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Testspiel gegen Hertha – Wie war’s denn nun?

Sonntag war ich nun zum ersten Mal seit 500 Tagen wieder am Millerntor, um dort ein Spiel zu verfolgen. Wie wars, fragt ihr? Die Antwort ist – typisch MagischerFC – mal wieder etwas länger.

Auf dem Platz

Joah, typisches Testspiel halt. In der ersten Halbzeit ganz gut eingespielt mit einem defensiven 4-3-3 in dem die drei Spitzen die ganze Zeit durchrotierten, offensiv mit der typischen Mittelfeldraute. Das sah alles einigermaßen eingespielt aus und mit einer ähnlichen Elf sollten wir auch beim ersten Punktspiel am Sonntag rechnen können. Auch wenn ich einen fitten James Lawrence vor Jakov Medić sehe, war das von der Aufstellung her doch ganz passabel. Was nicht heißen soll, dass Jakov Medić schlecht war. Aber James ist halt James.

Dann noch einen James Irvine (der noch Fitnessrückstand aufholen muss) und Sebastian Ohlsson (der immer noch verletzt ist leider) und wir haben da eine durchaus konkurrenzfähige Mannschaft. In die zudem noch Afeez Aremu (ich mag den Jungen) und Max Dittgen streben. Genauso wie Christopher Buchtmann (hat mich am Sonntag nicht unbedingt überzeugt), Lars Ritzka, Lukas Daschner und auch die jungen Christian Viet und Max Brandt weitere spannende Optionen sind. Auf der Torwartposition bin ich mir aktuell noch unsicher – ich sehe weder Dennis Smarsch (der bei beiden Gegentoren nicht nur glücklich aussah) als auch Nikola Vasilj als nicht so stark wie Dejan Stojanović in der vergangenen Saison. Sind aber auch beschränkte Eindrücke meinerseits.

Andererseits merkt man schon, dass uns mit Rodrigo Zalazar und Omar Marmoush ganz schön offensives Tempo abhanden gekommen ist – wie ich auf Facebook so passend gelesen habe: Makienok und Burgstaller sind eher Diesellok statt ICE. Die haben ihre Qualitäten eben ganz woanders. Pressing mit den beiden ist aber ein anderes als mit Marmoush und Zalazar. Wobei die beiden durch ihre Größe und physische Präsenz da dann auch wieder andere Qualitäten reinbringen.

Die Qualität des Spiels nahm dann mit zunehmenden Wechseln ab. Wurde in der ersten Halbzeit (bis auf kurze Trinkpause) in der Anfangsformation durchgespielt, so wurde in der zweiten Halbzeit kräftig gewechselt, was bei der Anzahl der Wechsel natürgemäß das Spiel zerfledderte und sich damit auch nur noch teilweise zur wirklichen Bewertung des Spiels eignet. Hertha sah man die fehlende Abstimmung ganz schön an (die sind zwei Wochen in der Vorbereitung hinterher) und die Aggressivität mit der in Zweikämpfe gegangen wird, ist auch nur so lange schön, wie dann – wie im Fall dieses Spiels – nichts passiert. Und da war es dann teilweise doch eher grenzwertig.

Es war aber wirklich toll – auch aus rein fußballerischer Sicht – mal wieder im Stadion zu sein. So weiß ich jetzt, dass Simon Makienok echt ganz schön behäbig ist, und auch nicht unbedingt der schnellste, dass Kyereh einen tollen Antritt hat, wie die Spieler sich bewegen in welchen Situationen. Wer wem wie schnell aufhilft, wenn er auf dem Boden liegt, wer Anweisungen gibt, wer viel mit der Trainerbank spricht. All diese Sachen, die man ob des Fernsehbildes der vergangenen 1.5 Jahre nur sehr begrenzt einschätzen kann. 

