Vorwort
Liebste Lesende, hier also die weiteren Anträge zur MV Dezember 2021. Ob da noch mehr kommt werden wir sehen. Es gilt alles vorausgesetzt, das wir schon im ersten Teil sagten.
Anmerkung des Lektorats: Es werden die Begriffe „Homepage“ und „Website“ hier auftauchen. Wir als Blog benutzen hier den Begriff „Homepage“ als Bezeichnung für die Startseite und den Begriff „Website“ als Bezeichnung für den gesamten Internetauftritt. Der unten erwähnte Antrag benennt die „Homepage“, meint jedoch nicht nur die Startseite. Dies zur Kenntnis.
Housekeeping
Auf der Website des FCSP nicht mehr verfügbar sind der Golfcart-Antrag und der rutschfester Untergrund-Antrag. Ich deute das mal als „sind zurückgezogen“. Wir danken für die kurzfristige Unterhaltung und senden Gedanken an alle, die diesen Anträgen nachtrauern. Insbesondere weil einer von beiden nun wirklich Popcornfaktor gehabt hätte.
Würde mir bei der Frage „Wo ist denn nun der Antrag hin?“ aber mehr Transparenz wünschen und rege generell mal an, das ganze Antragswesen zu überarbeiten. Änderungen wären bei folgenden Punkten sehr wünschenswert:
- Wohin stellt man den Antrag per E-Mail? Das ist bisher nämlich komplett unklar. (Ähnliches gilt auch für die Möglichkeit, sich die Gewinn- und Verlustrechnung zuschicken zu lassen; aber das nur nebenbei. WIR wissen schon, an wen wir uns beim Verein wenden, aber da kann man ja nun nicht bei jedem Mitglied so automatisch von ausgehen.)
- Muss man die wirklich ausdrucken, um sie dann wieder einzuscannen? Was der Verein zur Zeit tatsächlich macht.
- Transparenz über Eingang und Rücknahme von Anträgen auf der Website des Vereines
- Bessere Sichtbarkeit auf der Vereins-Website. Wie häufig haben wir in den letzten Tagen mal wieder die „Wo finde ich die denn?“-Frage beantwortet…
- Und wo wir dann schon dabei sind: In der Satzung kann mal nachgebessert werden, dass man satzungsändernde Anträge 3 Wochen vorher einreichen muss und bis 1 Woche vorher ändern kann; „normale“ Anträge aber nur 2 Wochen vorher eingereicht werden können und dann nicht mehr geändert werden könnnen.
- Und ein Antragsformular wäre schon, und ein „How to“ Anträge nicht nur in diesem Meckerblog, sondern so ganz offiziell vom Verein.
Die neuen Anträge
Kommen wir also zu den neuen Anträgen. Die sind inhaltlich wirklich mal interessant, und einer dieser Anträge führte auch bereits zu Redebedarf bei vielen Menschen.
50+1 stärken
DISCLAIMER!
Menschen aus diesem Kollektiv und ich als der Senior waren an der Stellung dieses Antrages beteiligt.
DISCLAIMER!
Weil das viele Leute fehlinterpretiert haben: Dieser Antrag ist NICHT als Kritik am Handeln unserer Organe im Sinne von 50+1 zu verstehen. Unsere Organe haben sich immer sehr deutlich hinter unsere Konstruktion eines 100 minus 0-Vereines gestellt und vertreten dies als unseren Weg auch überzeugt nach Außen. Das steht auch in der schriftlichen Begründung. Ihr müsstet sie nur mal lesen, Punks!
Trotzdem ist dieser Antrag wichtig, da er ein Rückenstärken und auch ein öffentlichkeitswirksames Bekenntnis zur 50+1-Regelung darstellt. Man muss dem „Kalle labert in jedem Medium, wie scheiße er 50+1 findet“ auch mal medial was entgegenstellen, und die Schlagzeile „Mitgliederversammlung des FC St. Pauli bekennt sich einstimmig zu 50+1“ wäre so etwas.
Der Antrag soll unsere Organe ermutigen, bei den wahrscheinlich bald notwendigen Änderungen an 50+1 (siehe Artikel über kartellrechtliche Bedenken) offensiv und mit uns im Rücken für eine Eindämmung von Umgehungskonstruktionen und Aufweichungstatbeständen zu kämpfen und das Ganze soweit wie möglich zurückzudrehen. Man darf nie vergessen, dass auch 50+1 ein Kompromiss ist.
Der Antrag an sich bindet unsere Organe nicht. „fordert auf“ und „soll“ sind Formulierungen, die verwendet werden. Und das ist auch okay so. Es geht um das Rücken stärken, es geht um die eine gemeinsame kommunistische Arbeiterfront hinter Kim Un -, äh, tschuldigung.
