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Es wird (wieder mal) juristisch

In den letzten Tagen sind bei euch doch auch gerade die Dauerkarten eingetrudelt, oder? 

Habt ihr mal, liebe Leser*innen, auf die begleitende Rechnung geschaut? Wir schon. In der Rechnung sind 19 Prozent ausgewiesen. Dabei haben wir alle doch aus Presse, Funk und Fernsehen gelernt, dass zumindest für ein halbes Jahr nun der Umsatzsteuersatz 16 Prozent sein soll. Eine aufmerksame Leserin machte uns auf die Fragestellung aufmerksam und wir haben mal Menschen gefragt, die sich damit auskennen. Hier ihre Antwort:

Puh, so einfach ist das alles nicht. Beseitigen wir mal alle Klarheiten:

Zyniker*innen würden natürlich erstmal anmerken, dass Darlehen nicht der Umsatzsteuer unterliegen und wir das Geld ja sowieso alle zurück bekommen, weil wir nicht hin dürfen. Aber das ist nun ausdrücklich nicht Vertragsinhalt einer Dauerkarte.

Als Fan kann man sich jetzt natürlich sehr einfach auf den Standpunkt stellen: „Ist mir doch egal, welcher Steuersatz da berechnet wird, ich wollte 173 Euro für meine Dauerkarte zahlen, die hab ich bezahlt, alles gut.“ Und rein zivilrechtlich ist das auch richtig. Es ist wohl ein Preis inklusive Mehrwertsteuer vereinbart worden und eine Preisanpassung ist im Vertrag nicht vorgesehen. Die könnte aus Kulanz vielleicht erfolgen, aber da könnte als Fan ja schnell auch der solidarische Gedanke „dann hat der Verein halt ein paar Groschen mehr für sich“ Überhand nehmen. 

Leider kennt das Umsatzsteuerrecht aber einen ganz fiesen Paragraphen, nämlich § 14 c UStG, der vereinfacht sagt: „Wenn du Umsatzsteuer in deinen Rechnungen zu hoch ausweist, dann hast du die auch an den Fiskus zu zahlen.“ Hier könnte also der FCSP ggf. Geld verschenken, wenn er eigentlich 16 Prozent hätte ausweisen müssen für einzelne Spiele. Und dann würde der FCSP Geld verlieren. 

Daher ist das vielleicht doch ganz interessant. Denn wenn wir mal sechs Heimspiele vor dem Jahreswechsel annehmen und einen Betrag von 173 Euro brutto, dann wären das netto (=fließt dem Verein zu) 145,38 und bei 16 Prozent Umsatzsteuer für sechs Heimspiele 146,71 Euro. Klingt immer noch wenig, oder? Aber das sind bei 15.500 Karten schlappe 20.000 Euro. Und wer will schon 20.000 Euro wegen eines falschen Ausweises an das Finanzamt zahlen? Wohlgemerkt, dies gilt, wenn jede Karte 173 Euro kosten würde und dieser Preis ist ja eher das untere Ende der Preisspanne beim FCSP. Sprich: Wir sprechen hier garantiert nicht von der Leo-Ablösesumme, aber in Corona-Zeiten auch nicht um einen Betrag, der einfach so zu vernachlässigen ist. Ginge man von einem festen Nettobetrag aus (das wäre im Endeffekt die „ich will, dass der FCSP die Ersparnis weiter gibt“), dann ginge es um 1,54 pro Dauerkarte. Reicht nicht mal für ein Astra.

Sind noch Klarheiten übrig? Dann werden die nun beseitigt. 

Welcher Steuersatz ist denn nun richtig? Das ist so einfach gar nicht mal. Und so richtig Literatur findet man dazu auch nicht.

Welcher Umsatzsteuersatz gilt, ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Leistung. Sagt das Gesetz so einfach. Leistung ist das, was ihr bezahlt. Dies gilt auch dann, wenn die Leistung aus einzelnen Teilleistungen besteht und diese mit unterschiedlichen Steuersätzen belegt werden müssten. Unerheblich ist, wann eine Rechnung gestellt wurde, sagt das Gesetz weiter. Leistung ist das, was man mit seinem Geld erkauft. Bei einer Dauerkarte ist die Leistung der Eintritt an mehreren Tagen. Einfach ist es dann, wenn es sich um eine Dauerkarte für einen Freizeitpark oder so handelt und du in einer Datumsspanne halt XYZ mal da rein darfst. Dann sagt man, dass es keine trennbare Teilleistung ist und der letzte Tag des möglichen Eintrittes der Tag der Leistung ist. Beim FCSP ist das letzte Spiel irgendwann im Mai 2021, dann gilt wieder 19 Prozent (aller Voraussicht nach) und dann wäre die Rechnung richtig.

