Vorwort
Meine Grundannahmen und wie man das Ganze zu benutzen hat, entnehmt ihr bitte Teil 1 dieser Serie.
Daher gleich rein in die Vollen.
Umgestaltung des Gedenkortes Harald-Stender-Platz
Die schriftliche Begründung sagt eigentlich alles aus. Der 1962 in der alten Südkurve aufgestellte und beim Stadionneubau an seinen jetzigen Standort verbrachte Gedenkstein ist schlichtweg schlecht gealtert.
Ich mag die 1962er Perspektive nicht komplett von oben herab verdammen; Menschen haben damals anders gedacht und haben konkret auch Freunde und Angehörige in diesem Krieg verloren, aber aus heutiger Perspektive ist dieser Stein schlichtweg nicht mehr haltbar. Man muss ihn entweder sehr stark einordnen oder aber ersetzen. Daran ändert auch die 2004 aufgestellte, besser gealterte Tafel nichts, weil beide so nebeneinander stehen, als ob sie sich ergänzen oder kommentieren könnten. Was sie nicht tun. Ich finde es komplett richtig, dass man eine Umgestaltung (Neuerrichtung?) von Gedenktafeln/einer Gedenktafel vereinsöffentlich diskutiert und sich da breit aufstellt. Zwar ist „wenn man nicht weiter weiß, dann gründet man ein Arbeitskreis“ auch inhaltlich richtig, aber hier ist es mal sinnvoll.
Neben den schon angesprochenen Problematiken sind Gedenksteine, die auf einem Parkplatz in einer Wildpinkelecke stehen, auch nicht wirklich an einer guten Stelle untergebracht. Man sollte die Gelegenheit nutzen, die Gedenktafel(n) entweder an einer besseren Stelle oder mit einem besseren Drumherum aufzustellen.
Hilfsmittel/ Handläufe auf den Sitztribünen
Ich finde es erstmal grundsätzlich gut, dass man sich über so etwas Gedanken macht und den Verein anstößt, sich darüber ebenfalls Gedanken zu machen. Der Antrag selber ist ja auch nicht mehr als ein Anstoß, weil er nicht konkret genug wäre, um ihn so direkt umzusetzen. Ich habe keine Ideen, was baurechtlich möglich wäre und wie die Kosten-Nutzenanalyse da ist. Aber älteren und/oder nicht so gehsicheren Menschen den Besuch des Stadions zu erleichtern muss immer unser Ziel sein. Auch das ist gelebte Diversität. Und zu Recht merkt der/die Antragssteller*in an, dass es zwischen „braucht Rolliplatz“ und „ist komplett fit“ noch sehr viele Graustufen gibt.
Und seien wir ganz ehrlich: Wir werden nicht drum herum kommen, unser Stadion an eine immer älter werdende Gesellschaft anzupassen. Und dazu gehört auch, dass wir zur Zeit einen absoluten Mangel an billigeren, attraktiven Sitzplätzen haben. Das sind Diskussionen, die geführt werden müssen, die aber sehr unangenehm werden könnten
(Nur um alle gegen mich aufzubringen: Man kann ernsthaft überlegen, ob man nicht Bedarf an mehr Sitzern auf der GG hat und ggf. dafür auch Steher opfern könnte. Und mir ist klar, was für ein sensibles Politikum das ist.)
Wie eben schon angemerkt: Der Antrag ist sehr unkonkret und nicht viel mehr als eine symbolische Handlungsaufforderung ohne wirklichen Adressaten. Das macht ihn nicht sehr verbindlich. („How to Anträge“ anscheinend nicht gelesen).
Ergänzung der Leitlinien-Antrag
SEUFZ! Zu Beginn hab ich ja noch gedacht, dass sich hier Leute einfach ein bisschen verquer mit dem richtigen Gedanken beschäftigen – und dann kam die Ablehnung der Quote.
Ich mag jetzt echt nicht mehr für die Quote argumentieren müssen, sondern möchte nur ein paar Ungereimtheiten dieses Antrages darstellen:
1. Unsere Leitlinien haben so gar keinen rechtlichen Gehalt. Sie sind so butterweich, dass selbst die AFD sie unterschreiben würde. Ja, ich bin hier polemisch. Aber so sehr sie 2009 in guter Absicht gemacht wurden und so sehr ich es begrüße, dass sie meines Wissens wirklich zum Bestandteil von Verträgen gemacht werden, so sehr sind sie gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Ja, das liegt auch an Zielkonflikten und daran, dass man sich häufig auf klarere Formulierungen nicht einigen konnte. Und es tut mir in der Seele weh, dies alles zu schreiben, weil da echt gute Menschen Herzblut hinein investiert und sich bessere Grenzen erhofft haben.
