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Die Anträge zur ersten von zwei Mitgliederversammlungen des FC St. Pauli im Jahre 2021 – Teil 1

Vorwort

Gastartikel vom Senior, diesmal freiwillig und nicht durch den Einsatz bewusstseinserweiternder Drogen (= Derbysiegen).  

Liebe Lesende, ich wurde letztens gefragt, ob ich das denn gut fände, was hier so auf dem Blog erscheint, weil bei mir wäre das doch immer so ausgewogen und abwägend gewesen, und meine Antwort war: „Bei den angesprochenen Themen wäre ich nicht so lieb und nett gewesen wie die aktuellen Macher*innen dieses Blogs“.

Der FCSP muss dringend – und ich wiederhole mich an dieser Stelle – aufpassen, dass er nicht in eine Harmoniefalle tritt, bei der jegliche Kritik als Nestbeschmutzung wahrgenommen wird und im Notfall die Antwort anderer Fans darauf ein „nun stell dich doch nicht so an, es ist doch alles nicht so schlimm“ ist. Ja, wir alle können froh sein, dass wir Menschen in der Vereinsführung haben, die schon mal einen Auswärtsblock von innen und einen Tresen von hinten gesehen haben, und die in ihren wilden Jahren vielleicht auch mal ein Haus besetzt haben/hätten.

Auf diesem Internetplatz ist vieles gelobt worden, was in den letzten Jahren gemacht wurde, und vieles (DIIY z.B.) sieht vielversprechend aus. Trotzdem gibt es auch Dinge, die deutlichst (!) zu kritisieren sind. Und wenn man so etwas kritisiert, dann heißt das nicht, dass man die Grundrichtung, die Oke und Co. sowie Sandra und Co. diesem Verein geben nicht gut findet und es heißt insbesondere auch nicht, dass man alle diese Menschen und auch ihre Zugänglichkeit nicht schätzt. Das soll mal von mir hier an dieser Stelle deutlich gesagt werden, auch wenn ich in letzter Zeit aufgrund der Art, wie mit Fans kommuniziert wird, extrem sauer war. Es ist auf diesem Ort genug darüber geschrieben worden, aber nicht von mir.

Ganz ehrlich: Ich hatte den offenen Austrittsbrief schon formuliert, er hätte 20 Seiten gehabt und er wäre sehr unfreundlich geworden. Dankenswerterweise haben Menschen das geahnt und mit mir gesprochen, und vielleicht braucht ihr alle mich nicht, aber ich brauche doch noch diesen Verein und sein Chaos. Und eigentlich wäre das auch ein bisschen unfair gewesen. 

ABER: Wir als Verein müssen dringend aufpassen, dass wir nicht nur eine hochglänzende PR-Kommunikation versuchen, die keine Ecken, keine Kanten und insbesondere keine eigenen Fehler mehr kommuniziert. Wir müssen aufpassen, dass unser Kiezbezug nicht nur Astra ist, sondern es muss auch Hausbesetzung sein. Wir müssen wieder lernen, zu Fehlentwicklungen wie Alkoholverbot, Kneipenschließungen um 23 Uhr und „Paulihaus“ als Verein (das ist ungleich Fanszene, sondern meint hier unsere öffentliche Kommunikation) klarer und deutlicher Stellung zu beziehen.

Und wir müssen lernen, wer privilegiert ist und wer nicht und unsere Perspektive darauf ausrichten. Wenn wir selber nur aus unserer weißen Vorortperspektive (die nebenbei auch meine ist) auf Geschehnisse vor Ort gucken, dann muss das immer hinterfragt werden. Wir dürfen uns dabei nicht die Meinung und die Befindlichkeiten der Mächtigen und der Privilegierten zu eigen machen.

