Zum Inhalt springen

… aber wir reden Weihnachten nicht nur über den FCSP / Die MV 2022

Vorwort und Anleitung

Liebe lesende Menschen da draußen, wir haben wieder eine Mitgliederversammlung des FC St. Pauli von 1910 e.V. hinter uns und wie üblich gibt es an dieser Stelle eine detaillierte Aufarbeitung der Geschehnisse und eine Bestandsaufnahme des FCSP.

Dieses Jahr war die MV teilweise sehr stimmungsvoll und aufregend und wir hatten wichtige Entscheidungen zu fällen.

Leider gibt es auch beim FCSP Menschen, die sich in weiten Teilen der Realität verweigern und die Schlussszene von „The Man Who Shot Liberty Valance“ vollkommen falsch verstehen.

„This is the West, sir. When the legend becomes fact… print the legend.“

Meint eben nicht, sich der Realität zu verweigern und bereits vor jeglichen Wahlen „Das Establishment hat gewonnen“ in das Internet zu schreiben. Ich weiß, dieses Meisterwerk an Film habt ihr Banausen wieder alle nicht gesehen, solltet ihr aber mal. Mit der Verweigerungshaltung einiger Mitglieder beschäftigen wir uns später noch in einem der gefürchteten Exkurse.

Auch dieses Blog hatte im Vorfeld spannende Bezeichnungen erhalten. Mal waren wir „vereinsführungskritisch“, mal waren wir „Steigbügelhalter für Oke und Co“ oder „Okejünger“. Man muss uns wohl in irgendeine Schublade packen, damit man glücklich ist. Am liebsten wäre uns ja, „Freund*innen des Arbeiter*innen- und Bäuer*innen-Staates Nordkorea“ wäre unsere Schublade, aber damit nimmt uns ja auch keiner ernst. Viel mehr freut es uns, wenn uns diverse Menschen vor der MV für unsere Berichterstattung danken und sie als nützlich empfinden. Und da finden wir den Zusatz „auch wenn nicht alles meine Meinung ist“ auch genau richtig. Es geht in diesem Blog nie um eine absolute Wahrheit, sondern um unsere Wahrheit, die ihr mit eurer abgleichen und diskutieren sollt.

Wir haben nun endgültig einen Teil von uns an ein Amt verloren. Aber keine Panik, wir wollen nicht in dieser Besetzung bleiben und haben bereits in der Pause nach der Ergebnisverkündung Menschen gefragt, ob sie nicht Bock hätten, dieses Blog mit uns zweien zu füllen. Auch gerade weil ich ja eigentlich nicht mehr fulltime hier wirken will, sondern nur noch in meinen Nischen im Unruhestand. Jaja, weit davon entfernt…

An unser nun gewähltes Ex-Kollektivmitglied: Watch your back, Diggine 😉 Spaß beiseite: Wir freuen uns sehr, dass du gewählt worden bist. Das hast du so gut gemacht, es ist voll verdient, und wir sind stolz auf dich. Wir werden es vermissen, mit dir auch mal kontrovers zu diskutieren, uns die Köpfe heiß zu reden und „auch mal einen rauszurotzen“, wir sind aber sicher, dass du das zu unserer Zufriedenheit und Unzufriedenheit auch weiterhin an anderer Stelle machen wirst, so dass wir auch für dich die „vereinführungskritischen steigbügelhaltenden Jünger“ sein können. Und liebe Leser*innen, wenn es was zu motzen gibt, dann motzen wir. Versprochen.

Gebrauchsanweisung

Wie immer beruht dieser Bericht auf einer ausführlichen Mitschrift des Gesagten. Die beiden Menschen in diesem Kollektiv haben 21 Seiten digital und 101 handschriftlich mitgeschrieben. Meine 101 Seiten sind absoluter Rekord. Dieser Bericht stammt zum größten Teil aus meiner (=Senior) Feder. Ich habe mir an einigen Stellen von Leuten helfen lassen, und zu dem Kapitänsbindenantrag möchte ich mit Genehmigung AJ zitieren, weil sie das Störgefühl viel besser ausgedrückt hat, als ich das je gekonnt hätte. Danke, dass ich deinen Text verwenden darf. 

Ich werde wie üblich versuchen, das Gesagte von meiner Meinung und meiner Analyse zu trennen. Das wird dann mit () Klammern deutlich gemacht. Sollte das restliche Kollektiv mal ausdrücklich anderer Meinung sein, dann wird das durch eckige Klammern [] deutlich gemacht. Danke auch an unsere Editorin, die diesem Bericht Deutsch beigebracht hat, was in der Kürze der Zeit immer eine Herausforderung ist. Achtung! Das Gesagte ist in indirekter Rede und im Konjunktiv wiedergegeben!

Wie immer gilt, dass auch ich/wir mal etwas falsch verstehen oder falsch aufgeschrieben haben, auch wenn das alles mit Twitter und den auf der offiziellen Webseite veröffentlichten Texten abgeglichen wird. Einige Redetexte habe ich auch auf dunklen Kanälen bekommen und sie abgeglichen.

Namen von sprechenden Menschen werden dann genannt, wenn sie „vereinsöffentlich“ sind. Das heißt für mich, dass sie ein Amt innehaben oder innehatten oder aus anderen Gründen den meisten FCSPler*innen bekannt sein sollten. Ich nenne einmal den Nachnamen und danach nur noch den Vornamen. Ich denke, dass das „per du“ beim FCSP schon üblich ist. Ach ja, ich kürze unseren Verein im Text eigentlich immer als „FCSP“ ab. Weil ich es so auch mitgeschrieben habe.

Der ganze Text ist ellenlang; nehmt euch also ein Getränk eurer Wahl und ein Stück Kuchen und lehnt euch in eurem Lesesessel zurück. Ich versuche, den Bericht mit Überschriften zu gliedern, die sich an der Tagesordnung orientieren und die auch die Stimmung bei den jeweilige Tagesordnungspunkten einfangen sollen. Der Text ist gegendert, dies heißt jedoch nicht, dass die Redner*innen zwingend gegendert haben. Die meisten Menschen bei uns versuchen das, es funktioniert aber nicht immer durchgängig. Wenn mir mal irgendwas zu diesem Thema aufgefallen ist, dann erwähne ich es.

Disclaimer vorab: Seit einer gewissen Zeit sitze ich vorne in der ersten Reihe direkt Christiane und Kristian gegenüber. Sinn dahinter ist, dass sie noch jemanden haben, der ihnen im Fall der Fälle einen schnellen juristischen Rat auf die Bühne geben kann oder nebenbei etwas recherchieren kann. Dafür erhalte ich zwar jedes Jahr einen Blumenstrauß , habe aber nicht das Gefühl, irgendeine Loyalität dafür zu schulden. Zum Glück war bisher noch nie eine Hilfe, die über ein „wie viele Enthaltungen waren das nun?“ – „Zwei!“ hinausging, nötig. Dass dies selbst bei dieser MV so blieb, zeigt auch viel über die Disziplin der meisten Mitglieder.

Wenn ihr Fragen und/oder Anmerkungen habt, dann erreicht ihr mich über den Kontakt des Blogs.

Vorspiel

Nach Jahren in den kalten Hallen der Messe kehrten wir endlich wieder in das warme CCH zurück. Der Saal war sehr voll, und ob das nun so klug war, in Zeiten von Corona in so einer vollen Halle zu sitzen, wird sich zeigen. Einige trugen Masken, die meisten jedoch nicht. Die Luft in dem Saal war zwischendurch auch echt anstrengend, wenn man ehrlich ist.

Begonnen wurde mit einer ordentlichen Verzögerung gegen 11:25, was an sehr vielen nicht vorher angemeldeten Mitgliedern lag. (Ich finde ja eine hohe Beteiligung sehr gut, ich werde aber nie verstehen, warum man es nicht schafft, sich vorher anzumelden oder zumindest rechtzeitig zu erscheinen. Wir waren nach einem leckeren Frühstück um 10 Uhr anwesend.)

Begrüßung, Eröffnung, Formalien

Oke (Göttlich, unser Präsident) eröffnete dann mit einem Guten Tag und dem Hinweis, dass man langsam beginnen wolle. Er begrüßte die Mitglieder, die Presse und alle Gäste. Er wies auf die beiden Gebärdendolmetscherinnen hin und erklärte, dass man ein Transkriptionsangebot auf der Leinwand anbieten würde, um zu testen ob das Sinn mache. (Wie immer meinen höchsten Respekt an die beiden Dolmetscherinnen; ich stelle mir das sehr anstrengend vor, diese Versammlungen zu übersetzen. Und es ist schön, dass sich Menschen einfanden, die das Angebot auch dankend annahmen. Das Transkriptionsangebot auf der Leinwand funktionierte nicht. Zuerst meldete es noch „sprechende Stimme zu leise“, dann verabschiedete es sich relativ schnell komplett. Das war also ein misslungener Test. Aber dafür sind Tests ja da.)

Oke übergab gleich nach der Begrüßung an Sandra (Schwedler, unsere Aufsichtsratsvorsitzende), die ein Statement des Aufsichtsrates und des Ehrenrates vortrug.

Sie sagte, dass die MV ein Ort sein solle, an dem auch strittige Entscheidungen hinterfragt und diskutiert werden sollten. Die Freistellung von Schulle habe den Verein ordentlich durchgerüttelt. Schulle sei nicht nur einfach Trainer gewesen, sondern auch St. Paulianer durch und durch (hier gab es Applaus), viele von uns hätten ihn sehr geschätzt. Die Enttäuschung sei groß, dies höre man, dies sehe man, dies fühle man.

Es gäbe den Wunsch nach einer Aussprache und man bitte alle, dabei fair miteinander umzugehen und trotz aller Emotionen sachlich zu bleiben. Das Wohl des Vereines solle immer im Fokus der Diskussion stehen und es gehe immer um den FCSP, für den alle das Beste wollen würden.

(Zu Beginn der Veranstaltung habe ich echt gedacht, dass dies nicht annähernd erreicht wird. Letztendlich wurden die Emotionen immer weniger und die Sachlichkeit immer größer. Ich hatte auch das Gefühl, dass sich viele Anwesende einmal Luft machen mussten, dann aber „Dampf abgelassen“ hatten und sachlichen Argumenten wieder zugänglich waren. Es bleibt aber auch eine andere Fraktion. Und erneut verweise ich nach unten – wir kommen darauf zurück.)

Es sprach dann Kristian (Heiser, Dr. LLM „laut Handelsblatt einer der führenden deutschen Anwälte im Gesellschaftsrecht“, unser regelmäßiger Versammlungsleiter. Ich frage mich immer wieder, ob der sich eigentlich hat mal träumen lassen, dass er regelmäßig durch die Versammlungen unseres Vereines führen darf/kann/muss. Oder ob er Montags in seinem Büro sitzt und mit Dr. XYZ die nächste große Verschmelzung diskutiert und daran denkt, dass er zwei Tage vorher noch von einem Menschen im ausgewaschenen TK-Hoodie geduzt wurde. Vom Banker zum Punker? Aber hallo! Insgesamt macht er das gut und ich finde, er wird auch langsam entspannter, wenn es mal hektisch wird. Wo es was anzumerken gibt, werdet ihr das bemerken.)

Er sei 52 Jahre alt, mache das jetzt schon seit 12 Jahren…

Oke unterbrach ihn, um kurz formal zu erklären, dass das Präsidium ihn nach § 16 Nr. 1 (Paragraphen ohne Nennung eines Gesetzes sind in diesem Artikel die unserer Satzung) zum Versammlungsleiter bestimmt habe.

Kristian wies dann auf eine abklingende Stimmbandentzündung hin. (Hat man nix von gemerkt, ist durch die MV hoffentlich nicht schlimmer geworden.) Er sei AFM-Mitglied und überlege, ob er nicht die Abteilung wechsele, um sich hier nicht zu versprechen. (Auch dieses Jahr musste er nach dem F merklich zum M abbiegen, um den Versprecher von letztem Jahr nicht zu wiederholen. Das Lächeln bei dem restlichen Satz sei bitte deutlich mitgelesen.)

Er eröffne hiermit die Versammlung offiziell um 11:30. Man habe auf Hygienemaßnahmen verzichtet, man apelliere aber an alle, verantwortungsbewusst zu sein und ggf. Maske zu tragen. Eigentlich sei der Verzehr von mitgebrachten Speisen und Getränken im CCH nicht gestattet, so dass er bitte wenigstens den Müll wieder mitzunehmen. (Gut, dass das CCH dieses Verbot nicht zu doll durchzudrücken versuchte und z.B. auf Taschenkontrollen verzichtete. Der Saal sah nach der Versammlung auch halbwegs okay aus.)

Er dankte auch noch mal den beiden Dolmetscherinnen, erklärte, dass die Versammlung nicht öffentlich und Aufnahmen oder Livestreams nicht erlaubt seien. Gegen Twitter bestünden aber keine Einwände. (Dass er später dann deutlich an dieses Verbot erinnern musste war für mich neu. Bisher war echt noch nie jemand auf die Idee gekommen, Teile der Versammlung zu filmen. Diesmal schon.)

Es werde ein Tonträger angefertigt, auf den aber nur die Organe außerhalb der MV Zugriff hätten, wer nicht aufgenommen werden möchte, möge darauf hinweisen. Protokollführerin sei Lena Albrecht. Damit alles gut protokolliert werden könne, bitte er darum deutlich zu sprechen. (An dieser Stelle wie immer große Sympathie für Lena. Das muss ein echt nerviger Job sein.)

(Danach ratterte er die üblichen Ladungsformalien runter und weil das jedes Jahr das Gleiche ist und es auch dieses Jahr nix wirklich Spannendes dazu gibt, schenke ich mir das.)

Es gäbe einige Anträge, davon einen Satzungänderungsantrag und drei sonstige Anträge, von denen einer verfristet sei und deswegen nicht behandelt werden könne. Es sei weiterhin ein Dringlichkeitsantrag angekündigt.

(Es kam kein Dringlichkeitsantrag und auch über einen verfristeten Antrag wurde nie wieder geredet. Und das lässt mich alles ein bisschen staunend zurück. Welchen Inhalt hatten diese (potentiellen) Anträge? Warum sind sie nicht gestellt worden? Ich weiß es nicht und kann den Inhalt nur vermuten. Insgesamt ließ mich das folgende Schweigen verwundert zurück.)

Man habe 13 Tagesordnungspunkte vor sich und müssen den Aufsichtsrat mit 13 Kandidat*innen und den Ehrenrat mit 8 Kandidat*innen wählen. Man müsse also 21 Vorstellungen abhandeln und diese beiden Gremien auch schriftlich wählen. Er bitte daher um straffe Wortbeiträge.

Man könne das Stimmrecht nur persönlich ausüben, müsse mehr als 3 Monate im Verein sein und das 16. Lebensjahr vollendet haben. (Wir können irgendwann mal darüber nachdenken, ob man das nicht auf 14 senken will; ich würde das eher begrüßen.)

Er werde alles per Akklamation abstimmen, außer die Satzung verlange etwas Anderes. Dabei bitte er den Arm zu nehmen, an dem das grüne Bändchen hänge. (Dass man den Gremien ein blaues Bändchen an den Arm gepinnt hatte, sorgte zwischendurch ein bisschen für Verwirrung. Sollte aber nur den Zugang zu den hinteren Räumen sicherstellen in denen u.a. auch der Wahlausschuss auszählte.)

Wenn die Akklamation nicht zu einem zweifelsfreien Ergebnis führen würde, würde er schriftlich abstimmen lassen, dafür würde man dann die an die Stimmkarte angehängten Stimmzettel nutzen. (Der Wahlausschuss hat jedes Jahr Zähler und Protokolle vorbereitet, um eine offene Abstimmung wirklich genau auszuzählen. Insofern müsste man selbst knappe Abstimmungen nicht wirklich schriftlich abstimmen lassen. Auch dieses Jahr kamen die nicht zum Einsatz, sondern dienten nur als Vorlage für das Beitragsfoto.)

Für den Aufsichtsrat werde man den blauen Stimmzettel verwenden, die dann bei einem „alle verlassen den Saal“ eingesammelt werden würden. Man habe vier Stimmen, könne aber jede*r*m Kandidat*in nur eine Stimme geben, und gewählt würden die sieben mit den meisten Stimmen, wobei davon mindestens 30 % Frauen seien müssen. (Lustig ist ja, dass bei uns die 30 % eine Mindestquote sind, denn sie orientiert sich ja an der Anzahl von Frauen im Verein, jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres. Diese muss in der Einladung genannt werden, jedoch nicht auf der MV. In der Einladung steht dann auch „Der Anteil weiblicher Mitglieder lag zum 30. Juni 2022 bei 23,71 Prozent“. D.h. bis zu einer zwingenden dritten Frau im Aufsichtsrat fehlen uns grob 12 % Frauenanteil. Was heißt, dass ab jetzt kein Mann, aber grob 4.500 bis 5.000 Frauen in diesen Verein eintreten müssten. Solltet ihr weiblich sein und noch nicht Mitglied des FC St. Pauli e.V. sein: Ändert dies jetzt!)

Für den Ehrenrat würde man den orangenen/pfirsichfarbenen Zettel nehmen. (Der war pfirsichfarben!)

Beim Ehrenrat habe man so viele Stimmen, wie es Plätze gebe. Auch hier könne man nur eine Stimme pro Kandidat*in vergeben. Ebenso müssten 30 % der Plätze mit Frauen besetzt sein.

(Weil viele Leute danach gefragt haben, warum man eigentlich beim AR keine sieben Stimmen habe: Die Satzungsschreibenden wollten eine mögliche Blockwahl beim Aufsichtsrat verhindern und durch das Wahlsystem eine automatische Durchmischung erreichen. Ich weiß nicht, wann genau das so eingeführt wurde, aber in den Aufsichtsratswahlen, die ich bisher mitgemacht habe, war das noch nie Thema. Beim Ehrenrat erreichen wir die zwingende dritte Frau erst bei 50 % weiblichen Anteil im Verein. Davon sind wir dann noch weit entfernt.)

Und nach ganz viel Text sind wir mit den Formalien auch beinah durch. Es kamen noch die üblichen Hinweise zu ¾ und 2/3 Mehrheiten und der übliche „Zwei Hände hoch“-Hinweis zu Geschäftsordnungsanträgen (die unsere MV immer noch nicht hat, aber nun gut).

Änderungswünsche zur Tagesordnung gab es nicht.

(Ich hatte irgendwie erwartet, dass irgendwer hier Änderungswünsche äußert, z.B. die Anträge vorzuziehen und damit auch den angekündigten Dringlichkeitsantrag. Aber nein, es kam nix.)

Verabschiedung Protokoll der letzten MV

Habt ihr wie jedes Jahr genaustens gelesen und auf seine Richtigkeit überprüft und habt deswegen auch alle zugestimmt. Es gab eine Gegenstimme. Dieser Mensch hatte das Protokoll anscheinend geprüft und nicht für gut befunden.

Totengedenken

Oke verlass eine lange Liste von Namen. Stellvertretend für alle, seien hier die vereinsbekannten genannt: Christian Hinzpeter, Günther Merkel, Kurt Junge (der mit 98 das älteste Mitglied des FCSP war), Helmut Siebentritt, Rainer Wulff.

Es folgte eine Gedenkminute, deren Ende Kristian und Oke mit einem sich Zunicken abstimmten.

Bericht des Präsidiums

Oke begrüßte zu Beginn seines Berichtes die anwesenden Mitglieder mit einem „Liebe St. Paulianer*innen“ und erklärte, dass er die Spannung spüre und auch die Ernsthaftigkeit, mit der die Entwicklung des Vereines diskutiert werde. Der Verein habe zur Zeit 35.000 Mitglieder und damit 70 % mehr Mitglieder als vor acht Jahren.

(Die Mitgliedsentwicklung des FCSP ist in Zeiten, in denen viele Sportvereine Mitglieder verlieren, immer noch krass großartig. Und jetzt stellt euch mal vor, wir hätten auch noch Sportstätten, in denen wir z.B. Senioren*innensport oder Gesundheitssport anbieten könnten. Nächstes Ziel? 50.000 Mitglieder! Ich wiederhole mich, aber ich habe in einem MV-Bericht vor Jahrzehnten mal geschrieben, dass das Ziel des FCSP sein müsse, mehr Mitglieder als Stadionplätze zu haben. Ich bin damals dafür belächelt worden, nun ist dieses Ziel weit übertroffen.)

Der FCSP entwickele eine Strahlkraft, die kaum durch seine sportlichen Erfolge erklärbar sei. Diese Strahlkraft entstehe vielmehr durch seine Mitglieder und Fans – „durch euch“. Der Sport und der Profifußball sei für den FCSP jedoch elementar. Er danke Timo Schulz für seinen Einsatz. (Hier gab es Pfiffe, Buhrufe und „Heuchler“-Rufe im Publikum. Es blieb in der Folge unruhig im Publikum und mehrfach wurde der Unzufriedenheit Ausdruck verliehen. Um es mal freundlich zu formulieren.)

Die 1. Herrenmannschaft

Er danke Timo für 17 Jahre FCSP, man habe tolle Siege erreicht und schmerzliche Niederlagen gemeinsam erlebt. Er danke Timo für die Arbeit und für den Charme. (Er formulierte das als direkte Anrede an Timo.)

Niemand habe sich die Freistellung leicht gemacht. Es eine extrem schwierige Entscheidung gewesen, man wisse auch, wie populär Schulle gewesen sei. Man hätte einen einfachen Weg einschlagen können, sich dann aber doch für diesen Weg entschieden, obwohl man auf ihm mit mehr Widerstand habe rechnen müssen und diesen nun auch erlebe. Trotzdem sei das Präsidium einstimmig der Empfehlung gefolgt, Schultz freizustellen.

(Weil das in der Versammlung Thema war: In den offiziellen Mitteilungen des Vereines war immer nur davon die Rede, dass das Präsidium „einstimmig“ gehandelt habe. Ob es eine formelle Abstimmung im Aufsichtsrat gegeben hat und wie die ausgefallen ist – hierüber wird in der Mitteilung kein Wort verloren. Wenn man unsere Satzung so ansieht, dann kann man sich auch überlegen, ob es einer formellen Zustimmung des AR wirklich braucht. Vor Jahren sagte mir mal ein damaliger Aufsichtsrat, dass man eine formelle Zustimmungserfordernis am besten über § 22 Nr. 3 Buchstabe e begründen könne, weil eine Entlassung des Trainers ja nie im Finanzplan vorgesehen sei. Aber seien wir ehrlich: Natürlich wird so etwas mit einem Aufsichtsrat besprochen und er auch um seine Meinung gefragt. Die Frage ist eher eine der formellen Satzung, als dass sie eine praktische sachliche Auswirkung hat.)