Gleiches gilt übrigens auch schon fürs Aufwärmen, es hat wirklich Spaß gemacht, das Trainerteam bei der Leitung des Aufwärmens zu beobachten. Allen drei Akteuren sieht man wirklich an, dass ihnen ihr Job Spaß macht. Für mich hervorgetan hat sich dabei Fabian Hürzeler, der gefühlt halb mitspielte beim Kleinfeldeinspielen (da gibt’s sicher irgendeinen Fachbegriff für, aber ein Fußballblog waren wir ja noch nie.).

Auch den Spielern merkte man an, dass es eben doch was anderes ist vor etwa 2500 Menschen zu spielen statt vor leeren Rängen. Immer wieder gingen die Blicke nach oben. Nach seinem Tor realisierte Kyereh, dass er ja zum Publikum laufen kann, um sich vor den Leuten zu freuen. Und gleiches konnte man danach ja auch in den Presseaussagen nach dem Spiel rauslesen.

Als Fan auf der Tribüne

Es war auf gar keinen Fall Fußball, wie ich es aus vorpandemischen Zeiten kannte. Ich gucke ja auch sonst mal gerne Livesport und es hatte einfach etwas von Tennispublikum (no shame!), wenn alle auf ihren Plätzen sitzen und vor allem das Spiel verfolgen, mal klatschen, mal anfeuern; aber eben nicht dauerhaft supporten.

Aber dann gab es da auch diese typischen Millerntor-Momente, die mir (und auch anderen, so hörte ich) dann doch ein paar Gänsehautmomente bescherten. Einlaufen mit „Das Herz von St. Pauli“, Song 2 beim Torjubel, „Antifa Hooligans“ in der Halbzeitpause. Das waren diese kurzen Momente, als der „alte“ Fußball, das „alte“ Millerntor durchblitzten. Dann aber auch schnell wieder vorbei, wenn du zum Song 2 sitzenbleibst und niemanden umarmst. (Gut, es war ein Testspiel, wäre auch sonst kaum passiert, aber ihr wisst, was ich meine.)

Andererseits waren da dann auch diese ausschließlich männlichen Mitzuschauer, die immer wieder versuchten, Support anzustimmen. Und die Diskussion, wie und ob das eigentlich selbstreferenziell ist, hatten wir ja auch schon vor Corona immer mal. In diesem Fall ging es in meiner Wahrnehmung wenig darum, tatsächlich das Team zu pushen (wie gesagt, Testspiel), sondern vor allem darum, mal schön selbst im Mittelpunkt zu stehen, wenn man einen Chant anstimmt. Auf die Spitze wurde das ganze dann für mich getrieben, als aus dem Gebiet der GG „Aux Armes“ angestimmt wurde. Sorry Leute, das startet auf der Süd, von den dort anwesenden Gruppen und nicht sonst irgendwo. Das ist einfach doof. 

Es wird spannend, wie sich das Thema weiterentwickelt. So fühlt sich für mich Support von einem Sitzplatz aus, relativ exponiert und nicht in der Masse verschwindend, auch tatsächlich ziemlich komisch an. Dazu stehe ich eigentlich irgendwo eng gedrängt, der Sitzplatz passt dazu für mich einfach nicht. Und diese Abstände, die werden wir in meiner Einschätzung nicht so bald los werden. Und klar sollen die Jungs Unterstützung kriegen, wo es passt. Aber dann halt bitte als echten Support und nicht, weil du so ein cooler Macker bist, der auch endlich mal laut brüllen und vor allem von allen gehört werden will.

Ich hatte ja schon vorher mein Ticket für Kiel besorgt und bei mir kribbelt es auch ein ganz wenig für das Spiel am Sonntag. Ich habe mich insgesamt so sicher gefühlt, wie man sich während Corona eben in größeren Menschenmassen sicherfühlen kann. Aber eben auch nicht anders/ schlimmer als vor der Kneipe am Samstagabend, im Zug, in dem die Typen extra langsam essen, um ihre Maske nicht tragen zu müssen oder in irgendwelchen Schlangen draußen, wo MNS auch nur halbherzig getragen wird. Da unterscheidet sich der Fußball dann halt auch nicht weiter von anderen gesellschaftlichen Bereichen, in denen viele Menschen zusammenkommen.

