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Die Mitgliederveranstaltung vom 15.11.2020

Vorab: 

Die Veranstaltung war in diesem Format eine Premiere. Deswegen kann das nicht perfekt sein. Der Teilnehmer*innenkreis war groß und dementsprechend auch sehr heterogen. Wo Teilnehmer Banki mehr Tiefe haben möchte, ist vielleicht Teilnehmer Headi schon überfordert. Oder so.

Das sollte man immer bedenken, wenn man die nun folgende Zusammenfassung und die Bewertungen in einzelnen Punkten sieht. Weiterhin möchten wir darauf hinweisen, dass uns die Bilanz inklusive Gewinn- und Verlustrechnungen und Erläuterungen vorlag. Sollten wir auf diese verweisen, dann machen wir es kenntlich. An diesem Artikel hat unser Senior aus der Rente heraus mitgewirkt.

Die große Anzahl der Teilnehmer*innen (ca. 300) und die 120 vorab gestellten Fragen sprechen eine deutliche Sprache. So ein Format ist gewünscht und wird angenommen. Gerade bei einem Verein, bei dem auf MVs nahezu nie Nachfragen gestellt werden, ist es begeisternd, dass diese Anzahl an Fragen eingereicht wurde. In der Beantwortung hätte man die garantiert noch besser clustern und zusammenfassen können, denn am Ende wurde ungefähr zehn Mal gefragt, ob man denn nun Leute entlassen will oder nicht. Aber da gilt der Premierenbonus, dafür bekommen alle Beteiligten garantiert noch mehr Gespür und Gefühl. Es wäre sicherlich eine Überlegung wert, das nächste Mal eine Person gezielt mit der Betreuung des Chats zu beauftragen, sodass Fragen direkt zu einem Thema gestellt werden können und sie nicht am Ende der Veranstaltung außerhalb des Kontexts beantwortet weden müssen. Auch sind wir keine riesengroßen Fans von „nur Fragen über Chat“ stellen. Für viele ist das sicher eine tolle Option, gerade, wenn man vor 250 Leuten (diese Veranstaltung) oder ein vielfaches davon (MVs u. ä.) eben auch mal bewusst nicht sprechen möchte, aber es fehlt eben doch was, wenn man nicht miteinander spricht.

Dass kein*e Gebärdendolmetscher*in vorgesehen war bzw. in der Anmeldung nicht abgefragt wurde, ist ein Rückschritt. Das konnte der FCSP schon mal besser. 

Nicht eingehen wird dieser Artikel auf die neue Eigenvermarktung der Trikots etc. Das ist einem gesonderten Artikel vorbehalten. Es wird nur kurz an einer Stelle drauf hingewiesen. 

Wir versuchen im alten MV-Stil eigene Bewertungen von der Wiedergabe des Gesagten abzusetzen.  

Der Beginn

Wir geben jetzt mal ausdrücklich den Premierenbonus, aber es ist trotzdem etwas unglücklich wenn gebeten wird, bitte pünktlich um 10:45 zu erscheinen, um dann die Menschen bis 11:07 ohne Nachricht im virtuellen Warteraum sitzen zu lassen. Um dann kurz zu sagen, dass man technische Probleme hat, sich alle wieder an- und abmelden sollen? Da kommt so ein bisschen der Satz „Wohl nicht vorab getestet, wa?“ bei uns auf. Und wir haben nun mit der AG Diversität und anderen Veranstalter*innen im Vereinsumfeld schon diverse Zoom-Dinge mitgemacht, da hat immer alles super geklappt. Und ausgerechnet beim professionellen Teil des Vereines klappt es dann nicht. Autsch. [Anmerkung der diesen Text Korrektur lesenden Menschen: Die AG Diversität ist also unprofessionell. Wir haben das notiert.]

