Liebste Leser*innen,
vielleicht müssen wir mal was klarstellen. Viele Selbstverständlichkeiten noch einmal aufschreiben und gewisse Dinge erklären. Hier schreiben 2,5 Menschen (JAAAA!) plus einer Editorin gemeinsam als Kollektiv einen Fanblog. Wir sind Fans. Und „Rationalität und Fans, das passt schlecht“. Wären wir rational, dann würden wir schon lange den diversen wissenschaftlichen Studien glauben, die bewiesen haben, dass Support nix bringt und Fans keinen Einfluss auf das Geschehen auf dem Platz haben. Für diese Feststellung braucht man nebenbei keine Wissenschaft. Es reicht festzustellen, dass Wolfsburg existiert. Wir würden das Spiel im Bezahlfernsehen verfolgen und würden sehr viel Zeit und Geld sparen. Denn ein Vergnügung ist es nicht, für nichts und wieder nichts durch die Republik zu juckeln. Wir machen es aber, weil wir Fans sind.
Fußballfanblogs sind emotional, parteiisch, oft irrational. Sie haben nicht den Anspruch, einen Spieltag und ein Spiel Minute für Minute objektiv nachzuerzählen und zu analysieren. Dafür gibt es professionelle Journalist*innen. Zumindest gilt das für dieses Blog und seine Spieltagsberichte. Wir schreiben dieses Blog, um festzuhalten, was an Spieltagen passiert. Aus unserer Perspektive. So bloggen wir und so nutzen wir Social Media. Emotional-irrational. Nicht immer geleckt, aber immer vom und mit dem Herzen.
Und es tut uns leid, das so sagen zu müssen: Aber auch in unserer angeblichen heilen FCSP-Bubble passiert ganz schön viel Scheiße. Und das meiste ist nicht so eine Scheiße wie in Rostock, auch wenn das alle viel lieber lesen (vor allem, wenn sie nicht dabei waren). Nein, die meiste Scheiße, die passiert, sind Dinge, die aus unserer Fanszene heraus passieren.
Frauen werden angegrapscht oder belächelt, sie müssen sich als Frau rechtfertigen für ihren Support und ihre reine Anwesenheit in einem Fußballstadion. Männer hingegen treten mit einem Selbstverständnis auf, als würden ihnen Gott und die Welt gehören und handeln dabei immer mehr problematisch. Um es freundlich zu formulieren. Und wenn wir so etwas mitkriegen, dann sagen wir was. Und dann werden wir es auch in dieses Internet schreiben. Und ja, dann ist es emotional. Weil wir wütend und genervt sind, dass wir es jeden Spieltag tun müssen. Weil es immer Frauen sind, die Männer auf ihr scheiß Verhalten hinweisen müssen. Weil es Frauen sind, die sich dann auch noch rechtfertigen müssen, dass es ihnen zurecht reicht. Und weil es gute Männer gibt, die das auch erkennen, und sich dann noch vor irgendwelchen Leuten im Internet erklären sollen. Und dann sind es harte Worte. Und die müssen auch hart sein. Weil es viel zu viele Dudes immer noch nicht begreifen.
Wir schreiben das in dieses Internet. Weil es das ist, was wir nunmal tun (und bevor wieder jemand darauf antwortet: natürlich nachdem wir in der jeweiligen Situation dazwischengegangen sind, nachdem wir unseren Mund aufgemacht haben). Und wenn dann Menschen, die weder in der Situation dabei waren, oder noch besser nicht mal im Stadion, im Internet kommentieren, wir sollten uns doch abregen, dann platzt uns der Kopf. Auch weil es die Reaktion ist, die uns am meisten unsere Legitimation abspricht. „Nun reg dich mal nicht so auf“ ist immer mit einem „das ist hier so“ oder „das ist Fußball“ zu lesen und stellt immer auch unsere Zugehörigkeit zu diesem Sport, dem Fansein, der Situation in Frage.
Dann müssen sich ganz viele Menschen in diesem Internet einmal die Frage stellen, warum sie das so stört. Option a) Fühlt euch alle angesprochen? Option b) Liegt es daran, dass zwei Frauen dieses Blog schreiben? Beides zeigt nur euren tief sitzenden Sexismus. Aber das wollt ihr alle nicht hören. Stattdessen feiert ihr lustige Typen, die OKF durch die Gegend laufen, weil es doch nicht so schlimm ist. Jegliche Kritik ist nur Nestbeschmutzung und wir sollen doch nicht so zickig sein. „Zickig“ – weil Frauen ja sowieso nur zickig sind und überregieren.
Wir erleben diesen Scheiss jede Woche. Auswärts – besonders im Süden – noch mehr als zu Hause. Aber auch da passiert es – öfter als ihr es zugeben würdet. Und nein, das Problem ist kein USP-Problem, hier nehmen es nur viele öffentlicher wahr. Und trotzdem würden wir im Zweifel immer USP um Unterstützung in diesen Situationen bitten. Aber auch auf der Gegengerade und auf der Nord passiert viel Scheiße. Diese jede Woche wieder ansprechen zu müssen, jede Woche wieder dafür belächelt zu werden, jede Woche gesagt zu bekommen, man solle sich doch abregen: Nein, wir wollen uns nicht abregen. Weil ihr es auf ruhige Art und mit rationalen Argumenten nicht versteht oder verstehen wollt.