(Es blieb unruhig, Kristian musste an dieser Stelle deutlich auf das Verbot der Videoaufnahmen erinnern.)                         

Man habe sich regelmäßig zum Sportlichen ausgetauscht. In großen Runden mit Timo, zusätzlich auch mit der AG Sport, die man mit dem Aufsichtsrat habe (oder die der Aufsichtsrat hat? Aus den Aufzeichnungen nicht klar.) Dies sei alles intern geschehen, man spiele nicht schmutzig, nix davon sei vom Verein an die Öffentlichkeit gegangen. Es ginge hierbei nicht um einzelne Personen, sondern um den Verein als Ganzem.

Exkurs / Die alte Leier

In unserer Wahrnehmungssphäre regten sich Menschen über diese Formulierung auf. „Ihr mit eurem Wohle des Gesamtvereines“, sprachen von der „alten Leier vom Gesamtverein“, und irgendwie sind wir etwas erstaunt. Es mag sein, dass für viele der FCSP nur aus Millerntor, Schulle und Astra besteht. Aber für uns, für 15.000 sporttreibende Menschen, für 180 Festangestellte und bis zu 600 teilzeitangestellte Menschen ist dieser Verein deutlich mehr. Er ist Triathlon, Schach und Kegeln (etc.). Es bedeutet jahrelange harte Arbeit, um überhaupt die finanziellen Mittel zu haben, die ganzen sozialen Projekte zu stützen, die auch diese schimpfenden Menschen feiern. Es war harte Arbeit der Fans (und insbesondere der aktiven Fanszene) und dieser sporttreibenden Mitglieder, die Werte, die nun ausschließlich für eine Trainerentscheidung beansprucht wurden, durchzusetzen und zu halten. Der Verein ist Raum, um sich sportlich zu betätigen und sich zu engagieren. Er ist Arbeitgeber. Aber das scheint alles egal zu sein. Vielleicht will man das nicht sehen? Vielleicht ist es in diesem Moment egal? Mit dem Satz „die alte Leier vom Gesamtverein“ wird das alles abgewertet. Und wofür? Um die schwierige Agenda vom „Trainer der Herzen“ durchzuboxen? Was ist eigentlich aus „kein Personenkult“ und „Trainer kommen, Spieler gehen, nur St. Pauli bleibt bestehen“ geworden? Man verstehe uns nicht falsch, das sind für uns auch keine absoluten Dogmen. Immerhin sind wir ja Fans von Jakov.

Wir haben auch häufig das Gefühl, dass da eine sportliche Anspruchslosigkeit zu einer Art Kult erhoben wird. „Ich wäre mit Schulle auch in die dritte Liga gegangen“ kann doch nicht 100 % ernst gemeint sein? Habt ihr die letzte Drittligazeit mitgemacht? Es waren schlimme Jahre, und noch ein paar Jahre mehr davon und ich hätte definitiv ein Alkoholproblem. Die Wiederholung dieser Zeit muss dringend verhindert werden und wir als Verein brauchen dringend ein akzeptiertes sportliches Ziel für unsere 1. Herrenfußballmannschaft. Dieses Ziel können wir gerne von der Basis erarbeiten lassen. Lasst uns zusammensetzen und das diskutieren. Wir müssen uns dabei aber klar sein, dass wir in einem Haifischbecken agieren und ein Schulle, Boll oder auch Stanislawski ebenfalls in diesem Haifischbecken agieren. Hätte Schulle bei uns Erfolg gehabt und ein Angebot von Bayern bekommen – glaubt nicht, dass er dann nicht geht. Und das ist auch okay. Aber Sympathie ist das eine. Profifußball das andere. Muss man das so akzeptieren? Nein! Finden wir auch schwierig. Nur müssen wir jedoch nicht eine verklärte Zwischenhaltung einnehmen. Es gibt da nur ein „entweder oder“, und das hat Konsequenzen. Wir müssen da mit klarem Geist und klaren Konsequenzen diskutieren. Wir können Schulle gerne einen 10-Jahresvertrag geben, der von unserer Seite zwingend erfüllt werden muss. Wir können uns in unserer Nostalgie und unseren persönlichen Sympathien wohlfühlen. Wir müssen uns dann nur darüber im Klaren sein, dass das Haifischbecken uns dann sehr wahrscheinlich auffrisst. Und dies dann auf viele Menschen Auswirkungen hat, wenn wir mit den 1. Herren in die sportliche Bedeutungslosigkeit absteigen. Und diese Auswirkungen sich dann eben nicht nur im sportlichen Hobby zeigen, sondern auch im kapitalistischen Broterwerb. Bedenkt dies immer, bevor ihr die alte Leier nicht mit anstimmt.

Exkurs Ende

Man müsse seiner Verantwortung gegenüber dem Verein gerecht werden, man betreibe Profisport. Man stehe zu der Entscheidung und halte es für richtig, neue Impulse zu geben, um sportlich etwas zu ändern. Man entscheide dabei nicht nach Sympathiewerten oder Freundschaften, vielmehr basiere die Entscheidung auf einer umfassenden und ergebnisoffenen Analyse. Man müsse den Trend jetzt umkehren, die Zahlen lägen auf dem Tisch. Man sehe eine kontinuierliche negative sportliche Entwicklung, und zwar das gesamte Jahr 2022 über.

Man habe aber höhere Ziele, Spieler hätten höhere Ziele und hätten diese auch erreicht, und ja, auch diese Spieler seien von Bornemann verpflichtet worden.

Auch wenn in den Medien versucht würde, ein neues Bild zu zeichnen: Man habe vor der Saison gemeinsam besprochen, dass man es mit diesen Spielern angehen wolle. Es sei für ihn nicht in Ordnung, wie mit diesen Spielern umgegangen werde. Es sei nicht in Ordnung, sie abzuqualifizieren. Stellvertretend für alle neuen Spieler begrüße er Maurides und Saad im Verein. (Hier gab es Beifall. Und es wird einem als Fan mal wieder klar, wie schmal der Grad ist zwischen zulässiger Kritik und Unmut und der Herabwürdigung eines Menschen. Bewege ich in meinem Leben immer klar auf diesem, ohne runter zu fallen? Garantiert nicht.)

Man sei froh, dass sich diese Spieler für den FCSP entschieden hätten und müsse ihnen den Rücken stärken. Man wolle Spieler entwickeln. Auch sei daran zu erinnern, dass es Bornemann gewesen sei, der Schulle vom U19-Trainer zum Cheftrainer befördert habe und ihm dann Zeit und Vertrauen geschenkt hat. Und dies bewusst. Er erinnere an die erste Hinrunde, als man Tabellenletzter gewesen sei und viele die Ablöse gefordert hätten. Man habe damals in der Analyse gesehen, dass der Kader noch Mängel habe und diese durch kurzfristige Leihen und dann durch längerfristige Verpflichtungen gestopft. Man habe habe nun eine ganz andere Substanz im Kader.

Oke führte weiter aus, dass dies eben nicht nur an einem fehlendem Stürmer gelegen hätte, vielmehr sei es ein Problem des ganzen Jahres gewesen.

Man wolle jetzt nicht die Schuld oder Sühne alleine bei Schulle abladen. Man wolle nicht alles öffentlich machen, weil es intern sei und auch intern bleiben solle. Auch dies sei der FCSP. Dies sei auch Schutz. Wenn nun ehemalige Spieler Interna weitergäben, dann sei das nicht der Stil, den man verfolge. Bornemann habe selber Fehler zugegeben. So sei die Vertragsverlängerung mit den Co-Trainern nicht gut gewesen.

(Das schreibe ich bewusst hier jetzt mal so unkommentiert runter, weil meines Erachtens erst nach dem Vortrag Bornemanns eine Bewertung vollständig und sinnvoll möglich ist. Und den will ich nun auch nicht so vorziehen.)

Auch er sei mit seiner Bilanz als Präsident nicht zufrieden. Man sei in seiner Amtszeit durchschnittlich 9. geworden, das angestrebte Ziel also in Reichweite. Man sei nicht aufgestiegen, aber auch nicht abgestürzt. Man wolle mehr erreichen und dies ginge nicht durch Zufall, sondern nur weil man einen klaren Plan habe. Man werde seiner Verantwortung nicht gerecht, wenn man nur auf Zufall setze. Man habe die Substanz mehr als nur ein Jahr erfolgreich zu sein.

Dies alles  gelänge nur mit gewählten Verantwortlichen. Man habe einen klaren Plan mit den Gremien entwickelt und verfolge diesen Plan nun. Man habe den Kader verkleinert, die Qualität erhöht und Spieler mit Potential verpflichtet, die dann auch wieder Transfererlöse erbracht haben, die dem FCSP halfen, durch die Corona-Krise zu kommen. Die Arbeit an der Kollau sei professionalisiert worden, man habe starke Physios und Analysten. Man habe das NLZ neu konzipiert. Auch das sei Bornemann gewesen.

Man könne gerne über sachliche Themen diskutieren, aber Beleidigungen weise er zurück. Man habe Werte und die würden für alle gelten, man sei von der Mitgliedschaft geprägt, diese Mitbestimmung würde aber klaren Regeln folgen. Man entscheide nicht nach Lautstärke, Sympathien oder dem, was auf Facebook oder in Onlinepetitionen stünde. Verantwortung heiße, auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen und zu diesen zu stehen.

(Sandra sagt später, dass es beim FCSP immer dauern würde, bis er ins Rollen käme und wenn er dann endlich rolle, dann richtig. Und ich glaube, dass dies für viele Probleme und Emotionen im sportlichen Bereich Grundlage ist. Wie schon gesagt: Später!)

Die Wirtschaft

Oke verließ dann den Bereich „sportliche Lage der 1. Herrenmannschaft“ und guckte auf die Lage des Gesamtvereins. Die wirtschaftliche Entwicklung bis zum 30.06. sei positiv und nur darauf beziehe sich die Entlastung. Die Rahmenbedingungen seien geprägt von Umbrüchen im wirtschaftlichen Bereich, von Energiekrise und gestörten Lieferketten. Auch würden alle Dienstleistungen teurer werden. Corona sei auch nach zwei Jahren immer noch existenzbedrohend. Man habe im Geschäftsjahr 21/22 einen Verlust von 5,6 Millionen gemacht und damit 45 % seines Eigenkapitals vernichtet. Dies habe acht Jahre solides Wirtschaften vernichtet. Seit Juli 2022 habe man eine neue Organisationsstruktur. Man habe Leitlinien für mehr Diversität, mehr Frauen und Nachhaltigkeit. Man wolle diesen Weg weitergehen. Ein Schwerpunkt sei das Personal, wo man mit Laura Becker auch eine neue Leiterin habe.

(Er begrüßte ebenso Franziska Altenrath, die beim Verein nun für „Strategie, Veränderung & Nachhaltigkeit“ verantwortlich ist. Na dann: Herzlich Willkommen an Bord. Gut: Zwei Frauen, die irgendwie den Titel einer „Leiterin“ innehaben.

Was beim FCSP auffällt: Unsere Struktur wirkt immer noch sehr im Fluß. Die 2020 vorhandene „Direktor*innenebene“ kann man nicht mehr wirklich erkennen. Nun sieht das nach vier Geschäftsleitern (ungegendert) aus und vielen Leiter*innen, die nicht zwingend einem Geschäftsleiter untergeordnet sind. So etwas lähmt ggfs. auch, und da mehr Konstanz hinein zu bekommen, ist auch eine Aufgabe der nächsten Jahre.

Was wahrscheinlich nur Menschen aufgefallen ist, die regelmäßig diese Seite auf der offiziellen HP öffnen: Im Bereich „Personal“ gab in letzter Zeit viele Veränderungen beim FCSP. Auch daher rühren viele offene Fragen in diesem Bereich zu denen wir noch kommen werden.)

Man habe sich mit der Vergütung der Mitarbeiter*innen beschäftigt und einen Handlungsbedarf erkannt. Man möchte auf Tarifniveau bezahlen. Man habe sich mit den Antragsteller*innen des „Tarifvertrag“-Antrages ausgetauscht und auch dem Betriebsrat die Zwischenergebnisse präsentiert. Man hoffe, spätestens zur Saison 23/24 eine Lösung präsentieren zu können.

(Zu diesem Punkt kamen später diverse Nachfragen und das auch zu Recht. Hier noch kurz ein paar Zitate aus diesen:

– Man könne das Lager aus wirtschaftlichen Gründen schließen, aber nicht so. Die Kommunikation sei ein absolutes Desaster gewesen und es sei nur zu hoffen, dass der Verein draus lerne.

– Eine ehemalige Antragstellerin erklärte, dass es eine Präsentation gegeben habe, diese aber eben auch erst kurz vor der MV erfolgt sei, also ein Jahr nach dem Antrag. Man wisse nun, dass der Verein 180 feste Angestellte habe, man verstehe aber nicht, was das Problem damit sei, diese nach Tarif zu bezahlen. Warum erst eine Umsetzung 23/24?

 – Es wurde auf den ursprünglichen Antrag hingewiesen und dass in diesem Antrag „zeitnah“ stand, was nicht „ein Jahr später vor der nächsten MV“ bedeute.

Aus einer Antwort des Präsidiums: 600 Mitarbeitende sind es mit Übungsleiter*innen etc. Es wird in den Antworten auch immer deutlicher, dass das Präsidium keine Tarifverhandlungen will. Selbst auf sehr konkrete Nachfragen wird immer versucht, sich rauszuwinden oder es wird höchstens mal gesagt „man habe gesprochen“. Auch wird vom Präsidium gesagt, man habe ja acht mögliche Gewerkschaften – ein Argument, das dann von Redner*innen zu Recht zerpflückt wird. Fakt ist aber auch, welche Gewerkschaft das wird in so einem Mischbetrieb, entscheiden auch immer ein bisschen die Arbeitnehmer*innen. VW beschäftigt auch Köche. Trotzdem käme da niemand auf die Idee, mit der NGG einen Tarifvertrag abzuschließen. Die Zahl acht verwundert sowieso ein bisschen, denn der DGB hat nur acht Mitgliedsgewerkschaften.

Fassen wir eine sich lang windende Diskussion und das Thema Tarifverträge sehr einfach zusammen: „Das haben wir verkackt“. So sagte es ein kluger Mensch zu mir während der Fragerunde, und dem ist nichts hinzuzufügen. 

Es ist und bleibt ein Elend. Auch und gerade weil wir hier drei Mitwirkende haben, nämlich zunächst unser Präsidium als Arbeitgeber*innenverband. Nehmen wir doch mal die Metallindustrie als Analogie. Natürlich will der Arbeitgeberverband Gesamtmetall keinen Tarifvertrag. Niemand will seinen Arbeitgeber*innen mehr zahlen als unbedingt notwendig. Und das gilt auch für das Präsidium des FCSP. Nur das diese – anders als der Arbeitgeberverband Gesamtmetall – hier nicht ihre Mitglieder fraglos hinter sich haben. Trotzdem stehen wir als Mitgliederversammlung da in einer ganz komischen Rolle des Arbeitgebers, der Sympathien für die Arbeitnehmer hat. Und ohne diese geht es schief. Denn wenn der Arbeitgeber einen Tarifvertrag ohne schlagkräftige Gegenseite verhandelt, dann kommt da Murks bei raus. Und ich sehe diese Schlagkraft bei unseren Arbeitnehmer*innen leider immer noch nicht. Letztes Jahr schrieb ich folgendes:

„Darf ich mal eine Frage stellen, die rein taktisch auf der MV unklug gewesen wäre? Was macht unser Betriebsrat da eigentlich? Wenn sie mit Betriebsvereinbarungen nicht weiter kommen, dann hol dir doch schon vor Jahren Ver.di ins Haus. Ja, Ver.di ist nicht die IG Metall, was Schlagkraft und Organisation angeht, aber die können auch was. Denn wir sprechen hier von einem ganz anderen Antrag, wenn der vom Betriebsrat mit gestellt worden und der Satz gewesen wäre: „Liebes Präsidium, wir sind immer noch der FCSP, und bevor wir nun streiken, wollen wir noch mal versuchen, das freundlich und per MV zu klären, aber seid euch gewiss, wenn das nicht klappt, stehen wir auf der Straße.“ 

Warum unklug? Einmal ist der Betriebsrat der Mitgliederversammlung als Arbeitgeberorgan (!) nicht rechenschaftspflichtig, und zweitens hätte eine unglückliche Antwort von deren Seite den Antrag ggf. auch scheitern lassen können.

Den Arbeitnehmer*innen beim FCSP wäre aber auch zu sagen, dass ihr euch dringend besser organisieren solltet. Auch solltet ihr untereinander dringend solidarischer werden und vielleicht mal so einen Antrag bei Ver.di unterschreiben. Ja, Gewerkschaften sind kontrarevolutionär, aber sich in einer Start-Up Atmosphäre selber zu verarschen ist noch kontrarevolutionärer. Und auch wenn euer Chef schon jahrelang Fan, ein ganz Lieber und eigentlich Guter ist. Er ist euer Chef. Das kann er auch ab und zu mal spüren.“

Ende des Zitats vom letzten Jahr.

Und leider bleibt das wohl immer noch wahr. Ich höre da zwar mehr Kampfeswillen, aber es hapert da anscheinend immer noch an Organisationsstruktur und dem Willen, in den kompletten Konflikt zu gehen. Und wenn uns von einem Ver.di-Account so etwas während der MV geantwortet wird, dann ist das nicht optimal:

Unsere Belegschaft sollte aus dieser MV folgendes mitnehmen: Organisiert euch in einer Gewerkschaft! Die passende ist da wahrscheinlich Ver.di. Geht dann in den Streik! Macht auf klassische Weise Druck! Die Mitglieder des FCSP (und garantiert auch die organisierte Fanszene) stehen bei diesem Thema hinter euch und werden SEHR darauf achten, dass das Präsidium da kein krummes Ding mit euch dreht. Auch wir als Blog haben da unser Ohr drauf und wir kommen auf diese ganze Thematik zurück. Denn bisher haben wir als Blog, als Mitgliedschaft, als Präsidium, aber auch als Belegschaft das verkackt und dann kommt so etwas wie diese unsägliche Lagerschließung dabei heraus. Da müssen wir uns alle an die Nase fassen und daraus lernen. Für unsere Belegschaft und für unsere Glaubwürdigkeit.) 

Oke widmete sich dann den Finanzen. Man habe im Vorjahr einen Rekordverlust gemacht, diesmal einen Gewinn von EUR 359.873,70 bei einem Umsatz von EUR 50 Mio. (Falls sich wer nun wundert, warum ich in der Vorberichterstattung die Zahlen EUR 290.653,50 und EUR 55 Mio. genannt habe: Der Unterschied ist beim Gewinn der Posten „auf andere Gesellschafter entfallender Gewinn“, den Oke in den Gewinn des FCSP mit einrechnet. Ich jedoch nicht. Beim Umsatz habe ich die „sonstigen Erträge“ als Umsatz gerechnet. Oke nicht. Ja, liebe Bilanzkenner: Im bilanzrechtlichen Sinn hat Oke Recht. Wie man es nun rechnet, ist meines Erachtens eher ein Streit um des Kaisers Bart – an den grundlegenden Einschätzungen ändert es nichts, daher sei weiterhin auf diesen Artikel zur Erläuterung verwiesen.)

Das Eigenkapital betrage nun etwas über EUR 8 Mio., nach EUR 7 Mio. im Vorjahr.

Man habe davon profitiert, dass wieder Fans ins Stadion durften. Auch von der großen Solidarität durch einen Verzicht auf Rückzahlungen habe man profitiert. (Ihr seid alle bescheuert.) „Danke, dies hat sehr geholfen“. Man habe auch von Überbrückungen durch Banken profitiert und davon, sehr solide aufgestellt gewesen zu sein. Auch der Pokalerfolg habe geholfen. Er danke Bernd von Geldern und Martin Urban.

(Für eine genaue Erläuterung der Zahlen verweise ich auf den vorbereitenden Artikel, der oben verlinkt ist.)

Meins!

Oke ging dann auf die Strategie ein: Dieses „alles selber machen“ habe sich als goldrichtig erwiesen. Das Merchandise habe das beste Ergebnis seit 2010/2011 gemacht. (Das ist wahrscheinlich nicht inflationsbereinigt, so dass das ein bisschen mit Wasser im Wein zu lesen ist, denn wir hatten in diesem Zeitraum von 10 Jahren (2010/2011 bis 2021) immerhin 16,5 % Inflation. Was angesichts einer Inflationsrate von 10 % allein in diesem Jahr brutal lächerlich wirkt.)

Man sei durch die Krise gekommen, ohne Tafelsilber zu verkaufen. (YEAH!) Auch DIIY hat sich gut entwickelt; Sponsor*innen seien von dem „Do it yourself“-Ansatz und dem Mut Nachhaltigkeitsunternehmer zu werden, beeindruckt. Auch sei das Thema „Nachhaltigkeit“ ein gutes Beispiel dafür, dass Mitbestimmung in diesem Verein nicht nur Folklore sei, sondern wirklich etwas bewegen könne.

Man habe das Lager Winsbergring geschlossen. Das sei betriebswirtschaftlich notwendig gewesen, aber gegenüber den Betroffenen nicht gut kommuniziert worden. Man sei froh, zwischenzeitlich für alle Betroffenen Lösungen gefunden zu haben. Man versuche besser zu werden. „Not perfect, but better.“

Dies sei auch das Motto der Nachhaltigkeitskampagne. Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Handeln seien keine Gegensätze. Und man sei froh, mit Followfood und Lichtblick zwei Nachhaltigkeitsexperten gefunden zu haben. Hinzu käme seit neuestem Edeka, mit denen man Nachhaltigkeitsthemen bespiele. (Den Unterschied lest ihr auch, oder?)

