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Dekoratives Rumstehen

„Es geht immer noch um den Aufstieg! Da muss mehr kommen!“ (Zitat eines USP-Vorsängers Mitte der zweiten Halbzeit)

Wir fahren nach Dresden. Zum zweiten Mal diese Saison, zum dritten Spiel gegen die Sympath*innen aus der Elbflorenz. Danke an die Reiseleitung für die Organisation der Bahnfahrt; einzig die Rückfahrt aus Dresden war ein dezenter Abfuck. Aber dazu später mehr.

Abfahrt 6:04 Uhr ab Hauptbahnhof. Erstes Ziel: Kaffee in der Sonne in Berlin. Dank Baustelle dürfen wir schon wieder im Bundeshauptdorf verweilen. Der zweite Teil der Fahrt gestaltet sich romantisch mit vielen Möglichkeiten, die brandenburgische und sächsische Landschaft zu genießen. Wie ist es da so, fragt ihr? Flach!

In Dresden werden wir von sehr viel Polizei begrüßt – jede Kita wäre neidisch auf diesen Betreuungsschlüssel. Ab in den Shuttlebus und Richtung Stadion. Es ist alles entspannt und irgendwie war auch bei Dynamo früher mal mehr Hass. „Früher war mehr Hass“, ein Motto, das sich noch durch den Tag ziehen sollte.

3G-Kontrolle, Taschenabgabe, Ticketkontrolle, Einlasskontrolle und ab ins Stadion. Das ging heute erstaunlich gut. Wenn man denn kein Ladekabel dabei hatte – das nämlich durfte Mensch sich nach Abpfiff beim Fanladenhoschi ihres Vertrauens wieder abholen.

Wir finden unseren Platz im Block, blicken auf den leeren K-Block und „erfreuen“ uns der musikalischen Unterhaltung. Alter, kein Wunder, dass die hier alle so aggressiv sind – bei dieser musikalischen Auswahl. 30 Minuten vor Anpfiff öffnet Ultra Dynamo den K-Block; wir sind nicht so richtig beeindruckt. Das Ganze wirkt ein wenig wie eine Kombination aus „Jungwelpen auf ihrem ersten Ausflug“ und „Pyroreste von 2020 aufbrauchen“.

Wir hatten mehr erwartet. Allgemein hatten wir von allem mehr erwartet. Mehr Hass, mehr Deutschlandflaggen, mehr Hitlergrüße, mehr Mittelfinger. Werdet ihr altersmilde, Dresden? Auch die Spruchbänder sind aus der Kategorie langweilig und erwartbar. Aber immerhin reimt sich alles. Union wäre stolz auf euch. Der K-Block fordert noch das Ende aller Pandemiemaßnahmen. Denn Pandemie ist vorbei, wenn Dresden das sagt, nech?
(Und dass es dann doch noch eine Aktion der Kategorie „richtig eklig“ gab, wollen wir nicht unerwähnt lassen. Viel Liebe an dieser Stelle!)

Dresden ist 2. und 3. Liga gewohnt

Mit organisiertem Support ist einfach besser. Für Einleitungen von Artikeln, für die Stimmung, für das Gefühl. Und plötzlich muss man sich im Block nicht mehr ständig über Leute aufregen. (Außer natürlich: Fahne runter! 😇)

Apropos mehr erwartet. In der ersten Halbzeit sehen wir ein Spiel mit viel Luft nach oben. Fehlpässe, wohin man nur hinschaut, ein Rieseloch im Mittelfeld, und Flügel, die massiv schwimmen.

In der zweiten Halbzeit kommt Smith für Buchtmann, dafür rückt Irvine nach vorne auf die 8. Smith spielt wieder so, wie wir ihn in der Hinrunde lieben gelernt haben, und das ganze Spiel wird durch diese einfache Umstellung deutlich stabiler. Wir sind besser im Spiel, näher am Mann, gewinnen wieder Zweikämpfe und zweite Bälle und werfen alles nach vorne. Das ist mal wieder eine richtig gute zweite Halbzeit, für uns die Lust auf mehr macht. Und durchaus auch etwas Hoffnung. Wir nehmen das jetzt auch einfach mal als gutes Omen, dass wir es bei einer solchen ersten Halbzeit so hochschalten können.

Nur: Der blöde Ball will einfach nicht ins Tor.

Mit dem Spiel sind wir zufrieden. Das Ergebnis lässt – auch dank 4 Aluminiumtreffern – Raum nach oben.

Wir steigen entspannt in den Shuttle und lassen uns zurück zum Bahnhof chauffieren. Und dann stehen wir herum. Sehr lange. Gut bewacht von der Dresdner Polizei. Immerhin gibt es Sonne und nach einiger Zeit und nach der 2. Diskussion auch die Möglichkeit, etwas zu essen und Getränke zu organisieren. Dass wir uns dabei noch von netten Dynamos irgendwelche Duschgeschichten ins Ohr flüstern lassen müssen, gehört dann wohl auch schon zur Folklore.

Als die Sonne untergeht, wird unser Zug angesagt, und da beginnt der Abfuck. Wir dürfen nicht zu unserem Zug. Laut Polizei sei der Zug voll mit Geflüchteten aus der Ukraine, die wolle man erst rauslassen, dann dürften wir einsteigen. Nur war halt niemand in diesem Zug. Und die Bullen lassen uns nur in die hinteren drei Abteile, was dazu führt, daß 200 Leute nicht zu ihren reservierten Plätzen kommen und die nächsten zwei Stunden zu neunt in 6er-Abteilen oder in den Gängen sitzend verbringen. Und nichtsahnende Reisende mit regulären Reservierungen (die wahrscheinlich auch deswegen erste Klasse buchen, um Gruppen wie der unsrigen zu entgehen [auch wenn wir keinen Anlass zur Klage erkennen können]) können nicht auf ihre Plätze bzw. müssen nun zwischen genervten Fußballfans sitzen. Ganz groß die Nummer. Richtig schlau. Nicht.
Als wir diesen Bericht schreiben, sind wir noch nicht wieder in Berlin. Irgendwie hat sich alles mittlerweile sortiert und wir alle haben uns mit der Situation arrangiert. Außerdem gibt es Wein vom persönlichen Weinlieferanten und gutes tschechisches Bier ausm Bordi.

PS: Jakov? Wir sind Fans!
PPS: Beifus? Wir sind Fans!
PPPS:

PPPPS: Und wenn man dies dann am Berliner Bahnhof veröffentlicht hat, während geflüchtete Menschen aus der Ukraine nebenan ankommen, dann nivelliert sich viel Gemotze über die Bahn auch sofort. Seht es uns nach, dass wir das Weltgeschehen in diesen Artikeln nicht immer vollumfänglich berücksichtigen.

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