Falsche Platte.
Spaß beiseite. Lasst uns gemeinsam für 50+1 kämpfen und überlassen wir nicht Kalle allein die öffentlichkeitswirksamen Dinge.
Zustimmen!
Der Homepage neu-Antrag
Mal wieder ein Antrag, der schon einen gewissen Popcorn-Faktor hat. Hier schreiben ja die Leute mit einem Blog, das seit 2008 nicht wirklich optisch überarbeitet wurde und das zwar auf neustem WordPress-Stand gehalten wird, aber nicht wirklich viel Funktionen bietet. Kurz, hier sprechen die Teufel vom Weihwasser.
Ich habe das Verbot bekommen, Anträge immer auf formeller Basis zu zerreißen, aber auch dieser Antrag beauftragt niemanden, er sagt nicht, wie das Ziel erreicht werden soll, und er ist daher eher ins Leere gehend.
Auch inhaltlich habe ich da einiges Bauchweh. EIN FORUM???? Bist du von Sinnen, liebe*r Antragssteller*in? Niemand braucht ein Forum und schon gar nicht ein neues Forum. Und ganz im Notfall gäbe es auch immer noch ein inoffizielles Forum, welches – kurz mal geluschert – immer noch ganz gut besucht ist. Es erscheint auch unsinnig, die endlichen Ressourcen im Bereich „Faninteraktionen“ mit einem (dann ja bezahlten) Moderationsmenschen für ein offizielles Forum zu belasten. Und einen solchen würde man alleine schon aus Haftungsgründen benötigen.
Wir würden uns auch viel mehr Social Media-Interaktion (und damit ist etwas anderes als ein paar Mal pro Woche überall etwas zu posten) wünschen, aber doch bitte kein Forum.
Was so im Antrag sonst noch gefordert wird liest sich wie ein Wunschzettel an den Nikolaus. Und der ist bekanntlich am 06.12. und nicht am 01.12.
Über die Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit einzelner Forderungen möchten wir jetzt nicht diskutieren. Bekanntlich ist der Vereinsauftritt irgendwann letztens ja erst überarbeitet worden und trotzdem findet garantiert jede*r nach einem halben Jahr Ticketshop-Nutzung ganz viele Punkte, die einen wahnsinnig machen. Mich z.B. die Aufteilung des Ticketshops in Auswärts- und Heimbereich. Aber irgendwie scheint mir das zu detailliert und sich zu stark im Kleinen zu verlieren.
Ich verstehe Anträge auch zu einer MV auch immer so ein bisschen mit einer „Dringlichkeits- oder Wichtigkeitsschwelle“. Ich würde beispielsweise keinen Antrag stellen, dass die Spieler nun bitte nur noch schwarze Fußballschuhe zu tragen haben; für andere hingegen ist dies möglicherweise das Wichtigste von der Welt. Auch im Falle des vorliegenden Antrages würde ich persönlich sagen „Ja, es gibt Verbesserungspotential auf der Website, aber im Großen und Ganzen macht sie, was sie tun soll“, und das begründet für mich keinen Antrag.
Natürlich kann und soll man Anträge im Bezug auf das tägliche Geschäft stellen, aber ich würde da eher immer für die große Linie plädieren und die Details den geschäftsführenden Menschen überlassen. Jede*r wie er/sie mag.
Der Tarifvertrags-Antrag
Ein langes Vorspiel
Gewerkschaften sind kontrarevolutionär und Tarifverträge nur ein weiteres Mittel des Kapitalismus, Arbeiter*innen glauben zu lassen, dass sie nicht ausgebeutet werden für die Interessen des internationalen Kapitals.
Antrag ist abzulehnen, die Revolution ist einzuleiten.
Schon wieder die falsche Platte. Mist.
Ernsthaft jetzt: Tarifverträge sind etwas Gutes. Arbeitnehmer*innen-Organisation in Gewerkschaften ist etwas Gutes. Es ist schon kein Wunder, dass Arbeitverhältnisse im Bereich der IG Metal relativ gut bezahlt sind und es auch aus diesem Bereich eine sehr breite Lobbywirkung auf Politik gibt. Das hat auch etwas mit dem sehr hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad zu tun.