Mit Levi’s fördere man Diversität, Congstar unterstütze hervorragend beim Kampf gegen Rassismus. Man sei auch froh, dass einen mit Astra eine beinah lebenslange Partnerschaft verbinde. (Letzter Satz: Speak for yourself, Oke. Sorry, aber wenn man so merkt, wie Astra Werbung spielt, dann passen sie nicht in die Reihe, wie die vorher genannten Partner*innen bei uns Kampagnen fahren. „Astra – was dagegen?“ Unser Chefstatistiker dann immer: „Ja“. Und auch wir werden keine Astrafans mehr.)

Viele Projekte im Bereich Nachhaltigkeit seien nur mit Partnern möglich. So wäre eine Photovoltaikanlage wünschenswert, aber ohne Partner nicht umsetzbar. (Ist Menschen eigentlich klar, in was für einen Investitionsstau wir als Verein gerade laufen? Kollau, PVA, LED-Flutlicht, welches Oke gleich erwähnen wird, sind Projekte, die besser gestern als heute angestoßen werden müssten. Und die richtig Geld kosten würden. Und das sind alles nur Projekte des Profisports. Von Sporthallen oder einer irgendwann fällig werdenden Sanierung des Stadions ist da noch gar nicht die Rede.)

Ohne Congstar wäre auch der E-Sport und somit dessen großen Erfolge nicht denkbar. Immerhin sei man da Pokalsieger geworden. Man sei fest davon überzeugt, dass man ein jüngeres Publikum über den E-Sport binden könne. (Diese Sprünge von Nachhaltigkeit zu Astra und E-Sports und dann wieder zurück machen mich beim Abtippen noch fertig. E-Sports: Ich kann da nix mit anfangen und sehe so richtig auch nicht den Vorteil. Insbesondere, weil es keine Bindung an den e.V. haben kann, weil E-Sport immer noch nicht als gemeinnütziger Sport anerkannt ist. Wenn der FCSP diesen Kampf mal aufnehmen würde, wäre das spannend. Eine Frage, die ich mir auch stelle: Was ist, wenn Congstar mal nicht mehr Sponsor beim FCSP ist? Zu deren „junger“ Marke passt E-Sport natürlich ganz gut, ber was ist, wenn sie durch eine KFZ-Marke ersetzt würden?)

Man habe im Bereich Nachhaltigkeit noch Pläne und bräuche da Partner für wichtige Schritte. Man wolle Energie sparen, das Stadion auf LED umstellen, Müll und Essensreste vermeiden. Dies ginge aber alles nicht alleine, dafür brauche man Partner.

Man werde prüfen müssen, ob man die Dauerkartenpreise anpassen müsse. Die Kosten seien drastisch gestiegen. Man sei gerade in der Budgetplanung für 23/24 und sei dabei optimistisch, den Umsatz zu steigern und das Budget für den Sport zu erhöhen.

(Oke spricht noch von „prüfen“ und er spricht nur von Dauerkartenpreisen, aber man muss sich die Welt um einen herum nur ansehen, um zu wissen, dass wir vor einer deutlichen Erhöhung der Eintrittspreise stehen. Gerade der Bereich „Veranstaltungen“ hat durch gestiegene Energiepreise, aber auch durch gestiegene Personalkosten eine ordentliche Preissteigerung erfahren, und das Geld wird sich auch der FCSP bei seinen Kund*innen wiederholen müssen. Was aber nie vergessen werden darf: Es gibt keine preisunsensible Nachfrage, und es wird sich zeigen, ob man noch lange das Millerntor auch gegen Sandhausen voll bekommt. Insbesondere weil diese Preissteigerungen Menschen auch an anderer Stelle treffen und der Besuch eines Fußballspieles häufig Luxus ist.)

Platz, wir brauchen Platz

Oke kam dann zum Ausbau der Kollaustraße

Man wolle dort für den Profibereich, die U23 und das NLZ eine moderne Anlage schaffen und damit die Lizensierungskriterien erfüllen. Man konzentriere sich seit 2021 auf den Ausbau dieser Fläche, nachdem man vorher innerhalb und außerhalb der Stadt HH gesucht habe. Man wolle ein nachhaltiges und leistungsstarkes Trainingszentrum schaffen. Man plane, bis 2024 die planungs- und baurrechtlichen Voraussetzungen für den ersten Bauabschnitt zu schaffen und diesen dann bis Ende 2025 abzuschließen. Er sei dem Senat, den Behörden und dem Bezirk für die Zusammenarbeit dankbar. 2026 wolle man dann den zweiten Bauabschnitt fertig haben und bessere Trainingsbedingungen für den sportlichen Bereich schaffen. U.a. seien zwei neue Gebäude geplant.

(Gerade bei Bauprojekten, die der FCSP plant, habe ich mir angewöhnt, sehr skeptisch mit Realisierung und Zeitplänen zu sein. Umbauten an der Kollaustraße sind heikel, da spielen viele Behörden und viele Interessen mit. Es bleibt abzuwarten, ob man diese alle rechtssicher (!) befriedigen kann. Nichts wäre ärgerlicher als ein jahrelanges Gerichtsverfahren und eine komplette Pulverisierung des Zeitplanes. So wurde in Köln 8 Jahre geplant, 2020 eine Baugenehmigung erteilt und diese nun vom Oberverwaltungsgericht kassiert, so dass man dort im Endeffekt wieder neu planen müsste. Woran der Effzeh laut Kölner Gazetten das Interesse verloren hat. Was in diesem Zusammenhang auch interessant ist: Wir haben die Kollaustraße erst 2014 mit einem neuen Funktionsgebäude und anders liegenden Plätzen ausgestattet und nun ist das schon wieder zu klein und überholt. Es ist bemerkenswert, wie schnell sich da die Uhr dreht.)

Das alles wäre ohne die AFM nicht möglich gewesen, diese habe für den FCSP eine große Bedeutung. Die Idee der AFM sei großartig und sie zur größten Abteilung des Vereines geworden. Man wolle aber, dass sie noch mehr Mitglieder bekäme.

Der Ausbau der Kollaustraße sei das größte Projekt des Vereines seit dem Umbau des Millerntors. Man baue da auf besonderen Flächen und daher liege ein Fokus auf Nachhaltigkeit. Es bestünden hohe Erwartungen, die wolle man bestmöglichst erfüllen. In der Presse habe es falsche und irreführende Berichte gegeben, die habe man klarstellen können. Man stehe für sachliche Kritik bereit, aber falsche Behauptungen nehme man nicht hin. Daher sei man auch gegen die Berichterstattung der Bild vorgegangen und habe gewonnen.

(Wir haben als Verein seit dem Umbau des Millerntors nicht wirklich viele Infrastrukturprojekte begonnen oder umgesetzt, insofern ist die Hürde „größtes seit Millerntorumbau“ keine sehr hohe. Ich lese das aber schon so, dass Oke hier eine Größenordnung deutlich machen will und wir hier eben von einem zweistelligen Millionenbetrag reden. Die Finanzierung wird noch sehr spannend.)

Der Verein treibt auch Sport

Oke kam dann zu den sporttreibenden Abteilungen, die er zum Fundament des FCSP erklärte. Er danke allen, die sich dort engagieren und damit das Vereinsleben ermöglichen. Sportler*innen des FCSP hätten Großartiges geleistet: Thoya Küster sei zum Hamburger Sporttalent des Jahres gekürt worden, sie falle mit Talent und Optimismus auf. Man habe internationale Erfolge erzielt – sowieso seien die Blindenfußballer*innen sensationell und die Meisterschaft gebührend von 30.000 Menschen beim Heimspiel gefeiert worden.

Er gratulierte dann Lennart Appe dazu, dass er „Jugendspieler des Jahres“ im HFV geworden ist, erwähnte die Erfolge im inklusiven Segeln, Thorsten Schröders Trip nach Hawaii, den Aufstieg des Futsal-Teams und Erfolge der Beachvolleyballer*innen bei der Deutschen Meisterschaft. (Im Detail kommen wir da bei den Ehrungen zu.)

All diese Sportler*innen seien die besten Botschafter*innen für den FCSP. Er danke Christiane, die diesen Bereich im Präsidium bearbeite, danke Julian Kulawik, der in diesem Bereich Thomas Michael vertrete, dem er herzliche Genesungswünsche sende. (Denen schließe ich mich an. Julian durfte nebenbei auch noch diese MV organisieren, weil das auch in den Bereich des Amateursportes fällt.)

Am Ende kommen die Fans

Seine Rede beendete Oke mit dem Thema „Fans“ – er sei froh, dass der Verein eine so kritische und lautstarke Fanszene zu haben. Das Zusammenleben zwischen Verein und Fanszene sei ein wichtiges Anliegen. Der FCSR als Vertretung leiste eine wichtige Arbeit. Ebenso der Fanladen. Das Angebot sei wichtig.

Er danke der AGiM nicht nur für den Grünkohl, sondern auch für das Input. Er erwähnte noch das Jubiläum des Museums und die Rabauken.

Er könne noch viel mehr Themen ansprechen, aber dafür reiche die Zeit nicht, man müsse noch einen neuen Aufsichtsrat wählen. Er freue sich, dass so viele Kandidat*innen gäbe und so viele sich da engagieren wollen. Er wolle sich bei denen bedanken, die nicht mehr kandidieren, insbesondere bei Roger für jahrzehntelanges Engagement. 

Er wolle sich bei seinem Präsidium (nannte Namen) bedanken und wolle Esin Genesungswünsche aussprechen. (Ich hoffe, dass, wenn ihr das lest, Esin schon lange wieder auf dem Dampfer ist. Falls nicht: Werd schnell wieder gesund.)

Er schloss damit, dass alle, die da seien, die Verantwortung wahrnehmen würden, den FCSP mitzugestalten. Der FCSP sei mehr als ein Fußballclub, er sei auch ein Wirtschaftsunternehmen und auch ein NGO, ein Treff- und Fixpunkt für Menschen. Für das alles trage man die Verantwortung und versuche auf sachlicher Basis, Entscheidungen zu treffen. Man habe noch viel vor, man wolle das gemeinsam anpacken, gerne kontrovers, in Verantwortung für den FCSP.

Zuletzt schlage er noch den Amateurvorstand zur Entlastung vor.

(Was auffiel: Es wurde während der Rede immer ruhiger im Publikum. Und in der nun folgenden Fragerunde ging es beinah nicht um die Trainerentlassung. Es war irgendwie skurril.)

Die Mannschaft wurde entlassen und begab sich direkt zum Training.

Die Fragerunde

Wie immer etwas grober zusammengefasst. In der Fragerunde ging es neben den oben zitierten Themen um:

– die besonderen Vertreter*innen, welche für mehrere Mitglieder durch das hauptamtliche Präsidium überflüssig geworden sind. Auch wurde Missfallen darüber geäußert, dass diese intern und nicht extern besetzt wurden. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht zugestimmt“. Man bat darum, das noch mal zu überdenken, was Oke auch zusagte. Es gab auch Kritik an der Transparenz bei der Einführung des hauptamtlichen Präsidiums. Die teile ich dann doch sehr, siehe die Artikel zu diesem Thema.

(Natürlich kann man auch neben einem hauptamtlichem Präsidium besondere Vertreter*innen haben, und vielleicht mag das für „Leitung Sport“ irgendwie noch Sinn machen, weil Menschen nun mal Titel mögen. Aber wie schon im Sommer geschrieben: Wir hätten uns den Umweg sparen können. Und damit auch viel Kraft und wahrscheinlich selbst eine zweite Mitgliederversammlung im Jahr 2021. Irgendwie habe ich aber auch das Gefühl, dass die Erstbesetzung dieser Posten auch wochenlang vor der Stadion MV von den Dächern gepfiffen wurde, so dass mich eine Aussage wie „hätte ich das gewusst“ schon ein bisschen überraschte. Ansonsten lest den hier verlinkten Artikel zu den besonderen Vertreter*innen und ihrer Stellung bei einem hauptamtlichen Präsidium und der Kritik daran, wie es zum jetzigen Zustand gekommen ist. )

– Es ging um die Gehälter des Vorstandes. Erst erklärte Christiane, dass die Gehälter geheim seien, und dann musste das der Aufsichtsrat wiederholen, weil mehrfach nachgefragt wurde. Man habe eine Verschwiegenheitserklärung hierüber unterschrieben. Das führte dann wieder zu Unruhe im Publikum. Sandra erklärte, dass man am unteren Rand sei, man eine Basis habe und diese Basis für die 2. Liga eine andere sei als für die 1. und die 3. Liga. Auf eine spätere Nachfrage wurde dann noch erklärt, dass es keine Prämien gäbe und dass die Verschwiegenheit auf Wunsch des AR unterschrieben worden sei.

(Irgendwie ist das für mich ein Problem der 2023er MV. Und ich habe das doofe Gefühl, dass es da gar kein Thema sein wird, weil es wahrscheinlich in der Bilanz bzw. im Anhang zu dieser ausgewiesen sein wird. Zwar ist das nur Pflicht für gewisse Kapitalgesellschaften (§ 285 HGB), aber wundern würde mich es nicht, wenn da nächstes Jahr einfach drin stünde, wie hoch die Gesamtausstattung des Präsidiums ist. Ich frage mich ehrlich auch, ob man der MV als höchstes Gremium diese Auskunft mit Hinweis auf eine Verschwiegenheit verweigern könnte. Zumindest die Gesamtausstattung halte ich für unproblematisch. Ich mein, hey – wir haben bei uns in der Bilanz auch viele Jahre den genauen Betrag der Hauptsponsorleistung stehen gehabt.)

– Ein Mitglied erklärte, dass „durchschnittlich Platz 9“ ja ganz gut klinge, aber man gefühlt jedes zweite Jahr gegen den Abstieg spiele, und es wollte wissen, was denn Heidenheim, Union und Augsburg besser machen würden.

Oke erklärte, dass dies schlechte Beispiele seien, weil Augsburg und Union viel Geld von außen aufgenommen hätten, was man nicht machen wolle. Augsburg sei ein KGaA-Modell mit einem amerikanischen Investor, Union habe sich viel Geld geliehen. Heidenheim sitze mitten im Speckgürtel, mit vielen großen Unternehmen als Sponsor.

(Ich glaube, wir wenigen Menschen, die sich mit Finanzierungsmodellen im Fußball beschäftigen, leben in einer Blase, die von den meisten Fußballfans ignoriert wird. Wahrscheinlich auch zu Recht. Wenn wir die 29.000 Menschen im Millerntor fragen würden, ob Union und wir vergleichbar seien bzw. dies in der zweiten Liga mal waren, dann würden wahrscheinlich 90 % „ja“ sagen. Und wahrscheinlich beschreibt dies genau das Problem des unfairen Wettbewerbs im Fußball. Vereine wie Union oder eben auch Augsburg können sich als Underdogs glaubwürdig (!) vermarkten, während sie hart am Rand der Regeln segeln.)

Oke führte zu der Frage, was man falsch mache, aus, dass man versuche, sukzessiv den Kader zu verbessern und nun eine stringente Kaderplanung fahre. Man habe mit älteren Spielern begonnen, die hoch dotiert gewesen wären, und nun habe man diese gehen lassen, erst mit Leihspielern ausgeholfen und nun sukzessive die Werte im Kader erhöht. Und man versuche nun sukzessiv, in immer höheren Regalen sich bedienen zu können.

(Das klingt alles so kalt und da sind wir wieder bei dem Eiertanz, den wir als „etwas anderer Verein“ jeden Tag aufführen müssen. Und es ist in anderen Worten das, was ungefähr jeder zweite Verein in Deutschland versucht: Spieler billig und jung zu kaufen und etwas älter und teurer zu verkaufen. Und genau da ist das Problem: Es versucht jeder zweite Verein. Ein Verein hat das seit Jahren perfektioniert: Der SC Freiburg. Alle anderen? Tja. Kann man Freiburg kopieren? Garantiert! Ist das einfach? Mitnichten! Das ist wie im Baseball. Da versuchen auch alle die Rays und die Astros zu kopieren, trotzdem schafft es niemand. Nebenbei: Deswegen holt man sich ja Leute wie Borni. Weil man denkt, dass die in Freiburg gelernt haben, was da der Trick ist.)

Ein Fazit der Rede?

Oke hat versucht das ganze sehr ruhig und sachlich alles zu erklären. Und insgesamt hat er anscheinend aus dem Thema „Schulle“ auch viel Luft raus genommen, denn dazu kamen nicht wirklich Nachfragen. An dieser Stelle.

Die erste Anwesenheit

Um 12:10 waren 1150 Mitglieder des FCSP anwesend und davon waren 1130 stimmberechtigt. (Jedes Jahr begeistern mich die Menschen, die sich Mitgliederversammlungen antun, ohne stimmberechtigt zu sein.)

Bericht der Kassenprüfer*innen

Armin Koch und Gabriela Sadzik teilten sich den Bericht. (Positiv bei Gabriela: In jedem anderen Verein würde eine Kassenprüferin nicht mit einem Strickpulli und einer Lederhose auf die Bühne kommen. Das geht wahrscheinlich nur beim FCSP und das ist gut so.

Negativ bei ihr: Sie erklärte gleich, dass sie das mit dem Gendern nicht könne und das ließe und das führte zu Beifall bei genau den falschen Leuten. (Gabriela, das üben wir noch mal, so schwierig ist das gar nicht.))

Gabriela erklärte dann, dass sie ja das erste Jahr die Kasse geprüft habe und gespannt gewesen sei, was sie erwarte und wieviel Unterstützung man bekäme. Sie hätten die Einnahmen und Ausgaben materiell geprüft und auch die Belege stichprobenartig. Man hätte zu allen Belegen Zugang erhalten und alle Fragen seien ausführlich und zur vollsten Zufriedenheit beantwortet worden. Die Buchhaltung und das Controlling mache einen klar gegliederten, übersichtlichen und ordentlichen Eindruck. Insgesamt sei der FCSP im Finanz- und Rechnungswesen gut aufgestellt.

Man möchte positiv herausstellen, dass der Verein auf eine digitale Plattform umgestellt habe, was die Prüfung sehr erleichtere. Auch die Abteilungen seien mit wenigen Ausnahmen schon auf das digitale System umgestellt. (Noch ein Beispiel dafür, wieviel beim FCSP in den letzten Jahren modernisiert wurde. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wieviel Kraft solche Umstellungen benötigen, auch wenn sie super wichtig sind.)

Armin übernahm dann und erklärte, dass durch die Umstellung der Abgleich der Belege auch bei den Abteilungen deutlich einfacher sei. Die Buchhaltung der sporttreibenden Abteilungen befände sich in einem sehr ordentlichen und nachvollziehbaren Zustand, die Belegqualität sei gut bis sehr gut. Es würden einige Jahresabschlüsse fehlen, aber die laufenden Ein- und Ausgänge seien nachvollziehbar.

Die finanzielle Gesamtsituation sei liquide und solide. Man mahne aber auch zur Vorsicht. Denn wenn der Gewinn des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes einbräche – sei es durch Corona oder durch einen Abstieg in die dritte Liga -, könnte eine Situation entstehen, in welcher der ideelle Teil für die fortlaufenden Kosten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes hafte. Dies sei ein Risiko, welches aufgrund der Gesamthaftung nicht auszuschließen sei. (Das sprechen die Kassenprüfer*innen ja schon etwas länger immer mal wieder an und völlig zu Recht. Der Verein ist nun mal eine Körperschaft, und da haften auch die Triathlet*innen mit ihrem Ersparten. Das wäre wahrscheinlich nur durch eine Ausgliederung zu verhindern, und die will wahrscheinlich selbst bei den Triathlet*innen niemand.)

Armin bedankte sich abschließend bei allen ehrenamtlichen Kassenwärt*innen und den Mitarbeiter*innen der Geschäftsstelle. Auf der Basis dieser Prüfung empfehlen die Kassenprüfer*innen dem Aufsichtsrat, die Entlastung zu empfehlen.

Armin beendete seine Rede damit, dass er sicher sei, dass Elias (Saad) es in der Profimannschaft rocken lassen wird, er sei nämlich ein ehemaliger Schüler von ihm. (Wenn das mal keine Empfehlung ist!)

(In den letzten Jahren sind die Berichte der Kassenprüfer*innen eigentlich immer ohne Beanstandungen. Das kann natürlich an der steigenden Professionalisierung aller Bereiche im FCSP liegen. Ich habe mal gelernt, dass man als Kassenprüfer*in eigentlich immer einen Punkt gefunden haben sollte, sonst habe man nicht tief genug geprüft. Nach diesem – eher humorvoll gemeinten – Maßstab prüfen die beiden nicht tief genug.)

Fragen gab es – wie immer eigentlich – nicht.

Bericht des Aufsichtsrates / Jetzt reden wir doch noch über Schulle?

Für den Aufsichtsrat sprach Sandra.

Es habe viele Veränderungen im Verein gegeben. Einige davon habe man als Aufsichtsrat angestoßen, andere seien von außen auf einen eingeprasselt und man habe nur reagieren können. Eine beachtliche und viel diskutierte Änderung sei die Hauptamtlichkeit im Präsidium gewesen. Oke sei seit dem 01.07.2022 hauptamtlicher Präsident und Carsten und Christiane zu teilhauptamtlichen Teilen des Präsidiums ernannt worden.

Man habe bei der Wahl des Präsidiums anders geplant und gedacht, man käme mit einem ehrenamtlichen Präsidium und den besonderen Vertreter*innen zurecht. Dies sei eine Fehleinschätzung gewesen. Es sei weiterhin geplant, Bernd von Geldern und Bornemann zu besonderen Vertretern zu ernennen.

(In der Fragerunde wurde dann noch deutlich, dass es bisher keine Bestellung durch das Präsidium gab, die dem Aufsichtsrat zur Zustimmung nach § 22, Ziffer 3, Buchstabe H zugeleitet wurde, und das lässt mich dann doch etwas sprachlos zurück. Das dauert alles viel, viel, viel zu lange. Wir sind in solchen Dingen zu langsam. Ich hatte bisher auch gedacht, dass das alles entweder in trockenen Tüchern ist, an Vertragsdetails und damit an der Zustimmung des Aufsichtsrates hängt oder am Registergericht. Nichts davon ist der Fall. Das Präsidium ist einfach noch nicht so weit. Das finde ich schwierig. Immerhin ist die Pressemitteilung, dass BvG und Borni nun besondere Vertreter sein sollen, aus Juli 2021 und die Zustimmung der MV aus dem September 2021. Wir müssen schneller werden. Auch hier. Ansonsten verweise ich erneut auf den bereits oben verlinkten Artikel zu diesem Thema.)

