Liebe Lesenden,
wir hatten den Haus- und Hofjuristen schon vor der Absage und Verschiebung der Mitgliederversammlung um eine Einschätzung der satzungsändernden Anträge gebeten. Die Mitgliederversammlung ist jetzt in einem Online-Format auf den 17. Dezember verschoben; die Antragsteller*innen der anderen satzungsändernden Anträge haben größtenteils bereits verkündet, die Anträge auf die ebenfalls geplante außerordentliche MV im Mai 2021 zu schieben. Um die Zeit bis dahin zu nutzen, veröffentlichen wir den bereits vorbereiteten Text trotzdem – ein halbes Jahr, um jetzt darüber zu diskutieren. Ist doch auch mal was Gutes. #nurnochpositiv.
Die Anträge verlinken wir Euch, wie sie zur MV 2020 original gestellt wurden, selbstverständlich können sich bis zum nächsten Termin noch Änderungen ergeben.
Worte vorher
Moin liebe lesende Menschen da draußen. Ich bin ja im Ruhestand. Aber ich habe auch kein Bock auf der MV zu erfrieren [Anmerkung: Gilt wohl nicht mehr, aber das mit dem MV-Bericht klappt trotzdem!].
Also habe ich dem geliebten Kollektiv angeboten, einen „normalen“ MV-Bericht zu schreiben. Und wenn, dann machen wir das auch mit Artikeln vor der MV. Sonst fühle ich mich unvorbereitet auf der MV und das will ich ja nicht. Der folgende Text ist also von mir. Er ist meine Meinung und nicht die des Kollektivs. Ihr erreicht mich aber über die E-Mail des Kollektives, wenn ihr mir sagen wollt, wie scheiße ihr die Meinung findet.
Viele Satzungsänderungsanträge
Wir haben bei der MV über insgesamt fünf Satzungsänderungsanträge zu entscheiden. Das müsste ein Rekord sein.
Sie werden hier in der – wahrscheinlich eher zufälligen – Reihenfolge behandelt, wie sie auf der offiziellen Homepage abgebildet sind. Eine Ausnahme ist der Antrag „Quote weiblicher Mitglieder in Gremien“, zu diesem lest ihr nämlich alles wissenswerte hier.
Nach den langen Ausführungen gibt es auch immer eine kurze Zusammenfassung (TL;DR nennt man so etwas wohl neudeutsch). Insgesamt ist das aber alles etwas längerer Stoff.
Besondere Vertreter*innen
Antrag wie zur MV 2020 gestellt. Der geneigte Lesende wird sich fragen, was das ist. Warum muss ein Vertretungsverhältnis in einer Satzung geregelt werden? „Weil diese Vertretung besonders ist“, ist dann eine ebenso unbefriedigende wie juristisch richtige Antwort. Nach § 30 BGB sind besondere Vertreter*innen ein eigenes Organ eines Vereines. Dieses Organ kann ein Verein per Satzung schaffen. Dies will der FCSP jetzt tun.
Braucht man das?
Wenn ein Gesetz so etwas als optional vorsieht, dann gibt es Gründe dafür und dagegen. Eigentlich kann man die beschriebene Problematik sehr gut mit hauptamtlichen Präsidiumsmitgliedern abdecken. Der FCSP tut sich mit hauptamtlichen Präsidiumsmitgliedern aber historisch sehr schwer und es bestehen dagegen sehr diffuses Bauchweh. Nicht alle sind für den Autor dieser Zeilen wirklich nachvollziehbar und häufig hat man auch das Gefühl, dass es viel an dem letzten prominenten hauptamtlichen Präsidiumsmitglied namens Stanislawski liegt, dass hier Vorbehalte bestehen.
Ein Problem hat eine Konstruktion eines teils ehrenamtlich, teils hauptamtlich tätigen Präsidiums jedoch, nämlich die Unwucht, die man damit in einem Gremium schafft. Das Hauptamt ist immer anwesend, verdient damit sein Geld und hat damit einen Informationsvorschuss und ggf. auch andere Interessen als ein*e Ehrenamtler*in. Da macht es durchaus Sinn, ein eigenes Organ für hauptamtliche Mitarbeiter*innen zu schaffen.