Wir müssen dem Innensenator vor das Bein pissen, nicht der Münzviertel-Ini. Oder anders ausgedrückt: Es kann nicht sein, dass Bielefeld sich zu gesellschaftlichen Themen radikaler äußert als wir. Dieses Radikale ist Teil unseres USP (Unique Selling Point und aufgrund der Abkürzung ein genauso naheliegender wie müder Gag, den ich immer wieder machen muss) und muss es wieder viel mehr werden. Und neben den lokalen Themen gibt es da noch Afghanistan, Klimawandel, rechte Arschlöcher überall, etc. pp. Ruf mal wieder zu Demos auf, liebe offizielle Kommunikation! (Nachdem das geschrieben wurde, rief man zu einer Afghanistan Demo auf, als hätten sie es geahnt.) 

Warum ich dies hier schreibe? Weil es in allen Betrachtungen, die nun folgen, mitgedacht werden muss.

Gebrauchsanweisung

Es folgt eine Betrachtung aller bis zum 18.08.2021 auf der Homepage veröffentlichten Satzungsanträge. Es wird der Inhalt dieser Anträge und ihrer Begründungen voraus gesetzt, die hier nachlesbar sind. Am besten, ihr haltet die jeweiligen Texte beim lesen immer bereit.  Ebenso wird der Inhalt unserer Satzung vorausgesetzt und nicht wiederholt. §§ ohne Nennung eines Gesetzes sind §§ unserer Satzung.  Es wird noch einen Teil 2 geben mit den „einfachen“ eingegangenen Anträgen und wahrscheinlich nach dem 24.08. eine Aufbereitung des auf der Diskussionsveranstaltung Gesagten sowie eventuell einen 3. Teil, falls noch Anträge auf der Vereinswebsite nachgeschoben werden.

Besucht die Veranstaltung am 24.08. –gerne auch virtuell –, es kann nicht schaden, wenn man sich noch mal die Argumente der Antragssteller*innen anhört und diese für sich selber abwägt. Ich werde mich schwer hüten, euch hier eine abschließende Empfehlung abzugeben, wie ihr abstimmen sollt.

Meine Meinung sage ich deutlich, aber sie ist nicht Zwergallwissend. Sich selber und insbesondere seine eigene Meinung für den Mittelpunkt der Erde zu halten überlasse ich gerne anderen Menschen. Es wird jedoch eine Ausnahme geben, denn diesen Antrag halte ich für komplett zwingend und ÜBERFÄLLIG! Ihr könnt euch wahrscheinlich jetzt schon denken, um welchen es geht. 

Ausgangssituation 

Wir haben dieses Jahr zwei ordentliche MV. Achtung! Keine davon ist eine außerordentliche MV. Leider ist unsere Satzung dort unglücklich formuliert. Unsere Satzung kennt eine außerordentliche MV, die aus Gründen (§ 15 Nr. 2) einberufen wird, und eine ordentliche MV, die mindestens (!) einmal jährlich stattfinden muss. Diese Unterscheidung ist eher unsinnig; es ist unklar, ob eine außerordentliche MV nur eine beschränkte Beschlussmacht hat, und daher haben wir dann halt zwei ordentliche MV. 

Einschub: Leider ist unsere Satzung an vielen Stellen etwas ruckelig, dies ist nur das nächste Beispiel. Das letzte Mal hatte eine Kommission sich 2017 an der Satzung versucht und leider, leider ist sie schon wieder überarbeitungsreif. Das soll die Arbeit der Menschen in dieser Kommission nun null schmälern (man lese das oben Gesagte bitte analog), denn häufig genug fallen solche Probleme erst in der täglichen Nutzung auf. Im Hintergrund wird an dem Thema fleißig gearbeitet und Besserung ist hoffentlich in Sicht. An dieser Stelle noch ein weiteres Beispiel für dieses Ruckeln: In diesen Verein sind zwischen 1999 und 2001 garantiert eine hohe vierstellige Zahl an Menschen eingetreten, von denen sich die meisten als sehr zäh und langlebig in ihrer Vereinsliebe erwiesen. Das könnte ganz eventuell mit dem Erfolgsprojekt „AFM“ zusammenhängen, wenn mich jemand fragt. Diese ganzen Mitglieder wären nach aktueller Satzung auf einer MV für ihr 25-jähriges Vereinsjubiläum zu ehren. Ich freue mich jetzt schon, wenn Manfred so ab 2024 jährlich ungefähr 2.000 Menschen auf die Bühne rufen muss. Beginn der entsprechenden MVs? 6 Uhr Morgens, gegen 12 Uhr ist mit dem Ende der Verlesung der Namen zu rechnen. (Disclaimer: Auch ich bin seit 99 Vereinsmitglied.) Einschub Ende 

