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Eine Abrechnung mit dem FCSP

Vorweg:

Fußball ist unwichtig. Wichtig am 09.11.2022 ist die Erinnerung an die Pogrome, die in Deutschland an diesem Tag begangen wurden. Kein Vergeben, kein Vergessen!

Und damit zum Unwichtigen

Liebste Leser*innen,

es herrscht Frust im magischen Hauptquartier. Es geht gerade so viel kaputt.

Wir sind nun wirklich nicht Menschen, die der Meinung sind, dass sportlicher Erfolg alles ist, aber wir steigen gerade in die Insolvenzliga der Bedeutungslosigkeit ab und einigen Men-, ach vergesst es, einigen alten weißen Männern fällt echt nichts Besseres ein als unseren Frust mit „wenn es ums Gewinnen geht, dann geh doch in den Volkspark“ zu kommentieren. „Wenn es Dir nur ums saufen geht, dann geh doch in eine Kneipe“ möchte man antworten.

Nein, sportlicher Erfolg ist beim FCSP nicht alles, aber Oke hat das schon richtig zusammengefasst mit seinem „Wir wollen den größtmöglichen sportlichen Erfolg, weil wir dann eine viel größere Wirkung mit all unseren Themen haben, auch in Bereiche hinein, die gesellschaftlich relevant sind. Dazu ist der Fußball unsere Plattform, mit der wir erfolgreich sein wollen.“

Viele dieser alten weißen Männer müssen sich auch mal fragen, was sie denn genau zu dem Besonderen, was den FCSP ausmacht, beitragen. Wenn es nicht ein paar Ultras und ein paar andere Bekloppte gäbe, die zu nahezu jedem Spiel unsere politische Botschaft per Tapete verbreiten, dann wäre unsere gefühlt einzige politische Äußerung seit ungefähr 20 Jahren, dass wir irgendwie gegen Nazis sind. Aber bitte nichts mit Gewalt und bitte den eigenen Sexismus und Rassismus nicht ansprechen. Dankeschön!

(Ja, wir wissen, da gab und gibt es mehr: Seenotrettung, Aktionen mit der Amadeus Antonio Stiftung, Fridays for Future, Spenden für die Ukraine, Flaggen über dem Stadion…)


Die Frage, die sich uns stellt: Nehmen wir da die Leute, die bei uns im Stadion stehen, aktiv mit? Und reicht ein bisschen Wohlgefühlgetue in diesen Zeiten, in denen wir leben, oder muss da nicht viel mehr Radikalität rein?)

Maul zu in der Bahn, Maul auf im Stadion

Wir reisten zum Spieltag teilweise mit der Regionalbahn an. Es ist unangenehm, wie betrunken Männer schon lange vorm Spiel sein können. Wie laut und Platz einnehmend. Und damit auch rücksichtslos seiend. Muss das denn sein? Wenn man Euer – nebenbei auch noch hart dummes – Gelaber durch Metallica abspielende Kopfhörer hört, dann seid Ihr zu laut und zu unangenehm. Schont doch lieber Eure Stimmen für den Support.

Und der war bestenfalls durchwachsen. Wir stehen als Blog bekanntermaßen an verschiedenen Stellen des Stadions und wir beobachten immer die Schar der unentwegten, der ständig Lärm machenden, der mit oder auch unabhängig vom Spiel engagierten. Und wir beobachten Menschen, die sich mittig in die Süd stellen und nicht einmal in 90 Minuten den Mund aufmachen. Man möchte solche Leute anschreien und ihnen kurz normverdeutlichend erklären, was „Kurve der Ultras“ eigentlich heißt. Wir könnten auch damit anfangen, in eben jenen Bereichen keine Rucksäcke mitzubringen. Gibt ja ne gut funktionierende Gepäckabgabe vor der GG.

"20 Jahre Schickeria" Banner und eine Blockfahne mit den Logos von USP und Schickeria
Ausziehfahne Teil 1

Neben unserer Gegengeraden-Dependance steht eine unfassbar tolle Truppe junger Menschen (Grüße!), die jeden Chant der Süd aufnehmen und lautstark rausbrüllen. So engagiert, dass wir sie schon halbironisch gefragt haben, wann sie in die Süd wechseln. Wenn die nach ungefähr 75 Minuten auch immer mehr verstummen, dann ist das eben auch Teil des Supportproblems. Support existiert nicht in einem Vakuum. Es ist eine Interaktion. Das Millerntor kann aus dem Nichts magische Momente kreieren, siehe gegen Kiel vor der Pandemie – als wir alle gemeinsam diesen Ball ins Tor gesungen, wenn nicht geschrien haben. Aber das geht eben nicht immer. Und es geht eben nicht, wenn der Druckabfall auf dem Platz immer augenscheinlicher wird.

Blockfahne von unten

Es fehlt uns an Intensität. Immer noch. Es fehlt uns auch an Mut. Wir spielen gegen den Tabellenachten. Das ist keine Übermannschaft. Wir haben eine englische Woche. Und wir wechseln in der Nachspielzeit noch zweimal aus?! Das ist ein Kapitulationszeichen. Nicht nur geht man anscheinend davon aus, dass kein Spieler auf der Bank noch mal frischen Wind bringen kann, nein, man nimmt damit auch noch bewusst Zeit von der Uhr. Das ist Angsthasenball. Auch der – für unsere Verhältnisse – frühe Wechsel von Metcalfe zu Aremu stellt uns defensiver. In einem Spiel, das wir gewinnen müssen. Ist Metcalfe nicht fit? (Und wenn nicht, warum nicht?) Wir haben den nicht schlecht gesehen, zumindest nicht schlechter als z.B Paçarada. Nein, das ist keine Kritik an ihm. Er ist beim FCSP einer der wichtigsten und besten Spieler. Aber es gibt in der NBA die schöne Phrase „Load Management“, und das wäre bei Paçarada mal angebracht. Der Junge wirkt unfassbar platt. Ähnlich geht es uns mit Jackson. Noch so ein unfassbar wichtiger und guter Spieler. Ja, wir haben gerade keine wirklich pralle Bank, aber es muss doch irgendwie mal gehen. So bringen uns diese Spieler im konkreten Spiel nix und sind auch weiterhin platt und überspielt.