Sorgen machen mir die steigenden Zahlen in Hamburg dann durchaus diesbezüglich, dass das mit den Fußballspielen unter diesen Bedingungen dann eben auch einfach nicht weiterhin so durchgezogen werden kann und wird.

Und das organisatorische?

Zumindest aus meiner Sicht gibt es organisatorisch noch einiges an Nachholbedarf:

  • Wir waren ganz früh drin und konnten den Einlass von oben ganz gut beobachten. Reihenweise haben sich Leute falsch angestellt (Einlass war nach einzelnen Tribünenteilen organisiert) oder sie standen nur in einer der beiden möglichen Reihen. Der Mund-Nase-Schutz wurde beim Einlass auch nicht mal ansatzweise zuverlässig getragen – ihn zu sehen war zumindest in dem was ich beobachten konnte eher die Ausnahme statt die Regel. Für mich ehrlicherweise komplett unverständlich, aber das ist ja dann andererseits auch nicht nur beim Fußball so. Eindeutigere Lagepläne würden helfen, ebenso wie bessere Beschilderung direkt vor Ort. Und darauf kann man dann ja auch einen Hinweis abdrucken, dass Masken auch in den Schlangen ganz cool wären.
  • Ebenso lief das zumindest bei mir mit der Überprüfung der Impfzertifikate auch noch etwas ruckelnd. Hantiert man sowieso mit zwei Apps mindestens (Impfnachweis, bzw. Testnachweis; sowie Ticket), wird es natürlich nicht einfacher, wenn die Ordner*innen dann noch wenig Erfahrung im Lesen der Zertifikate haben. Aber genau für sowas gibt’s ja solche Testläufe. Hoffen wir, dass die Routine sich bis zum kommenden Sonntag einschleicht, wenn dann die vierfache Menge Menschen ins Stadion will. Weil so dauerte es und das wird spätestens dann ungemütlich, wenns dann zeitlich Richtung Anpfiff geht.
  • Sowieso das leidige Thema Masken. Mit einer Ausnahme waren es ausnahmslos Männer, die das mit dem Maske tragen nicht so genau nahmen. Gerne mal gar nicht, auf halbacht oder „ich will ja nur schnell ein (alkoholfreies) Bier holen“. Kannste alles gerne machen, aber trag halt bitte die Maske. Und nein, sie dann zum Niesen abzunehmen, ist immer noch keine Glanzidee. Schön war, dass die Ordner*innen darauf sehr konsequent und freundlich hingewiesen haben. Auch wenn das öfters geäußerte „sonst verlieren wir unseren Job, wenn die Spiele wieder ohne Zuschauer*innen stattfinden“ zumindest aus meiner Sicht als aufgemachte Drohkulisse gegenüber den Ordner*innen etwas reichlich unpassend ist. Hier aber auch: Keine Ahnung, wer da was wie gesagt hat. Aber das hörte ich als Erklärung mehr als einmal – und irgendwoher werden sie es ja haben.
  • Mega ätzend dagegen der Umgang einzelner mit der Ansprache durch die Ordner*innen. Eine Situation ist besonders im Gedächtnis geblieben, als ein Ordner auf die Abstände und das Tragen von Masken hinwies (Halbzeitpause, Menschen stellten sich zum Diskutieren nah aneinander hin – soweit komplett normaler Prozess, wobei ich auch komplett diesen Impuls, das so zu tun nachvollziehen kann. Aber es passt halt nicht zu den Regelungen, mit denen wir uns alle abfinden, wenn wir aktuell in ein Stadion wollen). Zumindest der Bitte wurde Folge geleistet. Warum genau man sich dann feixend und hinter dem Rücken des Ordners darüber lustig machen muss, bleibt zumindest mir ein Rätsel und in schlechter Erinnerung.