Man kann diskutieren, ob eine ordentliche MV nun immer alle Punkte aus § 13 Nr. 4 behandeln muss, aber imho ist dies hier nicht der Fall, denn eine Zuständigkeit heißt ja nicht, dass man jedes Mal diese Zuständigkeit auch benutzen muss. Wir wählen schließlich nicht jede MV ein Präsidium. Aber es kommt dadurch zu einer kleinen Besonderheit: Wir wählen diesmal Esin (Rager) zur Vizepräsidentin, um beim nächsten Mal gleich ein ganzes Präsidium zu wählen. Auch das ist unserer Satzung geschuldet, welche die Bestätigung einer kommissarischen Vizepräsidentin auf der nächsten MV in § 23 Nr. 4 vorsieht. PS: Esin ist im bisherigen persönlichen Kontakt sehr angenehm, bietet natürlich in vielen Dingen eine diversere Perspektive, in einigen anderen Dingen nicht (immer noch sind außer Christiane alle unsere Präsidiumsmitglieder mit dem Label „Unternehmer*in“ oder „Wirtschaft“ sehr gut umschrieben. Da ist die „Mieter*innen helfen Mieter*innen“ Anwältin aufgrund der anderen Perspektive jeden Tag Gold wert.) 

Der Schwerpunkt der MV liegt aber bei den Anträgen, und nach drei Seiten Gelaber kommen wir nun endlich zu diesen. 

Die „Faust in der Tasche“-Anträge 

Die beiden Anträge „DFB Statut“ und „Absicherung Gemeinnützigkeit“ sind leider alternativlose Notwendigkeiten. Ich persönlich balle bei solchen von außen aufgedrückten Satzungsänderungen ja immer sofort die Revoluzzerfaust und will sie am liebsten durchfallen lassen, aber die Realität sagt, dass uns dies sehr stark schaden würde, und das soll nicht sein. 

Mal ganz davon ab: Ich habe ja auch ein ganz bisschen Ahnung vom Gemeinnützigkeitsrecht und ich befürchte das Finanzamt Hamburg-Nord (das in HH zentral zuständig ist für Vereine), hat hier einfach schlichtweg Recht. Unsere Satzung entspricht da nicht den Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechtes. 

Schönen Gruß aber nach Leipzig

Spannend ist die Änderung in § 7 Nr. 3 Satz 3. (II. im Antrag), die darauf abzielt, dass man die Anzahl der Mitglieder nicht künstlich klein halten darf, um gemeinnützig sein zu können. Anderer Ansicht auch nach all den Jahren anscheinend immer noch das zuständige Finanzamt Leipzig. Denn bei Rasenballsport ist es bis heute ziemlich unmöglich Mitglied zu werden. Siehe Sächsische.