Auch die hier vorgeschlagene Ergänzung ist butterweich und voller Leerformeln. Was heißt denn fachliche und charakterliche Eignung? Es gibt keine Ausbildung zum Fußballpräsidiumsmitglied oder Fußballaufsichtsratmitglied.
Man nimmt gerne berufliche Tätigkeiten als Pseudoqualifikation, aber das ist absolutes Lügen in die eigene Tasche. Und das schreibe ich mit einem juristischen Studium – einer Qualifikation, die in der Öffentlichkeit immer noch dazu führt, dass Menschen meinen, man sei für Führungspositionen geeignet. Und das haben weder Armin Laschet noch Olaf Scholz ändern können. Gut für meine Studienkolleg*innen, schlecht für die Welt. (Nur als Hinweis: Auch Frau Baerbock hat viel zu viel juristische Dinge studiert, besitzt aber im Gegensatz zu den beiden Herren zumindest laut Wikipedia kein erstes juristisches Staatsexamen. Dieser Absatz ist ausdrücklich keine Wahlempfehlung.)
Charakterlich? Was soll das denn heißen? Tief im katholischen Glauben verwurzelt? Immerhin ist unser Verein nach einem Heiligen benannt. Darf man noch geschieden sein? Mal Juso gewesen sein? Also letzteres wäre imho sofort disqualifizierend. (Disclaimer: Ich war von 1996 bis 1999 Juso. Jeder Mensch hat seine Jugendsünden.)
Ältere Menschen, die Hamburger Zeitungen lesen, werden sich daran erinnern, dass eine ehemals abends erscheinende Hamburger Zeitung in Sportkommentaren zu einer Aufsichtsratswahl der Rauten mal geschrieben hat, dass man ja nicht einfach Fans wählen könne, sondern man müsse ja „Fachleute“ wählen. Damals spielten die Rauten noch international und nach einer Kampagne in besagter Zeitung (und allen anderen Zeitungen Hamburgs) wählte man diese angeblichen Fachleute. Die man in der gleichen Zeitung nach einigen Jahren wieder vom Hof schrieb, damit man nun doch bitte endlich „Fachleute“ wähle. Ihr seht selber, wo das geendet ist. Eben noch im Europacup, einige „Fachleute“-Etappen später schon nur noch Nr. 2 in Hamburg. Tja nun.
Ich möchte auch daran erinnern, dass dieser Verein viele Quereinsteiger*innen beschäftigt. Man nehme nur den hochgeschätzten OL. Der hat wahrscheinlich auch als letzte Ausbildung „Punk“, hat sich aber seine Kompetenzen erarbeitet und auch wenn älter werdende Punks die größten Spießer sind (nicht ernst gemeint, Sven), ist es gut, auch mal Quereinsteiger*innen zu beschäftigen. Da gilt das im letzten Artikel Gesagte: Es ist gut, auch mal Menschen in Positionen zu haben, die vielleicht mal bei einem Riot dabei waren. Andere Vereine haben da gerne mal einen Ex-Bullen oder ähnliche Menschen mit echt großer fachlicher Kompetenz.
Wer nebenbei glaubt, man könne Bewerbungsauswahlen ernsthaft objektivieren, der sitzt entweder an einem Verwaltungsgericht oder versucht, beruflich damit Geld zu machen. Ich glaube da aus eigener Erfahrung nicht [Jetzt muss das Kollektiv wir hier auch mal kurz beruflich rumnerden. Klar kann man da mehr objektivieren, wenn genau klar ist, was gewollt wird. Umso mehr „persönliche Passung“ (so nennt man das in unserem Arbeitssprech) umso schwieriger wird das allerdings, da hat der Senior Recht. Einfach gesprochen: Wenn ich jemanden brauche, der*die gut rechnet und sonst gar nichts tun muss, kann ich dazu gute Verfahren mit klaren Kriterien entwickeln. Wenn ich jemanden brauche, der*die mit vielen Leuten zurecht kommt, kann ich das auch noch machen, aber die Vorhersagefähigkeit, ob die Menschen dann wirklich auch im Job erfolgreich sein werden, sinkt automatisch. Und da haben wir noch nicht davon angefangen, dass das noch ein ganz anderer Schnack ist, wenn am Ende des Tages Wahlen bei einer MV das „Bewerbungsverfahren“ abschließen.]
