Hey do what you want, but don’t do it around me
Idleness and dissipation breed apathy
Dieses Blog hält ja in weiten Teilen Grag Graffin für den größten Lyriker der Neuzeit. Und auch die eben zitierten Zeilen passen leider zu dem Tag, den unser Gegengerade-Teil hatte.
Fangen wir jedoch vorne an. Wir sind ein Kollektiv. Wir sind die Borg und Widerstand ist zwecklos. Dies heißt aber nicht, dass wir uns nicht auch mal annörgeln. Schon gar nicht, wenn der Tag mit Personalfeststellungen durch die Polizei und einem kurzfristig vermissten Handy beginnt.
Sowieso Polizei. Findet noch irgendwer diese Besatzungsmacht im Viertel gut? Vor dem Spiel nerven sie uns und unsere Gäste damit, dass sie Menschen unbedingt vor dem Fanladen (!) mit einem Großaufgebot (!) kontrollieren müssen; nach dem Spiel begleiten sie den Derbysieger*innen-Marsch mit zwei Wasserwerfern und einem Räumpanzer. C. fasst dies treffend mit der Frage zusammen, ob die meinen, dass wir unser eigenes Viertel in Schutt und Asche legen würden. Es nervt. Verpisst euch einfach.
Generve überall
Gutes Stichwort. Verpissen können sich (in nicht unbedingt zwingender Reihenfolge):
Der Typ, der 10 Menschen unserer Bezugsgruppe beim 2-0 mit Bier überschüttet und zwar komplett absichtlich und natürlich gut 20 Sekunden nach dem ursprünglichen Jubel. Und der darauf angesprochen meint, dass dies ja normal sei, man sich mit seinen Designerjacken nicht so anstellen und, wenn einen dies störe, man sich in den Familienblock stellen solle. Immerhin habe eine*n ja nur drei, vier Tropfen getroffen. Gut, dass J. von der Breiten Masse in diesem Moment das Reden übernimmt, sonst würde das richtig eskalieren. Liebe Breite Masse: Ihr seid die Guten.
Jeder Stadionbesuch ist für jede*n anders. Und klar gehört für sehr viele Menschen ein bisschen “Über die Stränge schlagen” auch dazu. Die wenigsten Stehplatzbesucher*innen werden sich über ein paar Spritzer Flüssigkeit als Nebenprodukt vom eruptiven Torjubel beschweren. Das ist in unser aller Augen in jedem Fall der Deal, den alle mit dem Stadionbesuch, zumindest auf Stehplätzen, eingehen.
Aber (natürlich gibt es ein “aber”): Es gehören aus unserer Sicht zwei Dinge dazu.
- Maßhalten. Und das heißt nicht “den halben Becher sehenden Auges Richtung Leute schütten, die damit nicht einverstanden sind”. Nicht überall gelten die gleichen ungeschriebenen Regeln. Und selbst die können sich ändern. Das Argument “Früher habe ich hier mehr Bier übern Kopp bekommen als getrunken” ist egal, wenn das heute nicht mehr üblich ist.
- Einsicht, wenn die Situation falsch eingeschätzt wurde. Ist uns vermutlich allen mal passiert, dass wir uns ein bisschen zu doll gefreut haben, sodass es andere gestört hat. Wenn die Reaktion kommt “Ey, das war nicht cool”, dann sollte es ein Leichtes sein, sich zu entschuldigen und sich im eigenen Verhalten ein bisschen daran anzupassen.
Mag der*die eine oder andere jetzt für spießig halten, aber eigentlich ist die Sache ganz einfach: Deine Freiheit endet dort, wenn sie die Freiheit der anderen einschränkt. Und da kann man durchaus von sprechen, wenn man bei sieben Grad klatschnass wird. Wir wollen das Stadion nicht in ein Kloster verwandeln. Aber so ganz grundsätzliche Rücksichtnahme, die wollen wir schon. Das mal so als Gedankenanstoß nach innen.
Die Osnabrücker, die noch vor 11 Uhr Frauen mit “F*tzensanktpauli” grüßen. Ist ja als Frau, die sichtbar Fan des anderen Vereins ist, schon eher häufig nicht so angenehm so einer Gruppe auf recht engem Gehweg zu begegnen. Wenn die dann sichtbar schon gut getankt haben sowieso noch viel weniger. Und traumhaft, wenn der Spieltag an diesem Wochenende dann auch noch mit solch einer Begrüßung anfängt.
Ebenso die Osnabrücker, die meinen, im Zug noch einen einzelnen Menschen aus unserer Gruppe anreißen zu müssen. Reisetasche wegtreten von einem Menschen, der neutral gekleidet ist, ist auch mal so richtig das coole Ding, was man seinen Freund*innen noch wochenlang erzählt. Was für eine Heldentat.
Auch im Stadion Ordner*innen vom Zaun heruntertreten zu müssen und Banner zu klauen, ist so richtig toll. Nicht. Davon ab hätten die Osnabrücker*innen mit ihrer beachtlichen Lautstärke (Kussi nach Dresden: Deutlich lauter als ihr zuletzt) zu Beginn und der erkennbaren Loyalität zu ihrer Mannschaft trotz Niederlage am Ende ein paar Sympathiepunkte gesammelt. Klar, manche so, manche so.
Der Typ, der vor den Fanräumen erst auf unsere Intervention eine Frau in Ruhe lässt, die ihrerseits klar und eindeutig Grenzen kommuniziert hatte. Es macht so müde.