Und: Ja, auch die müssen gemeinnützig sein, denn sonst könnten sie nicht DFB-Mitglied sein und damit auch keine Nachwuchsteams stellen. „Fehlt ein Anspruch auf eine Aufnahme“ ist nebenbei nicht ganz so klar, wie es da in der Begründung formuliert ist, und dies gilt auch bei einem gemeinnützigen Verein. Auch ein solcher muss nicht jeden Menschen aufnehmen. Er kann Mitgliedschaften auch gut ablehnen. Er darf dies aber eben nicht komplett willkürlich, um z.B. sich eine genehme oder sehr kleine Mitgliedschaft zu schaffen. Und ja, da sind wir auch wieder beim juristischen Thema Andy Grote. Und glaubt mir, es ist nicht schön. Details? Füllen sehr viele Bücherregale. Aber gut, Obernazi T., der bei uns Mitglied werden möchte, kann gerne eine Begründung haben. „Du bist ein Drecksfascho, verpiss dich“ reicht dann. Und wäre endlich mal wieder ehrliche, gute Kommunikation. (Gerichtskosten einer eventuellen Klage machen wir als Crowdfunding. Nur damit das klar ist.)

3. Liga? „Nie mehr zweite Klasse, nie mehr dritte Liga“! Aber vielleicht will unsere 2. Mannschaft da mal spielen, und dann brauchen wir dieses Statut. Nebenbei: Von dem Statut für „Frauenfußball“ ist da nirgendwo Rede, und vom Statut für Handball, Rugby, Schach, Triathlon, Tischtennis, Bowling und Kegel (etc.) auch nicht. In all diesen Sportarten können oder dürften wir in der 3. Liga spielen ohne eine entsprechende Satzungsänderung. Teilweise spielen wir derzeit aktuell noch höher. Dies zeigt nur, was der DFB sich hier rausnimmt, dass er hier in die Satzungen (!) der Vereine eingreift. Es ist vollkommen überflüssig, hat definitiv keinen Satzungsrang und wäre auch durch ein einfaches Anerkenntnis bei Auf- oder Abstieg genauso gültig. Ihr könnt also zu Recht die Faust bei der Zustimmung in der Tasche ballen. 

Der „das sind ja 50 Mark“-Antrag 

Der Aufsichtsrat möchte die Zustimmungserfordernisse der Inflation angleichen und einige Formulierungen schärfen bzw. definieren, was eigentlich als „finanzielle Verpflichtung“ zu verstehen ist. Wenn dies das Gremium tut, das diese Kontrollfunktionen ausüben soll, dann ist das erstmal problemlos möglich und muss nicht groß hinterfragt werden. Kontrolle muss immer irgendwie begrenzt werden, denn auch zu viel zustimmungspflichtige Geschäfte sind nicht sinnvoll. Denn dann hat man gar nicht die Zeit, alles vernünftig zu kontrollieren. Und die Betragsgrenzen mal raufzusetzen ist angesichts eines in den letzten Jahren explodierten Umsatzes des Vereines absolut sinnvoll.

Warum man aber „finanzielle Verpflichtungen“ gesetzgebungstechnisch in Unterpunkt d definiert, wirft gleich die Frage auf, ob diese Definition auch für Unterpunkt c gelten soll. Und warum man in Unterpunkt f nicht die schöne Formulierung „finanzielle Verpflichtungen“ wiederholt hat. Aber wie eben schon geschrieben: Die Satzung hakt ein bisschen, die Korrektur ist am Horizont und bis dahin werden die anwendenden Menschen wissen, wie sie das meinen. 

Die erweiterte Diversität 

Der Amateurvorstand möchte sich selbst um zwei Posten erweitern, davon soll eine*r ein*e Vizepräsident*in Diversity sein. Angesichts der Tatsache, dass der Amateurvorstand ungefähr 15.000 Mitglieder dieses Vereines vertritt, sehe ich eine Erweiterung auf 7 Menschen als eher überfällig an. Und ein Posten „Diversity“ ist definitiv kein Allheilmittel, aber ein zusätzlicher Mensch, der mit dieser Perspektive und aus einer nicht privilegierten Erfahrung auf alle Entscheidungen blickt, ist ein riesiger erster (!) guter Schritt in die richtige Richtung. 