  • Ausbaufähig aus meiner Sicht auch der mobile Getränkeverkauf. So waren die regulären Verkaufsstände geschlossen (ich vermute mal, um Warteschlangen zu vermeiden, in denen sich viele Leute eng auf eng befinden). Wenn sich diese Häufung dann aber fast automatisch ergibt, wenn die mobilen Verkäufer*innen auf die Tribüne kommen, ist auch niemandem geholfen. Und wenn dadurch die Mundlöcher bei Ein- und Ausgängen verstopfen erst recht nicht. In meiner bescheidenen Sicht ist auf den Umläufen mehr Platz und ich würde aus meiner Sicht als Besucherin Sinn machen, eher wieder dort Getränke verkaufen als auf der Tribüne. Aber da mag es Argumente geben, die ich gerade einfach nur nicht kenne.
  • Zudem gab es nur Einwegplastikbecher. Ich vermute mal auch hier, dass es an rein organisatorischen Gründen liegt. Ideal ist es eben einfach trotzdem nicht und es wäre doch schön, wenn sich wieder ein Weg fände, diesen vielen Plastikmüll zu vermeiden. Ansonsten können wir die Bikinis, die es im Fanshop zu kaufen und gibt und die aus Plastik, das im Meer gesammelt wurde, hergestellt wurden, vielleicht in Zukunft einfach direkt aus dem Einmalplastik dieser Becher herstellen. Sorry, ja, das war polemisch. Die Zwänge sind klar, doof ist es halt trotzdem.
  • Für mich auch nicht ganz nachvollziehbar, warum auf der GG (wo ich mich befand) penibelst auf das Schachbrettsitzen hingewiesen wurde, während dann Leute auf der Süd (die nicht offiziell geöffnet war, wo aber u.a. die digitale Saisoneröffnung durchgeführt wurde) mehrfach direkt nebeneinander saßen. Wir können gerne lang und breit über den Sinn dieser Schachbrettlogik diskutieren (und ich persönlich hätte eine große Affinität zu 10er Sitzgruppen, die dann stärker von anderen abgegrenzt sind, statt dieses durchgängige Schachbrettsitzen), aber so lange es die gibt und die penibelst umgesetzt werden, ist es im Sinne des Vorbildcharakters einfach unnötig, wenn sich auf anderen Tribünen dann genau daran nicht gehalten wird. 
  • Der gestaffelte Auslass (von unten nach oben wurden die Reihen rausgelassen), mag in dieser Form bei einem Testspiel funktioniert haben. Ich sehe noch nicht, wie das klappt, wenn die Mannschaft noch im Mittelkreis den 3-0 Sieg gegen Kiel feiert und noch nicht auf Stadionrunde war. Einige aus den Reihen wollen dann sicher bleiben, andere raus. Wenn die Ordner*innen dann ziemlich direkt darauf hinweisen, dass man „JETZT!“ gehen müsse, trägt das sicherlich Potential, eine Konfliktquelle zu werden.
  • Auf den meisten Rängen gibt es aktuell Unisex-Klos, wie Sven Brux irgendwo auf Facebook schrieb, weil es eben nicht überall M/W Toiletten gibt. Persönlich bin ich großer Fan von deutlich mehr Unisex-Klos überall und auch im Millerntor. Die anwesenden Ordner*innen haben sich allerdings wirklich den Mund fusselig reden müssen, um das zu erklären. 

Es bleibt hier also durchaus auch im organisatorischen noch Raum nach oben. Aber genau dafür sind solche Testläufe vor dem „Ernst“ am Sonntag dann ja eben auch da.

Ansonsten steht ein Saisonauftakt an, in den wir ohne Testspielniederlage gehen (auch wenn Testspiele bekanntermaßen nur bedingt Aussagekraft haben). Und es wäre schon, wenn sich der Saisonauftakt aus der letzten Saison (Pokalspiel gegen Elversberg) dann eben diese Saison nicht in der Form für uns wiederholt. Ich bin aber auch kaum vorbereitet und habe keine Ahnung, wie stark ich Kiel diese Saison einschätze. Aber gegen einen Start in die Saison, der zu 9 Punkten am 13. August gegen 20:30 Uhr führt, hat hier vermutlich niemand was?

PS: Alerta, Alerta! Alle hassen Hertha!

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