Auch die weitere auf der Homepage findenden Begründung für die Schaffung einer solchen herausgehobenen Position ergibt erstmal Sinn. Die Ausnahme lest ihr später. Wie dein Job betitelt ist, macht für viele Kandidat*innen immer noch einen Unterschied. Und wie herausgehoben du aufgehängt bist auch.
Auch könnten wir durch die Schaffung dieser Ebene ggf. unser Problem von zu vielen gleichberechtigten Direktoren (zur Zeit nur Männer) schaffen und über der Direktor*innenebene (bald hoffentlich nicht mehr nur Männer) hauptamtlich eine Person einstellen, die diese Menschen anleitet und kontrolliert. In diesem Fall würde auch eine Entlastung des ehrenamtlichen Präsidiums absolut erreicht werden. Ich möchte die fachliche Kompetenz aller zur Zeit tätigen Direktoren nicht in Abrede stellen, aber man liest auf dieser geheiligten Webseite doch häufig mal Dinge, wo man denkt, dass so ein hauptamtlicher Mensch, der für die grobe Richtung und die Unternehmenskultur vorgibt, eine richtig geile Idee wäre.
Wie sieht es woanders aus?
Eine kurze Recherche ergab, dass z. B. beim Nachbarn aus dem Volkspark die Bestellung einer*s (!) besonderen*r Vertreters*in vorgesehen ist. Wir haben mal die nicht ausgegliederten Vereine der 1. und 2. Liga abgegrast (kein Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit, nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert) und von denen haben Schalke, Union, Mainz, Düsseldorf, Freiburg, Nürnberg, Sandhausen, Heidenheim dieses Organ nicht vorgesehen. Dagegen hat Kiel (ausdrücklich für den sportlichen Bereich) einen solchen eingeplant.
Sowohl in Kiel als auch im Volkspark ist die Regelung bei weitem nicht so umfangreich, wie es bei uns vorgesehen ist, und die Bestellung von besonderen Vertreter*innen nur sehr begrenzt möglich. Im Volkspark, weil es nur eine Person laut Satzung sein kann; in Kiel weil der Kompetenzbereich ausdrücklich genannt ist.
Unser Entwurf
So ganz ohne Fragen und Probleme bleibt der nicht. Die einbringenden Organe werden da noch Dinge erklären müssen. Man darf auch nie vergessen, dass so eine Satzungsnorm unabhängig von den gerade handelnden Personen ist. So sehr man vielleicht Oke und Sandra zutraut, damit keinen Scheiß zu machen, so sehr kann sich das Bild wandeln, wenn man da Corny sitzen hat.
Tätigkeit sehr unbestimmt
Nach § 30 BGB ist ein*e besondere*r Vertreter*in für alles zuständig und vertretungsbefugt, was ihr/sein „zugewiesene Geschäftskreis“ gewöhnlich mit sich bringt. Kiel legt diesen Geschäftskreis gleich in der Satzung auf Profifußball fest, was Manövern des Präsidiums als bestellendes Organ gleich Grenzen setzt. Dies erfolgt bei uns anders. In dem vorgeschlagenen § 24a ist folgendes formuliert:
„Das Präsidium ist berechtigt, maximal vier besondere Vertreter*innen gemäß § 30 BGB für die folgenden Verantwortungsbereiche des Vereins zu bestellen:
a) Sport
b) Finanzen
c) Vertrieb und Sponsoring/Vermarktung
d) Recht
e) Vereinsstrategie und Clubentwicklung“
Fällt euch ein Bereich des FCSP ein, der damit nicht abgedeckt ist? Okay, Amateursport vielleicht, aber das bekäme man auch relativ elegant unter „Sport“.
Auch die Anzahl der besonderen Vertreter*innen ist nicht absolut, sondern nur relativ zur Anzahl der Vize + Präsident*in begrenzt. Es ist also ohne weiteres möglich, eine*n besondere*n Vertreter*in mit einem relativ weit gefassten Geschäftsfeld zu bestimmen und diesen Menschen zum „starken Menschen“ in diesem Verein zu machen. Das gilt umso mehr, wenn man das nun folgende bedenkt.