Es eröffnete Anne Kunze mit ein paar einleitenden Worte, erklärte die Technik und erwähnte, dass neben Mitgliedern auch Presse und Blogger*innen anwesend seien. [Dass Blogger*innen hier gesondert erwähnt wurden, macht uns stutzig, wer von euch Blogger*innnen ist denn nicht Mitglied des FCSP? Vortreten zum Schellen abholen!]

Dann Oke mit einleitenden Worten. Ach Oke, wir wissen, vergebene Liebesmüh und wir Pöbelblog ändern dich nicht mehr. Aber Reden in vollständigen, abgeschlossenen Sätzen, ohne immer weitere Halbsätze aufzumachen, wären so viel besser. Und man muss sich nicht bei jeder Antwort bei jemanden bedanken. 

Es sei schade, dass man sich nicht im Stadion sehen könne, aber es sei schön, sich hier zu sehen. Er danke allen, die das organisiert haben. Man wolle diesen informellen Austausch und sei allen dankbar für den Support. Man sei insbesondere über den Verzicht auf Erstattung dankbar, dies helfe extrem. [Im Lagebericht des FCSP ist davon die Rede, dass auf insgesamt 0,95 Millionen Euro Erstattung von Karteninhaber*innen verzichtet wurde. Wohlgemerkt zum Bilanzstichtag 30.06.2020. Das ist viel Holz. Später wird davon die Rede sein, dass dem FCSP ungefähr 750.000 Euro pro Heimspiel ohne Zuschauer*innen durch die Lappen gehen. Wenn man diesen Betrag – der sich definitiv nicht nur aus Eintrittsgeldern zusammensetzt – mal vier nimmt, dann ist ein Verzicht in Höhe von 0,95 Millionen echt sehr viel.]

Thees‘ Satz „würde es gehen, würde ich dich umarmen“ sei nie besser gewesen als heute. Es gehe leider nicht, es gebe keinen gemeinsamen Jubel und kein Umarmen. Umarmungen seien überhaupt schwierig. Umso wichtiger sei es in den Austausch zu gehen und nicht nur mit Gremien, sondern allgemein einen Austausch, ein Gespräch zu pflegen. Man wolle kommunzieren, wie es um den Verein stehe und Präsenzveranstaltungen seien gerade nicht möglich. Man habe die MV in Präsenz auf den Mai verschoben, aber es gebe nun diesen Termin und bald auch noch einen Termin zum Thema „Sport“. [Es sei mal schon an dieser Stelle gesagt: Wenn wir die Anzahl und die Fragebereitschaft so sehen, dann scheint online ein guter Weg zu sein.]

Man sei als Verein und als Unternehmen von der Pandemie schwer getroffen. Man wolle nicht so doll ins Horn blasen, weil es viele gebe, die schwer getroffen seien und es bei Soloselbstständigen und anderen ums (finanzielle) Überleben gehe. Man helfe da auch, aber die eigene Situation sei eben auch angespannt und schwierig. Man müsse jede Woche die Planungen anpassen und diesen Wandel mit Weitsicht, Ruhe und Kreativität angehen. Er sei den Mitarbeiter*innen dankbar, die alle die extra Meile gehen. Es sei herausragend, was da geleistet werde, stellvertretend sei die Geschäftsleitung [nennt alle Vor- und Nachnamen] zu nennen, auch danke an die Kolleg*innen im Ehrenamt [er nennt alle Vornamen, dieser Unterschied ist irgendwie lustig], dankt dann noch Kolja (Assistenz Präsidium) und Anne. 

Man sei gut aufgestellt gewesen. Das Vorgehen in den letzten Jahren, viel selber zu machen, habe eine Basis geschaffen. Die Unabhängigkeit habe Werte geschaffen. Man wisse nicht, wie lange man nun auf Menschen im Stadion verzichten müsse, aber man wolle bei St. Pauli selber machen bleiben und forza, man gehe keinen Schritt zurück. [Irgendwer hat Oke mal gesagt, dass er Reden mit einem flammenden Aufruf beenden muss. Problem dabei: Oke ist kein Redner für flammende Aufrufe. Daher bleibt das immer etwas künstlich.]