Abseits unserers Spiels: Die Polizei Mannheim, die ohne Witz eine Sonderkommission Ermittlungsgruppe wegen des Hopp-Plakates einrichtet. Rassismus? Sexismus? Wortwörtlich die gleiche Beleidigung am gleichen Tag durch Mannheim-Fans gegen den geschassten Torwarttrainer von Kaiserslautern? Alles egal und nicht der Rede wert. Aber wenn ihr unseren Didi beleidigt, dann schaffen wir Stehplätze ab und verbieten alles. Der Millernton hat ansonsten alles notwendiges dazu geschrieben. Fick dich DFB.
Zu den guten Dingen
Zuallererst: Gute und richtige Antwort der Nord- und der Südkurve zu der Causa Hopp. Richtig eingeordnet, das sexistische Wort nicht verwendet und trotzdem klar Stellung bezogen. Küsschen!
Noch mehr Küsschen auch für die Halbzeittranspis, die an Hanau erinnern. Passend und richtig genau als “Antifa Hooligans” losgeht Stellung bezogen.
Wir haben gewonnen. Leo küsst die Eckfahne. Wir sind immer noch Derbysieger*innen. Die Sticker sind weg und wir können noch mal knapp 190€ in den Spendentopf der Braun-Weißen Hilfe schmeißen. (Und: Sticker sind nachbestellt). Der FC St. Pauli hat Menschen im Stadion und sucht an der Werbebande Schiedsrichter*innen. Die Stadionuhren sind synchronisiert. (Wen hat das auch jedes Mal fuchsig gemacht?) Regenbogen nach dem Spiel über dem Heiligengeistfeld, nachdem wir beim Spiel vom Wolkenbruch bis zum strahlenden Sonnenschein alles bekommen haben.
Alle Spieler mit Namen und dem Zusatz “Derbysieger” zu feiern, breitet sich schnell von der GG aus und ist einfach eine absolut wundervolle Idee. Wie schön ist das bitte?
Außerdem läuft da gerade so ein Modellversuch auf der Süd, den wir als sehr positiv angenommen bewerten. Es gibt endlich Hygienemülleimer im Stadion. Und dann auch noch Spender mit Hygienartikeln. Wir waren nach dem Spiel noch auf einer der 2 Toiletten auf der Süd und stellen fest: Hygieneartikel noch da, Eimer gut genutzt. Sieht für uns nach einem guten Verlauf des Piloten aus, der sich bitte schnell auf’s ganze Stadion ausbreiten darf. Und Leute: Geht damit angemessen um, da haben wir alle was von.
Noch Details zum Spiel?
Nach so einem Derbysieg sind die Erwartungen an das Spiel … naja! Da haben wir in der Vergangenheit ja schon ganz anderen Mist erlebt. Anspannung ist in jedem Fall da und die Rechnung “Mit einem Sieg mit zwei Toren Unterschied überholen wir Osnabrück” scheint da ein bisschen optimistisch.
Nun! Das läuft aber durchaus passabel. Oder um es etwas deutlicher auszudrücken: JAWOLLJA. Das System mit Henk (gute Besserung!) & Dimi gefällt uns richtig gut, da ist direkt Dampf auf dem Kessel. Das Mentalitätsmonster Knoll ist zurück, als wäre er nie weggewesen. James ist wieder im Kader. Buba findet immer mehr Freude an der Interaktion mit der Kurve nach gewonnen Zweikämpfen. Penney startet wieder etwas wacklig, verliert zu Beginn einige Zweikämpfe nicht ganz so schön, kommt dann aber richtig rein und hat Bock. Sobota tanzt bockstark durch die gefühlt ganze Osnabrücker Abwehr und schiebt dann locker ein.
Auch, wenn nach hinten raus wieder etwas zu viel gewackelt wird und am Ende tatsächlich nur das Geradesoeben-Ergebnis für die Osnabrück-Überholung steht, sind wir ganz schön zufrieden. Den Gegner starkmachen, das muss echt nicht sein. Es hätte durchaus noch höher ausgehen können, hätte Waldi nicht diese wunderbare Welt der Schwerkraft erkundet und dabei den Arm auf den Ball bekommen oder hätte ein noch immer nicht ganz auf dem Platz angekommener Boris geknipst. Und noch ein paar andere aussichtsreiche Chancen bleiben liegen. Naja, man kann nicht alles haben. Auch die Osnabrücker haben am Ende ihre Chancen, aber wir einen Skyman.
Und schöne Dinge kann man mehrfach schreiben: Østigård küsst das Wappen und tanzt dann nach dem Spiel ausgelassen durch die Kurven. Die Sportfraktion dieses Blogs ist auch immer noch neidisch auf diese Körperspannung beim Hochspringen. Und mit den Mitspielern kommt er jetzt auch nicht so schlecht aus. Das ist einfach alles richtig, richtig, richtig gut. Also hätten wir hier irgendwas zu sagen: Leihe verlängern, Kaufen. Wie auch immer: Hierbehalten.
Hoffentlich ist Henk halbwegs okay. Das wäre ein bitterer Verlust. “Schulter ausgekugelt” klingt erstmal nicht nach langem Ausfall, allerdings kommt da noch ein MRT.
Und nun? “Drei Punkte in Sandhausen nachlegen, damit Ruhe ist.” Würden wir dem Curi widersprechen? Natürlich nicht!
Ansonsten beenden wir den Spieltag im Jolly zu “Kill all the white man”. Der DFB fühle sich hiermit informiert. Wir sind uns sicher, dass da noch eine Parallele zur Lexhopp gezogen wird.
Untergegangen ist an diesem Spieltag die Ziehung der Gewinner*in für den Blogbeitrag im Kontext der Braun-Weißen Hilfe Sammlung. Holen wir diese Woche nach. Der Moneypool ist übrigens noch offen.
[…] von Tim– Stefan Groenveld: „Derbyfluch besiegt„– Magischer FC: „Warum ist das alles nur Generve?„– Hossa: „Derbysieger, Derbysieger, hey, hey!„– Zaphod Beebleblox: […]
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