Der Quotenantrag 

Ich bin all diese Gähn-Argumente gegen Quoten leid. Ich habe keine Lust mehr, für eine Quote zu argumentieren. Sie ist überfällig, und wir sollten uns jeden Tag unsere alten, weißen Männerfressen gegenseitig polieren, dass wir eine Quote nicht seit spätestens 2000 haben. Ich mein, selbst die CDU (!!!) hat eine Quote in § 15 ihres Statuts. Wollen wir etwa rückständiger als die sein? Ja, die Quote der CDU ist butterweich formuliert, aber wir haben aktuell nicht mal eine… Stimmt zu, oder der Ex-Chief-Editor und meine Wenigkeit lesen euch den Rest eures Lebens Altherrenwitze vor. (Das ist a. eine Drohung und b. ein Vertrag zu Lasten eines Dritten.) 

Eines nur noch: Eine Frauenquote kann nur der Anfang von mehr Diversität in diesem Verein sein. Wir sind auf allen Ebenen und allen Bereichen zu männlich, zu weiß und zu studiert. Dies ist einer Stadt und einem Stadtteil, der in vielen Dingen migrantisch und durch Arbeiter*innen geprägt ist, schlichtweg unwürdig und muss unser Thema der nächsten Jahre sein. Sonst können wir auch gleich „Die Veddel ist unser Klo“ singen und das witzig finden. Sollte noch irgendwer etwas sachlichere Argumente benötigen, um einen anderen Menschen zu überzeugen, so gibt es diese auch.

Der Bauchweh-Vertreter*in-Antrag 

Ich bin ganz ehrlich. Ich werde mit der Einführung der besonderen Vertreter*innen nicht warm. In diesem Verein gibt es für mich nicht nachvollziehbare Bedenken, im Präsidium hauptamtliche Mitglieder sitzen zu haben. Selbst mit der Zahlung von angemessenen Aufwandsentschädigungen tun wir uns extrem schwer. Das ist meines Erachtens von einem falsch verstandenen Idealismus geprägt und führt dazu, dass sich eigentlich nur reiche und damit privilegierte Menschen ernsthaft eine Führungsposition bei uns leisten können.

Oder Menschen, die bescheuert genug sind, ihre kapitalistische Lohnarbeit für den Verein (teilweise) hintenanzustellen. (Ich war knapp davor das „teilweise“ im letzten Satz komplett zu streichen, aber das wäre dann wohl doch übertrieben. Oder doch nicht?)

Ich bin froh, dass wir immer noch genügend aus beiden Kategorien finden, aber gesund ist das nicht. Auch gerade weil es immer (!) Diversität verhindert. Und wir sprechen hier halt über eine Unternehmung (und ich weiß, dass wir unseren geliebten Verein sehr ungern so sehen), die irgendwas über 50 Millionen Umsatz macht und 600 Menschen beschäftigt. Ich möchte hier mal einen zugegeben groben Vergleichsmaßstab nennen. In einer GmbH, deren Gesellschafter*in man selber ist, kann man sich ein Geschäftsführer*innen-Gehalt zahlen. Diese darf steuerrechtlich aber nicht unbegrenzt sein, sondern muss angemessen sein. Warum das so ist, lasse ich jetzt mal außen vor. Bei einer GmbH mit 50 Millionen Umsatz und 500 Mitarbeiter*innen ist nach den handelsüblichen Vergleichstabellen ein Geschäftsführer*innen Jahresgehalt im Rahmen von  292.000 bis 555.000 Euro steuerlich angemessen, wenn man in der Branche „allgemeine Dienstleistungen“ tätig wäre. Wir zahlen unserem Präsidium zur Zeit 0 Euro. Und das ist einfach nicht mehr angemessen.