Der Stand bei den Finanzen

Er übergab dann an Carsten (Höltkemeyer, im Präsidium für das Thema „Finanzen“ zuständig). 

Dies sei die größte Herausforderung seit der Retterkampagne. Schon in der Saison 19/20 sei das zu spüren gewesen. Man habe schnell reagiert und bereits im März einen Krisenstab eingerichtet. Man habe versucht, die Effekte zu minimieren und gegenzusteuern. Er möchte da allen ein Kompliment aussprechen, insbesondere der Geschäftsleitung. Man habe im März bereits damit geplant, dass man das ganze Jahr 2020 nicht mehr vor Zuschauer*innen spielen werde. Dies sei damals konservativ gewesen, aber habe sich als richtig herausgestellt. 

Man müsse eine Krise immer bewältigen, bevor es dann zu spät wird. Man habe beim FCSP drei Gesellschaften, die Vermarktung, das Merch und die MSB, die für die Stadionfinanzierung zuständig sei. Wenn man vom Konzern rede, dann umfasse dies diese drei Gesellschaften und nicht nur den Verein. [Im Endeffekt ist der e. V., der den Profifußball betreibt, eine sehr wichtige Komponente, aber eben nicht alles. Hinzukommen noch diverse andere Gesellschaften, die dem FCSP e. V. gehören oder an denen er beteiligt ist. Aber wir verstehen Carstens Vortrag mal so, dass er die Verhältnisse stark vereinfacht hat, um es auch einem Menschen näherzubringen, der nahezu keine Vorkenntnisse von Finanzen und Gesellschaftsrecht hat. Menschen, die davon Ahnung haben, bleiben dann natürlich ein bisschen auf der Strecke, weil sie immer mehr Tiefe, mehr Details fordern, um auch Vergleiche anstellen zu können. Das ist ein Spagat, den man nicht gewinnen kann. Insgesamt wären aber sicherlich aufbereitete Infos hilfreich, ja und damit meinen wir auch sowas wie Organigramme und Beziehungen zwischen Gremien, Tochtergesellschaften, etc.]

Carsten hatte seinen Vortrag mit einigen Folien unterlegt, die wir jetzt mal freundlich mit „do it yourself“ kommentieren wollen. Wichtig ist der Inhalt. 
Man habe seit 2010 nachhaltig wirtschaftlich gearbeitet und seitdem immer mehr eingenommen als ausgegeben. [Für die Älteren unter euch: Die Saison 2009/2010 hat auch deswegen einen Verlust erbracht, weil der FCSP mit den Spielern eine ordentliche Aufstiegsprämie vereinbart hatte, die dann halt das Ergebnis verhagelte. Ihr werdet euch erinnern, wie Corny auf der MV sagte, dass er diesen Verlust gerne vertrete. Im Endeffekt hat der FCSP also bereits noch länger wirtschaftlich solide gearbeitet.]

Man habe das Eigenkapital immer erhöht, dafür sei allen Präsidien zu danken, dies sei nun eine wichtige Komponente. Wichtig sei aber auch die Finanzierung der Ausgaben, denn wir müssen diese bezahlen können. Man brauche dafür liquide Mittel. Man habe Verbindlichkeiten zurückgefahren, der Verschuldungsgrad sei sehr zurückgegangen. Man habe eine Strategie verfolgt, die ganzen Rechte selber zu halten, zuletzt die Eigenvermarktung 2019. Dies sei nun ein großer Beitrag zur Krisenbewältigung. 

