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Business-Käsescheiben

Menschen machen Fehler. Jeden Tag. Das ist so, und mal mehr und mal weniger ein Problem. 

Wenn wir hier im Blog einen Fehler machen und zum Beispiel ein Wort falsch schreiben, dann ist das nicht schlimm und die Konsequenzen des ganzen sind quasi nicht existent. 

Wenn eine Pilotin einen Fehler macht und deswegen ein Flugzeug abstürzt, dann ist das deutlich problematischer. Aber auch bei der Pilotin kann man nicht 100-prozentig ausschließen, dass sie Fehler macht. Und deswegen gibt es Sicherungssysteme, die menschliche Fehler minimieren sollen. Ein vielgenutztes Modell hierfür ist das Schweizer-Käse-Modell. Ja, das heißt wirklich so. 
Die Löcher im Käse sind mögliche Lücken in Sicherungssystemen, die bei Durchbrechen zu schwerwiegenden Fehlern führen können. Durch das Hintereinanderschalten von vielen Käsescheiben (sprich Kontrollsystemen zur Fehlerminimierung) können bewusste und unbewusste Fehler zwar nach wie vor passieren. Dann aber eben nicht zu schlimmen Folgen führen, sondern diese durch die Kontrollsysteme verhindert werden, bevor sie Schaden anrichten.

Eine Art dieses Kontrollsystems hier im Kollektiv ist, dass Artikel vor der Publikation immer von mehreren gelesen werden. Weil es einfach die Wahrscheinlichkeit von Rechtschreibfehlern verringert. Im Flugzeugkontext oder auch in der Medizin gibt es viele Trainings, die Fehlerentstehung insgesamt minimieren sollen. Und dann eben die genannten Kontrollsysteme, die verhindern sollen, dass Fehler schwerwiegende Folgen mit sich bringen: Checklisten, um sicherzugehen, dass vorm Start alles korrekt überprüft wurde, Messinstrumente, die unnatürliche Veränderungen (beispielsweise Druckabfall oder Höhenverlust) sofort an die Pilotin melden. Und vieles weiteres.

Das Ausmaß der Folgen eines Fehlers durch Veröffentlichung einer doofen neuen Kollektion beim FCSP befindet sich zwischen Rechtschreibfehler und Flugzeugabsturz. Deutlich näher dran am Rechtschreibfehler.

https://twitter.com/FrauHassi/status/1287299800740835328?s=20

Was ist an der Kollektion problematisch?

Auch in den vergangenen Jahren waren wir nicht immer nur glücklich mit den Kollektionen beim FCSP. Und wir haben unter Braun-weiße Rosablau-Falle und Marketing & Vertrieb: Ein Boysclub auch schon über die jeweiligen Probleme gebloggt. 

Nun also eine neue Kollektion, betitelt mit „Business“. Nicht unser Ding, die Kollektion an sich. Aber wir müssen ja auch nicht alles kaufen. Bzw. kaufen unsere Sachen sowieso größtenteils im Fanladen. In unserem Umfeld gab es alle Meinungen zwischen „als ob das jemand zum wirklichen Business-Termin anziehen würde“ und „ich wollte immer schon mal einen schickeren Pulli mit Totenkopf“.  Wir haben dem Verein einige Nachfragen geschickt, die dankenswerterweise beantwortet wurden und die wir hier mit Genehmigung auszugweise veröffentlichen: 

Grundsätzlich sei angemerkt, dass eine Kollektion in dieser Art derart oft angefragt wurde, dass wir der hohen Nachfrage nachgekommen sind – wobei schwerpunktmäßig Frauen bei der Entwicklung beteiligt waren.

Auszug aus der Antwort des Vereins

Es scheint also Bedarf gegeben haben.

Wir fragen uns ja trotzdem, ob wir als Sportverein wirklich so viel Merch rausbringen müssen, der nun wirklich nichts mehr mit dem originären Thema an sich zu tun hat. Und ob wir überhaupt auf Bitten in diesem Umfeld reagieren sollten. Klar, die Menschen, die bei uns den Merch verantworten, denken da eher im wirtschaftlichen Sinn und wollen möglichst viel verkaufen. Und das macht man, wenn man Kund*inneninteressen trifft.

