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Show don’t tell

Schon vor einiger Zeit kündigte der FC St. Pauli seinen neuen Podcast „Don‘t call it a Kultclub“ an. Wir lasen die Ankündigung, sahen die Teilnehmenden und waren einigermaßen skeptisch. Das klang uns alles zu sehr nach Werbesprech und weißen Männern. Aber wer pöbeln will, muss sich auch informieren, also waren wir brav auf der Infoveranstaltung des Vereins hierzu (wir berichteten hier: https://www.magischerfc.de/2022/12/und-da-kommt-noecker-aus-dem-hinterhalt/). Und wir sind ehrlich: So richtig überzeugt hatte uns der Abend nicht – viele Floskeln, viele Männer, viele Fragen nach der Zielgruppe. Das war unser erster Eindruck. Nebenbei: Eine Fragerunde mit dem Publikum fand an diesem Abend nicht statt. Nur falls jemand fragt, warum wir denn nix gefragt haben. Hat auch sonst niemand. Weil: Ging in dem Format nicht.

An und für sich ganz okay

Am 4. Januar veröffentlichte der Verein nun die erste Folge. 40 Minuten lang. Die anderen fünf Folgen erscheinen in einem Abstand von 14 Tagen.

Kurz gesagt: Man kann sie sich anhören. Es ist nicht so schlimm wie erwartet und Oliver Rohrbeck zuzuhören macht Spaß. Die Folge ist gut produziert und man merkt, dass da Leute hinter sitzen, die das können (was wir von denen halten, ist eine ganz andere Geschichte). Einspieler wie beispielsweise Radiomitschnitte zu Spielen sind schön zu hören, und verbringt man nicht zu viel Zeit mit diesem Verein, lernt man bestimmt etwas Neues dazu. Denn das ist ganz klar: Die aktive Fanszene ist nicht Zielgruppe des Podcasts.

Erste Folge

Es folgt nun unser Eindruck nach der ersten Folge; vielleicht wird dieser nach den nächsten Folgen anders. Der für spätere Folgen angekündigte Stargast Uli H. lässt aber eine 180 Grad-Wende nicht vermuten. Sollte sich an unserem Eindruck etwas ändern, ergänzen wir es später.

Männer versichern sich, divers zu sein

„Wir sind ganz klare Antifaschisten, das ist für mich die absolute Überschrift über allem. Wir sind divers, wir sind interessiert, wir sind neugierig. Ich wünschte mir manchmal wir wären ein bisschen innovativer. Wir sind Demokraten und wir sind liberal“, sagt Bernd von Geldern. Und benennt damit indirekt schon unsere größte Kritik an diesem Podcast: Show, don’t tell. Wie divers ist etwas, über das nur weiße Männer reden? Halt, nein – das stimmt nicht. Sandra und Debbie (man könnte sich an dieser Stelle die Frage stellen, ob es eigentlich keine anderen Frauen in diesem Verein gibt? Was dann ausdrücklich bitte nicht als Kritik an diesen Frauen zu lesen wäre), also Sandra und Debbie kommen auch mal für 15 Sekunden zu Wort. Es gibt so viele Menschen, die sich in diesem und für diesen Verein engagieren, die nicht weiß und männlich sind. Der Podcast soll zeigen, wie divers dieser Verein angeblich ist? Dann zeigt es auch. Sprecht mit Frauen (dass wir das schreiben müssen, ist echt bitter), mit POC, sprecht mit allen, die nicht cis/weiß/männlich sind. Denn diese Menschen gibt es im Verein. Es hat sie schon immer gegeben. Vielleicht nicht häufig in den öffentlichen Ämtern des Vereines, aber selbst da gab es sie, und auch bei den ganzen Auf- und Abstiegen waren sie dabei. Sie waren Teil all dieser ganzen tollen Geschichten, die ihr erzählen wollt. Man kann sie zu Wort kommen lassen. Man muss nur wollen.
In Verein, Clubheim, Fanladen, AGs überall engagieren sich seit vielen Jahren großartige FLINTA, die man hätte befragen können, um das ganze diverser zu gestalten.

Wir sind Kommunist*innen, nicht liberal

Und überhaupt liberal und antifaschistisch. Wenn man so sieht, was in letzter Zeit so unter dem Label „liberal“ getrieben wird, dann ist das alles, aber nicht antifaschistisch. Der unter dem Label „liberal“ vorangetriebene Raubtierkapitalismus ist einer der größten Vorbereiter von faschistischen Tendenzen. Ja, der Begriff hat mal eine andere Bedeutung gehabt und wir gehen mal davon aus, dass sich BvG auf diese bezieht, aber es ist einfach ein zu schwieriges Schlagwort geworden. Natürlich kommt auch das Schlagwort „Toleranz“ im Podcast vor. Warum uns das immer so ein bisschen Bauchschmerzen macht, lest ihr zu Beginn der nächsten Woche.