Mit 13,5 Millionen Euro Eigenkapital sei die Batterie dort ziemlich voll. Man habe nie so viel gehabt,wie vor der Pandemie, die Quote von 20 Prozent sei für den FCSP Rekord. Bei der Liqudität sei das ähnlich, die sei ungefähr 3/4 voll. Der Höchststand hier sei 12,2 Millionen gewesen, aber dann habe man die Anleihe zurück bezahlt. 
[Er hatte das in seiner Präsentation als Batterie grafisch dargestellt und das ist eine schöne Verdeutlichung. Auch wir haben in den MV-Berichten immer wieder deutlich gemacht, wie wichtig Eigenkapital und wie wichtig die Eigenkaptialquote ist. Wir wollen hier mal den Bericht 2019 zitieren, der wiederrum den Bericht 2018 zitiert:
„Wir haben laut Oke eine Eigenkapitalquote von 23 %. Auch hier ist der Konzern gemeint. Für den Verein gelten andere Zahlen. Das ist gut, aber nicht toll! Wir zitieren uns vom letzten Jahr:
„Eine Eigenkapitalquote (und das ist ein guter Indikator von wirtschaftlicher Gesundheit) von 18 % ist historisch für den FCSP und auch im Vergleich der zweiten Liga super. Es ist jedoch immer noch gering. Wenn man mal so Google anwirft, dann wird eine Eigenkapitalquote von über 30 % als gesund angesehen unter 20 % als problematisch. Wir haben bis zu 30 % noch einen weiten Weg vor uns, könnten den aber ggf. über die Rückzahlung der Anleihe schon ein ganzes Stück gegangen sein. Nur mal als Vergleich: Der FC Bayern hat eine Eigenkapitalquote von über 60 %. Selbst unsere Freunde im Volkspark hatten in der Bilanz 2016/2017 noch eine Eigenkapitalquote von 23 %. Es ist also noch ein weiter Weg zur wirklichen Stabilität. Wir sind weit gekommen, aber haben noch einen riesigen Weg vor uns.““

Richtig ist also: Dem FCSP ging es für seine Verhältnisse vor der Pandemie im Bereich Eigenkapital gut. Auch gibt es in der 2. Liga viele Vereine, die mit deutlich weniger Eigenkapital operiert haben. ABER eine volle Batterie in diesem Bereich ist halt der FC Bayern mit einer Quote von 60 Prozent, nicht der FCSP, der so gerade mal eben an der Grenze zu einem halbwegs gesunden Unternehmen stand. Das hat ausdrücklich dieses Präsidium nicht zu verschulden, es zeigt halt nur, wie lange es dauert, Versäumnisse von vor Jahrzehnten (!) wieder aufzuholen. Man darf nie vergessen: Selbst in guten Jahren machten wir nie mehr als 1,5 Millionen Gewinn. Um ein EK von 13 Millionen Euro zu erreichen, brauchten wir also ca. neun gute Jahre. Das ist sehr lang.]

In der Saison 2019/2020 habe man als Konzern ca. 500.000 Euro Verlust gemacht, dies sei ein gutes Ergebnis. [557.396,06 um genau zu sein. Vorjahr 1.522.186 Millionen Gewinn] Dies sei auf einer starken Gemeinschaft begründet. 