2. Es ist Unsinn auf einen Satzungsänderungsantrag mit einem einfachen Antrag als „Gegenantrag“ zu antworten. Theoretisch könnte die MV beide Anträge beschließen. Sie sollte es nach einer Zustimmung zur Quote just for the lulz einfach mal tun. Denn Satzung schlägt Leitlinien. Rein technisch (ungleich inhaltlich) wäre halt eine Gegenrede das richtige Mittel. Welche die Antragssteller*innen ja auch bei dem Quotensatzungänderungsantrag sowieso halten müssten, weil sonst ihr Antrag absurd wäre.
3. Die Argumentation ist schon sehr schwieriger Unsinn. Und jetzt argumentiere ich doch noch für die Quote. Will ich doch gar nicht mehr. Daher nur kurz und polemisch: Nur weil in den knapp 30 Jahren Aufsichtsrat beim FCSP immerhin zwei Frauen gewählt wurden, bräuchte man ja keine Quote, sondern müsse nur andere Hürden abbauen, die Frauen von Kandidaturen hemmen. Natürlich werden diese nicht wirklich benannt, die Einflüsse von Männerseilenschaften lieber ausgeblendet und die Schuld an so wenig Frauen in Führungsgremien lieber auf die Frauen verlagert. „Ihr traut euch ja nicht“. Wow! „Offensive Werbung und Überzeugungsarbeit“ Wow! Das ist bequem und inhaltsleer. Der Antrag hat in diesem Bereich auch lieber keine Adressaten. Wer soll denn werben? Die bestehenden Gremien? Die Fans? Oder die Ultras? Auch hier bleibt es dann beim Unverbindlichen, Symbolischen. Und ich glaube, das wissen die Antragssteller*innen auch. Das alles sind Nebelkerzen, weil sie so tun wollen, als gäbe es einen anderen Weg.
Liebe Antragssteller*innen, dann haut doch mal das 100seitige Konzept raus, wie diese Dinge aussehen soll. Kleiner Tipp: Am Ende würde in so einem Konzept wahrscheinlich nichts anderes stehen als „wenn ihr Männerbünde aufbrechen wollt, dann verpflichtet euch zu einer Mindestanzahl von Frauen in den Gremien“. Oh wait, das ist ja eine Quote. „Mangelndes Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten“ ist nebenbei ein sehr schönes Reproduzieren von Vorurteilen gegenüber Frauen, welches immer wieder gegen Frauen eingesetzt wird. Wer so etwas in seinen Antrag schreibt, will eben nicht eine vorurteilsfreie Auswahl, er will das genaue Gegenteil.
4. Unsere Satzung sieht für die Wahlämter keine fachlichen Qualifikationen vor und für den Aufsichtsrat auch keinen vorgeschalteten Auswahlmechanismus, der angebliche fachliche oder charakterliche Eignung prüfen könnte. Ich kann nur davor warnen, so etwas auch nur anzudenken. Und alleine deswegen ist dieser Antrag Müll. Andere Vereine haben solche Auswahlmechanismen und da werden dann gerne mal Kandidat*innen gar nicht erst zur Wahl zugelassen. Aus Gründen, die nie transparent sind. Zum Beispiel in Mainz, Düsseldorf oder Gelsenkirchen wurden über solche Vorauswahlen unliebsame Kandidat*innen gleich aussortiert.
5. Eine Quote schränkt freie und gleiche Wahlen nicht, bzw. nicht unverhältnismäßig ein. Dies ist entschieden. Zwar sehen viele Gerichte gesetzliche (!) starre (!) Quoten immer noch als schwierig an, aber wir sprechen hier von einer privatrechtlich selbst auferlegten Quote. Der Antrag erweckt den Eindruck, als ob nun sein Recht auf freie und gleiche Wahl unverhältnismäßig eingeschränkt werde. Und will dann gleichzeitig charakterliche und fachliche Qualifikation vorab prüfen, was nebenbei das Recht auf freie und gleiche Wahlen einschränkt. Tja.
6. Stimmt für die Quote. Sie ist wichtig und richtig.
Weitere Anträge?
Gibt es definitiv noch, sind aber noch nicht (Stand 23.08.2021, 15 Uhr) veröffentlicht. So bleibt wenigstens noch Platz für einen weiteren Teil.
[…] auf die MV den Senior mal wieder aus der Rente geholt und gleich drei Texte veröffentlicht (1 / 2 / […]