Viel mehr Menschen sollten gewerkschaftlich organisiert sein. Und aktiv in Gewerkschaften mitwirken. Und aus den Gewerkschaftsbünden sollten die sogenannten Polizeigewerkschaften raus, aber auch das ist ein anderes Thema…
Tarifvertragsverhandlungen sind in Deutschland Ausfluss der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie und sind teilweise gesetzlich geregelt und teilweise durch sehr eingefahrene Rituale geregelt. Stichwort „Arbeitskampf“. Klassiker sind dabei der Streik und die Aussperrung. Das ist durch Rechtsprechung und Gesetzgebung alles sehr fein ritualisiert; ich schenke mir das mal im Detail. Falls ihr euch wundert, warum man in Deutschland nicht Barrikaden beim Streik anzündet: Das gehört in anderen Ländern auch zum Tarifritual, in Deutschland nicht (das war jetzt nur eine sachliche Feststellung). Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbänden (und/oder einzelnen Arbeitgebern) geschlossen, und nur diese 2 ½ Parteien sind tariffähig. Bestes Beispiel für einen Haustarifvertrag ist VW, die nicht Teil des Arbeitgeberverbandes sind und deswegen einen Haustarifvertrag mit der IG Metal haben, der sehr VW spezifisch ist. Im Folgenden ist alles so geschrieben, als ob der FCSP hier einen Haustarifvertrag abschließen wird; ich kann mir keinen Arbeitgeberverband vorstellen, dem der FCSP beitreten sollte.
In den USA z.B. ist es vollkommen normal, dass Spieler*innen in einer eigenen Gewerkschaft organisiert sind UND diese mit den Ligen einen Tarifvertrag abschließt. In Deutschland gibt es mit der VDV auch eine Spieler*innengewerkschaft, die laut ihrer Website auch Tarifverträge fordert, aber bisher nicht in einen ernsthaften Arbeitskampf eingetreten ist. Wir warten noch auf James und Simon mit einer „Wir Streiken“-Weste. Das Bild davon würden sich wahrscheinlich verdammt viele Menschen ins Zimmer hängen.
(Und kleiner Exkurs: Das Spieler*innenbündnis, das sich rund um Neven Subotić und andere gebildet hat, ist schon auch als Ausdruck der Unzufriedenheit mit der VDV zu verstehen.)
Tarifverträge regeln auch sehr viel mehr als nur die Bezahlung. Der Antrag nennt ja den TV-AVH als Beispiel. Den könnt ihr hier nachlesen und auch bewundern, wie viele verschiedene Tarifverträge so abgeschlossen werden. Der TV-AVH ist nun ein klassischer Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, der immer ein sehr eigenes Tierchen ist, aber die Antragssteller*innen nennen den ja ausdrücklich als Grundlage.
Nun zum FCSP
Im Antrag wird nun gefordert, dass man mit Ver.di in die Tarifverhandlungen einsteigen solle. Laut unserem Lieblingsgewerkschafter (danke und Grüße) wäre Ver.di auch die zuständige Gewerkschaft.
„FCSP muss laut Antrag Spieler nach Ver.di-Tarifvertrag bezahlen“
Um gleich vorab diese Boulevardbullshitschlagzeile abzuräumen. Nein, muss er nicht. Fast jeder Tarifvertrag kennt auch außertarifliche Angestellte, die ihre Gehälter unabhängig von Besoldungsgruppen aushandeln. Dies sind Menschen, die ganz andere Positionen in ihren Verhandlungen haben als der herkömmliche Mensch, der beim FCSP den Rasen mäht.
Und nun beginnen die Fragen
Erstmal müssen wir uns alle klarmachen, dass dieser FCSP verdammt viele Menschen beschäftigt und viele davon Verkäufer*innen oder Lagerarbeiter*innen sind. Jobs, die nicht gerade durch glänzende Bezahlungen und Arbeitszeiten auffallen. Man muss nur mal die Öffnungszeiten des Shops Reeperbahn angucken (und ich kann mir vorstellen, dass da Freitagabend nicht nur das geilste Publikum im Shop rumrennt). Das sind hart verdiente Euros. Wir müssen uns auch klar werden, dass viele Menschen beim FCSP mit sehr viel Fanherzblut an diesem Verein hängen, was bei der Durchsetzung von eigenen Rechten schnell hinderlich wird. Insbesondere wenn man nicht im Bereich der IG Metal tätig ist und mit dem Ausbildungsvertrag auch die Streikweste bekommt und die Rituale von Kindesbeinen an einübt. Eine ähnliche Kultur wird man in Start-Up Unternehmungen finden (und diese ist eben auch nicht immer gesund). Und nebenbei auch gerne ein Problem von gemeinnützigen Arbeitgebergesellschaften.
Der FCSP besitzt einen Betriebsrat und der wird mit der Geschäftsleitung Vereinbarungen getroffen haben. Die wir alle nicht kennen. Man muss aber wissen, dass solche Vereinbarungen durch einen Tarifvertrag sofort ersetzt werden würden (§ 77 Betriebsverfassungsgesetz, nochmal ein Dankeschön an den Lieblingsgewerkschafter).