Das jetzt laufende Jahr werde schwieriger, letzte Saison habe man insgesamt vier Spiele ohne Zuschauer*innen gehabt, alleine jetzt gab es schon vier ohne zahlende Gäste. Man habe für 2020 keine Zuschauer*innen mehr eingeplant, für die Spiele der jetzt aktuell laufenden Saison im Jahr 2021 mit 5.000 im Schnitt pro Spiel. Mit einer Vermietung für Events habe man gar nicht geplant, auch im Bereich Merch, Fußballschule sei mit einem Rückgang von 20 Prozent geplant worden. 
[Um das mal etwas weniger abstrakt zu machen: Der FCSP als Konzern hatte 2019/2020 einen Umsatz von 51.477.293,70, 2018/2019 hatte er einen Umsatz von 54.346.741,74, davon 20 Prozent sind mal eben bummelige 10 Millionen Euro, die da fehlen. Man muss von Finanzen keinen Groschen Ahnung haben, um zu sehen, dass es keine Möglichkeit gibt, Kosten so schnell zu senken, dass man dies auffangen kann. Unsere Lizenzspielerabteilung kostet grob 13 Millionen an Gehältern inklusive Sozialabgaben, Prämien etc. Und das sind im FCSP die Ausgaben, die man am schnellsten senken könnte. Wer hätte mit einem Spieleretat von 1 Millionen in die Saison gehen wollen? Hand hoch bitte! Andere große Ausgabenposten des FCSP? Sonstige Löhne und Gehälter, ca. 7,5 Millionen, Spielbetrieb 7 Mio (von Ärzt*innen bis Hotel ist da alles mögliche drin). Wer will da senken? Hand hoch bitte! Und wenn ja wie? Rest ist ganz viel Kleinkram, der aber auch schwer zu ändern ist. Z. B. Zinsen für die Kredite für das Stadion.]

Carsten skiziierte dann, wie man gegensteuern will. Man habe einen Gehaltsverzicht vereinbart bzw. versucht diesen zu vereinbaren, insbesondere bei Bestandsverträgen, man mache Kurzarbeit bei den normalen Angestellten und habe alle nicht notwendigen Projekte gestoppt. [Wir können den Einzug des Molotow in den neuen Bürotower (das muss auf St. Pauli so heißen) in der Ecke Nord/Haupt also erst 2024 realisieren.] Insgesamt bleibe aber eine Nettobelastung von 5 bis 6 Millionen.

Exkurs. Wie genau sieht es denn aus? Was will uns Carsten damit sagen? 

Im Lagebericht zur Bilanz 2019/2020 klingt das dann wie folgt (die Zahlen, die da genannt sind, beziehen sich immer nur auf den e. V., sind also nicht 100 Prozent vergleichbar!): „Insgesamt führt dies nach aktueller Planung zu Umsätzen in Höhe von EUR 26,65 Mio mit der Folge, dass ein Verlust in Höhe von EUR 11,62 Mio in der Saison 2020/2021 erwartet wird. Dieser Verlust wird im Konzern durch die Ergebnisse der Tochtergesellschaften teiweise ausgeglichen, so dass sich im Konzern ein Verlust in Höhe von voraussichtlich EUR 5,75 einstellen wird. Weiterhin ergibt sich aus den Planungen unter den getroffenen Annahmen eine bilanzielle Überschuldung zum 30.06.2021 in Höhe von EUR 6,68 Mio. Diese bilanzielle Überschuldung kann jedoch durch Maßnahmen innerhalb des Konzernverbunds […] vermindert werden.“

Wir wollten ja diesen Artikel erst mit „Der FCSP ist ein Fall für die*den Konkursrichter*in, hier lest ihr warum“ überschreiben, aber a. machen wir keine Clickbait und b. stimmt das auch inhaltlich nicht. Was uns aber klar sein sollte ist, dass uns diese blöde Pandemie alles Eigenkapital innerhalb kürzester Zeit beinah bis auf den letzten Groschen wegfrisst. Und kein Eigenkapital nennt man Überschuldung und wenn ihr mal in die Insolvenzordnung seht, dann steht das da als ein Grund für den Gang zur*zum Konkursrichter*in drin. Ja, es gibt da dann noch Auswege, auf die kommen wir zurück, aber jedem sollte klar sein, dass „ha, wir habe Eigenkapital, fick dich Konkursrichter*in“ deutlich (!) besser ist, als „äh naja, Eigenkapital haben wir nicht, aber wir haben ja Auswege, äh wir gucken dann mal liebe*r Konkursrichter*in“.