So überspielt, dass wir nach dem Spiel dann nur noch in leere Gesichter blickten, als das Team die Runde machte. „Immerhin pfeifen die uns nicht aus“ und die Suche nach verwandten und befreundeten Menschen schien da alles zu sein.

"20 Jahre Schickeria" Text und Blockfahne mit den Logos von USP/Schickeria, nun aber mit "Ultra Curva Sud" als Text in der Mitte
Ausziehfahne Teil 2

Kommunikationsschritte


Der FCSP hat die Nominierung von Jackson für die unsägliche WM korrekt als „sportlichen Erfolg“ eingeordnet. Uns wäre trotzdem eine lange Pause für unsere Nr. 7 lieber.

Vor einigen Wochen war – erinnert Ihr Euch? – Klimaspieltag am Millerntor. Inkl. großem Aufruf zur Anreise ohne Auto. Diese Autos standen dafür dann heute als Werbeelemente vorm Stadion. Und dann noch nicht mal Elektroautos, sondern einfach ganz stumpf Verbrenner. Kontinuität und Stringenz in den Vermarktungsaktivitäten vermissen wir. Wieder mal.

Sowieso: Die Kommunikation durch den Verein. Die wird besser. Sie antworten mal, sie sind mal witzig – noch lange nicht alles ist rund, und „überragender Support“? Das ist ein bisschen stark ins Klischeetöpfchen gegriffen. Ankündigung des Kamerateams, welches die Weiß-Braunen Kaffeetrinker begleitet, erst nachdem gemeckert wurde? Unglücklich, aber immerhin wurde es dann kontextualisiert und im Gespräch mit Patrick kam auch heraus, dass man sich der Problematik von Kamerateams im Block bewusst ist. Das sind Schritte in die richtige Richtung.

Schritte, die wir leider auf dem Platz stark vermissen. Trainerwechsel? Sportchefwechsel? Wunderstürmer? Wir sind kein Blog, das Köpfe fordert. Das ist der einfache Mechanismus im Sport, der aber meistens nur zeigt, dass im Verein etwas nicht stimmt. Und es ist ja nicht so, dass wir nun jahrelang in diesem Verein Wunderfußball gespielt haben und dann kamen diese Verantwortlichen und alles ging den Bach runter. Nein, wenn man ehrlich ist, ist es seit 2011 zu 80 % richtiger Rotz. Und das mit zwei Präsidenten und mehr Trainern und Sportchefs, als wir zählen mögen. Vielleicht ist ja der Aufsichtsrat schuld? Auch wenn wir auch bei dem in dem genannten Zeitraum einige Wechsel erlebt haben.

Mindestens [hier stand vorher wenigstens und uns hat Feedback erreicht, dass dies anders klang als gemeint war – danke für den Hinweis an der Stelle!] ein Posten ändert sich dort, denn Roger scheidet per Satzung aus. Die Verabschiedung auf dem Rasen war eher dünn beklatscht, was dem Wirken von Roger nun wirklich nicht gerecht wird. Eine Würdigung durch uns erfolgt später.

Wie bekommen wir nun die positive Kurve?

Wir würden gerne etwas schreiben von „jetzt erst recht“ oder „dann hauen wir nun Karlsruhe weg und spielen eine grandiose Rückrunde“, „wir glauben an Euch, ein gutes Wintertrainingslager und dann spielen wir eine richtige fette Rückrunde“, aber irgendwie wirkt das alles gerade sehr hohl.


Im Dezember 2020 veranlasste uns eine ähnliche Lage zu diesem verlinkten Text; danach ist uns gerade so gar nicht.

Das Spiel gestern hat uns noch mehr auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und erneut deutlich aufgezeigt, wo unsere Schwächen sind. Ja klar: Irgendjemand wird jetzt wieder erwähnen, dass es in Minute xy doch ganz gut ausgesehen hätte. Dass man positive Ansätze sähe. Und die xG-Werte seien auch vielleicht ganz okay. Und endlich mal zu Null. In diesem Zusammenhang: Hut ab, Feuerwehrmann Beifus. Es würde dann ergänzt werden, dass dieses junge Team Zeit bräuche.

Nur seien wir ehrlich: Dafür und für die hübschen Ansätze gibt es keine Punkte. Es ist nicht mehr der Anfang der Saison, sondern dies war Spieltag 16. Und Stand jetzt (09.11.2022 morgens) sind wir genau einen Punkt vor einem direkten Abstiegsplatz.

Selbst wenn wir jetzt eine grandiose Rückrunde spielen sollten: Es kann doch einfach nicht unser ewiger Anspruch sein, irgendwie mit Ach und Krach Platz 10 zu erreichen? Siehe Oke.

PS: Glückwunsch an die Schickeria. 20 Jahre als Ultragruppe durchzuhalten ist immer einen Glückwunsch wert, gerade wenn man in so einem Umfeld wie Bayern aktiv ist. „Wie lange wollen die denn nun noch Geburtstag feiern“ 😅

PPS: Jakov, wir sind Fans. Wir hoffen, das hilft bei der schnellen und vollständigen Heilung.

Ein Kommentar

  1. Elke Schuster Elke Schuster

    Sehr gut geschrieben. Könnte aus meinem Kopf sein

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