Man könne das Unverständnis über die Kehrtwende verstehen, aber nach einer Analyse habe man den Fehler einsehen müssen. Man habe auch festgestellt, dass man als Aufsichtsrat zu reaktiv und punktuell reagiert habe. Man habe daraus gelernt und begleite den Prozess um die Hauptamtlichkeit nun viel aktiver, z.B. durch Mitarbeiter*innengespräche mit dem Präsidium, für die der Aufsichtsrat Arbeitgeber sei; dies werde den neuen Aufsichtsrat auch fordern.

(Viele Menschen während und auch nach der MV erklärten, dass man insbesondere auch in Sandras Rede keine Einsicht von Fehlern gesehen habe. Und das wundert mich angesichts solcher Zeilen dann doch sehr. Was aber mal wieder deutlich wird: Der FCSP ist zu schnell mit Erfolgen und „es läuft doch gut“ zufrieden. Ich schrieb schon mehrfach, dass die größten Fehler in diesem Verein immer gemacht wurden, wenn es uns vermeintlich gut ging. Und irgendwie habe ich auch hier das Gefühl, dass so ein Fall vorliegt.)

Sandra führte weiter aus, dass man parallel auch die Entwicklung und Umsetzung von Führungsprinzipien angestoßen habe. Ziel sei es, ein Verein zu werden, in dem alle gut und gerne arbeiten. „gut und gerne“ solle dabei in Einklang gebracht werden. Leistung, Erfolg und Wohlfühlen würden sich nach der Meinung des Aufsichtsrates nicht ausschließen, ganz im Gegenteil. Man hoffe, dass dieses Projekt nun Fahrt aufnehme und bei den Mitarbeiter*innen bald spürbar wäre.

(Uff. Das ist deutlich. Es wird für mich mehr als klar, dass wir im gesamten Klima bei unseren Mitarbeiter*innen sehr starken Nachholbedarf haben. Sandra sagte in einer vorbereitenden Veranstaltung sinngemäß auch, dass sie zur Zeit den FCSP nicht vorbehaltlos als Arbeitgeber empfehlen könne. Das ist kein guter Zustand, daran müssen wir arbeiten. Und hätten wir schon lange arbeiten müssen. Und dies gilt umso mehr, wenn wir einen hauptamtlichen gewählten Menschen an der Spitze haben, der jeden Tag für dieses Thema zuständig ist und handeln muss. Haben wir in unser vorherigen rein ehrenamtlichen Führungsstruktur da ggf. auch zu doll die Augen zugemacht? Und dieses Thema geht weit über „Tarifvertrag“ hinaus. Wir als MV sollten da in den nächsten Jahren genauestens zuhören.)

Sie wandte sich dann dem Sportlichen zu, einem Bereich, der an keinem Fan oder Mitglied spurlos vorbei gegangen sei. Sie wolle erstmal grundsätzlich die Arbeit des Aufsichtsrates erläutern. Man hinterfrage kritisch Entscheidungen des Präsidiums und der beiden Geschäftsbereichsleiter. Man lasse sich Hintergründe erklären und spiegele Unstimmigkeiten, stelle Bedingungen und nerve manchmal gewaltig. Es gäbe aber abgestimmte Ziele für den Verein, und die Aufgabe des Aufsichtsrates sei es, Handlungen im Hinblick auf diese Ziele und die Werte des Vereines zu überprüfen. Man diskutiere das, treibe es voran, oftmals sehr laut und leidenschaftlich, aber eben nicht öffentlich. Da finde die Arbeit des AR nicht statt.

Zu Timo Schultz: Kontinuität sei das Ziel. Man dürfe aber nicht vergessen, dass im Profifußball die Zeit begrenzt und das Leistungsprinzip vorherrschend sei. Die Spielzeit sei gnadenlos und am Ende einer Saison werde abgerechnet, eine Korrektur sei dann unmöglich.

Was man sich als Verein eingestehen müsse: Man sei zur Zeit nicht in der Lage, einen Trainer vereinsintern so zu entwickeln, dass die Ergebnisse längerfristig zu den Zielen des Vereines passen. Dies sei erstrebenswert, aber nicht leicht zu erreichen.

Sandra führte weiter aus, dass man hoffe nun schnell die unteren Tabellenregionen zu verlassen und sich mittelfristig da zu etablieren, wo man hingehöre – in den Top 25 des Profifußball. Auch der U23 wünsche man einen fulminanten Start in die Rückrunde, um den Klassenerhalt zu schaffen. Die 1. Frauen seien schon auf einem guten Weg zum Klassenerhalt.

(Ich fasse gleich nach der Bornemann-Rede die Gedanken zur sportlichen Entwicklung zusammen.)

Sandra widmete sich dann den Finanzen. Man sei weiterhin solide aufgestellt und musste kein Tafelsilber veräußern, man dürfe sich aber nix vormachen: Die aufgenommenen Kredite und das geschmolzene Eigenkapital werden einen noch weiter begleiten. Und die Inflation und die Energiepreise werden Auswirkungen haben. Man werde weiterhin daran arbeiten müssen, die Unabhängigkeit zu erhalten. Dabei dürfe man auch nicht vergessen, dass das neue NLZ viel Geld benötigen werde. Andere Vereine würden keine klugen Entscheidungen treffen und damit den Wettbewerb komplett verzerren. Sie wolle an dieser Stelle auch Oke für seine Arbeit im DFL-Präsidium danken.

(Geld: Sie haut hier in die gleiche Kerbe wie Oke. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob den Leuten klar ist, wie schwierig die Geldaufnahme da sein wird. Und so richtig die perfekte FCSP-Lösung sehe ich noch nicht (selbst wenn man die Genossenschaftsidee noch mal neu andenkt). Investor*innen sind da immer die einfachste Lösung. Wettbewerb/DFL: Mein Revoluzzerherz würde mir immer mehr Fundamentalopposition und weniger Realpolitik im Bezug auf die DFL wünschen. Ich finde das immer zu legitimierend. Aber ich sitze hier auch locker in meinem Stuhl und habe drei Weißbier getrunken. Oder so ähnlich.)

Es gäbe Stimmen, die würden sagen, dass die 3. Liga gar nicht so schlimm sei, oder die sich einen Abstieg wünschen, aber die 3. Liga sei mehr als eine Herausforderung, insbesondere finanziell. Der Preis eines Abstieges wäre sehr hoch und würde zu Lasten von Inhalten und Menschen gehen. Der FCSP ist ein Profisportverein, ein Breitensportverein, und ein Arbeitgeber von vielen Menschen, und der AR sei dafür verantwortlich, dass es lange so bliebe.

(Ich kann diesen Wunsch nach 3. Liga auch nicht wirklich nachvollziehen. Ich habe das vier Jahre gehabt in meinem Leben, das reicht mir. Auch gerade diskutieren wir dann auf der MV nach dem Abstieg nicht mehr über Tarifverträge, sondern über Massenentlassungen beim FCSP. Und das will ich echt nicht erleben.)

Insgesamt sehe man eine deutliche Entwicklung hin zu einer Professionalisierung im Verein. Man sei in vielen Bereichen professioneller aufgestellt und neue Themen wie z.B. Nachhaltigkeit seien angestoßen worden. „Not perfect, but better“ passe nicht nur für die Nachhaltigkeit, sondern für alles ganz gut. Und da gebühre auch den Mitarbeiter*innen viel Dank.

(Entwicklung und Fortschritt ist nicht linear und das müssen wir ungeduldige Menschen auch beim FCSP immer wieder lernen. Aber während wir im nichtsportlichen Bereich garantiert viel erreicht haben und gerade unter diesem Präsidium riesige Schritte gegangen sind, ist das Sportliche immer noch sehr wankelmütig. Und: Es ist alles so langsam. Ich wiederhole mich. Aber gefühlt müsste es alles schneller und entschiedener gehen.)

Zum Ende ihrer Rede dankte sie allen Engagierten, die dieses Jahr wenig Raum im Bericht gefunden hätten. Der AR fände es toll, wie unterschiedliche Menschen und Gruppen gesellschaftspolitische Themen und Inhalte voran bringen würden. Ohne dieses Engagement wäre der Verein nicht das, was er sei.

Sie schloss dann mit der „aus voller Überzeugung“ beantragten Entlastung.

Die aufsichtsrätliche Fragerunde mit Challenge und Plottwist

(Die Fragerunde driftete schnell weg vom Thema „Bericht Aufsichtsrat“ und es wurden viele Fragen gestellt, deren Beantwortung eher in den Bereich „Präsidium“ fiel. Vieles ging durcheinander. Zu 99 % waren die Fragen auf der gesamten MV aber absolut berechtigt und durchdacht, und insgesamt war die Diskussion so viel konstruktiver und angenehmer, als ich sie erwartet hätte. Daher ignoriere ich in der gesamten Berichterstattung und auch hier die ganz wenigen Ausfälle und die seltenen „ich bin ein alter weißer Mann und ich habe keine Ahnung, aber ich höre mich gerne reden“-Beiträge. Die machen es natürlich wieder anstrengender, aber so lange wir keine quotierte Redeliste haben, müssen wir damit wohl auch leben. 

Dadurch, dass die Diskussion aber erst an dieser Stelle aufkam und vieles nicht wirklich durch Sandra zu beantworten war, stand Sandra da teilweise doch etwas hilflos am Mikrofon. Und auch nicht jede ihrer Antworten war perfekt. Aber für „ich stehe ziemlich alleine auf einem Podium und werde gegrillt“ löste sie das noch ziemlich gut. Ich werde kein Freund mehr von der offensiven „was wollt ihr eigentlich?“-Vorwärtsverteidigung, und die vermied auch sie. Die Antwort auf diese Frage ist auch immer „wir sind die MV, wir sind das höchste Gremium und wir wollen wissen, was/wen wir da wählen bzw. nicht wählen“. Spätere Redner (bewusst nicht gegendert) hielten es damit anders.

Ich verstehe nicht wirklich, warum hier nun die sportlichen Fragen kamen, die ich eigentlich beim Präsidium erwartet hatte. Oder war das ein „Wir wählen die, also wollen wir der auf den Zahn fühlen“-Ding? Oder ein Mann/Frau-Ding? Ich weiß es nicht. In meiner Traumvorstellung wären viele Fragen zu Beginn besser gewesen; dies hätte die Versammlung in bessere Bahnen bringen können. Anderseits hat so eine MV keine Parteitagsregie und ein bisschen Chaos und Durcheinander gehört zu einem guten Plenum dazu. Insofern sind die Inhalte viel wichtiger als der Zeitpunkt. Es sei mir trotzdem erlaubt, meine Idealvorstellung zu formulieren.)

Die Fragen, die sich nicht um das Sportliche oder den Tarifvertrag drehten:

– Es wurde nach den Führungsprinzipien gefragt. Sandra antwortete, dass man diese gerade erst entwickelt habe, dies sei extern begleitet worden. Auch bei der Frage, was man denn so brauche. Sandra sagte dann, dass dieser Verein sich immer schwer tue, ins Rollen zu kommen, es dauere immer, bis was passiert, aber dann ginge es richtig ab. (Ich habe das schon oben sinngemäß zitiert und es wird unsere große Aufgabe sein, dieses „schwer ins Rollen“ schneller und gezielter zu überwinden. Wir müssen schneller werden!)

Das Sportliche:

– Der AR ist der Empfehlung zur Freistellung gefolgt. Der AR gibt keine Ergebnisse seiner Abstimmung bekannt. Man habe die Entscheidung „gechallenged“.

(Die Wahl des Begriffes ist meines Erachtens unglücklich und wirkt auf einer MV auch ziemlich abgehoben. „gechallenged“ ist auch so ein Wort aus dem Businessdeutsch, das man am besten nie benutzt oder gar nicht in seinen Sprachgebrauch aufnimmt, das aber in gewissen Kreisen wahrscheinlich weitest verbreitet ist. Wenn wir mal der Definition von hier Glauben schenken wollen, dann kann man das mit „kontrovers und lange diskutiert“ gut übersetzen. Und das wäre besser angekommen.)

– Es wurde danach gefragt, wie Leistung gemessen wird.

Es wurde nach xG-Werten gefragt.

Es wurde gefragt, wie Geschäftsbereiche kontrolliert werden.

Und da kam dann der Twist und ein für mich unerwarteter Redebeitrag. Nämlich einer von Borni. (Achtung, die Wiedergabe, die nun gleich folgt, ist nicht zwingend 100 % chronologisch! Wenn man so das „starkes Fundament“ Statement und das Sky-Interview erinnert, dann hätte ich jetzt ehrlich gesagt die volle Blamage erwartet. Meine Erwartungen waren also sehr tief. Auch bei der Veranstaltung am 06.12.2022 machte Borni nicht wirklich die beste Figur, wie der anwesende Teil dieses Kollektiv beobachten konnte. Umso überraschter war ich nach dieser MV-Rede, die gut strukturiert seinen Standpunkt darstellte. Ist damit nun alles gut und Borni der geile Typ? Nein! Zu offensichtlich waren und sind Kommunikationsprobleme nach außen und wahrscheinlich auch nach innen. Nach der Rede führe ich diesen Gedanken aus. Ich habe keine Ahnung, ob man vor dieser MV mit ihm seinen Auftritt durchgespielt hat, ihn darauf trainiert hat. Das wäre ein Schritt in eine professionelle Richtung, die ich dem FCSP nicht zutraue und sowas würde mich sehr positiv überraschen. Man hat sein Geld nun auf Bornemann gesetzt, dann muss ich den auch so präsentiert bekommen, dass er auch die Mitgliedschaft halbwegs überzeugen kann.)

Borni führte also aus, dass er von Freiburg geprägt sei, wo man Kontinuität lebe. Man wolle Spieler, Physios, Trainer entwickeln und habe dafür die Basis gelegt. Man wolle sich mit diesen committen und dann das Maximale rausholen.

Es habe ihn getroffen, dass gesagt worden wäre, dass er eiskalt über Leichen gehe und keine Empathie habe. Das Gegenteil sei der Fall. Er habe mit Schulle gesprochen, als Kiel an ihm dran war und ihm die Ideen nähergebracht und ihm gesagt, dass er hier eine faire Chance erhalten würde. Das habe er dann auch eingehalten. Timo sei auch der beste Kandidat damals gewesen. Man habe noch mit vier oder fünf anderen Kandidaten gesprochen. Einer sei Thioune gewesen, der aber sich selber früh aus dem Prozess zurückgezogen habe, weil er bei einem anderen Verein Trainer werden wollte. Man sei dann mit voller Überzeugung das Projekt mit Schulle angegangen. Man habe 2019 strategische Ziele entwickelt.

Es sei die Frage gestellt worden, wie Leistung gemessen würde. Teil des Sports sei nun mal das Ergebnis. Man habe mit Jos die Klasse im letzten Heimspiel gesichert und er wollte dann nicht weiter machen. Danach brauchte klare Vorgaben, auf die man sich dann comitted habe. Top 25, was Platz 7 aufwärts ist; Ziel sei es, häufiger darüber als darunter zu stehen.

Er erinnere an das erste halbe Jahr mit Timo, das schlecht gewesen sei. Da habe man auch unterschiedliche Ideen ausgetauscht und dann als Hebel erkannt, dass man bei dem Kader mit 40 Spielern ansetzen könne und versucht, dies zu verändern. Aber eben mit dem Trainer weitergemacht.

Man könne nicht mit Geld um sich schmeißen, sondern müsse selber aus eigener Kraft entwickeln. Man hätte gerne weiter mit Timo gearbeitet, aber Kontinuität sei auch kein Selbstzweck. Man müsse sich sukzessiv sportlich weiter entwickeln, intensiv und gut arbeiten, um die Lücken zu anderen Vereinen zu schließen. Man will nun ein Fundament entwickeln, um einen neuen Anlauf in vielleicht 1, 2 oder 3 Jahren zu wagen.

Statistiken würde man beobachten, man würde seinen eigenen Erfolg an der Substanz und am Marktwert des Kaders messen. Man wollte hier Substanz aufbauen und habe dies trotz der Abgänge ganz gut hinbekommen. Man wolle auf diesem Weg bleiben und da sei es auch egal, wenn man mal drei Spiele nacheinander verliere; hier sei aber eine Situation entstanden, in der man in 13 Spielen nur das Derby gewonnen habe. Die Entwicklung sei über das ganze Jahr 2022 entstanden und wenn es so weiterginge, dann würde man Probleme bekommen. Es sei entscheidend, jetzt die notwendigen Punkte zu holen. Deswegen musste man offensiv handeln.

Als er zum FCSP gekommen sei, habe man im Kader EUR 13 Mio. Wert und zuvor aufgrund der Leihen einen erheblichen Substanzverlust gehabt. Jetzt habe man nur noch einen Leihspieler im Kader. Andere Trainer hätten den damaligen Beginn nicht überlebt, Timo schon. Nun seien seiner Meinung nach die notwendigen Antworten nicht mehr gefunden worden.

Man beachte xG und andere Daten, der Blick auf Daten könne aber auch gefährlich sein. So könne ein hoher xG-Wert aus Standards entstehen, selbst wenn die schlecht seien. Man sei auch eines der besten Teams nach Standards, der Unterschied zu einem schlechten Team seien da aber zwei Tore.

Die Tabelle spiegele die Ergebnisse wider – dies sei der wichtigste Maßstab. Die Frage nach dem Stürmer, der fehle: Man habe einen Spieler, für den Frankfurt sehr viel Geld ausgegeben habe. Man habe gedacht, dass Igor 10 Tore in der zweiten Liga hätte erzielen können und sei angesichts des Kaufes durch Frankfurt ja auch nicht allein mit dieser Meinung.

Es habe ihn gekränkt, dass man ihm dieses eiskalte Feuern unterstellt habe. Gerade weil er bewusst Schulle in den Profibereich hochgeholt habe, auch weil er bereits in der Vergangenheit anders gehandelt habe und in seiner letzten Station gefeuert wurde, gerade weil er am Trainer festhalten wollte. Er fände das schade, dass ihm so etwas nun unterstellt würde. 

Exkurs / Was machen wir jetzt daraus?

Mein Stand in diesen ganzen Fragen ist nun folgender – und er wird sich wahrscheinlich noch 100 Mal ändern.

Grundannahme: Wenn man – wie im deutschen Fußball – einen Trainer und einen Sportchef hat, dann ist die Abgrenzung der Zuständigkeit immer ein Problem. Und die Zusammenarbeit nicht immer reibungsfrei. Aus meiner Sicht macht diese Teilung nur dann Sinn, wenn a. das alles genauestens geklärt ist (und zwar bei Amtsantritt) und b. man den Trainer für den kurzfristigeren Erfolg und den Sportchef für den kurzfristigen UND mittelfristigen Erfolg verantwortlich macht. Borni führt da die Realität dieses Sports schon sehr deutlich aus. Wenn du X Spiele nicht gewinnst, dann bist du als Trainer weg. Entwicklung ist in den seltensten Fällen linear. Und wenn du als Trainer eine der zwischenzeitlichen Entwicklungskurven nach unten verantwortest, dann bist du deinen Job los. Die wenigen Ausnahmen bestätigen da schlichtweg die Regel. Nehmen wir doch mal als Beispiel (jaja, das hinkt wie jedes Beispiel) Uli H. aus München.

Uli H. hat in seiner Zeit beim FC Bayern wie viele Trainer beschäftigt? Und wie lange? Hätte irgendwer Uli H. vorgeworfen, dass er ja kein guter Manager sei, weil er keinen Trainer längerfristig entwickelt bekommen hat? War jeder Transfer von Hoeneß ein Erfolg? Wenn ich so an Adolfo Valencia zurückdenke, würde ich da sagen „nein“. Aber der mittelfristige Erfolg war halt immer da. Und das erhielt Uli H. immer seinen Job. Bis irgendwann Bayern alles mit Geld zuscheissen konnte und unschlagbar wurde.

Wenn ich richtig zähle, dann listet der FC Bayern für die 40 Jahre (ich zähle mal 1979 bis 2019), die Uli H.  mehr oder minder das Sagen bei Bayern hatte, 26 Trainerperioden auf. Einige Trainer wurden mehrfach beschäftigt (Beckenbauer, Hitzfeld, Heynckes), aber gerade mal 7 Trainer haben es überhaupt geschafft, länger als zwei Jahre am Stück beschäftigt zu werden. Heynckes hat dieses Kunststück zweimal geschafft. Uli H. wird vieles (und vieles zu Recht) vorgeworfen, aber „du hast ja nie einen Trainer langfristig entwickelt, warum sind wir nicht wie Freiburg?“ habe ich als Vorwurf noch nie gehört. Nein, der FCSP soll nicht wie Bayern sein und Uli H. ist ein durch und durch unsympathischer Typ, aber „Kontinuität“ ist eben kein Selbstzweck und der Manager meistens nicht das erste Opfer. Wir als FCSP haben in den gleichen 40 Jahren nebenbei auch 7 Trainer mehr als zwei Jahre am Stück beschäftigt. Wir haben also auf dieser Position beinah so viel Kontinuität wie Bayern. Dafür haben wir in 40 Jahren eben nicht nur einen Manager/Sportdirektor/Leiter Sport beschäftigt, sondern alleine seit 2010 fünf. Darunter auch mit Azzouzi und Stöver Menschen, die an anderer Stelle ganz ordentlichen und auch mittelfristigen Erfolg haben/hatten.

Wir müssen uns als Verein also fragen, woran es liegt, dass wir auch auf dieser mittelfristig ausgelegten Position eigentlich ständige Wechsel haben. „Alles Versager“ kann da nicht die Antwort sein, denn wie eben erwähnt: Die haben anderswo Erfolg.