Man kann sich vorstellen, dass der Übergang von einem tariflosen zu einem tarifgebundenen Unternehmen allein deshalb schon in engster Abstimmung zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft erfolgen sollte. Und in der Praxis wird der Impuls wahrscheinlich auch in Gesprächen zwischen diesen Menschen entstehen. Rein in der Theorie kann natürlich auch die Arbeitgeberseite sagen: „Hey lass uns mal einen Tarifvertrag machen“, aber das ist eher die Ausnahme. Und wird auch schwierig, wenn die Gegenseite nicht will, und schlecht, wenn die Gegenseite nicht kampfbereit ist.
Und da kommt die MV ins Spiel
Wir als MV sind Arbeitgeber. Bzw. können wir Arbeitgebervertreter*innen anweisen. Nicht den Betriebsrat, nicht eine Gewerkschaft. Der Antrag kommt auch nicht aus den Reihen des Betriebsrates und/oder der Gewerkschaft, er ist kein kreatives Arbeitskampfmittel.
Ich hatte Kontakt mit einem Antragssteller (danke für das nette Telefonat), der die ganzen oben benannten Probleme aus eigener Erfahrung sieht, der etwas tun möchte und uns als FCSP auch in der moralischen Verpflichtung sieht.
Soweit und als Impuls finde ich diesen Antrag gut. Wir müssen aufpassen, dass wir vereinsliebende Menschen nicht für ihre Liebe bestrafen und Arbeitsbedingungen nicht angemessen sind.
Muss es gleich ein Tarifvertrag sein? Natürlich nicht, und man sollte hier immer vorsichtig sein, was man den Arbeitnehmer*innenvertreter*innen (konkret: dem existierenden Betriebsrat) vor die Füße wirft. Der FC United of Manchester z.B. hat sich dem Problem so gestellt, dass er der englischen Living Wage-Kampagne beigetreten ist – damals als erster Fußballverein in England (!). So etwas Ähnliches wäre natürlich auch beim FCSP denkbar.
Wir als MV können da nur Impulse setzen, können die Geschäftsleitung immer wieder an ihre Pflicht erinnern, und ich glaube, auch die Antragssteller*innen würden halbwegs zufrieden sein, wenn das Präsidium auf der MV 2022 berichtet, dass man zwar keinen Tarifvertrag abgeschlossen hat, aber mit dem Betriebsrat folgende Regelungen vereinbart und dies und jenes gemacht hat.
[…] Der Antrag bzgl. der Tarifverträge dürfte daher der einzige sein, bei dem es evtl. etwas längeren Diskussionsbedarf geben könnte. Ich habe schon letztes Wochenende mit einem der Antragsteller sprechen dürfen und finde den Antrag in seiner jetzigen Form grundsätzlich sinnvoll. Selbstverständlich geht es nicht darum, jetzt wie im US-Sport Tarifverträge für Profisportler auszuhandeln, sondern in erster Linie eine verlässliche Grundlage zu schaffen, für die vielen „normalen“ Angestellten in den Fanshops, im Lager und all den anderen Bereichen, die nicht direkt zum Lizenzspielerbereich gehören. Aktuell hat meines Wissens nach noch kein Profifußballverein in Deutschland einen Tarifvertrag und natürlich wäre es wünschenswert, dass der FCSP auch hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Der Verein hat bereits einen Betriebsrat, der den Antrag zwar nicht gestellt hat, in den weiteren Prozess aber sicher eingebunden wird. Klar ist auch, dass so ein Konstrukt auch unangenehm werden kann, gerade wenn es nicht gut durchdacht ist und die besonderen Anforderungen an einen Profiverein mit Lizenzspielern nicht bedacht werden. Zumindest aus meiner Laiensicht überwiegen hier aber die Vorteile. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass viele Angestellte sicher auch Fans des Vereins sind und es da vielleicht schwieriger ist, die eigentlichen Rechte als Arbeitnehmer gegen den eigenen Herzensverein auch arbeitsrechtlich einzufordern – da hat so ein Tarifvertrag, auf den man sich berufen kann, sicher große Vorteile. Mit der Formulierung „Ziel […] soll sein, einen Tarifvertrag abzuschließen […]“ ist das aus meiner Sicht auch offen genug formuliert, um ggf. im weiteren Verlauf zu einer anderen Lösung zu kommen, die dann hoffentlich alle Beteiligten zufriedenstellen wird.Mehr Gedanken mit deutlich mehr juristischem Wissen: MagischerFC Blog […]