Aber passt das auch zu uns als Verein?

Mit dem Totenkopf transportieren Leute, dass sie hinter den Werten des FCSP stehen, und wir tragen unsere wichtigen Positionen so in die Welt. Aber spätestens wenn rechte Rapper wie Chris Ares auf Fotos bei solchen Facebookposts den Totenkopf tragen, kannste dir halt alles sparen. Und ja, uns ist klar, dass das niemand im Verein toll findet und etwas dafür kann. Aber es passiert halt trotzdem. Und umso mehr, umso mehr Produkte wir in die Welt ballern.

Aber das ist ja auch nicht das eigentliche Problem. Sondern dass die Kollektion, die wohl unisex ist, nur mit männlichen Models geshootet wurde:

Die Kritik an der Businesskollektion ist absolut berechtigt. Die Bezeichnung der Kollektion ist natürlich unangemessen, denn die Tatsache, eine Businesskollektion nur mit Männerartikeln anzubieten, schließt Frauen* aus dieser „Businesswelt“ aus. Da müssen wir uns hinterfragen, warum unsere Korrekturprozesse bei der Benennung nicht funktioniert haben. […] Die Kollektion haben wir umgehend von der Seite genommen und wir werden zeitnah Fotos von den Artikeln, die unisex getragen werden können, mit Frauen nachproduzieren lassen.

Auszug aus der Antwort des Vereins

Frauen verdienen in Deutschland 21 Prozent weniger als Männer, der Frauenanteil bei DAX-Vorständen ist 14.7 Prozent, die Rente bei Frauen über 65 ist um 46 Prozent niedriger als die von Männern. Und genau diese Realität wurde mit der ersten Darstellung der Kollektion verfestigt. Und das passt einfach nicht zu diesem Verein, wie wir ihn leben und lieben. Der die „Förderung von Frauen in den Gremien“ bei der letzten Mitgliederversammlung beschlossen hat.

Gut und wichtig, dass die ersten Hinweise, dann immerhin zu sofortiger Reaktion geführt haben. Vor zwei Jahren war das noch anders. Aber solche Sachen dürfen gar nicht erst passieren.

Zurück zu den Käsescheiben

Oben schreiben die Verantwortlichen:

Da müssen wir uns hinterfragen, warum unsere Korrekturprozesse bei der Benennung nicht funktioniert haben.

Auszug aus der Antwort des Vereins

Und genau das ist das Thema. Ein Fehler kann passieren, das ist menschlich. Aber man muss eben Sicherungssysteme einbauen, die den dann noch finden, bevor er öffentlich wird. 

Es gab in der Vergangenheit Beschwerden zu falsch geschnittenen Frauenkollektionen, kleinen Größen, Farbgebungen und Mackersprüchen auf Shirts. Und hinter all diesen Themen steht, dass die Kollektionen häufig noch in binären, sexistischen Denkmustern entstehen. Und dieses Problem wurde in den Korrekturprozessen oben anscheinend immer noch nicht genug berücksichtigt, sodass diese Art von Fehler wieder passieren konnte. Es wäre gut und sehr wichtig, wenn dieses Thema umfassend verstanden und angegangen wird. 

Wir sind jetzt mal hoffnungslose Optimist*innen und hoffen auf schnellen Einbau dieser Sicherungssysteme. So wurde ja auch auf anderes Feedback gehört und beispielsweise anderes an den Kollektionen nach dem Feedback angepasst:

Demzufolge sehen wir zukünftig von engen, super taillierten Schnitten ab. Zudem nehmen wir für die Saison 2021 die Größe XXL für Frauen ins Sortiment auf. Eine entsprechende Planung für das kommende Jahr ist bereits abgeschlossen, die Vororder startet Mitte August.

Auszug aus der Antwort des Vereins

Wir haben jedenfalls auch überhaupt keine Lust, uns regelmäßig über die Kollektionen zu ärgern. Aber es passieren halt doch immer wieder Dinge, auf die wir aufmerksam machen müssen.

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