Was mich extrem stört ist, dass nun davon gesprochen wird, dass das ganze Jahr 2022 schlecht war und man das bei der Bewertung von Schulles Arbeit beachten müsse. Das ist rein objektiv natürlich nicht falsch und so richtig geil (vorsichtig ausgedrückt) war die Rückrunde nun wirklich nicht, aber ich erinnere noch die sehr rosa-roten Ausgangsinterviews auf der Homepage. Man managed mit solchen Aussagen auch die Erwartungen der Fans und Mitglieder. Und das fällt einem nun auf die Füße. Da ich gerade Jahresrückblicke lese, werde ich noch mal an die ganzen Drecksspiele im Frühjahr 2022 erinnert. Und das war zu einem Zeitpunkt, zu dem von „Unruhe durch unklare Verträge“ oder „Kader zu schlecht, weil Abgänge“ noch nicht die Rede war oder sein durfte. Unser Einbruch begann in Kiel und nicht erst im April in Rostock. Ich weiß natürlich nicht, was intern besprochen wurde, und mir ist auch klar, dass man öffentlich immer vorsichtig sein muss mit „Trainer anzählen“, aber die oben verlinkten Artikel sind mir viel zu doll „wir sind stark“. Wir sind es eben mittelfristig nicht oder in unserer Stärke sehr labil. Und das ist eben Aufgabe eines Sportchefs. Klar, Borni ist zu kurz da, um das wirklich vollständig zu verantworten, aber die Uhr tickt.

Ich habe aber auch schon wieder das „man kann ein Lager schließen, aber nicht so“ im Ohr, denn dies gilt auch für die Trainerentlassung. Selbst wenn sie vielleicht sachlich richtig sein mag: Dieser Vortrag kommt zu spät und die Entlassung hat zu lange gedauert. Noch eine Pressekonferenz mit Trainer zu machen und ihn zu Neuverpflichtungen zu zitieren, die dann nie mit ihm trainieren, ist schlechter Stil, sorry. Und das rettet auch „wir wollten erstmal sehen, was Schulle so als Konzept anbietet“ nicht.

Im Detail: Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass man so etwas unklares wie „geschätzter Marktwert“ als Maßstab nimmt. Soweit ich das verfolge sind dies wirklich die Werte, die Transfermarkt veröffentlicht. Und die finde ich immer wieder gewürfelt.

Auch den Vortrag zu Daten habe ich eher mit zweifelnden Blick gehört. xG scheint als Modell immer noch seine Tücken zu haben, denn man kann diese Statistik über einen sehr langen Zeitraum doch gut underperformen. Und dann hat man kurzfristig (im Sinne von „in einer Saison“) ein Problem. Ich weiß nicht, ob Bornis Beispiel so wirklich richtig ist. Denn der xG-Wert gerade bei Flanken und Kopfbällen ist in den Modellen geringer als z.B. für Steilpässe, wenn ich das richtig lese. Und Standards sind häufig Flanken und nachfolgend Kopfbälle. Steilpässe? Haben wir definitiv genug zugelassen in diesem Jahr. Ich erwarte eigentlich von meinem Verein, dass er hierfür intern Menschen hat, die Datenanalyse und ihre Nutzung für sportlichen Erfolg auf höchstem Niveau betreiben. Moneyball für die 2. Liga sozusagen.

Ich habe aber auch andere Fragen. Wie z.B. können Menschen argumentieren, dass der Kader so schwach besetzt sei, aber man den besten Fußball seit Jahren gespielt habe. Es sind doch die angeblich schwachen Spieler, die den tollen Fußball zelebriert haben? Mich stört da auch das „es fehlt nur ein Stürmer“-Argument. Wenn ich mir so die Torschützenliste so ansehe, dann hat bereits der 4. der Torschützenliste gerade einmal 3 Tore mehr als Eggestein. Und wenn man Bornis Philosophie „wir wollen selber Substanz entwickeln“ mal als sinnvoll erachtet, dann muss man sich natürlich fragen, ob man mit Eggestein (24 Jahre alt), Igor Matanovic (19 Jahre), Etienne Amenyido (24 Jahre) und David Otto (24 Jahre) nicht genau den Spielertyp im Kader hat, der zu dieser Philosophie passt. Auch gerade weil ich bei allen das „hat Talent, hat es bisher nur noch nicht umgesetzt“-Argument machen kann. Klar, das sind alles keine Burgstallers, aber rein aus der Philosophie kann ich irgendwo sachlich nachvollziehen, warum man mit dieser offensiven Besetzung in die Saison gehen will. Und es ist ja auch nicht so, dass Kofi ein gemachter Spieler war, als wir ihn holten; er war vorher abgestiegen mit seiner Truppe. Trotzdem muss man bei der Kaderzusammenstellung immer bedenken, dass so etwas nicht alleine von einem Sportchef in einem dunklen Zimmer entschieden wird, sondern ihm da Menschen zuarbeiten. Und in diesem Bereich hatten wir in letzter Zeit erhebliche Wechsel. So war Carsten Rothenbach da garantiert ein wichtiger Baustein und hat nun seine Aufgabe eher im NLZ-Bereich. Auch im Scoutingbereich gab es erhebliche Änderungen.

Wir müssen uns in der Trainerfrage aber auch anders an die Nase fassen. Wir haben nun wieder einen jungen Trainer. Kurzfristig habe ich da gute Hoffnung, dass der mit seiner brennenden Art die ein zwei Punkte mehr rauskitzeln kann, die uns (hoffentlich) die Klasse halten, aber spätestens nächsten September (oder erst im Februar 2024, wenn wir mal wieder ein Kalenderjahr gut spielen?) stehen wir wieder vor der Frage, ob wir Fabi weiterentwickeln können und wir als Verein einen Trainer mal über die zwei Jahre hinaus halten können und mit ihm Ziele erreichen können.

Exkurs Ende

Gefühlt war nach Bornis Rede die Luft raus und sehr viele weitere Nachfragen gab es zu dem Thema nicht. Vor Bornis Rede hatte Roger auch noch mal die Sicht des alten Aufsichtsrates zum besten gegeben. Leider hab ich das nicht mitgeschrieben, da ich abgelenkt war, falls euch das fehlt.

Bericht des Amateurvorstandes

Jörn Sturm berichtete für den Amateurvorstand.

Er fände das nun nicht ganz leicht, mit dem Bericht über die anderen 30 Sportarten zu beginnen. (Ich zähle zur Zeit 23 verschiedene Amateurabteilungen beim FCSP. Davon beschäftigen sich drei mit Fußball (Frauen und Mädchen, Herren und Schiedsrichter), einige Abteilungen betreiben mehrere Sportarten, so dass 30 wahrscheinlich hinkommt.)

Er habe daher überlegt, es lockerer zu gestalten und sich Anleihen aus einem Sport zu bedienen, der beim FCSP nicht existiere und auch nie existieren wird, wenn es nach ihm ginge: Dem Pferdesport. Man solle ihn auf seinem Ritt begleiten.

(Challenge accepted, wer gründet die FCSP-Dressurabteilung? Es sind dann nur braune und weiße Pferde erlaubt, nix anderes. Irgendwie habe ich dann leider die ganzen Pferdesportanleihen nicht mitgeschrieben.)

Das Jahr sei durch externe Faktoren beeinflusst gewesen. Russland hat die Ukraine überfallen und mehrere Abteilungen haben daraufhin humanitäre Hilfe geleistet, um Leid zu lindern. Über 80 Menschen Menschen habe man aus der Ukraine nach Hamburg gebracht und betreue sie bis heute. Man habe auch Hilfsgüter in die Ukraine gebracht. Er danke allen Beteiligten. (Warum ein aktives Vereinsleben, welches über den Fußball hinausgeht, wichtig ist? Deswegen! Auch von mir ein Dank an alle, die da geholfen haben!)

Das letzte Jahr habe auch viele sportliche Erfolge gebracht. Sportler*innen in braun-weiss seien Welt-, Europa-, Deutsche oder Hamburger Meister*innen geworden oder haben persönliche Bestzeiten errungen oder sie hätten auf anderer Weise den braun-weißen Farben zu Glanz verholfen. Der Ehrenrat scharre schon mit den Hufen. Er danke in diesem Zusammenhang auch allen ehrenamtlich Tätigen im Verein.

Nicht alle Ehrungen würden hier auf der MV stattfinden, einige würden auch bei Abteilungsversammlungen geehrt. Trotzdem werde immer wieder gefragt, ob die Ehrungen denn hier auf die MV gehörten und diese Frage beantworte er mit einem ausdrücklichen „Ja!“ Zwar müsse man auf der MV auch über die Lage des Vereines reden und Gremien wählen, aber man sollte auch den Menschen Respekt zollen, die für den Verein aktiv sind. (Ja! Ja! Und noch mal ja! 100 % Zustimmung.)

Es sei erfreulich, dass man auch dieses Jahr neue Mitglieder gewonnen habe und mit der Freizeitsportabteilung auch eine weitere Abteilung habe gründen können. Man könne so noch mehr Menschen ein Angebot machen, ihren Sport im FCSP auszuüben und so die Werte des FCSP in ihre Zusammenhänge zu tragen. Dass dies wichtig sei, hätten die letzten Monate wieder deutlich gezeigt. Konservative Kräfte würden die Universalität der Menschenrechte anzweifeln und es alles zu einer Frage der Moral machen, dem sei aber nicht so. Menschenrechte seien universell und unverhandelbar. Dafür einzutreten sei unsere Aufgabe und er danke allen, die sich dafür einsetzen würden.

Sein Stellvertreter Carsten Balschat habe im Verein Ausgrenzungen und Anfeindungen wegen seines Berufes als Polizist erlebt. Es gebe Menschen im Verein, die ihm die eben angesprochenen Rechte wegen seines Berufes absprechen würden, anstatt den Mensch zu sehen. Auch er habe Polizeigewalt gesehen und sei betroffen gewesen, aber dies sei nicht hinnehmbar. Auch die Mitgliedschaft in der DPolG werde ihm vorgeworfen. Deren Vorsitzender würde unverantwortliche Thesen in die Welt hinaus posaunen, aber der FCSP sei auch Mitglied in einem Verband, der Gianni Infantino ertrage. Carsten sitze aber als Mensch und nicht als Polizeibeamter im Amateurvorstand und er danke ihm und seinem restlichen Vorstand für die Zusammenarbeit.

(Uff. Ich kenne Carsten persönlich aus der Triathlonabteilung und kenne ihn da auch als engagierten Menschen für die Interessen unserer Amateurabteilungen und als freundlichen und aufgeschlossenen Gesprächspartner. Sein Beruf und noch mehr seine Gewerkschaft wird aber immer seine offene Flanke sein, denn zu der Beurteilung eines Menschen gehört eben auch, was er beruflich macht und in welchen Verbänden er sich so rumtreibt. Jörns Analogie hinkt einfach auch, da der FCSP in der Fifa Mitglied sein muss, um Fußball zu spielen, aber niemand muss Bul-, äh, in der DPolG Mitglied sein. Die nebenbei ja auch in Hamburg mit Herrn Lenders lange einen sehr fragwürdigen Law and Order-Typen an ihrer Spitze hat. Dass die Brötchen der DPolG so viel besser schmecken als die anderer Polizeigewerkschaften, so dass man immer weghört, was der Vorsitzende so sagt, kann mir auch niemand glaubhaft erzählen. Anfeinden? Nein! Fragen haben? Definitiv ja! Was aber auch klar ist: Wer im Amateurvorstand vertreten ist, ist von den Amateurabteilungen in deren Delegiertenversammlung zu wählen und da wird man das diskutieren müssen bzw. diskutiert haben.)

Nachdem er nun das Pulvermanns-Grab (dessen Namensgeber von den Nazis umgebracht wurde. Ha, doch eine Anleihe mitgeschrieben!) seiner Rede überwunden hätte, wolle er über die Aufgaben berichten. Man sei dafür da, eine Infrastruktur für die sporttreibenden Abteilungen zu schaffen. Dabei sei schon vieles erreicht und ein großer Hemmschuh würde in den nächsten Wochen fallen, da man zur Zeit eine Mitgliederverwaltungssoftware habe, die nur noch mit vielen Workarounds funktioniere. Diese werde nun durch ein Tool ersetzt, welches geeignet sei, einen Großverein wie den FCSP zu organisieren. Er sei dem Präsidium dankbar, dass es die Notwendigkeit für eine neue Software erkannt habe und nannte diese Zusammenarbeit als ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Präsidium und Amateurvorstand. (In der Vergangenheit und bei vergangenen Präsidien waren da schon ganz andere Töne zu hören, es ist schön, dass das reibungslos läuft.)

Er wolle auch Heike Becker danken, die seit vielen Jahren die Mitgliederverwaltung mache und mit den nervigen Tücken leben müsse.

Man werde im 1. Quartal die Funktionsträger*innen schulen und dann im 2. Quartal die Mitglieder informieren. Das sei alles keine Raumfahrt, aber ein sehr wichtiger Schritt.

Ansonsten beschäftige man sich gerade in einer Arbeitsgruppe mit der Finanzstruktur im Amateurbereich, um damit die Solidarität unter den Abteilungen neu aufzustellen und so das beste für Breiten- und Leistungssport zu ermöglichen. (Das klingt nach richtig Spaß. Nicht.)

Man sage als FCSP, man sei die Guten, und dies stimme eigentlich auch. Aber  dies reiche nicht, man müsse besser werden. Man müsse Lösungen finden, um besser zu werden. Und das gemeinsam. Man dürfe sich nicht auseinander dividieren lassen.

Fragen gab es nicht.

Bericht der AFM

Gab es nicht, wäre sowieso nicht dokumentiert worden, durch Nichthaltung wurde einfach nur die übliche Pause geklaut. Ne, Spaß beiseite…

Verständlich, bei dieser vollgepackten MV darauf zu verzichten. Liebe AFM-Mitglieder: Auf eurer Abteilungsversammlung waren nicht wirklich viele Menschen, um genau zu sein: 61. Ihr seid weit über 15.000 Mitglieder. Bewegt euren Popo zukünftig da hin und beteiligt euch an eurem Abteilungsleben.

Bericht des Ehrenrates / Und das Beste kommt zum Schluss

Manfred Heinzinger begann seine Rede mit einem Gedenken an Günther Merckel, der seit 1948 Mitglied und seit 2005 im Ehrenrat tätig gewesen sei. Es gäbe derzeit nur drei lebende Mitglieder, die länger als Günthers 73 Jahre Mitglied in diesem Verein sind. Man erlebe in einer so langen Zeit viele Epochen mit und Günther sei ein wandelndes Buch über Personen und die Geschichte des FCSP gewesen. Dieses Wissen sei nun verloren. Er sei in vielen Funktionen in der Fußballjugend tätig gewesen, habe noch als Supersenior gegen den Ball getreten und sei ein ruhiger und sachlicher Kollege mit Schalk im Nacken gewesen. Man werde ihn vermissen.

Winfried von Rutkowski werde aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr antreten und er möchte sich auch bei ihm für die Arbeit bedanken. Er habe als Junge beim FCSP gegen den Ball getreten und sei dann nach einem abwechslungsreichen Berufsleben als Rentner wieder in den Verein eingetreten. Er habe außerhalb des Vereines viel Werbung für die Altliga gemacht und bei der AFM Ü-50 mitgemischt. Für sein Engagement habe er 2011 die silberne Leistungsnadel erhalten. Normalerweise ehre man ausscheidende Gremiumsmitglieder immer erst ein Jahr nach ihrem Ausscheiden, aber wegen des schlechten Gesundheitszustandes möchte man Winnie für sein Wirken im Ehrenrat schon jetzt die goldene Leistungsnadel verleihen. (Das klingt wirklich nach sehr schlechter Gesundheit. Alles Gute, Winnie!)

Man wähle den Ehrenrat dieses Jahr neu. Heiko sei 15 Jahre dabei, Suzan 5 Jahre. Man sei gespannt, wie die Wahl ausginge. Man sei in letzter Zeit nur noch zu dritt gewesen, was die Arbeit nicht immer einfach gemacht habe. Man sei als Ehrenrat an der AG Diversität und der AG Gedenkort eingebunden (letztere versucht eine Lösung für die Gedenksteine zu finden, die zur Zeit auf dem Südkurvenvorplatz in der hintersten Ecke stehen, unkommentiert und nicht zueinander passend, und so nicht wirklich perfekt sind. Ganz vereinfacht dargestellt.)

Es habe einige Konflikte zu lösen gegeben. So sei in einem Fall eine Störung des Abteilungsfrieden sanktioniert worden, aber man hoffe, durch Gespräche das Ziel erreicht zu haben, dass das Abteilungsleben wiederhergestellt sei.

Man habe ein Jugendschutzkonzept den Abteilungen zur Verfügung gestellt. (Wichtig!)

Man habe auch die Verletzung der Leitlinien verfolgt und insbesondere Hatespeech im Internet. Ein Mitglied habe 100 km zu einem Gespräch anreisen müssen, habe seine Motivation persönlich darlegen müssen und sei auf die zukünftige Einhaltung der Werte hingewiesen. (Das ist gut. Und war ja auch angekündigt.)

Suzan habe auf der AGiM-Veranstaltung über den Alltag des Ehrenrates informiert. Er freue sich, dass es so viele Bewerber*innen gäbe; so viele wie noch nie. In den 30 Jahren, in denen er dabei sei, hätten insgesamt nur 12 verschiedene Menschen diese Ämter inne gehabt, davon zwei Frauen. Eine Verjüngung werde allemal eintreten.

Zuguterletzt wolle er auf die Anzahl der Glückwunschkarten eingehen, nicht dass dies vermisst werde. 3700 habe man dieses Jahr verschickt. (Ich bekomme immer wieder mit, wie sich Menschen über Glückwünsche zu Geburtstagen oder Ehrennadeln in der Post freuen. Diese Arbeit ist nicht zu unterschätzen und macht einen Verein absolut mit aus. Das ist eben dieses „mehr als 90 Minuten“.)

Die Entlastung / Warum eigentlich das ganze Gewese?

Entlastung des Präsidiums: Es wurde im Block abgestimmt und am Ende stimmten 19 Menschen gegen die Entlastung und es gab einige wenige Enthaltungen.

Entlastung des Amateurvorstandes: Wurde bei einer Gegenstimme und einigen Enthaltungen entlastet.

Pause / Es gingen ordentlich Leute

Danach war erstmal Pause und es gingen ordentlich Leute. Um 15:00 Uhr waren noch 1231 Mitglieder als anwesend  verkündet worden, von denen 1211 stimmberechtigt waren. Zur Wahl des Aufsichtsrates wurden dann nur noch 895 Stimmzettel abgegeben. Und es gab während der Vorstellung kein langsames Abbröckeln im Saal, es war einfach nach der Pause deutlich leerer im Saal.

Exkurs / Opposition?

Das Postfaktorische ist beim FCSP angekommen. Tatsachen werden ausgeblendet, die nicht in das vertretene Narrativ passen. So wie es gesellschaftlich immer mehr en vogue ist. Es zählt nicht mehr, was auf dem Papier steht, es zählt nicht mehr, was Menschen sagen, sondern nur noch, was man dazu denkt oder fühlt. Es geht sogar so weit, dass man Bornemann oder Göttlich nicht abnimmt, dass diesen die Trainerentlassung nicht leicht gefallen sei. Demokratische Prozesse werden als „Sieg des Establishments“ abgetan. Und dies bereits zu einem Zeitpunkt in die Welt geblasen, als noch keine einzige Wahl stattgefunden hat.

Menschen verlassen reihenweise die MV, bevor sie in einem demokratischen Prozess ihrer Meinung eine Basis geben könnten. Anstatt dies zu versuchen und eben die Mechanismen eines demokratischen Mitmachvereins zu nutzen, wird im Internet „ich bin gegangen, es war mir zu dumm“ geschrieben und „die MV“ für „zu blöd“ erklärt. 

So kann man wunderbar davon ablenken, dass man einfach keine guten Argumente mehr hatte und auch kein Konzept, wie man denn die eigene Aufregung in etwas Konstruktives umsetzen will. Alles nur, um in der persönlichen Aufregungsbubble das Gesicht nicht zu verlieren und am besten nicht-konstruktive Opposition zu machen. Im Internet faktenfrei zu pöbeln ist soviel einfacher. 

Da übernehmen irgendwelche ominösen Kräfte („die AFM-Fraktion“ oder eben „die Oke-Jünger“) angeblich die Macht im Verein und halten alle Zügel in der Hand. Doch wenn Leute konkret nachfragen kommt meist nur ein „das kann ich öffentlich nicht sagen“ oder „weiß ich doch nicht genau“. Aber viel Meinung. Nur mal so: In der angeblichen „AFM-Fraktion“, „Establishment“ und „Oke Jünger-Fraktion“, zu der wir als Blog ja auch gerne gezählt werden, rede ich mit diversen Menschen aus diversen Gründen schon seit Jahren kein einziges Wort mehr. Was soll ich mit diesen denn da zur großen Weltverschwörung Bereiten reden? Von wem übernimmt denn überhaupt die „AFM-Fraktion“ die Macht? Von Stani? Oder von den „langjährigen St. Paulianer*innen“, die immer erwähnt werden. Wer ist das? Und warum werden ganz viele der „AFM-Fraktion“ für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt? Oder ist das noch nicht langjährig. 

Es tut mir leid, aber diese ganzen Muster erinnern stark an Rechte im Internet: Wenn das Video des Angriffs auf einen Krankenwagen nachweislich nicht aus Berlin kommt, dann lässt man die Aussage trotzdem stehen und behauptet, noch anderes Material zu haben, das man nicht veröffentlichen dürfe. Was passiert, ist eine Beschäftigung mit den vermeintlichen Argumenten derjenigen, die eigentlich gar keine (guten) haben. Und zack! hat man eine Diskursverschiebung.

Das Positive: die MV hat dies während der Diskussion nicht zugelassen. Es kam zu keiner Diskursverschiebung und wir haben nicht darüber diskutiert, wo der Krankenwagen nun brannte. Es wurden Argumente ausgetauscht, Fakten auf den Tisch gelegt und diskutiert. Kontrovers, aber eben auf Fakten basierend. Den wenigen Ausfällen in Richtung „AFM-Klüngel“ wurde gut begegnet oder diese einfach ignoriert. Die MV hat stabil gezeigt, was es heißt, eine Diskursverschiebung nicht zuzulassen, und wenn ich ehrlich bin dachte ich nicht zu jedem Zeitpunkt, dass das klappt. Aber das stimmt am Ende doch sehr positiv für die Zukunft. Und wenn nun eine Anzahl Menschen aus der postfaktorischen Fraktion (!) sagen dass das nun nicht mehr ihr Verein sei: Gut so! Fortschritt bedeutet eben auch, sich von alten Lastern frei zu machen, und wenn diese freiwillig gehen: um so besser.

