Herzlichen Glückwunsch, USP!
(Bebildert ist der Artikel mit Fotos unseres Seniors, die ungefähr 2005 bis 2007 entstanden sind. Copyright liegt bei ihm.)
Unsere Ultras werden 20 Jahre alt. Wir gratulieren von ganzem Herzen – ohne Euch wäre dieser Verein sehr viel langweiliger und unsere Fankultur komplett in den 90ern hängengeblieben. Auf die nächsten 20 Jahre!
Ultrà ist eine wichtige Jugend- und Jungerwachsenenkultur (wenn hier ab jetzt vereinfacht von Jugendlichen die Rede ist, dann meint das Jungerwachsene mit). Viele Jahre lang war es vielleicht die wichtigste Jugendkultur in Deutschland. Eine Jugendkultur, die gemacht hat, was Jugendliche unbedingt machen sollen:
Grenzen austesten, das Establishment kritisieren und auch mal richtig Scheiße bauen. Wie hassen wir diesen Duktus, dass Jugendliche doch bitte ab 22 Uhr nur noch in Zimmerlautstärke Musik hören sollen und am besten sich schon mal in ein Hemd und einen Pullunder zwängen sollen, um ihre kapitalistische Verwertbarkeit vorzubereiten… Diese FDP-Denke sollte jeder vernünftige Mensch ablehnen und Jugendliche anbrüllen, dass sie endlich mehr SUV smashen sollten. Sehr erfrischend, dass es FFF als globale Jugendbewegung gibt und dass es genug Jugendliche gibt, die in Klimafragen unbequem sind.
USP hat in seinen 20 Jahren die deutsche Ultrakultur entscheidend mitgeprägt, und auch beim FCSP viel erreicht. Von dem kleinen Haufen, der isoliert in Maleranzügen in Gladbach stand und noch Carpe Diem hieß, zu einer Gruppe, die in ganz vielen Bereichen in diesem Verein wirkt. Und deren kreativer Stil von vielen Gruppen in Deutschland kopiert wird – auch wenn sie es alle nie zugeben würden, natürlich…
Fußball ist Politik – auch dies lebt USP seit ihrer Gründung. Das Alerta Network ist ihre Idee und versucht eine Vernetzung über Grenzen hinweg. Natürlich ist das nicht immer einfach und ohne Probleme, denn Belgien oder Griechenland haben ganz andere Mentalitäten und Ideen als wir hier. Aber da dran zu bleiben und mit dem Antira auch einen Fixpunkt für die Vernetzung politischer Fußballfans geschaffen zu haben, ist ein großer Verdienst von USP. Und wenn man dann mal in politischen Verbindungen in Hamburg unterwegs ist, dann freut man sich wieder, wie viele aus Ultrakreisen bekannte Gesichter man an ganz anderen Stellen wieder sieht. Sei es Flora, G20 und so weiter und so fort.
Ohne Ultras würde unsere Fanszene immer noch dreimal „Heya Ypiieyey“, dreimal „OleOleOle“ und zweimal irgendwas anderes pro Spiel singen und sonst ruhig sein. USP ist einer der wichtigsten USP dieses Vereines – und ja, diesen Gag müssen wir hier machen. Damit ist nebenbei auch das Pyrothema ausdiskutiert. Muss einem nicht gefallen, aber sie bringen so viel in diesen Verein ein, dass sie auch mal eine DFB-Strafe kosten dürfen. (Die wiederum sind sowieso unsinniger Dreck. Aber das ist ein anderes Thema.)
Unser Senior ist ungefähr so lange aktiver Fan beim FCSP, wie unsere Ultras existieren, und dieses Blog wurde 6 Jahre später gegründet. Was nebenbei heißt, dass wir noch in der rebellischen Teenagerphase sind, liebe Ultras, Ihr hingegen müsst jetzt studieren und Euch einen Job suchen 😀 (kapitalistische Verwertbarkeit, olé)
Die Haltung unseres Seniors und dieses Blogs zu USP ist schon immer die einer kritischen Solidarität. Uns gefällt nicht alles, was USP macht, aber jeder Moment ohne sie ist schlechter als jeder Moment mit ihnen. Die Macher*innen dieses Blog sind im Schnitt auch gut über 30, und wenn uns eine Jugendkultur durchgängig gefallen würde, dann wäre etwas falsch.