Oder anders ausgedrückt: Es lebt sich leichter, wenn man noch 10.000 Euro am 10. des Monats auf dem Konto hat, als wenn man 0 Euro und 200 Pfandflaschen hat. Und wir können es drehen und wenden wie wir wollen, selbst wenn wir ab 2021/2022 wieder ganz normale Verhältnisse haben, wird es bei grob gleichbleibenden sportlichen und wirtschaftlichem Erfolg bis 2030 dauern, bis unsere Bilanz wieder so vernünftig aussieht wie jetzt. Ein Aufstieg, mal das Erreichen der 3. Pokalrunde, eine Qualifikation für die Champions League und das Erreichen des Halbfinales der Königsklasse (absteigende Sortierung nach Wahrscheinlichkeit) wären natürlich sofort gerne genommen. 

Schwieriger ist es, das Thema Liquidität zu beurteilen. Da wurde auch einfach zu wenig zu gesagt. Wir wissen nicht, was der Verein an liquiden Mitteln benötigt. Da sagt der Eurobetrag zu einem gewissen Zeitpunkt auch wenig aus. Was bringen mir 7,5 Millionen heute, wenn ich Morgen 14 Millionen bezahlen muss? Oder was sagen die aus, wenn übermorgen die nächste Fernsehrate kommt? 

Viel ist dann von stillen Reserven die Rede. Klar hat der FCSP Rechte und Gegenstände, die er zu Geld machen kann und die zur Zeit nicht wirklich in der Bilanz mit ihrem vollen Wert erfasst sind. Aber man muss sich da immer ein paar Dinge vor Augen führen. Punkt 1. Zyniker*innen unter den Bilanzfachmenschen sagen gerne, dass stille Reserven deswegen „still“ heißen, weil sie in der Krise still bleiben. Unser Stadion z. B. hat einen riesigen Wert, wenn da ein Zweitligist drin spielt von dem ich Miete kassieren kann. Sofort, wenn der da aber nicht mehr spielt, dann ist das nur eine Bauruine, deren Entsorgung viel Geld kostet. Gleiches gilt für z. B. unsere Merch-Rechte. Punkt 2. Wenn man so etwas zu Geld macht, dann verkauft man das. Und das wollen wir immer nicht. Der Lagebericht spricht davon, dass man Handlungsoptionen habe, wie z. B. die Aufnahme von Fremdgesellschaftern in den Tochterunternehmen oder die Veräußerung von Markenrechten. Auf Nachfrage wurde in der Veranstaltung erklärt, dass man da nix Konkretes geplant habe, aber auch hier sollte jeder*m klar sein, was die heißt: Dies heißt nix anderes als Verkauf des Stadionnamen und/oder Verkauf von Dingen an Investoren. All diese Dinge wären brutal schwere Pillen, die es zu schlucken gelte. Hoffen wir, dass die Pandemie uns nicht dazu zwingt. Punkt 3. Gerade bei Liquiditätsengpässen ist eine schnelle Umwandlung von Werten in Geld notwendig. Das schwächt Verhandlungspositionen und macht das Unterfangen noch schwieriger. Und hey, wir haben auch hier auf die Clickbait-Überschrift „Oke will den Stadionnamen verkaufen“ verzichtet. Wir bitten dies zu unterstreichen. 

Der Verein hat sich zur Sicherung der Liquidität ein KfW-Darlehen von insgesamt 3 Millionen Euro geholt. Dies hat er bereits im Geschäftsjahr 2019/2020 zur Sicherung von liquiden Mitteln gemacht. Das ergibt Sinn. Wir möchten hier die Moraldiskussion der Marke „Aber so ein Fußballverein soll doch nicht von staatlicher Hilfe profitieren, scheiß Millionäre“ gar nicht erst beginnen. Es gibt im Kapitalismus Geschäftsmodelle, die sind deutlich unmoralischer als „Betrieb eines Fußballclubs“. Wie wäre es – polemisch – z. B. mit dem Betrieb einer Airline? Hashtag Klimawandel, Und ja, es gibt auch viele, die sind moralischer. 