Exkurs Ende

Die Wahl des Aufsichtsrates / Stellt doch mal vor, was ihr euch so vorstellt.

Um 15:37 Uhr ging es weiter mit der Vorstellung der Kandidat*innen zum Aufsichtsrat. Kristian erklärte noch mal das Wahlverfahren (schenke ich mir an dieser Stelle) und dann ging es in alphabetischer Reihenfolge los. (Lustig dabei: Alle Kandidat*innen, die sich schon auf der Veranstaltung der AGiM vorgestellt hatten, änderten ihre Rede doch deutlich ab.) Man habe sich auf drei Minuten Redezeit für alle geeinigt. (Dies wurde von allen Kandidat*innen eingehalten. Das bin ich gar nicht gewöhnt. Eigentlich gibt es immer einen, der sich null um diese Vorgabe kümmert. Vielleicht zeigt das auch, dass die Kandidat*innen für unseren Aufsichtsrat einfach auch besser werden. Bei allen Kandidat*innen habe ich Abschlussfloskeln der Marke „würde mich freuen, wenn ihr mich wählt“ weggelassen. Ebenso reine biografische Angaben und Abteilungszugehörigkeiten, außer man benötigt diese für den weiteren Kontext.)

Christian Anger begann. „Moin“ Er sei nun 58 Jahre alt und habe sich gefragt, welche Herausforderung er noch annehmen könne. Er wolle sich gerne engagieren und habe Menschenkenntnis und Empathie. Ein ehemaliger Funktionär habe ihm auch gesagt, dass der Aufsichtsrat genau das Richtige für ihn sei. Er sei 7 Jahre Betriebsrat bei Audi (bzw. einer Audi-Tochter? Das habe ich nicht so richtig mitgeschrieben) gewesen. Das sei mit einem Aufsichtsrat schon vergleichbar, man würde zum Wirtschaftsprofi, lerne Verschwiegenheit und diskutiere über viele Dinge. Man stehe als FCSP vor großen Herausforderungen. Die Energiekrise wird ein Thema sein, auch eine Stadionsanierung wird irgendwann kommen. Bei 35.000 Mitgliedern in 23 Amateurabteilungen sei auch das Thema Sportstätten ein sehr wichtiges. Der Profifußball müsse sich unter den Top 25 in Deutschland halten. Dies seien wichtigen Aufgaben.

Der Verein müsse kritisch Stellung beziehen, sei es bei dem Thema Polizei, sei es bei der WM. Man müsse sich sozial engagieren. Er sei das erste Mal 1981 bei St. Pauli bei einem Spiel bei Holstein Kiel gewesen, das verloren gegangen wäre und die Fans hätten nicht gepfiffen, das hätte ihn beeindruckt. Er sei am 01.07.2003 in den Verein eingetreten, um nach dem Abstieg ein Zeichen zu setzen. Und habe dann am 14.10.2022, also am Tag des Derbysieges, seine Bewerbung für den Aufsichtsrat abgegeben. Er habe die Rede von Borni gut gefunden und mit Populismus wolle er keine Stimmen gewinnen, aber er fände die Trainerentlassung trotzdem schade.

(Ich fand die Rede ganz okay. In früheren Jahren wäre so ein Mensch schon einer der stärkeren Kandidat*innen gegeben. Diese „Selbstverwirklichung nach Midlifecrises“-Einleitung hätte ich nicht gemacht, das lässt die Glaubwürdigkeit sinken und danach wirkt die Aufzählung aller offensichtlichen Probleme des Vereines sehr hohl. Was in diesem Verein – zu Recht – auch schwierig ist: Ich habe mich noch nirgendwo engagiert, aber nun will ich gleich Aufsichtsrat. Ach ja, ich konnte nicht anders, ich hab nachgeguckt: St. Pauli hat damals in Kiel 0-1 verloren. Kiel war nebenbei Absteiger und am Ende Tabellensiebter, der FCSP als Meister des Vorjahres mit einer verkackten Aufstiegsrunde Tabellensechster.)

Fragen gab es nicht.

Es folgte René Born. Er sei Diplomverwaltungsfachwirt in der Kulturbehörde und da für die Förderung von Privattheatern zuständig. Er habe also ein praxiserprobtes juristisches Verständnis und kenne sich mit Bilanzen und Jahresabschlüssen von Veranstaltungsbetrieben aus. Er wisse, welche Sprache bei der Vergabe von Landesmitteln gesprochen werde. Er habe in vielen Gremien Erfahrung sammeln können, seit 2007 in der AGiM, dann 12 Jahre in der AFM-Abteilungsleitung. Er habe in der Satzungskommission, der AG Neuer Fußball und der AG Inklusion mitgewirkt. Er habe dadurch fundierte Kenntnisse über den Verein und seine inneren Strukturen sowie Kenntnisse in der Umsetzung von Projekten. Er wolle bestmöglichen Erfolg für den Sport. Dafür müsse man Infrastrukturprojekte vorantreiben. NLZ und auch die Amateure bräuchten Infrastruktur. Man müsse sich als Arbeitgeber immer analysieren und hinterfragen. Der AR sei ein Kontrollorgan und es müsse sich immer was bewegen, inhaltlich und finanziell. Streitbar sein, wenn es den Verein nach vorne bringt. Dafür stehe er. Er wolle Günther Peine zitieren, der in einem Gedicht mal geschrieben habe, dass der Verein auch noch in 100 Jahren Menschen begeistern soll.

(Der Vergleich Theater und FCSP und beide als „Veranstaltungsbetriebe“ ist auf mehreren Ebenen sehr passend. Nach der Veranstaltung sprach ein Mensch davon, dass es schon beeindruckend sei, was für eine FCSP-Karriere Menschen hinter sich hätten, bevor sie sich hier bewerben. René ist einer davon. Und dieses „bekannt und bewährt“ ist anscheinend auch ein Mittel, gewählt zu werden. Ansonsten hat René bei seinen Reden für mich immer so etwas Überzeugendes. Der würde mich auch mit Telefonbuch vorlesen überzeugen :D)

Fragen gab es nicht.

Damit waren wir dann bei Kathrin Deumeland. Sie sei vor 22 Jahren nach Hamburg gekommen, sei dann vor 21 Jahren das erste Mal am Millerntor gewesen, ein 0-0 gegen Hertha. Sie stehe in der GG und sei seit 2009 in der AFM. Sie habe bis vor kurzem der AFM bei der Buchführung geholfen und sei Stadionguide. Im beruflichen Leben sei sie in der Wissenschaftsbehörde tätig, als Referentin für Gleichstellung in der Wissenschaft. Dies sein ein herausforderndes Tätigkeitsfeld und sie wisse daher, wie man dicke Bretter bohre.

Sie habe zu allem eine Meinung und wolle und kann mehr, als am Frühstückstisch oder mit Freunden zu diskutieren. Sie wolle mitgestalten. Sie sei auch in ehrenamtlicher Arbeit jahrelang erfahren. So sei sie in einer solidarischen Repressionshilfeorganisation tätig gewesen und im Vorstand der Rosa Luxemburg Stiftung. Sie wisse, dass ehrenamtliche Arbeit Zeit benötige und der Wind auch mal von vorne wehen könne. Sie habe eine Leidenschaft für Zahlen, lese die Bilanz und die GuV und freue sich jedes Jahr darauf.

Sie wolle Gender und Diversität beim FCSP fördern. Aufgrund ihrer Arbeit in einer Behörde wisse sie, wie Politik gehe und verstehe Verwaltungssprech. Sie wünsche sich eine konstruktive Zusammenarbeit; es ginge immer um den Verein. Sie habe im Sommer die Veranstaltung mit Lilian Thuram zum Thema Rassismus moderiert und ihm Stadion und Museum gezeigt. Man könne stolz auf unseren Verein sein, die „kleine Oase im Profifußball“. Man dürfe sich aber nicht drauf ausruhen, sondern müsse sich weiterentwickeln. Sie wolle ihre Erfahrung und ihr Wissen dafür einbringen.

(Das ist schon die perfekte Biografie für eine Kandidatur. Man will beinah fragen: „Warum nicht schon vor vier Jahren?“[Transparenz: wir haben hier einen Passus entfernt] Was mir auffällt: Niemand erwähnte Fremdsprachenkenntnisse in ihrer/seiner Bewerbung, obwohl ich von einigen Kanidat*innen weiß, dass sie mehr als brüchiges Schulenglisch können.)

Es folgte Sönke Goldbeck. Er sei seit 8 Jahren im Aufsichtsrat für Finanzen und Infrastruktur zuständig, es seien bewegte Jahre mit großen Herausforderungen gewesen. Das sei nicht das erste Mal in seiner Zeit, dass es schwierig sei. Er erinnere 2014, als man mit Ewald erst am letzten Spieltag den Klassenerhalt klar gemacht habe und sich im Sonderzug habe entspannen können. Die Planung für die 3. Liga sei damals als Schnipsel aus dem Sonderzug geflogen.

Anspruch und Druck seien immer da. Man ist nicht nur für die Profis verantwortlich, sondern für Mitarbeiter*innen, Mitglieder etc. St. Pauli sei mehr als 90 Minuten. Er dachte 2014, dass er auf die Herausforderung Aufsichtsrat gut vorbereitet gewesen sei. Er habe schon im Studium seine erste Firma gegründet, sei seit 20 Jahre Fan gewesen, in der AG Stadionbau habe er sich engagiert, bei den Protesten gegen die Stadionwache und bei der Museumsgründung. Er habe heute großen Respekt vor dieser Arbeit und er wisse, welche Anstrengungen sie mit sich bringe. Er habe seit einiger Zeit eine bezahlte Tätigkeit beim Museum, dies habe bisher nie zu einem Interessenkonflikt geführt. Es habe aber geholfen, Entscheidungen zu treffen. Er kenne den Verein sehr gut. Man stehe vor Herausforderungen, wolle ein mitgliedergeführter Verein bleiben, und müsse schneller werden, um seine Entscheidungsfreiheit zu erhalten. Nachhaltigkeit und NLZ seien schwierige Themen, auch finanziell große Herausforderungen; Inflation, Neubau Kollaustraße nannte er. Er habe nachgewiesen, dass er zum Wohle des Vereines auf hohem zeitlichen Niveau engagieren könne und wollte eine Kontinuität im AR bringen.

(Ich hatte in dem Vorbereitungsartikel eigentlich schon alles zu Sönke gesagt. Was für ihn spricht ist die Erfahrung, die intime Kenntnis des Vereines und die Bereitschaft, diese einzubringen. Das Museum und seine Beschäftigung da bilden ein Fragezeichen. Ich finde das nicht problematisch, aber die Frage, wo der Unterschied zu Nöcker ist, ist natürlich berechtigt. Um das wirklich auflösen zu können, müsste man wahrscheinlich detaillierter in die Fragen gehen, wie der Museumsverein vom Hauptverein Gelder bekommt etc. Ich gehe davon aus, dass dies vom Wahlausschuss eingängig geprüft wurde und man dieses Konstrukt sofort als „genügend Abstand“ deklariert hat, anders als bei Nöcker.)

Dann kam Anna-Maria Hass. (Merkte an, dass der Weg zum Podium immer der längste sei, wie wahr.)

Sie sei in der AG Diversität und der Steuerungsgruppe Nachhaltigkeit im Verein tätig gewesen. Darüber hinaus sei sie auch bei Zukunft Profifußball engagiert gewesen und deswegen auch als Vertreterin in der Task Force bei der DFL gewesen. Sie habe da an den Themen Politik, wirtschaftliche Zukunft des Profifußball und Fanfußball gearbeitet.

Beim FCSP sei Vereinsstruktur ein großes Thema auf dieser MV gewesen. Man habe gute Schritte gemacht, müsse aber weitere Schritte machen, um Partizipation zu stärken und mehr laufenden Austausch zu machen.

Man spiele in einem „kranken System Profifußball“. Man müsse da immer überlegen, wo man mitspiele und wo man die Grenzen setze. Man müsse auch immer sehen, wo man die finanziellen Mittel herbekomme. Für die Balance sei auch der AR zuständig. Man müsse die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Vereines überwachen; sie sei dafür qualifiziert. Beruflich sei sie als leitende Angestellte in einem Hamburger Unternehmen tätig, in ihrer Tätigkeit beschäftigen sie Tarifverträge und Mitarbeiter*innengespräche täglich. Durch ihr früheres Engagement bei einem gemeinnützigen Verein in einer ähnlichen Funktion wie unserem Aufsichtsrat sei ihr die Aufgabe gut vertraut. Man dürfe beim FCSP auch die 15.000 Sporttreibenden nicht aus dem Auge verlieren, mehr Sportsstätten seien notwendig. Es stehe eine große Aufgabe an und der FCSP sei ihr Herzensverein. Besserer Fußball und besseres Leben seien notwendig, dafür müsse man kämpfen.

(Ich bin bei Anna-Maria definitiv befangen. Ich fand die Rede gut. Auch sie ist so eine Kandidatin, die schon eine umfangreiche Erfahrung in aller möglichen Gremienarbeit vorweisen kann. Wir können uns glücklich schätzen, solche Menschen in unserem Kandidat*innenpool mehrfach zu haben.)

Fragen gab es erneut keine.

Nun kam Georg Magaretha. Er sei Rechtsanwalt und im IT-, Vertrags- und Wirtschaftsrecht unterwegs seit 20 Jahren. Er sei dadurch im Alltag mit komplexen Sachverhalten konfrontiert und habe gelernt, juristische und pragmatische Lösungen zu finden. Er sei seit seiner Jugend aktiver Fan und seit 1995 Mitglied. Er sei im Team des AFM-Radios tätig und habe einige Veranstaltungen des Vereines moderiert, z.B. die mit Rettig zu 50+1. Weiterhin sei er im Viertel ehrenamtlich tätig u.a. bei Cafeé mit Herz und beim Kältebus. Der Verein stehe vor großen Herausforderungen, Inflation, Erweiterung des Sportstättenangebotes etc. Er wolle pragmatisch und seinem juristischen Know How helfen, den Verein stabil in die Zukunft zu begleiten.

(Am Ende fehlten Georg 20 Stimmen zum Einzug in den AR. Man kann sich natürlich fragen, ob so eine Rede am Ende so viel ändert. Ich kann mir vorstellen, dass bei ihm das relativ geringe Engagement IM Verein ggfs. den Ausschlag gegeben hat. Oder es war einfach „Pech“. Es wird bei einer solchen Kandidat*innenlage in Zukunft wahrscheinlich schwierig Expert*innen im Bereich Jura oder Finanzen „einfach so“ in den AR  zu wählen. Da hat der gleich kommende Philippe einfach eine bessere Zeit für seinen Einstieg in den AR gewählt.)

Keine Nachfragen.

Kommen wir zu Dr. Philippe Niebuhr. Er sei Betriebswirt und selbstständiger Vermögensverwalter. Seit 2018 sei er im Aufsichtsrat für das Thema Finanzen zuständig. Der FCSP sei seine Leidenschaft. Es seien vier schwierige Jahre gewesen und man habe jeden Stein umdrehen müssen, um den FCSP über Wasser zu halten, man sei gut durch die Krise gekommen. Die Gegenwart sei weiterhin von Herausforderungen geprägt. Kosten explodieren, Schulden müsse man irgendwann mal zurückzahlen, Großprojekte wie das NLZ benötigen frisches Kapital. Man müsse Geldquellen dafür finden, die zu einem passen, nicht einen Ismaik. Viele Vereine würden sich bei der Kapitalbeschaffung unsolidarisch verhalten und Regeln brechen. Wir müssen allen Mut zusammen nehmen, um nicht in Schieflage zu geraten, damit ein anderer Fußball möglich bleibe. Man brauche einen starken AR, der kritisch auf Augenhöhe arbeiten könne. Er vertrete die Werte des Vereines, er wisse, was dieses Ehrenamt bedeute und wolle sein Herzblut einbringen.

(Philippe hat eine Kompetenz. Das macht ihn immer etwas monothematisch in seinem Profil und seiner Vorstellung. Aber! Diese Kompetenz ist in einem Bereich, in dem ein Verein seinen Kapitalbedarf nicht aus seinen eigenen Gewinnen befriedigen kann, sehr wichtig. Ob so ein reiner Fachmensch bei der diesjährigen Wahl eine Chance gehabt hätte? Hypothetische und doch interessante Frage.)

Fragen gab es auch hier nicht.

Kommen wir dann zu Maik Nöcker. Er arbeite als Podcaster, Kommunikationsberater im Bereich Fußball und Moderator von Studio1910. Er käme hier so ein bisschen wie Kai aus der Kiste und wolle deswegen auf ein paar Punkte eingehen. (Wer ist eigentlich dieser Kai und wie kommt er in die Kiste?) Ja, es gäbe ein Foto von ihm mit Meisterschale und BVB-Trikot. Er komme aus NRW und habe eine leichte Nähe zum Westfalenfußball, er sei aber nur in einem Verein Mitglied. Man habe ihm in sozialen Medien unterstellt, dass er sich eingeschlichen habe, aber dem sei nicht so. Es sei juristisch etwas komplizierter gewesen und es würden daran auch Arbeitsplätze hängen. Er habe (oder würde? Das kann ich aus meinen Aufzeichnungen nicht mehr zu 100 % sagen) die Zusammenarbeit mit dem Verein eingestellt, die betteffende Arbeit würde in eine neue Gesellschaft ausgegliedert, die das komplette Team übernehme. Dies sei so notariell erklärt. Der von MML produzierte Podcast würde ohne sein Mitwirken weiter produziert.

Er arbeite seit 10 Jahren mit dem Verein zusammen und werfe dies in den Ring, dazu mache er seit 20 Jahren Formate im Fußball mit Sponsor*innen (zählte einige auf) und habe dadurch viele Einblicke in die inspirierenden guten und schlechten Seiten des Fußballs gewonnen. Nach dem Abstieg wären viele Vereine am FCSP vorbei gezogen und hätten sich europäisch etabliert.

Er wolle seine Expertise einbringen, man habe Menschen wie Boll oder Ewald nicht gehalten, die Werte seien nichts ohne sportlichen Erfolg. Man sei auch zu leise und zu wenig konfrontativ. Wenn man 50+1 retten wolle, dann müsse man in die Bundesliga, um da den klaren Beweis zu liefern, dass ein anderer Fußball möglich sei.

(Bei ihm gab es Fragen und die will ich auch dokumentieren.)

Er wurde nach dem Gendersternchen gefragt, sagte, er hätte in seinem Beruf „Sprache gelernt“ und fände das Gendern zum Sprechen zu holprig, nutze aber immerhin die weibliche und männliche Form. Der Hinweis der Fragenden, dass er damit non-binäre Menschen ausschlösse, führte zu einigen Unmutsäußerungen und einigem Beifall.

Es wurde danach gefragt, ob er weiterhin als Moderator bei Sendungen auftreten werde. Er erklärte, dass er dies ehrenamtlich mache und man darüber noch keine Gespräche geführt habe. Man moderiere ja nur, was passiert sei, selbstverständlich würden da keine Interna einfließen. Man würde da eine Antwort finden.

Es wurde nach Ernsthaftigkeit gefragt, weil das alles sehr kurzfristig wirke und danach ob er nicht lieber in vier Jahren sauberer zur Wahl antreten wolle (Das sind zwei unabhängige Fragen zusammen gefasst). Maik erklärte, dass er alle Fristen eingehalten habe, er habe nicht gewusst, dass das so lange dauere, aber immerhin würden da ja Menschen dranhängen. Er sehe das alles nicht als unsauber an. Er habe sich bewusst für dieses Jahr entschieden, sich zu engagieren.

(Ich habe mir noch kontextlos ein „Dann wählt mich halt oder lasst es bleiben!“ notiert; insgesamt wirkte er nicht sehr souverän in der Beantwortung der Fragen. Das wirkte alles sehr nach „ja was wollt ihr denn?“. Er verkauft sich in seiner Bewerbungsrede als PR- und Medienprofi und reagiert dann relativ dünnhäutig und wenig souverän. Hatte er sich auf diese Fragen nicht vorbereitet?  Ich weiß sowieso nicht, warum ich einen PR- und Medienprofi im AR brauchen sollte, aber einen, der nicht mal seine eigene Vermarktung vernünftig hinbekommt, brauche ich nun garantiert nicht. Und insgesamt blieben auch viele Fragen offen. Was z.B. mit der Moderation passiert. Warum die Problematik der geschäftlichen Verflechtung nicht lange vorher von ihm sauber geklärt war. So wirkt das ein bisschen nach einer „ach, ich kann ja auch mal für den AR kandidieren“ Kandidatur. Und da ist die Frage nach der Ernsthaftigkeit dann schon angebracht.

Er wurde letztendlich nicht gewählt. Und sein Verhalten in Social Media war dann auch so, dass dies wahrscheinlich besser war. Nachtreten. Behauptete, dass jemand ihm auf der Versammlung mit einem Böller im Arsch gedroht habe, obwohl dies vor der MV auf Twitter geschah. Er hat es dann nach Hinweis in einem sozialen Medium (LinkedIn) korrigiert, ohne dies transparent zu machen, und auf Twitter nach ordentlich Gegenwind seinen Account gelöscht. Für einen Medienprofi war das zum einen ganz schön dünnhäutig und zum anderen schon sehr plump. Ach ja, dass Hamburger Medien nach dem berühmten Eine-Quelle-Prinzip seine Äußerungen zu einer Schlagzeile machten versteht sich von selbst, oder?

Zu der Böllerdrohung ist vielleicht auch noch ein bisschen Kontext wichtig. Er schrieb auf seinem jetzt gelöschten Twitteraccount, dass man sich nicht wundern müsse, dass einem der Arsch geküsst würde, wenn man ihn zum Fenster raushänge, und als direkte Antwort kam darauf die Böllerdrohung. Legitimiert es diese? Nein. Aber es ist eben schon etwas anderes, als wenn jemand ohne Kontext so etwas zu ihm auf einer Mitgliederversammlung sagen würde. Screenshots zu allem liegen vor, ich veröffentliche die hier absichtlich nicht.)

