Die Bildzeitung. Linke Menschen in den 70ern haben die noch ironisch gelesen. Heute unvorstellbar. Und sie ist mal wieder Diskussionsthema in FCSP-Kreisen. Sollte man die Bildzeitung von der Teilnahme an MVs, Pressekonferenzen und ähnlichem ausschließen? So lautet die Frage. Und die Antwort darauf ist genauso kontrovers wie kompliziert. Unterteilen wir die Fragestellung doch einfach mal in zwei Teile: „Sollen wir?“ und „Dürfen wir?“
Sollen wir?
Wir haben das Gefühl, dass in den Köpfen immer noch die Bildzeitung der 70er und 80er Jahre, vielleicht selbst die Bildzeitung, wie sie sich Axel Springer vorgestellt hat, fest verankert ist. Bisschen prollig, mal Grenzen überschreitend, aber irgendwo im demokratischen Spektrum angesiedelt. Es wird dann ein klarer Unterschied zu Szenepublikationen wie z. B. Compact oder ähnlichem konstruiert. Dies ist schlichtweg nicht richtig. War es wahrscheinlich nie, wir erinnern nur an Schah-Besuch und andere Dinge, aber spätestens nach einer „gemäßigt-bürgerlichen“ (und auch hier sind die Anführungsstriche sehr zu beachten) Phase unter Diekmann ist die Bildzeitung nun ein Blatt der rechtsradikalen Erlebniswelt. Und im Endeffekt wichtiger für diese Welt als Szenepublikationen, weil sie mit ihrem bürgerlichen Schein eine viel größere Reichweite hat. Nennen wir Beispiele:
Stichwortgeberin
Die Bildzeitung ist Stichwortgeberin der rechten Onlinewelt. Laut einem TAZ-Bericht von 2018 teilen rechte Kreise zwischen April 2017 und April 2018 insgesamt 2.000 Artikel besonders häufig in ihrer Social-Media-Blase. Die Hälfte der Artikel kommen von der Bild, der Welt und dem Focus. Wer den aktuellen Stand sehen möchte, der kann mal bei Twitter bei @dierechteblase durchscrollen. Bild, Welt, Bild, Welt, mal irgendwer anders, Bild, Welt. Da helfen Lippenbekenntnisse wenig, dass man doch gegen Nazis sei, wenn man gezielt die Themen für diese Blase setzt. Und ihr könnt auf dem Twitter-Account die Artikelüberschriften sehen. Das sind keine „zufälligen“ Posts.
Framings verbreitend
Der zitierte Artikel führt weiter aus, dass eben auch rechtsradikale Themen und rechtsradikale Framings von der Bild in die allgemeine Öffentlichkeit eingeführt werden. Es wird gezielt mit dem Feuer gespielt.
Brückenbauerin
Das Bildblog nennt das „Brücken für die AfD bauen„. Die Bildzeitung verbreitet Falschmeldungen und sorgt für Hass aus dem rechtsradikalen Milieu. In dem verlinkten Artikel könnt ihr wieder sehen, wie diverse AfD Konten gezielt den Artikel der Bild verbreiten und zur Basis ihres Hasses machen. In einem Interview mit dem Tagesspiegel wird vom medialen Arm der AfD gesprochen. Das ist Ergebnis einer kurzen Internetrecherche. Nein, die Bild ist nicht der bürgerliche Krawallo, der irgendwo eine Grenze nach Rechts hat. Ganz im Gegenteil. Sie ist der rechte Krawallo in einem bürgerlichen Schafspelz
Vorsatz?
Ist das von der Bildzeitung Vorsatz? Man soll juristisch von dem objektiven Tatbestand nicht auf den subjektiven schließen, aber es ist wohl sehr naheliegend, dass wir hier zumindest ein billigendes in-Kauf-nehmen dieser Teilungen haben. Falls ihr mal mit einem Jura studierenden Menschen auf einer Party (in ferner Zukunft) ins Gespräch kommen wollt, könnt ihr ihn ja mal fragen, ob das Vorsatz ist. Da Jurist*innen nun echt kein Spaß auf Partys sind, sagen wir euch die Antwort auch so: Ja, ist es. Uns dünkt, dass das selbst Absicht ist, aber das können wir hier nun nicht endgültig erörtern.
Bild schürt Rechtsradikalismus
Lange Rede, kurzer Sinn: Den Kontakt mit rechtsradikalem Gedankengut, die ständige Empörung in diesen Kreisen und das Feuer unter dem Erfolg der AfD? Da spielt die Bildzeitung eine wichtige Rolle und dies sehr bewusst. Wir sind der Meinung, dass man damit einen demokratischen Grundkonsens weit hinter sich gelassen hat. Auch wenn sie immer so tut, als ob sie sich abgrenzen würde, ist sie doch der Biedermann*die Biederfrau für die Brandstifter*innen.