Klar muss uns sein, dass 3 Millionen bei Ausgaben von ca. 50 Millionen im Jahr der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein sind. Das Thema Liquidität insbesondere wird uns wohl noch die ganze Zeit bis zum Ende der Pandemie beschäftigten. Ob und wie der Verein hier versuchen wird, Mittel bei Fans zu akquirieren, z. B. durch Vorbestellung von neuen Trikots (OH WAIT), wird sich zeigen. Aber nehmen wir dies mal als Beispiel. Würden 10.000 FCSP-Fans ein Trikot vorbestellen (Wunschflock natürlich „magischerfc.de“), dann wären dies bei einem Preis von 69,95 Euro halt knapp 700.000 Euro, die man vor dem 01.12.2020 eingenommen hat und deren Gegenwert man ggf. erst vollständig am 30.06.2021 bezahlen muss. 

Exkurs Ende & Die Fragerunde

Was wir jetzt so lange erläutert haben, fasst Carsten so zusammen: Man sei optimistisch, das zu meistern, aber die Situation könne sich jederzeit ändern und daher müsse man mit größter Vorsicht agieren. 

Die Fragerunde wollen wir nur noch grob zusammenfassen. Mehrfach wurde betont, dass man mit dem Mittel der Kurzarbeit Entlassungen verhindern wolle. Und zwar in allen Bereichen. Man könne nicht versprechen, dass man dies komplett durchhalten könne, aber man wolle das wirklich möglichst vermeiden. Zur Zeit habe man aber die Kurzarbeit wegen des Weihnachtsgeschäfts zurückgefahren. [Kurzer Exkurs zum Thema Arbeitsrecht, dass wir hier nicht ganz nachvollziehen können, in welchen Situationen eine etwaige Kündigung nötig wäre, da die maximale Bezugdauer von Kurzarbeitergeld 24 Monate beträgt und dies bis Ende 2021 von staatlicher Seite übernommen wird. Planung Stand jetzt. Also zumindest aus unserer Sicht nichts, wo der Verein in diesem Kontext JETZT akuten Handlungsbedarf hat. Und wenn wir auch 2022 noch großflächig Kurzarbeitergeld brauchen, dann haben wir hierzulande ein ganz anderes Problem. Wir haben aber auf Nachfrage verzichtet und kennen die Details der Antwort daher nicht.]

Man wolle die eigene Situation nicht mit der von anderne Vereinen vergleichen, man sei im Vergleich der zweiten Liga mit Eigenkapital komfortabel ausgestattet, aber man könne nicht abschätzen, wie es anderen Vereinen ginge, man gucke da eher auf sich. 

Pro Spieltag ohne Zuschauer*innen verliere man ca. 700.000 bis 750.000 Euro. Man habe mit 5.000 Zuschauer*innen im Schnitt geplant, dies hieße aber nicht, dass man sofort im Januar mit 5.000 Zuschauer*innen rechne. Das sei ein Durchschnitt, ab wann sich das genau lohne, sei schwierig zu sagen, weil dies auch von Faktoren wie „welchen Aufwand muss ich extra betreiben wegen Pandemie?“ abhänge. 

[Wenn wir richtig zählen, sieht der Spielplan im Jahr 2021 noch 11 Heimspiele in dieser Saison vor. Wir müssen also auf 55.000 Zuschauer*innen kommen. Wir sind jetzt mal optimistisch und sagen, dass wir das letzte Heimspiel (Hannover) vor voller Hütte spielen dürfen, weil wir bis dahin eine genügend hohe Impfquote haben. In einem dramatischen Spiel vor einem ohrenbetäubenden Millerntor machen wir den Aufstieg klar und trinken danach dem Kiez jeden Tropfen an Getränken weg und alle Kneipen sind auch innerhalb einer turbulenten Nacht wieder wirtschaftlich gesund. Nur die Arbeitgeber*innen in Hamburg wundern sich, dass am 17.05.2021 leider die Produktivität sehr leidet. Leider auch, weil ein unbedeutender Verein im Volkspark wieder mal den Aufstieg knapp verpasst. Brauchen wir also in den anderen 10 Heimspielen noch 26.000 Zuschauer*innen. Das sollte machbar sein, oder?]