Widmen wir uns also lieber Ali Sabetian. Er sei Perser und gebürtiger Iraner, er sei mit 16 nach Hamburg gezogen, habe dann hier Abitur gemacht und Geophysik studiert. Er sei Diplom-Geophysiker und habe dann im Bereich IT und Telekommunikation gearbeitet. Sein Arbeitgeber habe ihn dann nach Dubai gesendet und daher sei er beim FCSP auch als „Ali aus Dubai“ bekannt, weil er da eben lange gelebt habe. 2019 habe er sich selbstständig gemacht, dieses Timing sei nicht so gut gewesen, weil direkt danach Corona gekommen ist. Er sei jetzt wieder voll und ganz in Deutschland, damit dies klar sei. Sonst hätte er sich auch nicht beworben. Er habe seit 1988 eine Dauerkarte, sei seit 1999 Mitglied. Seit 2006 hat er eine lebenslange Dauerkarte, er habe in der Welt immer die Pauli-Werte (wir haben das beide ohne ein „St.“ aufgeschrieben) hochgehalten und trotz des Wohnortes häufig am Millerntor gewesen. Er sei Aufsichtsratsmitglied bei unterschiedlichen Unternehmen gewesen und sei objektiv und unabhängig. Das Wohl des Vereines läge ihm am Herzen. Er gehöre keiner Strömung an. Diversität und globales Verständnis seien seine Ziele. Wichtig sei es, den sportlichen Ansprüchen gerecht zu werden, der Frauenfußball läge ihm am Herzen, man müsse die wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben bei gleichzeitigem Erhalt der Werte dieses Vereines und den Verein dauerhaft wirtschaftlich gesund national und international etablieren.

(Irgendwie sind mir aus dieser Rede die Kompetenzen nicht wirklich klar geworden. Ich hatte schon das Gefühl, dass er das alles ehrlich meinte. Aber irgendwie ist das alles auch ein „von null auf hundert“ nach der Rückkehr nach Hamburg. Und das ist wahrscheinlich in diesem Verein einfach nicht mehr möglich.)

Keine Nachfragen.

Danach war Inga Schlegel an der Reihe. Sie ist seit 2009 Spielerin bei der Abteilung Fußball Frauen und Mädchen, sei vier Jahre lang in der Abteilungsleitung aktiv gewesen und habe acht Jahre bei den 1. Frauen gespielt und den Aufstieg in die Regionalliga mit geschafft. Aktuell kicke sie noch bei den 2. Frauen. Beruflich sei sie in der Logistikbranche unterwegs, entwickele dort eine digitale Plattform für die Branche. Aus ihrer Sicht sei der FCSP viel mehr als Fußball, er sei auch Triathlon, Dart etc. 15.000 aktive Sportler*innen seien die Hälfte der Mitglieder dieses Vereines. Dieser Amateursport bedürfe viel mehr Aufmerksamkeit. Der Breitensport sei die Basis für den Leistungssport. Man müsse sich bemühen, nachhaltige Strukturen für den Amateursport zu schaffen, dies ginge nicht nur ehrenamtlich. Fehlende Plätze seien das größte Problem. Denn zur Zeit sei Leistungssport nur auf Kosten des Breitensports möglich, und das wolle man nicht. Ein neues Stadion für die Frauen, welches auch über der Regionalliga zugelassen ist, müsse das Ziel sein, man wolle sich auch dort in der Bundesliga etablieren. Insgesamt seien fehlende Sportstätten ein riesiges Thema. Sie wolle das im Aufsichtsrat begleiten, Entlastung für das Ehrenamt schaffen; auch wenn sich durch Christiane und dem Amateurvorstand schon viel bewegt habe, müsse man das weiter voran treiben.

(Inga merkt man eine Begeisterung für den Amateurbereich an und wie ich schon in der ersten Vorstellung schrieb, ist sie als direkte Vertreterin dieses Bereiches unfassbar wichtig, und dies hob sie in ihrer Rede auch hervor. Noch etwas bringt Inga mit: Sie hat erlebt, wie es ist, leistungsorientiert Fußball zu spielen. Und da muss ich darauf eingehen, dass am 06.12. anscheinend auch „alte weiße Männer demontieren sich selber“-Tag war, denn Lou Richter (Berufsjugendlicher seit ungefähr 1990) twitterte folgendes: „Was sagt es über unseren Verein (bin Mitglied seit 1991) aus, dass niemand der KandidatInnen für den Aufsichtsrat pragmatische, gelebte Fussballkompetenz vorweisen kann?“. Hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben. Oder auch nicht. Man kann sich nebenbei sehr gut darüber streiten, was denn „pragmatische, gelebte Fußballkompetenz“ ist und ob man diese wirklich in einem AR braucht, aber wenn die jemand hat, dann doch Inga! Aber wahrscheinlich kann in Lou Richters Denke diese Kompetenz nur ein Mann haben. Auch wenn dies natürlich nicht Ingas Schwerpunkt ist, aber ich glaube, es ist garantiert nicht schlecht, einen Menschen im AR zu haben, der viel Zeit in einer Kabine verbracht hat und die Dynamiken eines Fußballteams kennt, ohne gleich selber der große Zampano sein zu wollen. Und Letzteres müssen wir bei Inga aus meiner Sicht nicht befürchten. Shoutout nebenbei, dass sie Triathlon als eine der Amateurabteilungen erwähnte.)

Keine Nachfragen.

Es folgte nicht Christoph Schleuter, der krank war, Kristian erklärte, dass es ihn voll erwischt habe und das Risiko zu groß gewesen wäre, jemanden anzustecken. Er habe nun eine „Videobotschaft“ gesendet, die Kristian nun verlesen werde. (Kein Plan für ob wirklich eine Videobotschaft vorlag, die man nicht zeigen wollte oder ob eine solche nicht vorlag.)

Er sei Inhaber einer Bäckerei, auf der AGiM-Veranstaltung sei er nach einem Gespräch mit Sandra von der Kandidatur zurück getreten, aber direkt danach habe es gravierende Änderungen in seinem Betrieb gegeben und damit habe er mehr Zeit. Immer wenn er im Stadion sitze, sehe er den „Kein Mensch ist illegal“-Schriftzug, der FCSP habe dieses in die Tat umgesetzt. Der FCSP gebe politische Statements ab, sein Ziel sei es, dass dies noch mehr praktisch in die Tat umgesetzt werde, dass man beim FCSP die Frauenquote noch steigere, dafür wolle er sich stark machen und den AR als Unternehmer bereichern, sein Wissen einfließen lassen, um das Unternehmen FCSP erfolgreich aufzustellen.

(Spätestens mit der Krankheit und einer erneuten nicht-persönlichen Vorstellung war diese Kandidatur im Endeffekt zum Scheitern verurteilt.)

Keine Nachfragen.

Also kommen wir zu Sandra Schwedler. Sie sei die letzten 8 Jahre im Aufsichtsrat und wolle da noch weiter wirken. Als Verein sei man noch nicht da, wo sein sollte, wie auch die Wortbeiträge gezeigt hätten. Sie sei [wann auch immer] in den Verein eingetreten und habe sich dann schnell für Fan- und Vereinspolitik interessiert und habe diese mitgestaltet. Sie habe dann begonnen, Handball zu spielen, und komme nun aus einer aktiven Sportabteilung und sei gleichzeitig Fan.

Sie sei beruflich Organisationsentwicklerin und beschäftige sich mit Veränderungen. Menschen zu befähigen läge ihr nah. Diese Fähigkeiten seien nützlich in der Arbeit des Aufsichtsrat, sie sei darüber hinaus strukturiert und lösungsorientiert, habe die notwendige Ausdauer und Geduld. Sie sei gut vernetzt mit Aufsichtsrät*innen anderer Vereine. Sie wisse um die Strukturen im Fußball. Der Wettbewerb im Fußball sei unfair, trotzdem sei ein anderer Fußball möglich. Dafür solle man kämpfen.

Man dürfe nicht vergessen, dass man Arbeitgeber vieler Menschen sei, auch über Trainer und Spieler hinaus. Der AR habe die Rolle, Veränderungen zu ermöglichen und Weiterentwicklung voran zu treiben. Sie habe Lust, Wissen und Zeit, den Verein weiter zu gestalten.

(Eine Rede, die auf Erfahrung als Wahlargument setzte. Ich denke, dass bei Sandra alle viel mehr wissen, was sie bekommen, als bei anderen Kandidat*innen, da sie nun schon sehr lange das öffentliche Gesicht des AR ist. Und nach ihrer Wiederwahl als Vorsitzende auch weiterhin ist. Hinweis: Das Gremium wählt aus seiner Mitte seinen Vorsitz, und zwar nach unserer Satzung alle zwei Jahre (§ 19 Nr. 5). Es soll also niemand verwundert sein, wenn Sandra in zwei Jahren nicht mehr Vorsitzende sein wird. Gerade falls sie darüber nachdenkt, ggfs. nicht die vollen möglichen 16 Jahre im Aufsichtsrat vollzumachen.)

Fragen gab es nicht.

Die Runde vollendete dann Joachim Weretka. Er sei mit 71 Jahren der Senior im Kreis der Kandidat*innen, wolle den Verein nicht nur begleiten, sondern auch mitgestalten. Er sei im Fanclub „Fairnetzer 1910“, der sehr sozial unterwegs sei. So habe man 40 Kindern aus der Neustadt die Teilnahme am Rabaukencamp ermöglicht, die diese das ansonsten nicht hätten zahlen können. Weiterhin habe man jede Menge Aktionen für Obdachlose gestartet und habe man das Museum unterstützt. An alledem habe er Anteil.

Sein Berufsleben sei zweigeteilt. Er habe 12 Jahre „der Hafen, die Lichter“ beruflich gemacht, habe am Burchardkai gearbeitet und auch Konzernbetriebsrat in einem Weltunternehmen gewesen. Die Arbeit dort sei die in einem Aufsichtsrat sehr ähnlich. Man entscheide über Vorlagen, habe auch mal einen eigenen Vorschlag zu machen. Dann sei er 35 Jahre Journalist bei NDR 90,3 gewesen. Als Journalist wisse man nicht alles, wisse aber die richtigen Fragen zu stellen. Dies kombiniert mit den Erfahrungen aus dem Gesamtbetriebsrat sei eine gute Kombi für einen Aufsichtsrat.

Man habe eine Menge auf dem Zettel, man müsse sportlich in die Spur kommen, das wunderbare Projekt Kollaustraße, welches man nicht nur sportlich, sondern auch umweltpolitisch gut umsetzen wolle. Sportstätten für die Amateure seien ein Thema. Bei der Mafia Fifa müsse man auf eine Änderung hinwirken.

 Er persönlich sei Sohn eines 1942 verschleppten Zwangsarbeiters. Ihm sei deswegen die klare Kante gegen Rechts wichtig. Ihm sei es wichtig, die Erinnerungskultur zu fördern.

Weiterhin sei ihm das Trockendock wichtig. Er selber sei Wein und Astra nicht abgeneigt, aber er sehe eine alkoholfreie Alternative als notwendig an und dies sei auch kein Problem.

Er sei mit ordentlich Wut im Bauch hierher gekommen, er halte die Entlassung von Schulle für falsch und auch den Hinweis von Roger falsch, dass man mit Populismus keine Stimmen sammeln solle. Man (er sagte „ihr“) habe Schulle demontiert.

Er sei ein alter Sack, bringe eine Menge Lebenserfahrung ein und wolle diese nützlich einbringen.

(Das Abendblatt schrieb in seinem MV-Ticker zu seiner Rede: „Seine Rede war die vermutlich eindrucksvollste, persönlichste, inhaltlich tiefste und schlicht beste […]“. Ich bin ehrlich gesagt vollkommen sprachlos. Inhaltlich tiefste? Beste? Sorry, aber nicht mal von den nicht gewählten Kandidat*innen war dies die beste oder inhaltlich tiefste Rede. Wo genau wurde denn in dieser Rede inhaltlich tiefer und besser auf persönliche Eignung und die Aufgaben des Vereines eingegangen als in den anderen Reden? Eindrucksvoll und persönlich? Vielleicht, aber am eindrucksvollsten? Garantiert nicht.  

In der Fragerunde nannte ein Mitglied die Schulle Passage „schade“ und ich dachte ehrlich gesagt auf der MV auch so. Ich nahm zum Zeitpunkt der MV Joachim ein echtes Feuer für den Verein und für seine Themen ab. Aber da ist mir zu viel Populismus für einen Aufsichtsrat in dieser Passage. Wie oben geschrieben: Roger leider nicht mitbekommen, weil abgelenkt, aber Roger hatte konkret vor einem solchen Populismus gewarnt. Im Endeffekt zu Recht, denn ich denke, dass ihm das Stimmen gekostet hat. Insgesamt hatte er zum Zeitpunkt des Endes dieser Rede meine Sympathien.

Wichtig sind hier die Zeitpunkte, die ich hier nenne, denn leider meinte Joachim dann, in einem Interview gegenüber dem Magazin „Regionalsport“ nachtreten zu müssen. Er nennt dort Rogers Beitrag eine „miese Masche“, was ich schon sehr schwierig finde. Dann spricht er von einer Dominanz der AFM, die im Saal deutlich geworden wäre. Und das die AFM die Politik und die Entscheidungsgremien beherrsche und es viele Vereinsmitglieder gäbe, denen dies nicht gefalle. Das finde ich ebenfalls sehr schwierig. Er hätte dies, wenn er es so sieht, ja auf der Versammlung und im Vorfeld als Plattform nutzen können und diese „vielen Mitglieder“ hinter sich sammeln können. Warum erst nach der Wahl? Natürlich kann man sich fragen, ob das Pendel der Macht zwischen AFM und sporttreibenden Abteilungen in diesem Verein ausgeglichen ist. Aber wie ich in der Vorbereitung zur MV geschrieben habe: AFM ist eine sehr grobe Schublade. Dieser Verein besteht nicht aus einer homogenen Fan-/AFM Gruppierung auf der einen und den sporttreibenden Abteilungen auf der anderen Seite, die jeweils komplett andere Politik wollen oder benötigen. Viele aktive Fans sind Mitglieder in den sporttreibenden Abteilungen, der Autor dieser Zeilen bekanntermaßen auch. Aber wenn es aus seiner Sicht so ist: Warum versucht er nicht, diese Menschen zu mobilisieren? Seine Rugby-Abteilung war früher immer mit großen, sichbaren Kontingenten auf der MV, diesmal nicht – selbst um ihr eigenes Mitglied zu unterstützen nicht. Politik für das Volk, ohne das Volk mitzunehmen oder wirklich Basisarbeit zu leisten? Im Nachhinein das alles zu beklagen wirkt hohl.

Was auch nervt: Werte in diesem Verein definieren sich sehr wenig über den Umgang mit bezahlten Angstellten im Bereich 1. Herrenmannschaft. Man kann nicht in einem Interview als wichtigen Punkt der Werte benennen und dann aber beklagen, dass die Fans über die AFM zu viel Macht hätten. Denn ohne diese Fans gäbe es diese Werte einfach nicht.)

Ergebnis der Aufsichtsratswahl

Zeitlich etwas vorgezogen kommen wir nun zum Ergebnis der Aufsichtsratswahl:

Es wurden 895 Stimmzettel abgegeben.

(In der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen:)

Kathrin Deumelandt                                                      612

Inga Schlegel                                                                    525

Sandra Schwedler                                                          519

René Born                                                                         335

Anna-Maria Hass                                                            322

Dr. Philippe Niebuhr                                                     289

Sönke Goldbeck                                                              280

———————————————————————————-

Georg Magaretha                                                           260

Joachim Weretka                                                           129

Ali Sabetian                                                                      95

Maik Nöcker                                                                     74

Christian Anger                                                               41

Christoph Schleuter                                                       30

Der neue Aufsichtsrat mit Blumen
Habemus Aufsichtsratus

(Folgende Anmerkungen dazu:

Beinah alle abstimmenden Mitglieder haben ihre Stimmen abgegeben. Bei 895 abgegebenen Stimmzetteln sind bis zu 3580 Stimmen möglich, addiert man alle verkündeten Stimmen ergibt es 3511. Achtung: Es ist zulässig, auch nur 1 bis 3 Stimmen abzugeben. Es sind also 98 % aller möglichen Stimmen genutzt worden. Bei der letzten Wahl des AR waren es nur 92 % aller möglichen Stimmen. Auch dies spricht dafür, dass die Kandidat*innen-Basis viel besser war als in den Vorjahren.

Zwischen den Plätzen 1 bis 3 und dem Rest besteht eine riesige Lücke. Sandra hat 184 Stimmen mehr als René bekommen, während zwischen Platz 1 und 3 gerade einmal eine Lücke von 93 Stimmen ist.

Zwischen Platz 8 und 9 sind es dann wieder 131 Stimmen. Joachim hätte sein Wahlergebnis mehr als verdoppeln müssen, um überhaupt auf Platz 8 zu kommen. Das ist schon deutlich. Man kann es drehen und wenden wie man will: Aktive Fans und Menschen, die in ihren Reihen gewirkt haben, werden in diesem Verein mit DEUTLICHEM Vorsprung selbst dann gewählt, wenn aus diesen Reihen ein*e Kandidat*in zu viel vorhanden ist. Oder anders ausgedrückt: Acht Kanidat*innen sind irgendwie von aktiven Fans und Sportler*innen wählbar und obwohl jede*r nur vier Stimmen hat, ist zwischen diesen acht und dem Rest des Feldes ein riesiger Abstand.

Es ist „unser“ Verein. Wie man auch immer „uns“ hier definieren will. Das ist Erfolg und Aufgabe in einem. Wir alle müssen diesen Verein zu sportlichem Erfolg, einer ausgebauten Kollaustraße und Sportstätten für unsere Amateure führen und dabei unsere Werte erhalten und schärfen. Das wird eine riesige Aufgabe und dieses Blog wird nicht aufhören, die Finger in die Wunde zu legen, wenn es notwendig ist. Ja, wir sind Teil der „aktiven Fanszene“ und wir sehen es natürlich lieber, wenn „unsere“ Menschen gewählt werden, als wenn Menschen gewählt werden, mit denen wir nur den Verein teilen. Aber niemand muss denken, dass wir nun zahm werden oder alles super ist, was beim FCSP passiert. In den 15 Jahren dieses Blogs haben wir häufig mit derben Worten kritisiert und mit lieben Worten gelobt. Das werden wir weitermachen. Wir mögen sehr viele Menschen in diesen Gremien und gehen mit vielen schon jahrzehntelang in alle Kämpfe des Fußballs, aber dazu gehören auch inhaltlicher Diskurs und deutliche Kritik.)

Die Ehrungen / Silberne Ehrennadel

(Für mich persönlich sind die Ehrungen immer wieder ein Höhepunkt. Am Ende hat Manfred die Worte „silberne Ehrennadel“ und „silberne Leistungsnadel“ häufiger ausgesprochen als der FCSP Tore in den letzten 5 Jahren erzielt hat, und es zeigt immer wieder, wie groß und großartig unser Verein ist. Was diese Ehrungen Menschen bedeutet sieht man, wenn Menschen ihre Nadeln zur MV an der Kleidung tragen. Das ist schön zu sehen.

Wenn Menschen z.B. für 70 Jahre Mitgliedschaft geehrt werden, dann ist alleine die Beharrlichkeit, diesem verrückten Verein 70 Jahre lang anzugehören, eine unfassbare Leistung. Immer wieder wird „langjährige St. Paulianer wenden sich ab“ als Argument benutzt – dieses Argument ist zweischneidig. Zum einen ist es Unsinn, zum anderen dreht sich die Welt eben auch weiter und der FCSP von 1952 ist nicht mehr der FCSP von 2022. Und das ist auch gut so. Irgendwann werde vielleicht auch ich für 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt und meinen Kopf über die jungen Leute schütteln, die Choreos per ferngesteuerter Drohnen über dem Spielfeld durchführen. So ist das. Und so soll es sein.)

Die einzelnen Ehrungen könnt ihr auf der Homepage nachlesen, ich wiederhole die jetzt nicht im Einzelnen. Ich erwähne nur Ehrungen, bei denen mir was aufgefallen ist.

Ehrungen für Mitgliedschaft

Für die 70jährige Mitgliedschaft wurde u.a. Heinz Lührs geehrt, der als einziger auch persönlich anwesend war. Alles Gute den geehrten drei Herren.

Drei Herren wurden für die 60 Jahre Mitgliedschaft geehrt, zwei Herren für die 50jährige Mitgliedschaft, darunter Hermann Klauck, der leider auch nicht anwesend sein konnte. Vier Herren für die 40jährige Mitgliedschaft und dann unzählige Menschen für die 25jährige Mitgliedschaft. Und wenn man dann sieht, wer da alles aus der aktiven Fanszene auf die Bühne tapst, dann ist es vielleicht nicht so, dass sich „langjährige St. Paulianer“ abwenden. Neben unserer Aufsichtsratsvorsitzenden wurden da auch ein bekannter Comiczeichner, treue Amateurgängerinnen und Menschen, denen ich schon seit Jahren in ungefähr jedem Auswärtsblock der Republik begegne, geehrt. Es bleibt abzuwarten, wie der Verein in den nächsten Jahren mit der Ehrung zum 25. Jubiläum umgehen will, denn ungefähr die gesamte Fanszene der damaligen Zeit ist zwischen 1998 und 2002 in diesen Verein eingetreten. Auch weil die AFM gegründet wurde. Wie ich immer erwähne: Diese ist ein absolutes Erfolgsprojekt. Man stelle sich mal vor, wir wären immer noch 1.500 Mitglieder.

Ehrungen für Leistungen

(Insgesamt finde ich das immer noch undurchsichtig. Aber vielleicht muss es das bei den unterschiedlichen Sportarten und Leistungen auch sein. Ist eine Hawaii Teilnahme im Triathlon genauso ehrungswürdig wie ein Aufstieg der Tischtennis-Damen in die Hamburg-Liga oder die 9jährige Tätigkeit im Amateurvorstand? Ich bin zu doll Jurist, als dass sich mein schmieriges Herz nicht viel klarere Maßstäbe wünschen würde. Deswegen bin ich ungeeignet für den Ehrenrat und sollte nun auch die Fresse halten. Keine der nun geehrten Menschen hat diese Nadel nicht verdient!)

Herausragend:

–  Günter Zilz, der 27 Jahre die Kegelabteilung geleitet hat und dessen verzweifelte Suche nach aktiven Kegler*innen vor ein paar Jahren viel Mitleid geerntet hat. Aber letztendlich erfolgreich war, denn es gibt wieder aktive Kegler*innen. Und ich freue mich schon auf die „Sanktpony aus der Kegelabteilung erhält die bronzene Leistungsnadel, weil er seit 10 Monaten keinen Pudel mehr geworfen hat“-Ehrung.