Ausschluss aus der Weisungsmöglichkeit der MV
Die besonderen Vertreter*innen sollen vom Weisungsrecht der MV ausgeschlossen sein. Das verursacht Bauchweh. Das Weisungsrecht der MV ist ein hohes Gut und hat bei uns schon viele Dinge bewegt. Wenn man hier Bereiche pauschal davon ausnehmen will, dann muss das gut begründet werden. Im engen „sportlichen Bereich“ kann ich das sofort nachvollziehen. 29.546 Trainer*innen sollt ihr sein, aber bitte keinen Einfluss auf das reale Leben nehmen. Dafür ist im Profifußball trotz aller Datenanalyse vieles einfach eine Bauchentscheidung. Da macht der „starke Mensch“, der das alleine verantwortet, aber auch alleine verantwortlich ist, vollkommen Sinn. Den von einer Weisungsgebundenheit auszunehmen macht absolut Sinn.
Anders sieht das aber schon bei anderen Geschäftsfeldern aus. Warum soll ich Bernd von Geldern oder Martin Drust in ihren Feldern von so einer Weisungsgebundenheit ausnehmen? Weil sie das nervig finden? Dann sind sie ggf. nicht die richtigen Menschen für den FCSP. Insbesondere weil Vermarktung und Merchandise auch die Außendarstellung des FCSP („Modelabel mit angeschlossener Fußballabteilung“) sehr prägt, sollte die MV eine direkte (!) Einflussmöglichkeit nur mit einer sehr guten Begründung aus der Hand geben. Es bleibt abzuwarten, wie dies begründet wird.
Ihr habt das Ausrufezeichen hinter dem „direkte“ gesehen? Auch indirekt wird das ausdrücklich ausgeschlossen. Es ist folgendes formuliert:
„Hiervon ausgenommen sind die besonderen Vertreter*innen (§ 24a), die ausschließlich den Weisungen des Präsidiums unterliegen, sowie Aufträge an das Präsidium, den besondere Vertreter*innen Weisungen zu erteilen.“
Ich habe da ehrlich gesagt Bauchweh. Bisschen elegant geschnittene Geschäftsbereiche für zwei bis drei besondere Vertreter*innen und schon ist eigentlich das ganze operative Geschäft des FCSP von dem Weisungsrecht der MV ausgenommen. Dann kann man das Weisungsrecht – was theoretisch meiner Meinung nach möglich wäre – auch ganz aus der Satzung streichen. Wir können gerne Wetten abschließen, ob ein solcher Vorschlag eine notwendige Dreiviertelmehrheit auf einer MV erhalten würde.
Wie schon gesagt: Es bleibt hier massiver Begründungsbedarf. Im begleitenden Interview wird auf diesen Punkt nur wie folgt eingegangen:
„Das Präsidium und der Aufsichtsrat werden weiterhin von den Mitgliedern gewählt. Dadurch haben unsere Mitglieder weiterhin die Möglichkeit, Einfluss auf das tägliche Geschehen des Vereins zu nehmen.“
Das ist nach dem oben gesagten eben nicht der Fall. Es wäre ein Einfluss dann nur über die turnusmäßigen Wahlen und/ oder eine Abwahl des Präsidiums/ Aufsichtsrates möglich. Das begrenzt den Einfluss massiv.
Komisch formuliert
Mehrfach ist im Entwurf formuliert, dass dies auch gelte, wenn ein Mensch gleichzeitig besondere*r Vertreter*in und Präsidiumsmitglied seien.
Dazu passend wird dann in § 21 Nr. 1 neu folgender Satz eingefügt:
„Sind vom Präsidium mit Zustimmung des Aufsichtsrats besondere Vertreter*innen (§ 24a) bestellt, so sind diese während ihrer jeweiligen Bestelldauer zu besonderen Vertreter*innen zugleich in Personalunion Mitglieder des Präsidiums; sie gelten nicht als hauptamtliche Präsidiumsmitglieder.“
Nicht geändert wird jedoch der erste Satz dieser Nr. 1, der bestimmt, dass ein Präsidium aus Präsident*in und Vizepräsident*innen besteht. Das ist leicht holperig dann, aber auch nix was nicht mit einer großen Satzungsreform geändert werden kann.