Mit der Mannschaft befinde man sich im ständigen Austausch, was so Themen wie Gehaltsverzicht angeht. Auch bei den Neuverträgen. Details wolle man da aber nicht kommunzieren, weil man daraus auch kein Wettbewerb machen wolle. Jeder tue was er kann. Es gäbe jedoch keine Sonderbehandlung des Profietats. Man wolle seine Wettbewerbsfähigkeit aber erhalten. 

Im Amateurbereich habe es keine nennenswerten Austritte gegeben, obwohl man Sportangebote nicht nutzen könnte. Vielmehr habe es in der Zeit des ersten Lockdowns netto 233 neue Eintritte gegeben. Man sei nun über 31.000 Mitglieder. [Der Senior möchte noch mal an dieser Stelle die AFM-Abteilungsleitung grüßen, die ihn ca. 2008 mal mit großen Augen angeguckt hat, als er sagte, dass das Ziel sein müsse mehr Mitglieder zu haben, als Plätze im Stadion. We did it!]. Man sehe keinen Grund für Einschnitte im Amateurbereich oder für eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge. [Hierbei ist wichtig zu wissen, dass da die Abteilungen eine Hoheit haben und teilweise selber über ihre Beitragshöhe entscheiden können!]

Mit den Sponsoren sei man im intensiven Dialog, Congstar habe selbst in schwierigen Zeiten verlängert, man sei da sehr dankbar. 
Die Genossenschaft sei immer noch angedacht, aber eher etwas langfristig Strategisches, als etwas was nun eingesetzt werden sollte. Das müsse die passenden Komponenten haben. [Die FCSPMolotow Baugenossenschaft, Zweck Vermietung von Büroräumen an den FCSP und Clubflächen an das Molotow ist also in Gründung. Geil, lieber FCSP!]

Besondere Vertreter*innen: Man müsse sich das nicht als zwingende finanzielle Mehrbelastung vorstellen, da diese nicht zwingend von Außen und zusätzlich geholt werden sollten. Zwar könne es Gehaltsanpassungen dann geben, aber man denke, dass sich da insbesondere auch Leute von innen drauf bewerben könnten. Es sei zur Entlastung des Ehrenamtes aber sehr wichtig.

Zum Abschluss wurde dann noch kommuniziert, dass nach dem Auslaufen des Ausstattervertrages die Ausstattung ab sofort in Eigenregie hergestellt werden soll. Wir widmen dem noch mal bei gegebener Zeit einen eigenen Blogbeitrag, das dauert aber noch etwas. Im Gegensatz zur unsäglich hofierten Springerpresse haben wir keine exklusiven Vorabinfos erhalten.

Fazit? 

Eigentlich schon oben gezogen. Eine gute Veranstaltung. Carsten machte insgesamt auch einen guten Eindruck, auch wenn wir persönlich uns mehr Zahlen, mehr Butter bei die Fische wünschen würden, wir aber auch wissen, dass dies ggf. sehr viele Teilnehmer*innen überfordern würde. Die Fragen noch besser in Blöcken zusammenfassen wäre auch noch ein Punkt, der so eine Veranstaltung noch schneller und zielführender machen würde. Aber wir denken, dass so etwas mit der Übung kommt.

Und das Krönchen wäre dann die Überlegung, wie man auch in so einem digitalen Rahmen auf einen wirklichen Dialog setzen kann. Ja, das ist schwierig bei 250+ Teilnehmenden, aber macht eben Partizipation und Mitgliedschaft auch aus. 

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