– Beachvolleyball, die ganz viele Ehrungen für ein Integrations- und Geflüchtetenprojekt in Kooperation mit „Über den Tellerand Hamburg e.V.“ erhielten und daneben noch sportlich erfolgreich waren. Was für eine unfassbar gute Kombi. Nebenbei sind deren Abteilungstrikots einfach wundervoll.

– Segeln, die ganz viele paralympische und integrative Wettbewerbe für sich entscheiden konnten. Wenn man bedenkt, dass diese Abteilung sich das bei ihrer Gründung auch auf die Fahnen geschrieben hatte, dann sind diese Ehrungen Bestätigung dieses Konzeptes. Der FCSP wird angesichts dieser Erfolge, der Erfolge in der Tischtennisabteilung, der Erfolge der Blindenfußballer*innen und anderer Sportabteilungen, die Angebote für Menschen mit Behinderung anbieten, auch ein großer Verein des Sports für Menschen mit Behinderung. Das ist absolut begrüßenswert und wir sollten das als Verein in unserer Förderung immer beachten.

– Triathlon hat nun eine Deerns (Eigenbezeichnung) Bundesligamannschaft. Streberinnen, ihr alle! 😉

– Blindenfußball hat ungefähr alles abgeräumt, was man sich vorstellen kann, und das Meisterteam hat seine sehr verdiente Runde durch ein feierndes Millerntor im Herbst absolviert. Vom Blindenfußball gibt es auch ein Jahresrückblickvideo, das sich auch auf Youtube findet.

Was auffällt: Keine einzige Ehrung der Bowling-Abteilung, die über Jahre eigentlich immer was zu ehren hatte. Und wenn man dann auf der Internetseite sieht, dass der Abteilung ein Vorsitz und andere Ehrenamtler*innen fehlen, dann muss man sich ja beinah Sorgen machen.

Die Wahl zum Ehrenrat / Viel Commitment

Beginnen wir also mit der Wahl zum Ehrenrat. Kristian erläuterte die Vorgehensweise, wies darauf hin, dass 5 Mitglieder alle 5 Jahre zu wählen seien, dass man mindestens 35 sein und man mindestens 3 Jahre im Verein sein muss und eine Wiederwahl unbegrenzt möglich sei. (Nebenbei: Wir haben nun in Anna-Maria eine Aufsichtsrätin, die nicht für den Ehrenrat hätte kandidieren können. Das ist schon ein bisschen absurd.)

Wir haben also wieder eine Vorstellungsrunde nach alphabetischer Reihenfolge und so begann

Susanne Borstelmann. Sie sei erstaunt, wie vorbereitet alle seien und wie viele Zettel die Menschen hätten, dies habe sie nicht. Sie hätte vor 9 Jahren noch keine Ahnung von Fußball gehabt und Stein und Bein geschworen, dass dies so bliebe. Dann habe sie ihren Freund kennengelernt und ihr Herz auch an den Verein verloren. Sie habe das Zusammengehörigkeitsgefühl im Verein schätzen gelernt, dann habe sie Winnie kennen gelernt und möchte sich jetzt im Ehrenrat für den Verein einbringen. Sie habe in der Intensivmedizin gearbeitet und habe da gelernt, auch in schwierigen Situationen einen klaren Kopf zu behalten. Sie könne Menschen empathisch gegenüberstehen und verspreche, alles zu geben um die Seele des Vereines weiter zu unterstützen.

(Ich weiß immer nicht, was ich mit solchen Kandidaturen anfangen soll. Auf der einen Seite spricht da ein herzensehrlicher Mensch und sie kam komplett sympathisch rüber. Auf der anderen Seite sind solche Kandidaturen ohne Hausmacht und ohne Werdegang im Verein mit einer 99 %igen Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.)

Weiter ging es mit Suzann Edding. Sie sei seit 1993 Mitglied bei Fußball Frauen und Mädchen, sei dort 30 Jahre auf und neben dem Platz aktiv gewesen und habe diverse Ehrenämter durchlaufen, inklusive Abteilungsleitung. Sie habe für den Ehrenrat in der AG Diversität mitgewirkt und sei seit 5 Jahren auch Stellvertretende Leitung des Ehrenrates und würde gerne für eine weitere Saison im Ehrenrat bleiben.

Der Ehrenrat sei ein kleiner, aber wichtiger Baustein im FCSP und wichtig für einen toleranten und respektvollen Umgang untereinander. Man müsse fair miteinander umgehen, auch wenn es einen harten Diskurs gäbe. Nur wenn man das innen lebe, könne man es auch nach außen ausstrahlen.

Ihre Erfahrung sei wichtig, insbesondere wenn man auch neue Menschen in den Ehrenrat integrieren will. Die Mischung mache es, zwischen Kontinuität und neuen Ideen, so dass man auch mal Neues impletieren, und Überflüssiges überdenken und doch Dinge fortführen könne. Beruflich sei sie auch mit der Konfliktlösung beschäftigt. Man müsse nach Lösungen suchen, sie sei nicht konfliktscheu und kritisch. Aber man müsse zueinander finden, sich austauschen und tragfähige Ergebnisse oder Kompromisse finden.

(Suzann hat eine Art zu reden, die mich beruhigt und mich zuhören lässt. Das wäre allein schon Grund genug, sie in den Ehrenrat zu wählen. Ihre lange Historie in diesem Verein spricht noch mehr dafür.)

Es wäre keine Ehrenratswahl, wenn nicht Manfred Heinzinger folgen würde. Er habe nur Stichworte stehen und die meisten würden ihn aus den letzten Jahren kennen: Er sei der Typ mit den langen gefärbten Haaren. Er sei gelernter Bankkaufmann, mache Projektmanagement und Betriebsrat und sei Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat seines Arbeitgebers. Beim FCSP habe er die 7. Herren gegründet, die gäbe es immer noch im Kern, nun aber als 5. Senioren. Sein Sidesteckenpferd sei das Laufen und deswegen habe er auch noch 11 Marathone absolviert und fahre auch Rennrad. Er sei seit 30 Jahren im Ehrenrat und davon 15 Jahre sein Vorsitzender. Dies sei dann auch seine letzte Kandidatur und er werde auch für den Vorsitz nicht mehr kandidieren. Er möchte in seiner letzten Amtszeit Erfahrung weitergeben. Wichtig sei ihm auch die Diskretion im Ehrenrat.

(Damit geht beim FCSP 2027 eine Epoche zu Ende. Manfred war immer da. Manfred war immer Ehrenrat. Wenn Manfred keine Ehrungen vorgelesen hat, dann war es keine MV. Auf das werden wir in Zukunft verzichten müssen. Und meinetwegen kann Manfred auf der MV 2027 mit dem platinen Ehrenschlüssel, der jedes Schloss im Stadion öffnet, ausgezeichnet werden. Er hat wirklich was in diesem Verein geleistet. Und es ist gut, dass er für einen fließenden Übergang bereit steht und auch letztendlich gewählt wurde. Der Ehrenrat wird damit natürlich noch weiter verjüngt, denn er war nun bereits der älteste Kandidat.)

Es trat dann Nadia Mekhchoun auf die Bühne. Sie ist in Hamburg geboren und aufgewachsen, Juristin im Transportbereich, stehe seit 20 Jahren auf der Gegengerade und sei seit 16 Jahren Mitglied, erst im Triathlon, nun im Marathon. Sie habe 2018 die AG Pride gegründet. Für sie sei der Verein mehr als nur ein Sportverein, sie fühle sich hier vertraut. Engagement und Sport sei nicht zu trennen und eine sportpolitische Haltung wichtig. Es sei ihr wichtig, aktiver Teil des Vereines zu sein. Sie sei Diversitätswärtin beim Triathlon gewesen, habe die Teilnahme der Amateurabteilungen beim CSD ab 2018 und dann die AG Pride mitgegründet und es sei der nächste Schritt, jetzt in einem offiziellen Gremium mitzuwirken. Sie habe sich dabei bewusst für den Ehrenrat beworben, dieser sei wichtig und nicht selbstverständlich. Hier könne sie sich als Juristin, die Konfliktlösung als ihre Stärke habe, am besten einbringen. Wichtig wir der Ehrenrat selbst sei die Ehrung von Menschen, da dürfe die Wertschätzung nicht zu kurz kommen. Diese Ehrungen seien nicht wegzudenken.

Der FCSP sei ein Verein, der von seinen Mitgliedern lebt. Es laufe nicht alles gut und richtig, dies habe man heute gesehen. Man müsse sich dem Diskurs und der Kritik stellen. Dies mache den Verein zu dem, was wir Mitglieder uns wünschen.

(Ich bin befangen bei Nadia. Ich fand die Rede super, ich mag Nadia als Mensch, ich finde das Engagement toll. Ich glaube sie wird das gut machen.)

Es folgte Olav Paasch. Er sei seit den 80ern dabei, habe damals an der Sportdome-Ini mitgewirkt und habe dann mit dem fußballaffinen Teil dieser Ini den Millerntor Roar gegründet, der bis 1993 aktiv gewesen sei. Das seien spannende und lehrreiche Jahre gewesen, die ihn und auch den FCSP geprägt hätten. Man habe damals Entwicklungen angestoßen, die dann andere Leute fortgesetzt hätten, sonst würde man darüber heute nicht mehr reden. Großartig, dass es so viele sind, man könne nicht alle nennen, aber beispielhaft seien AFM, USP und Museum genannt. Als er damals eintrat war sein Ziel gewesen, eine Ehrennadel zu bekommen, dies habe er zwischendurch erreicht und seitdem wolle er Teil dieses Gremiums sein. Er kenne die Geschichte dieses Vereines und habe durch das Millerntor Roar-Kollektiv, in dem alles im Konsens entschieden wurde, auch Erfahrung an lösungsorientierten Diskussionen.

(Ich hatte in der Vorabvorstellung geschrieben, dass ich Olav nicht kenne. Das Gesicht kannte ich dann schon, so dass das zuvor Geschriebene auf meine Ignoranz zurückzuführen war. Und vielleicht darauf, dass ich erst aktiver Mensch in diesem Verein wurde, als der Millerntor Roar schon lange Geschichte war. Dieses Blog als Kollektiv hat nebenbei die Idee „Kollektiv“ so ein bisschen vom MR. Die Vorstellung selbst fand ich gut. Olav war ähnlich wie Georg der eine gute Kandidat, der am Ende nicht genügend Stimmen bekam. Was vielleicht bei beiden an zu wenig Hausmacht lag? Ich weiß es nicht. Würde mich freuen, wenn er an anderer Stelle sein ehrenamtliche Tätigkeit finden würde oder vielleicht in 5 Jahren noch einen Anlauf wagt.)

Damit waren wir auch schon bei S angelangt und damit bei Martina Scheuregger. Sie sei seit 15 Jahren beim FCSP, meistens auf den Rängen, habe beim Umzug des Fanladens mitgeholfen, sei dann 2018 zum Segeln gekommen und für die Abteilung Delegierte gewesen; dieses Amt habe sie dann irgendwann niedergelegt. Sie fände den Ehrenrat eine gute Sache, um tätig zu werden. Ihr kämen die Ehrungen immer ein bisschen zu kurz und das wolle sie wieder ändern. Sie sei beruflich als Mediatorin unterwegs, sei in Schlichtung erfahren. Wir hätten alle die gleichen Werte, aber unterschiedliche Art und Weise der Umsetzung.

(Noch so ein Mensch, der herzensgut rüber kommt, dem aber ein bisschen die vereinsinterne Basis fehlt.)

Kommen wir zu Heiko Schlesselmann. Er sei seit 2007 im Ehrenrat und würde es gerne bleiben, es mache immer noch Spaß. Hier sei das nicht-kommerzielle des Vereines, hier werde nichts getrackt und nichts gechallenged. Hier ginge es um die Mitglieder, um die man sich kümmere. Es gäbe auch viele Momente, die schwierig sind, Äusserungen in Social Media seien ein neues Thema, weil da Leute loslassen würden, was sie loslassen wollten. Man müsse auch online fair miteinander umgehen. Er wolle die 20 Jahre noch voll machen, dies sei sein Ziel.

(Heiko, der alte Populist, erstmal irgendwelche Begriffe aufgeschnappt und rausgehauen. Das Talent, frei zu reden und Reden eben auch an den Saal anzupassen, ist nicht jede*r*m gegeben. Heiko schon.)

Und den krönenden Abschluss aller Vorstellungen machte dann Minke Tiedemann-Borsutzky. Sie lebe seit ihrer Geburt auf St. Pauli/in der Schanze. Sie spiele seit 1988 Handball beim FCSP, zur Zeit in den 4. Frauen. Sie sei Abteilungsleiterin gewesen, dann Jugendkoordinatorin und habe die Jugendarbeit beim Handball aufgebaut. Zu Beginn mit einem Team und 10 Kindern, nun würden 200 Kinder beim FCSP Handball spielen. Dieses Amt habe sie nun für den Ehrenrat abgegeben. Der Verein habe eine stark ansteigende Mitgliederzahl; sie wolle helfen, Konflikte zu lösen. Es gäbe immer verschiedene Meinungen und Positionen, da möchte sie sich weiterhin aktiv einbringen und ihren Blick aus vielen Jahren Abteilungsarbeit einbringen. Es sei wichtig, dass im Ehrenrat viele Abteilungen vertreten seien, damit man möglichst viele Perspektiven habe.

(Im Ehrenrat werden ja häufig Menschen gewählt, die eine lange ehrenamtliche Karriere im Verein hinter sich haben. Minke ist da das beste Beispiel. Die Rede war gut, ich denke auch, dass sie da viel Vereinserfahrung einbringen kann.)

Das Ergebnis der Wahl zum Ehrenrat

Es wurden 633 Stimmzettel abgegeben. Es wären also 3165 Stimmen möglich gewesen. Es wurden am Ende 2934 Stimmen abgegeben, d.h. 93 % der möglichen Stimmen.

(In der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen)

Heiko Schlesselmann                                                    560

Suzann Edding                                                                 505

Nadia Mekhchoun                                                         504

Manfred Heinzinger                                                      440

Minke Tiedemann-Borsutzky                                     339

————————————————————————————-

Olav Paasch                                                                      295

Martina Scheuregger                                                    185

Susanne Borstelmann                                                  106

Der neue Ehrenrat mit Blumen
Neue Ehre

Am 23.12.2022 wählte der Ehrenrat dann Suzann zur „silbernen Ehrennadel“ Verleserin aka Vorsitzende und Nadia und Manfred zu Stellvertreter*innen. Alles Gute!

Die Anträge / Zweimal Selbstgänger, einmal überflüssig wie ein Kropf

Satzungsändernde Anträge

Jörg begründete den Antrag: Dies sei ein formeller Antrag, man wolle die Digitalisierung formell in die Satzung schreiben und daher den § 7 Nr. 2 in der Satzung ergänzen. Es gab keine Wortmeldungen, es wurde abgestimmt. Es gab 2 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen und damit war der Antrag mit der notwendigen ¾-Mehrheit angenommen.

(Wer hat da bitte gegen gestimmt? Und warum?)

Einfache Anträge

Farbe Kapitänsbinde.

Wir verlassen hier das sonst übliche Procedere – ganz ehrlich: Die Begründung des Antrages in ihrer gesamten Feindlichkeit und Unsinnigkeit will ich nicht wiedergeben. Es war gut, dass Suzann und Katrin vorn eine Regenbogenfahne hochhielten und dies auch in den hinteren Blöcken geschah, denn das war die sofortige symbolische und richtige Antwort. Es gab viel Unruhe und Kristian wollte keine wirkliche Debatte zulassen, so dass es nur zu einer Gegenrede kam. Und das sorgte nicht nur bei mir für Bauchweh. Aber viel besser, als ich es könnte, fasste es AJ direkt nach der Versammlung in Worte und wie schon angekündigt jetzt ihre Gedanken zu dem Ganzen, die ich so nur unterschreiben kann (veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung):

„Ich verstehe das Ansinnen der Versammlungsleitung, einem Antrag, der so absehbar klar scheitern wird, auf einer ohnehin schon langen MV nicht mehr Zeit als nötig einzuräumen. Aber ich bin der Person unglaublich dankbar, die trotzdem Redezeit eingefordert und dafür gesorgt hat, dass der Queerfeindlichkeit des Antragstellers nicht nur mit gelben Pappkärtchen sondern auch mit dringend notwendigen, klug gewählten Worten widersprochen wurde.

So etwas wie das, was wir da gestern vom Antragsteller gehört haben, ist nicht harmlos. Es bettet sich ein in einen steten Fluss queerfeindlicher Worte, Taten und Gesetzestexte, die dafür sorgen, dass die Aussage des Antragsstellers, dass queere Menschen im Unterschied zu anderen Minderheiten ja nicht existenziell bedroht seien, auf traurige Weise lächerlich falsch ist.

Genau deswegen funktioniert „lasst den halt reden und hört höflich zu“ nicht. Menschen, die sich nicht tiefergehend mit queeren Themen auseinandersetzen, scheinen oft gar nicht zu verstehen, wie viel Hass sich hinter Aussagen wie den gestern gehörten verbirgt und wo überall typische Positionen und Argumentationsmuster von TERFs und Rechten erkennbar sind. Denn nur wenn man das nicht erkennt, erscheint „LGBTQIA+ feindliches Arschloch“ und die Aufforderung, dass dieses sich verpissen möge, als unnötig harsche Wortwahl.

Wenn man aber die Positionen und Argumentationsmuster als das erkennt, was sie sind, ist das a) eine völlig angemessene Wortwahl und b) eine völlig richtige Schlussfolgerung. Diejenigen, deren Positionen der Antragsteller teilt, wollen in letzter Konsequenz nichts weniger als queeren Menschen das Existenzrecht abzusprechen und das ist keine Meinung, die man aushalten muss, das ist eine Position, die es zu bekämpfen gilt. Immer und überall, aber erst recht in unserem eigenen Verein.

Ich könnte die obigen Aussagen jetzt alle noch konkret belegen, Beispiele für Gewalt gegen queere Menschen anführen, Argumentationsmuster und die Struktur der „Antragsbegründung“ genauer aufdröseln. Aber ganz ehrlich, ich habe da keine Lust zu. Ich will stattdessen noch eines sagen: Queerness zu akzeptieren und ihr Platz zu bieten bedeutet, die heteronormative Ordnung zu hinterfragen und aufzubrechen und das schafft mehr Freiheit für alle, egal ob queer oder nicht. Lassen wir uns auf dem Weg dahin nicht von falscher Rücksichtnahme auf vermeintlich harmlose Spinnereien aufhalten.“

Nochmal danke an AJ, dass ich den Text nutzen durfte.

Der Trockendock Antrag

Die Antragssteller*innen verwiesen in ihrem Vortrag auf die schriftliche Begründung, um der vorangeschrittenen Zeit Rechnung zu tragen.

BvG erklärte für das Präsidium, dass man dem Antrag zustimme und dem geforderten Erhalt nicht im Wege stehen möchte. Die CSR-Abteilung habe sich damit auch schon intensiv beschäftigt. Zwar sei der Standort noch zu klären, aber es werde auch 2023/2024 ein Trockendock geben.

„Das kommt nun überraschend“ war die Reaktion der Antragssteller*innen.

(Wie schon in der Vorbereitung geschrieben scheint mir dieser ganze Antrag sehr auf einer Kommunikationsproblematik zu liegen. Ich hoffe, dass die Weiss-Braunen Kaffeetrinkenden und die Vereinsseite da wieder zu einer besseren Kommunikation finden.)

Eine weitere Antragsstellerin sprach dann noch und mahnte ein Suchtpräventionskonzept beim FCSP an. So fände sich im Bereich E-Sport in einem einzigen Artikel ein Hinweis auf eine Suchtprävention, ein Konzept fände man aber nicht. Man frage da nun seit drei Jahren nach und es sei nichts passiert. Sie sei Mutter zweier Kinder, die mit ihr zum Stadion laufen und dabei nur Menschen mit Bier in der Hand sehen und Verkäufer von Bier. Überall sei Bier und die Kinder bekämen das Gefühl, dass Bier dazu gehöre, dass man es trinken müsse; es gehöre zum Spiel und sei für gute Laune unabdingbar. Dies werde der in den Leitlinien genannten Vorbildfunktion nicht gerecht.

Das Dilemma zwischen Ethischem und Wirtschaftlichem bestehe und hier fresse Gier das Hirn auf. Das Trockendoch sei ein erster Baustein in einem Suchtpräventionskonzept.

BvG sagte ein Suchtpräventionskonzept für 2023/2024 zu.

Es wurde aus dem Plenum auch noch erwähnt, dass es ja nicht nur Alkoholsucht gäbe, sondern eben auch Spielsucht und man dafür Werbung mache wie auch für Medikamente, die genauso Suchtmittel seien.

(Wir haben hier im Fußball überhaupt und beim FCSP eine sehr offene Flanke. Dieses „es gehört zwingend dazu“ ist ein Problem. Wir müssen viel mehr über Konsum und die Problematik des Konsums in einem Fußballstadion sprechen. Und auch über die anderen Suchten, die wir bewerben.)

Der Antrag wurde ohne Gegenstimmen bei 7 Enthaltungen angenommen.

Finale

Und damit war die Versammlung zu Ende, um 19:13 und damit drei Minuten zu spät schloss Kristian die Sitzung. Oke dankte noch mal allen und das war es für dieses Jahr.

Was fehlt?

Die Salzbrennerwürstchen

Fazit?

Gibt es traditionell nicht.

4 Kommentare

  1. Bruncki Bruncki

    Danke für den Riesenaufwand. Bockstark!
    Walk on, Bruncki

  2. Kai Kai

    Schön, Danke! Ich Nicht Mitglied, bekennender kontrarevolutionärer Verdi Franktionist möchte meinem Herzensverein anraten, die Arbeitszeiterfassung ernst zu nehmen. Wenn eins das einfach verschlampt, wird das einem bei arbeitsrechtlichen Konflikten um die Ohren fliegen. Das können wir so gar nicht gebrauchen.
    Kai

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Blue Captcha Image
Refresh

*