Wollen wir das am Millerntor?
Nun mal ehrlich: Wer hier jetzt in eine Verteidigung geht, der muss schon sehr gute Argumente haben. Denn wir würden ja auch nicht die AfD am Millerntor tagen lassen, weil das sich ja in einem toleranten, demokratischen Diskurs so gehört, oder? ODER? Teilweise wird dann geäußert, dass man ja nicht die Bildzeitung am Millerntor habe, sondern einzelne Menschen, die man individuell betrachten müsse. Ganz ehrlich. Das greift zu kurz. „Es gibt auch gute AfD-Mitglieder“. Nein, gibt es nicht. Wer für die Bild arbeitet, tut dies bewusst und gezielt. Selbst wenn er nur für den Sportteil arbeitet. Und dieser ist nun auch kein Hort der Unschuldigen, wie er bei der Geschichte Jatta mehr als bewiesen hat.
Fazit
Für uns gibt es keinen Zweifel, dass Vertreter*innen der Bildzeitungen nichts am Millerntor zu suchen haben.
Dürfen wir das?
Okay, wir würden nun gerne die Bildzeitung ausschließen. Da kommen wir nun in ganz andere Problematiken. Es ist hier auch immer zu betrachten, wovon wir sie ausschließen wollen. Hier ein paar Fallbereiche und ein paar Problematiken, die mit Ihnen kommen.
Mitgliederversammlung?
Das ist bei uns in der Satzung mehr als bescheiden geregelt, wenn man ehrlich ist. Eigentlich ist die Mitgliederversammlung nicht öffentlich (§ 16 Nr. 4), nur damit sie dann in § 14 Abs. 6 quasi öffentlich gemacht wird, weil sich Medienvertreter*innen sich über die Geschäftsstelle akkreditieren können und nur noch das Verfahren dem Präsidium obliegt. Ein Ausschluss der Presse durch die MV oder eine Zustimmung zur Anwesenheit ist nicht vorgesehen. Es ist daher eher zweifelhaft, ob man bei einer MV ein Medium ausschließen könnte, welches das Präsidium/die Geschäftsstelle akkreditiert hat. Eine Weisung der MV für zukünftige MVs wäre möglich, ist aber auch irgendwie nicht das Gelbe vom Ei. Und man könnte sich auch fragen, ob die Satzung da nicht dem Präsidium/der Geschäftsstelle Autonomie gibt.
Eine ganz andere Regelung ist bei anderen Vereinen üblich. Hier mal exemplarisch die Satzung von Fortuna Düsseldorf: „Die Mitgliederversammlung ist nicht öffentlich. Gästen sowie Vertretern der Medien und Jugendlichen unter 18 Jahren im Rahmen des Jugendschutzgesetzes kann die Anwesenheit widerruflich gestattet werden, wenn dies von der Mitgliederversammlung mehrheitlich beschlossen wird.“
Warum wir auf Fortuna Düsseldorf kommen? Weil die gerade davon gegenüber der Bild Gebrauch gemacht haben. Bei einer solchen Regelung kann die MV ziemlich tun und lassen, was sie will. Bei uns ist das nach der jetzigen Satzung zumindest zweifelhaft.
Ausschluss von allen Presseaktivitäten
Wünschenswert wäre, wenn wir die Bild komplett von Pressekonferenzen, Medienansammlungen etc. pp auszuschließen. Dabei sind aber gewisse Dinge zu beachten. Und Hürden zu nehmen.