Und es ist scheiße, dass gute Menschen davon reden, nicht mehr ins Stadion gehen oder auswärts fahren zu wollen, weil sie diese Menschen nicht mehr ertragen. Wir wollen ein Stadion voller guter Menschen, in dem sich alle wohl fühlen, und nicht, dass die Guten immer weniger werden, weil sie müde sind und viel zu viele andere denken „ach, es ist doch nicht so schlimm“.
Niemand zwingt euch, unser Zeug, das wir ins Internet schreiben, zu lesen. Niemand erwartet, dass ihr das gut findet. Dieses Blog hat schon immer gemotzt. Dieses Blog hat schon immer deutlich angesprochen, wenn etwas gehörig schief lief. Passiert das immer auf die sanfteste Art? Nein, natürlich nicht! Und das muss es auch nicht. Wir sind ein Fußballblog, wir sind Fans. Wir sind nicht rational sondern emotional. Deal with it.
(Senior sagt:)Dieses „rausrotzen“, dieses auch mal deutlich ansprechen, was Sache ist, dass habt ihr alles abgefeiert, als ich noch alleine geschrieben habe. Mir habt ihr nie „jetzt reg dich doch mal nicht so auf“ geschrieben (immerhin hieß dieses Blog die ersten Jahre genau so: „N regt sich auf“),Warum wohl? Weil uns jetzt endlich mal Frauen in unserer Männerwelt anzählen? Weil wir es nicht ertragen, dass Frauen laut und klar ihre Meinung äußern? Und dann noch als Fußballblog, dieser letzten Bastion des lustigen Dudeseins? Bei Männern werden Emotionen im Stadion als „Kult“ gefeiert, bei Frauen als unpassend und übertrieben empfunden. Dieser Spieltag war exemplarisch dafür – regt sich ein Mann sehr laut über den nicht gegebenen Elfmeter auf, dann dreht man sich erstaunt zu ihm um und klopft ihm nach dem Tor auf die Schulter. Regen sich eine Halbzeit später zwei Frauen sehr laut auf, so bleibt es nicht beim Umdrehen, es gibt negative Kommentare, Blicke, Getuschel, zusammengesteckte Köpfe.
Wir sagen euch: Gewöhnt euch dran. Es kommt das Zeitalter der Frauen. Das Zeitalter der (alten weißen) Männer, die bestimmen, wann man was rausrotzen darf und wann nicht, ist vorbei. Und das ist auch gut so. (Senior Ende)
Danke! Macht weiter so!
Hört bitte erst auf Euch aufzuregen, wenn es keinen Grund mehr gibt. Menschen wie ihr macht die Welt besser, und unsere Szene zu dem was sie ist. Walk on!
Lieber magischer FC-Blog,
wir wollen das ihr rotzt, motzt und weiter macht wie bisher, wir wollen unser kommunistisches Zentralorgan UND wir wollen den Aufstieg!
Also regt euch auf, motzt bis es keinen Grund mehr gibt! Dieser mittelmässige Zweitligist ist anders, er ist antifaschistisch, klimafreundlich, progressiv, feministisch und antikapitalistisch!
Wir wollen eine andere Welt, eine anderes System, im Grossen wie im Kleinen let’s go for it, Forza!
Soso der Blog wird von Frauen geschrieben.
Also das war mir nicht bekannt ist aber auch vollkommen irrelevant. Denn ob w/d/m ist doch schnuppe.
Hauptsache ehrlich.
Ich lese nur dann und wann und finde das war alles interessant, parteiisch, geil, …, und voll WIR.
Bitte macht weiter so und nicht anders. Bleibt euch und unseren Idealen treu. Dazu gehört auch der kritische Umgang mit uns und unserem Verhalten.
Forza Stefan
Merci, und weitermachen Mädels. Aufgeben ist kleine Option weder im Fussball noch im Handeln außerhalb des Stadions . Es wird weder gelingen allen alles zu erklären , oder Sie zu “ erschiessen“ …aber der Versuch bleibt es Wert . Forza FCSP 🙂
Weiter laut und kritisch sein!
Ich gehe super gerne auf die Nord und bin laut und emotional (warum sonst bin ich im Stadion) und kann das am Millerntor gemeinsam mit Frauen und Männern sein. Musste eure Erfahrungen noch nicht teilen und hoffe, dass das so bleibt.
In anderen Stadien (Hannover!!!) wird mir dann bewusst, wieviel besser der Umgang miteinander am Millerntor ist.
Deshalb über Missstände nicht zu sprechen/schreiben/motzen wäre aber fatal.
Deshalb DANKE für klare Worte und Emotionalität!
Hoffentlich hilft es die Zeiten von ’stell dich nicht so an‘ beim Thema Frauen und Fußball bald zu beenden.
Ganz viel Support aus OWL 😊
Turbine
Bitte macht weiter so! Ich folge dem Blog seit 2006 regelmäßig und wusste nicht, dass mittlerweile Frauen hier schreiben. Ist auch vollkommen egal. Sexismus hat nirgendwo etwas zu suchen. Bitte legt weiter den Finger in die Wunde.