“Halt, halt!“ schreit das Steuerrecht. Ganz so einfach ist es nicht, denn wir haben ja Spieltage, die liegen zwar nur grob fest, aber immerhin so, dass man sie den Zeiten zuordnen kann. Dies könnten ja fest zugeordnete Teilleistungen auf die Dauerkarte sein, eine Trennung ist möglich, also 16 Prozent für sechs Spiele.

Eine Frage sollte man hier im Hinterkopf behalten: Wie fest sind denn Rahmenterminpläne in Zeiten von Corona?

Der Steuersatz hat sich zuletzt 2007 geändert und damals haben kluge Oberbehörden folgende Sätze als Interpretation (!) an ihre Rechtsanwender*innen abgesondert (für die Fachpraktiker*innen unter euch: Gefunden bei Beck-Online, Beispielhaft ist hier der Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 29.08.2007 zitiert. Es gibt ziemlich gleichlautende Erlasse auch von anderen Behörden. Soweit ersichtlich gibt es aber keine Aufsätze oder Gerichtsentscheidungen zu dem Thema):

Die Überlassung einer Eintrittskarte, die zum Besuch mehrerer Sportveranstaltungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums berechtigt, ist stets als Dauerleistung anzusehen, die mit Ablauf des Berechtigungszeitraums erbracht wird. Leistungszeitraum ist dabei typischerweise eine Spielsaison. Dem Leistungsempfänger[*in] kommt es regelmäßig darauf an, alle im Leistungszeitraum stattfindenden Spiele besuchen zu können. Ob die Anzahl der Spiele einer Saison zum Zeitpunkt des Erwerbs der Karte bereits feststeht oder ob diese variabel ist, ist dabei nicht von Bedeutung. Umsätze mit Dauerkarten für eine über den Jahreswechsel hinausreichende Saison unterliegen daher – vorbehaltlich der Steuerermäßigung nach § 12Abs. 2 Nr. 8 UStG – dem ab 1. 1. 2007 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 %.

Diese Dauerleistung kann jedoch in Teilleistungen erbracht werden. Die Annahme von Teilleistungen setzt gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG voraus, dass einem bestimmten Teil der wirtschaftlich teilbaren Leistung ein gesondertes Entgelt zugeordnet werden kann.

In den Fällen, in denen die Anzahl der Spiele, zu deren Besuch die Karte berechtigt, nicht feststeht, ist dies nicht möglich. Daher scheidet die Annahme von Teilleistungen für diese Sachverhalte mangels konkreter Zuordnungsmöglichkeit des Entgelts aus. Der Umsatz wird erst mit Ablauf der Spielsaison ausgeführt.

Bei Dauerleistungen aus dem Verkauf von Karten, die zum Besuch einer feststehenden Anzahl von Spielen berechtigen, ist die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG geforderte Zuordnung jedoch möglich, falls gesonderte Entgeltvereinbarungen für die einzelnen Teilleistungen vor dem 1. 1. 2007 getroffen werden. Als Vereinbarung eines kürzeren Abrechnungszeitraums ist es insbesondere auch anzusehen, wenn in einer vor dem 1. 1. 2007 erteilten Rechnung das Entgelt oder der Preis für diesen Abrechnungszeitraum angegeben wird (vgl. BMF v. 11. 8. 2006 IV A 5 – S 7210 – 23/06, BStBl. I S. 477, Abschn. 3.3). Die Aufteilung des Entgeltes auf die einzelnen Teilleistungen hat hierbei anhand der Anzahl der Spiele zu erfolgen.

Wenn man das so auseinander dividiert, steht da, dass man theoretisch in Teilleistungen aufteilen kann und diese mit unterschiedlichem Steuersatz abrechnen kann, WENN denn eine fest bestimmte Anzahl an Spielen in der Dauerkarte umfasst ist und geteilt abgerechnet wird. Die geteilte Abrechnung wäre natürlich möglich gewesen, stellt sich die Frage, ob eine feste Spieleanzahl festgelegt ist.

Etwas einfacher zu verstehen ist vielleicht die Verfügung der OFD Frankfurt (26.01.2007) zum gleichen Thema:

Auswirkungen auf den Verkauf von Dauer- bzw. Jahreskarten

Sportvereine geben Dauer- bzw. Jahreskarten heraus, die für einen gewissen Spielzeitraum (z. B. 1. 7. bis 30. 6. eines Jahres) die Eintrittsberechtigung für Heimspiele des Vereins beinhalten.

Das Entgelt ist im Voraus zu entrichten, unabhängig davon, wie viele Spiele der Erwerber der Karte tatsächlich besucht.

1.1 Die Anzahl der Heimspiele steht im Erwerbszeitpunkt nicht fest

Die Überlassung der Eintrittskarte stellt eine Dauerleistung dar, die mit Ablauf des Berechtigungszeitraums erbracht wird. Der Umsatz wird jeweils erst mit Ablauf der Spielsaison ausgeführt.