Wettbewerbsrecht
Die erste Hürde könnte das Wettbewerbsrecht sein. Ja liebe Freund*innen, jetzt wird es freakig. Nach dem Wettbewerbsrecht darf sich nämlich ein Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung diese nicht diskriminierend oder behindernd gegenüber anderen Unternehmen einsetzen. (§§ 19, 20 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWG) Zu Recht werdet ihr jetzt laut rufen „Sind Jurist*innen denn nun endlich von allen guten Geistern verlassen, wie soll denn der FCSP marktbeherrschend sein? Habt ihr euch diesen Trümmerverein mal angesehen?“
Ja, aber ganz so einfach ist das nicht. Und lustigerweise hatte das OLG München (Urteil vom 28.01.2010 / U (K) 3946/09) diese Frage zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hatte das OLG den Fall zu entscheiden, dass der „FC…. e.V.“ aus München Medienunternehmen verbot, seine Pressekonferenzen (und andere Inhalte) live in das Internet zu streamen, weil er sie über den „nicht-linearen Mediendienst www…tv“ vermarkten wollte. Der Kläger des Verfahrens hielt sich nicht dran und wurde ausgeschlossen bzw. durfte nur nach einer schriftlichen Zusicherung, dass er nicht ins Internet streamen würde, wieder an den Pressekonferenzen teilnehmen. (Sachverhalt verkürzt dargestellt, es war etwas komplexer, aber das soll hier mal keine Rolle spielen.) Entscheidend für uns ist, dass das OLG folgende schönen Sätze prägt: „Die Beklagte ist Normadressatin im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB, da sie als marktbeherrschendes Unternehmen im Hinblick auf die Vermarktung von Bundesligaspielen des FC …, u.a. durch Veranstaltung von Pressekonferenzen, gilt (BGH NJW 2006, 377 ff. – Tz. 19 – Hörfunkrechte ; Senat, Beschluss vom 18. Oktober 2007 im Verfügungsverfahren U (K) 3945/09). Der Zugang der Medienvertreter zu diesen Veranstaltungen bildet in sachlicher und räumlicher Hinsicht einen Markt, auf dem die Beklagte marktbeherrschend ist.“
Die Pressekonferenz als Markt. Spannend. Und da nur du als FC Bayern (ups, haben wir jetzt den Namen gesagt?) Pressekonferenzen des FC Bayern abhältst, bist du sehr schnell marktbeherrschend. Nun wäre es vermessen, zu behaupten, dass Pressekonferenzen des FCSP auch nur annähernd den gleichen medialen Auftrieb (und damit auch Vermarktungsmöglichkeiten für die Medien) bringen; aber auch wir veranstalten als einzige eine Pressekonferenz des FCSP und für Medien könnte auch dies eine Behinderung durch eben den einzigen Veranstalter einer FCSP Pressekonferenz sein.
Nun führt das OLG aber weiter aus, dass man aus sachlichen Gründen schon differenzieren dürfte. Es führt dazu aus: „Ob eine Behinderung unbillig ist oder für die Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vorliegt, bestimmt sich auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes (BGH GRUR-RR 2008, 181 ff. Tz. 13 – Autoruf – Genossenschaft II ; GRUR 2004, 966, 968 – Standard – Spundfass ; NJW 1989, 3010, 3012- Sportartikelmesse ; GRUR 1980, 125, 128 – Modellbauartikel II). Die Interessenabwägung kann nur einzelfallbezogen vorgenommen werden. Für die Frage, ob die verfolgten Individualinteressen als schützenswert und sachlich berechtigt anerkannt werden können, ist dabei zu berücksichtigen, dass das Kartellrecht die Freiheit des Wettbewerbs sicherstellen will. Eine Interessenverfolgung, die mit dieser Zielsetzung unvereinbar ist, etwa weil sie zu einer unangemessenen Einschränkung der Handlungsfreiheit des Betroffenen führt, kann nicht als sachlich berechtigt anerkannt werden.“ Hier lässt das OLG nebenbei die Klage scheitern, weil es zwischen „linearen“ und „nicht linearen“ Medien eine sachliche Unterscheidung sieht und der FC Bayern alle nicht linearen ausgeschlossen habe und dies okay sei. Puh. Ob man das im Jahr 2020 noch so sehen kann? Gute Frage, soll nicht unser Thema sein.
Wenn wir aber nun die Bild alleine ausschließen wollen, dann bräuchten wir also einen sachlichen Grund, denn Pressekonferenzen wollen wir ja weiterhin abhalten und Buttje und Co. sollen ja weiterhin kommen. Wir bräuchten also einen sachlichen Grund, der in einer einzelfallbezogenen Abwägung und Interessenverfolgung durchstehen würde. Das könnte ohne Weiteres klappen. Man darf nicht vergessen, dass wir eher ein unbedeutender Zweitligist sind und die Bild ein medialer Konzern. Da wird die Ausgangslage schon eine ganz andere sein. Und für den wirtschaftlichen Erfolg der Bild wird es eine ganz andere Grundlage bilden, dass sie zum FC Bayern zugelassen ist, als zu uns. Wir alleine könnten da also ggf. mit einer guten Argumentation durchkommen. Wünschenswert wäre natürlich, dass sich die gesamte DFL anschließt und dann könnte es schon schwieriger werden, weil dann die sachliche Unterscheidung halt die politisch rechtsradikale Ausrichtung der Bild wäre. Und ob dies ein Gericht überzeugt, wenn es schon nicht mal alle FCSP-Menschen überzeugt? Das lassen wir hier mal offen.
DFL?
Wenn wir schon bei der DFL sind. Wie regelt die eigentlich? Wir waren ehrlich gesagt überrascht. Die überlässt es in ihren „DURCHFÜHRUNGSBESTIMMUNGEN zu den Medienrichtlinien, Spielzeit 2020/21“ vollkommen den Heimvereinen, wen sie im Bereicht „Print/Onlinemedien“ akkreditieren wollen.
