimal hintereinander in […]

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