Ja, man kann damit argumentieren, dass wir ein gemeinnütziger Verein sind, aber dann müsste unsere Struktur so sein, dass unser Präsidium nur noch Grüßauguste und Grüßaugustas sind, die Vereinsnadeln verteilen. Es wird mir niemand widersprechen, dass wir davon weit entfernt sind, oder? Dieser in meinen Augen unhaltbare Zustand ist aber nicht Schuld der Antragssteller*innen, sondern es gibt in den ganzen Zirkeln dieses Vereines immer noch erhebliche Vorbehalte gegen eine Bezahlung der Präsidiums- und nebenbei auch Aufsichtsratsposten. 

Aus diesen Argumenten wäre mir ein Antrag sehr viel lieber gewesen, der sinngemäß sagt „das Präsidium kann bis zu X Vizepräsident*innen haben, davon dürfen Z Menschen hauptamtlich sein.“ Ja, es gibt ein Argument, was gegen eine Mischform spricht, nämlich, dass dann eine Unwucht zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitgliedern des Präsidium besteht. Weil die Hauptamtlichen immer vor Ort sind. Aber ich sage euch auch ganz ehrlich: Das überzeugt mich heute weniger als es das vielleicht noch 2020 getan hat. Insbesondere wenn ich den Zeitaufwand sehe, der heutzutage ehrenamtlich geleistet wird. Wenn man aber diesen gordischen Knoten nicht zerschlagen möchte oder kann, dann sind besondere Vertreter*innen ein möglicher und auch für unseren Verein guter Kompromiss.

Immerhin sieht das altehrwürdige BGB die in § 30 vor. Daher begrüße ich grundsätzlich (!) die Einführung dieses neuen Organs. Und nun kopiere ich teilweise, was ich bereits zum ersten Antrag gleichen Wortlautes für die MV 2020 geschrieben habe, um meine Bauchweh zu begründen (ist nicht wortgleich und ein paar Details entscheidend geändert): Tätigkeit sehr unbestimmt Nach § 30 BGB ist ein*e besondere*r Vertreter*in für alles zuständig und vertretungsbefugt, was der ihr/ihm „zugewiesene Geschäftskreis“ gewöhnlich mit sich bringt. Kiel legt diesen Geschäftskreis gleich in der Satzung auf Profifußball fest, was Manövern des Präsidiums als bestellendes Organ von vornherein Grenzen setzt. Dies erfolgt bei uns anders. In dem vorgeschlagenen § 24a ist folgendes formuliert: „Das Präsidium ist berechtigt, maximal vier besondere Vertreter*innen gemäß § 30 BGB für die folgenden Verantwortungsbereiche des Vereins zu bestellen: a) Sport, b) Finanzen, c) Vertrieb und Sponsoring/Vermarktung, d) Recht, e) Vereinsstrategie und Clubentwicklung“ 

Fällt euch ein Bereich des FCSP ein, der damit nicht abgedeckt ist? Okay, Amateursport vielleicht, aber das bekäme man auch relativ elegant unter „Sport“. 

Auch die Anzahl der besonderen Vertreter*innen ist nicht absolut, sondern nur relativ zur Anzahl der Vize- + Präsident*in begrenzt. Es ist also ohne weiteres möglich, eine*n besondere*n Vertreter*in mit einem relativ weit gefassten Geschäftsfeld zu bestimmen und diesen Menschen zum „starken Menschen“ in diesem Verein zu machen. Das gilt umso mehr, wenn man das nun folgende bedenkt: 

Ausschluss direktes (!) Weisungsrecht

Die besonderen Vertreter*innen sollen vom Weisungsrecht der MV ausgeschlossen sein. Das Weisungsrecht der MV ist ein hohes Gut und hat bei uns schon viele Dinge bewegt. Wenn man hier Bereiche pauschal davon ausnehmen will, dann muss das gut (sehr gut) begründet werden. Im engen „sportlichen Bereich“ kann ich das sofort nachvollziehen. 29.546 Trainer*innen sollt ihr sein, aber bitte keinen Einfluss auf das reale Leben nehmen. Dafür ist im Profifußball trotz aller Datenanalyse vieles einfach eine Bauchentscheidung. Da ist der „starke Mensch“, der das alleine verantwortet, aber auch alleine verantwortlich ist, vollkommen sinnvoll.