Die Umsätze mit Dauerkarten für eine über den Jahreswechsel hinausreichende Saison unterliegen daher – vorbehaltlich der Steuerermäßigung nach § USTG § 12 Abs. USTG § 12 Absatz 2 Nr. 8 UStG – dem ab 1. 1. 2007 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 %.

Die Annahme von Teilleistungen scheidet für diese Sachverhalte mangels konkreter Zuordnungsmöglichkeiten des Entgelts aus.

1.2 Die Anzahl der Heimspiele steht im Erwerbszeitpunkt fest

Die Überlassung solcher Dauerkarten stellt ebenfalls eine Dauerleistung dar, die mit Ablauf des Berechtigungszeitraums erbracht wird.

Liegen jedoch die Voraussetzungen des § USTG § 13 Abs. USTG § 13 Absatz 1 Nr. 1a Satz 3 UStG vor, kann diese Dauerleistung in Teilleistungen erbracht werden, soweit gesonderte Entgeltsvereinbarungen für die einzelnen Teilleistungen vor dem 1. 1. 2007 getroffen wurden.

Demnach ist für den Teil des Entgelts, der auf Spiele des Jahres 2006 entfällt, der Steuersatz von 16 % und für den Teil des Entgelts, der auf Spiele des Jahres 2007 entfällt, der Steuersatz von 19 % maßgeblich.

Eine Vereinbarung eines kürzeren Abrechnungszeitraums ist auch gegeben, wenn vor dem 1. 1. 2007 eine Rechnung erteilt wurde, in der das Entgelt oder der Preis für diesen Abrechnungszeitraum angegeben ist (z. B. für Teilleistungen bis zum 31. 12. 2006 und ab dem 1. 1. 2007). Die Aufteilung des Entgeltes auf die einzelnen Teilleistungen hat hierbei linear anhand der Anzahl der stattfindenden Spiele zu erfolgen.

„Anzahl der Heimspiele steht im Erwerbszeitpunkt fest“ ist die Überschrift und erneut die entscheidende Frage.

Wie ist es denn beim FCSP geregelt? Und wenn man in die ATGB des Vereines guckt, dann steht da folgendes:

Eine Dauerkarte oder eine Jahreskarte Steh Süd („Dauerkarten“) berechtigt den Kunden grundsätzlich, diejenigen Heimspiele des Clubs im Stadion zu besuchen, für die er ein Besuchsrecht erworben hat. Der Kunde erwirbt ein Besuchsrecht für 17 Heimspiele (bei Teilnahme am Spielbetrieb der Bundesliga oder 2. Bundesliga) bzw. 19 Heimspiele (bei Teilnahme am Spielbetrieb der 3. Liga).

https://www.fcstpauli.com/tickets/ticket-infos/atgb/

Das ist dann wohl doch ziemlich eindeutig und heißt, dass der FCSP hier wohl auf Teilleistungen hätte aufteilen können und 20.000 Euro plus X hätte sparen können. Wäre das den Aufwand wert gewesen? Keine Ahnung.

Auch bleiben noch Zweifel, die wir nicht wirklich klären können:

Im Zeitpunkt der Bestellung stand ja noch nicht mal der Rahmenspielplan. Insofern kann man daran zweifeln, ob die „Anzahl der Heimspiele im Erwerbszeitpunkt“ wirklich feststand. Dieser wurde erst am 07.08.2020 veröffentlicht und wir wissen natürlich nicht, wann den Vereinen bekannt war, wann sie wo und wie spielen. Die Rechnung unserer Beispieldauerkarte trägt das Datum 25.06.2020, also vor dem öffentlichen feststehen. Man kann dann natürlich argumentieren, dass der Zeitpunkt eben nicht feststand, dann wieder der letzte Tag gilt und daher durchgängig 19 Prozent Umsatzsteuer richtig ist.

Klar hätte man es mit einer späteren Rechnungslegung und einer Trennung in der Rechnung als FCSP drauf ankommen lassen können und erstmal nur 16 Prozent für die sechs Heimspiele abführen können. Anscheinend hat man sich entschieden, dass das gesparte Geld den Aufwand nicht wert ist. Was vielleicht auch richtig ist. Denn die Umsatzsteuerprüfung des Finanzamtes kommt bestimmt und dann wäre so etwas immer Thema gewesen. Und das kostet Zeit, Geld (Berater*innen) und Nerven. 

Lange Rede kurzer Sinn: Wahrscheinlich hättest du 16 % für 6 Heimspiele versuchen können, ob es sich wirklich gelohnt hätte, sei mal dahin gestellt. 

In diesem Sinne:

Prost!

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