Gleichzeitig ist es überflüssig überall zu erwähnen, dass dieses auch gelte, wenn besondere Vertreter*innen gleichzeitig im Präsidium sind, weil der anderen Fall, dass sie es nicht sind ausgeschlossen ist.
TD;LR?
Es wird zu begründen sein, warum das Weisungsrecht so weitgehend ausgeschlossen werden soll. Beim FCSP als ausdrücklich basisdemokratischem Verein ist dieses ein hohes Gut. Es bleiben Bauchweh.
Satzungsänderung „Zustimmungserfordernis Aufsichtsrat“
Antrag wie auf der MV 2020 gestellt. So etwas muss regelmäßig angepasst werden, ich sehe da null Problematik drin. Der AR selber stellt diesen Antrag und dieses Organ wird am besten wissen, wie es seine Kontrollrechte umsetzt.
TL;DR?
Zustimmen!
Satzungsänderung „Anforderungen DFB Zulassungsverfahren“
Antrag wie auf der MV 2020 gestellt.
TL;DR?
Ganz ehrlich Leute, das ist der größte Bullshit, den es gibt. Und trotzdem müssen wir dem zustimmen. Weil niemand will, dass Christiane unangenehme Anrufe aus Frankfurt bekommt. Oder wie eine kluge Frau letztens schrieb : „Frag nicht, es ist der DFB.“
Etwas ausführlicher: Der DFB (und auch die DFL) verlangt von den Vereinen eine dynamische Verweisung (mein „auf die jeweils gültige Version“) auf diverse Satzungen und Ordnungen. Es ist schon sehr juristisch fragwürdig, ob man in Satzungen solche dynamischen Verweisungen zulässt, weil eine Satzung ja sehr zentral ist und ihr Inhalt eigentlich jeder*m Leser*in aus ihr selbst klar werden soll. Daher ja auch die erhöhten Änderungsanforderungen. So eine dynamische Verweisung mag man noch tolerieren, wenn auf eine andere Satzung verwiesen wird, die auch entsprechenden Änderungsvorschriften unterliegt. Wenn aber auf eine Spielordnung verwiesen wird, die nicht einmal mit einer qualifizierten Mehrheit geändert werden muss, dann ist das juristisch äußerst problematischer Bullshit. Man stelle sich nur vor, in diese Spielordnung wird geschrieben, dass vor jedem Spiel die deutsche Nationalhymne gespielt wird und mit „Heil Merz“ gegrüßt wird. Und dann ist das automatisch Bestandtteil unserer Satzung? No way!
Hier sollte man als FCSP mal seine Stimme in entsprechenden DFL/ DFB-Gremien erheben, dass diese dynamischen Verweisungen auf das nötige Maß begrenzt werden. Aber das ist ein sehr langsam mahlende Mühlen.
Satzungsänderung „Amateurvorstand Diversity“
Antrag wie auf der MV 2020 gestellt. Es ist immer so: Ein Amt alleine ändert die Welt nicht. Nur weil der Amateurvorstand eine*n Diversity-Stellvertreter*in bekommt , sind wir nicht sofort alle divers und super. Wenn man aber so ein Amt schafft, dann gibt es einen Menschen, der sich darum kümmert, der dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung setzt und der alleine durch seine Tätigkeit Bewusstsein schafft. Und wenn der Amateurvorstand dieses Amt selber in der Satzung verankern will, dann ist dem nur mit Beifall zuzustimmen.
TL;DR?
Zustimmen!
[…] verhandelt werden. Ähnliche „Probleme“ hatte dann wohl auch der MagischeFC, der den Artikel zu den Anträgen ebenfalls schon vorbereitet hatte. Und bevor der jetzt dort bis April liegen bleibt, kann man ihn […]