Diesen von einer Weisungsgebundenheit auszunehmen wäre ebenfalls sinnvoll. 

Anders sieht das aber schon bei anderen Geschäftsfeldern aus. Warum soll ich z.B. Bernd von Geldern in seinem Feld von so einer Weisungsgebundenheit ausnehmen?

Und ich möchte hier mal den Bereich Vermarktung und Merch (mir ist bis heute nicht klar, wer da genau für was zuständig ist und wie die Abgrenzung genau ist, soll hier mal keine Rolle spielen; nachfolgend ist zusammenfassend mal von „Vermarktung“ die Rede) als prägendes Beispiel nehmen, weil dieser Bereich eine riesige prägende Außenwirkung hat. Ich sag nur „Modelabel mit angeschlossenem Fußballbereich“. Schließe ich hier die Weisungsgebundenheit aus, weil die das nervig finden? Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in der Verantwortung der Vermarktung nur weiße Männer sitzen haben, und das ist bis hierhin nur eine Feststellung und keine Wertung!

Aber diese Besetzung führt auch zu einer Perspektive und zu einer Art der Denke. Das abzustreiten wäre ein ganz großes in-die-Tasche-lügen. Diversität prägt halt auch Denke und hier fehlt sie uns (noch?). Und es fehlt die Perspektive des Mitglieds und der Fans. Vermarkter*innen wollen vermarkten, dafür sind sie angestellt, dafür leben sie, das prägt ihre Denke. Und das ist auch gut so.

Aber Vermarkter*innen können aus dieser Perspektive gewisse Befindlichkeiten nicht sehen und/oder verstehen.

Das ist auch gut so.

Und da muss die MV als Korrektiv eben mal tätig werden.

Deswegen finde ich es schwierig, eine Weisungsgebundenheit auszuschließen. Ich will nicht sagen, dass es nicht eine Begründung für diesen Ausschluss gibt, ich habe da auch nachgefragt und mir ist auch noch eine Antwort versprochen. Oder wir bekommen die am 24.? Ich lasse mich gerne überzeugen, noch bin ich aber nicht überzeugt.  

Indirekt?

Ja? Nein?Ihr habt das Ausrufezeichen hinter dem „direkte“ in der letzten Zwischenüberschrift gesehen? Kann man die besonderen Vertreter*innen indirekt anweisen, indem man das Präsidium anweist, sie anzuweisen? Das ist mir in der Formulierung immer noch nicht wirklich klar. Wortwörtlich steht da:„Hiervon ausgenommen sind die besonderen Vertreter*innen (§ 24a), die ausschließlich den Weisungen des Präsidiums unterliegen, sowie Aufträge an das Präsidium, den besondere Vertreter*innen Weisungen zu erteilen.“

Für mich liest sich da so, dass Aufträge an das Präsidium, die besonderen Vertreter*innen anzuweisen, ausgenommen sind. Und das verstärkt dann meine Bauchweh. Bisschen elegant geschnittene Geschäftsbereiche für zwei bis drei besondere Vertreter*innen und schon ist eigentlich das gesamte operative Geschäft des FCSP von dem Weisungsrecht der MV ausgenommen.

Dann kann man das Weisungsrecht, welches unsere Satzung vorsieht, auch ganz streichen. Dies ist in einem Verein möglich. Wir können aber gerne Wetten abschließen, ob ein solcher Vorschlag eine notwendige Dreiviertelmehrheit auf einer MV erhalten würde. Mein Gefühl sagt mir, dass die MV darauf nicht verzichten würde.

Nun wird aber genau dieser Ausschluss durch die Hintertür eingeführt. Und beraubt damit der MV eines Kontrollmittels.  