Voraussetzung für eine Akkreditierung ist ein Presseausweis und ein Redaktionsauftrag (vereinfacht gesagt), aber eine Pflicht zur Akkreditierung? Oder ein „Soll akkreditiert werden“ findet man schlichtweg in den Richtlinien nicht. Das einzige, was man findet, ist eine Regelung zu Konflikten: „In Konfliktfällen bei der Akkreditierung von Fotografen bzw. Print-/Online-Medien werden – wie auch in der Vergangenheit erfolgreich praktiziert – die örtlichen Verbindungsleute von mindestens einem der bundesweit tätigen Journalistenverbände einbezogen. Bei sonstigen übergeordneten Fragen/Problemen sind diesbezügliche Anfragen zentral an Vertreter der Journalistenverbände zu richten.“ Die beziehen wir natürlich gerne ein und würden ihnen dann noch mal einen kurzen Abriss über Gewerkschaften in rechten Diktaturen geben. Ein Konfliktlösungsverfahren gibt es aber nicht.
Presserecht?
„Das geht aber presserechtlich nicht“ wird dann immer gerne als Argument vorgebracht. Dazu nur sehr kurze Hinweise. Presserecht ist erstmal öffentliches Recht. Und das öffentliche Recht regelt das Verhältnis Bürger*in zu Staat. Nicht das Verhältnis Bürger*in zu Bürger*in. Das ist Zivilrecht. Klar, es gibt auch ein zivilrechtliches Presserecht, aber da geht es eher um die Haftung der Presse und Gegendarstellungen.
Einen Zwang, nicht zwischen geliebter und ungeliebter Presse zu unterscheiden, besteht definitiv für den Staat. Da muss selbst nicht nur eine Teilnahme zugelassen werden, sondern auch Fragen müssen zugelassen werden. (VGH München, Urteil vom 06.04.2017 – 7 ZB 17.234, es gibt diverse andere Fälle) Das ist alles Ausfluss von Artikel 5 Abs. 1 Satz 2. Aber auch da ist der FCSP halt nicht Normadressat. Grundrechte sind für Menschen gegenüber dem Staat und nicht im Zivilrecht relevant. Naja, da stimmt nicht ganz, denn Jurist*innen kennen da noch die sogenannte Drittwirkung von Grundrechten, wo im Endeffekt Verträge und zivilrechtliche Normen im Geiste der Grundrechte ausgelegt werden sollen und die Grundrechte in das Privatrecht strahlen. Daher kommt wahrscheinlich auch so ein bisschen die Idee, eine Pressekonferenz für einen „Markt“ zu halten, wie im eben zitierten Urteil des OLG München. Aber ganz ehrlich: Das reicht nicht aus für eine Pflicht eines privaten Unternehmens, Presse frei zuzulassen. Auch gerade, weil sie ja immer noch schreiben könnte, was sie wollte.
Aber es gibt noch andere Dinge…
Neben einem totalen Ausschluss muss man sich immer auch fragen, ob man die Bildzeitung nicht mit einem Minimum abspeisen will. Eine Art „Kompromiss“, den wir noch irgendwie verstehen könnten. Aber auch davon ist der FCSP noch meilenweit entfernt. Der offizielle Twitteraccount z. B. folgt 163 Accounts. Selbst schon unserem Neuzugang Adam Dźwigała aber auch Bild St. Pauli, Sportbild oder Fußball Bild. Ach ja, Disclaimer: Dem MagischerFC-Twitter-Account ist man mal entfolgt.
Das Folgen von Bild-Accounts? Das muss echt nicht sein. „Professionelle Zusammenarbeit“? Genau, das kann nach dem oben Geschriebenen ja eben gerade nicht das Ziel sein. Der FCSP veröffentlicht auch jeden Tag eine Presseschau auf seiner Homepage. Dort jeden Tag vertreten? Die Bildzeitung. Auch das muss einfach nicht sein. Das ist Werbung für ein rechtsradikales Blatt und einfach Mist. Auch zu Hintergrundgesprächen lädt man die Bild ein. Auch das muss nicht sein. Ich muss denen nicht noch einen privilegierten Zugang zu Informationen geben. Auch gerade weil zu solchen Gesprächen eben nicht breit eingeladen wurde, sondern sehr selektiert.
TL;DR?
Die Bild ist ein rechtes Hetzblatt, das massiv zur Spaltung dieser Gesellschaft beiträgt. Und der FCSP arbeitet noch viel zu eng mit diesem Erzeugnis zusammen.
Eine weitere Betrachtung der Lage gibts von Maik im MillernTon.