Wir nennen hier als verjährtes Beispiel die Blockade gegen Rostock. Natürlich war das Bullshit, aber der Senior erzählt dazu immer gerne folgende Geschichte:
Ein Fanclub Namens Roter Stern St. Pauli besteht aus ganz vielen Altlinken und ich sag es mal so: Die Damen und Herren waren damals nicht gerade unkritisch gegenüber der Südkurve und USP. Als aber nun nach der Rostock-Blockade die ganze Scheiße von “Kurven Gestapo” und anderem Bullshit in Foren geschrieben wurde, kam von genau diesem Fanclub eine E-Mail bei unserem Senior an, die ungefähr folgenden Text hatte: “Senior! So geht das nicht. Wir müssen uns da solidarisieren, das sind unsere Ultras! Die soll niemand von diesen ganzen doofen Paulis so angreifen!” Und genau das ist der Punkt. Grenzen austesten, Grenzen überschreiten, uns alte Säcke auch mal beschäftigen! Das ist gut.
Was USP uns so sympathisch macht, ist auch das Ringen mit sich selbst. Wir haben hier im Rahmen der Sexismusvorwürfe Stellung bezogen und USP deutlich kritisiert. Wir nehmen aber auch wahr, wie die Gruppe mit sich ringt, wie sie zu Veränderungen kommt und wie sie versucht, besser zu werden. Viele Menschen werden dann immer sagen “das reicht nicht”, aber das sehen wir nicht so. Eine sehr heterogene Gruppe, die eben nicht von oben diktatorisch geführt ist, muss auch mal um Inhalte ringen, Kompromisse formulieren, und nicht immer ist das Ergebnis perfekt. Aber es wird besser, die Gruppe wird besser. Sie forciert schmerzhafte Veränderungen. Und das ist der richtige Weg! Und wir wollen Euch da stützen und helfen! Solidarisch! Wenn es mal was zu meckern gibt, dann meckern wir. Aber lieben Euch auch dann.
USP wäre nur eine leere Hülle, wären da nicht die Menschen. Auf den unzähligen Fahrten haben wir in den 20 Jahren viele Menschen kennen und lieben gelernt, die USP-Mitglied sind oder es waren. Häufig genug werden USP-Mitglieder hier zitiert. Ihr wisst, wer Ihr seid. Danke, dass es Euch gibt.
Ultrakultur hat auch ihre schwierigen Elemente. Es ist immer noch eine Testosteron-Männer-Kultur. Territoriale Ansprüche und Kämpfe sind den Verfasser*innen dieser Zeilen häufig genug fremd. Seien wir mal ehrlich: Natürlich ist dies auch ein entscheidender Teil, warum sich viele junge Leute für Ultrà faszinieren. Der Adrenalinstoß, wenn es Action mit Polizei oder anderen Gruppen gibt, reizt viele junge Menschen halt. 10 Stunden im Bus zu sitzen, in Fürth eine lahme Truppe zu besingen und noch mal 10 Stunden im Bus zu sitzen ist nicht wirklich ein Thriller und eher was für Verrückte wie uns.
Wir können kein Flugzeug mit Banner schicken, wie es die Schickeria getan hat. Das passt auch nur zu FCB-Fans mit dem Namen „Schickeria“ perfekt. Wir können Euch nur diese Würdigung schreiben und Euch ganz viel Gutes für die nächsten 20 Jahre wünschen. Und sollte dieses Blog wirklich 34 Jahre alt werden und Ihr 40 Jahre, dann reißen wir 2042 das Stadion bei der Party ab. Nicht nur eine Tribüne, wie es an diesem Wochenende hoffentlich geschieht.
Einen Wunsch haben wir an dieser Stelle aber auch an die geneigten Leser*innen, die nicht „Ultra“ sind. Lernt, dass auch beim FCSP nicht jede*r in der Südkurve bei USP ist und nicht überall, wo beim FCSP „Ultra“ (scheinbar) drauf steht, USP drin ist. Eine differenziertere Betrachtungsweise wäre spätestens nach 20 Jahren angebracht, liebe Menschen da draußen.
Again: Happy Birthday and still loving USP!
Eure Magischen
Für uns waren die Altlinken immer 68er:innen und solche. Aber mit teilweise über 60 und immer noch links, soll sich keine/r beschweren, so benannt zu werden.
Und sooo altlinks ist der Rote Stern auch nicht (mehr). Haben wir uns doch, geistig rege wie wir nun mal sind, doch immer weiterbewegt. Außerdem haben wir auch Nachwuchs, eigenen und zugelaufenen…
Es freut uns aber immer wieder zu hören, daß wir, obwohl wir nicht mehr so aktiv sind wie früher (einzeln und auch als Gruppe), immer weiter Spuren hinterlassen. Viel mehr kann man in solchen wirren Zeiten wohl nicht verlangen (auch wenn wir gerne…).
Schön, daß es euch gibt, schön, daß es USP gibt.