Für mich bleibt daher massiver Rechtfertigungsbedarf. Im Interview 2020 wird auf diesen Punkt nur wie folgt eingegangen:  „Das Präsidium und der Aufsichtsrat werden weiterhin von den Mitgliedern gewählt. Dadurch haben unsere Mitglieder weiterhin die Möglichkeit, Einfluss auf das tägliche Geschehen des Vereins zu nehmen.“ 

Leider ist dieses Interview nicht mehr verfügbar auf der Vereins-website. Diese Argumentation bleibt aber auch Bullshit, denn wie oben schon formuliert: Ich kann sehr gut mit dem Präsidium im Ganzen einverstanden sein, dieses sehr gut gerne wiederwählen wollen, aber doch in einem Punkt so uneinverstanden sein, dass ich es anweise.

Dieses Recht nun indirekt für große Teile des Vereinsgeschehens auszuschließen, halte ich für falsch. Der MV bleibt dann nur eine alles oder nichts Lösung. Und dies auch nur durch Abwahl und/oder alle vier Jahre. Dann kann es schon zu spät sein.  Im Antrag wird breit auf die erweiterte Haftung der besonderen Vertreter*innen eingegangen.

Das kann aber kein Argument sein, die Weisung auszuschließen. Wenn die MV als höchstes Gremium den Vorstand anweist, uns morgen von der 2. Liga abzumelden, dann kann die MV nicht ein Jahr später den Vorstand für diese – komplett geschäftsschädigende – Handlung in Haftung nehmen. Egal welchen Haftungsmaßstab man wählt. Gleiches würde halt gelten, wenn es besondere Vertreter*innen anweisen würde. 

Also selbst wenn es dafür gute Gründe gäbe, diese Weisung auszuschließen, so sollten wir uns immer fragen, ob diese es uns wert sind. Vielleicht wären hauptamtliche Vorstände mit Weisungsrecht eben doch die deutlich bessere Lösung unseres Problems?  Bedenkt dabei immer auch, dass Personen wechseln. Da sitzen nicht immer Oke und Bernd von Geldern, denen ich beiden eine gewisse Zugänglichkeit bescheinigen möchte.

Erinnert euch nur mal an Corny. Wenn man den nicht sanft in die richtige Richtung gezwungen hat, dann lief das aus dem Ruder. Und dieses Weisungsrecht ist ein sehr schönes Mittel, um Leute in die richtige Richtung zu leiten, ohne ihnen gleich grundsätzlich das Vertrauen zu entziehen oder eine Abwahl mit allen ihren Folgen (die älteren erinnern Corny vs. Aufsichtsrat?) anzuzetteln. 

Ich wiederhole mich: Hier ist Rede- und Rechtfertigungsbedarf vorhanden! Die Regelung sieht vor, dass es nie mehr besondere Vertreter*innen geben darf als Vizepräsident*innen. Was mir nicht so richtig klar ist, ob da nicht eine Lücke bei einem Massenrücktritt entstehen kann zwischen Rücktritt und Neubesetzung nach § 23 Nr. 4. Auch gerade weil das nur eine „kann“-Bestimmung ist und nun aber § 24a im dritten Absatz seiner Nr. 1 eine Frist von höchstens 4 Wochen, längstens aber bis zur nächsten MV vorsieht. Das ruckelt zwischen alten Normen und neuen Normen, wäre aber nix, was sich nicht im Rahmen einer allgemeinen Reform korrigieren ließe; es würde nun meine Zustimmung nicht verhindern.

Abschließende Anmerkung: Können wir bei der anstehenden Reform unserer Satzung mal bitte Nummern und Absätze harmonisieren? Der vorgeschlagene § 24a z.B. hat in seiner Nr. 1 vier Absätze und dann pro Nummer einen Absatz. Das macht den juristischen Monk in mir vollkommen wahnsinnig. Im nächsten Teil widmen wir uns dann den einfachen Anträgen. Bis dahin: Gute Nacht und Aufstieg jetzt.  

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