Aalglatt für die Zielgruppe

Wir sind also definitiv nicht Zielgruppe des Ganzen. Zum einen kennen wir die ganzen Geschichten, zum anderen ist es aalglatter Werbesprech. Der Podcast dient dazu, die Marke FC St. Pauli zu schärfen. Kann man machen. Wahrscheinlich ergiben sich für mögliche zukünftige Werbepartner ein stimmiges Bild und Anreize, mit dem fcsp zusammenzuarbeiten. Und garantiert nehmen Menschen, die eben nicht Teil der aktiven Fanszene sind, auch noch mal die eine oder andere Geschichte über den fcsp mit. Aber für uns ist dies alles nichts.

Was wir gut fänden würden? Wenn Dinge für eine solche Zielgruppe nicht immer aalglatt wären. Wenn man sich auch mal als Verein in einem vereinseigenen Podcast kritisch hinterfragt und Brüche zulässt. Im Podcast wird sich gegen Leipzig abgegrenzt, aber nichts ist kritisch oder kontrovers daran, sich gegen Leipzig zu positionieren. Das ist ausschließlich ein billiger Aufreger von den paar Brauseanhängern im Internet, mehr aber auch nicht.

Misserfolg ist nicht romantisch

Wir haben grundsätzlich ein Problem mit der Verklärung von sportlichem Misserfolg und der Romantisierung von schlechtem Fußball und Misswirtschaft. Aber wenn die Geschichten von Auf- und Abstiegen, Beinahe-Insolvenzen und Pokalsensationen erzählt werden, nehmt euch doch Zeit dafür. Vielleicht kommt das alles noch, aber wir fänden es spannender, Details und Hintergrundinfos über die Bokalserie oder den Derbysieg 2011 im Volkspark zu hören, als dass das Ganze innerhalb von ein paar Minuten herunter erzählt wird. Und auch hier gilt: Ja, Spielerstimmen und Stimmen der Verantwortlichen sind schön. Aber sprecht doch auch mit den Fans, die dabei waren. Vielleicht findet sich da ja sogar eine Frau?!

„Mit den ganz Großen kann der FC St. Pauli zwar nicht mithalten. Will er aber auch gar nicht.“ WARUM DENN NICHT? Wir wissen nicht, wie oft wir es schon geschrieben haben, aber als Sportverein MUSS doch dein Ziel der maximale sportliche Erfolg sein. Das heißt in der zweiten Liga Aufstieg und in Liga eins Meisterschaft. Wirkt das aus unserer aktuellen Position ewig weit entfernt? Natürlich. Aber die Top 25 in Deutschland sind nun mal nur sieben Plätze in Liga 2, aber 18 Plätze in Liga 1. Und dazu gehört eben auch Platz 1. Gerade realistisch? Nein! Aus der Zielsetzung vorab ausschließen? Nein! Kurzfristig muss es unser Ziel sein, aus diesem Zweitligasumpf herauszukommen.

Fazit? Sanfte Unterhaltung

Unser Fazit? Wenn ihr sanfte Unterhaltung wollt und vielleicht nochmal die ein oder andere alte Geschichte grob überflogen hören wollt, hört es euch an. Ansonsten verpasst ihr aber auch nichts, wenn ihr es nicht tut.

4 Kommentare

  1. Sarah Sarah

    Wie kommt Ihr denn da drauf, dass Debbie auch mitmacht? Ihr Name wird nicht erwähnt und ich höre nur zwei Mal Sandra.
    Und beim MillernTon steht, sie wären in der Folge noch nicht dabei gewesen.

  2. Blogrentner Blogrentner

    Moin, wie schon im Bericht über die Veranstaltung geschrieben: Sie ist da – auch laut eigener Aussage- in irgendeiner Folge Gast. Wir hatten das auf der Veranstaltung erst so verstanden, dass sie da mit mache, das hatten wir aber transparent korrigiert, als sie uns drauf hinwies.

    Sollte der Eindruck entstehen, dass sie nun zwingend in der Folge zu hören sei, dann sorry. Das war nicht gemeint.

  3. alex alex

    Spätestens seit seinem Auftritt auf der MV, seiner unsäglichen Art doch noch AR-Kandidat werden zu wollen und seiner fast schon vereinsschädigenden Stimmungsmache danach hat Maik Nöcker nix mehr vor und hinter Mikros rund um unseren Verein zu suchen!
    Das darf dann endlich auch mal Congstar auffallen die den ganzen Bums bezahlen.
    Unsäglich und untragbar dieser Typ und seine Geschäftsbuddies.

  4. alex alex

    „Wir sind ganz klare Antifaschisten, das ist für mich die absolute Überschrift über allem. Wir sind divers, wir sind interessiert, wir sind neugierig. Ich wünschte mir manchmal wir wären ein bisschen innovativer. Wir sind Demokraten und wir sind liberal“

    Können wir das bitte als T-Shirt auf den Markt bringen liebe FCSP Merchandising?

    W T F

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