Disclaimer
Achtung! Die folgenden Worte sind zwar nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben, sie erheben aber nicht den Anspruch die absolute Wahrheit zu sein oder 100 % richtig zu sein. Der schreibende Jurist hat Vereinsrecht niemals als Schwerpunkt gehabt. Sie sind nicht als Rechtsberatung zu verstehen.
Grundlagen/Auftragsanträge
Im Vereinsrecht kann man Anträge auf Mitgliederversammlungen stellen. Beim FCSP (und dies meint im folgenden den e.V.) umfasst dieses Recht ausdrücklich auch die Möglichkeit Organen des Vereines Aufträge zu erteilen, die deren operatives Geschäft betreffen. Siehe § 13 Abs. 5 unserer Satzung.
Dies ist nicht in allen Vereinen so. Beim FCSP ist es aber gelebte Tradition. Wir beschäftigen uns jetzt daher erstmal mit den „Auftragsanträgen“. Die besonderen Anträge zur Satzungsänderung kommen etwas später.
Orientierung an Beispielen
Um das nun folgende etwas verständlicher zu machen, nehmen wir mal ein paar Beispiele, die bewusst etwas absurd gewählt sind.
Beispiel 1: Ihr wollt, dass das Stadion Olaf Scholz Arena genannt wird
Beispiel 2: Ihr wollt, dass motzige Blogger aus dem Verein ausgeschlossen werden
Beispiel 3: Ihr wollt, dass im Stadion ab jetzt nur noch trockener Riesling ausgeschenkt wird
Beispiel 4: Ihr wollt, dass der FCSP Vertragspartnern die Gesamtscheiße verbietet
Was wollt ihr von wem woraus
Wichtig ist, dass ihr genau prüft, was ihr von wem woraus wollt. Viele Dinge sind bei uns ausgegliedert oder langfristig an Partner abgetreten, entsprechend muss man weisungsgebende Gremien beauftragen, ihre Gesellschafterrechte bei Gesellschaften entsprechend wahr zu nehmen oder Verträge mit Kooperationspartnern entsprechend zu gestalten.
Wer ist Ziel?
Nehmen wir mal das Beispiel 1. Der FCSP ist erstmal nur Mieter des Millerntors. Eigentümer ist eine Gesellschaft, die zwar zum großen Teil im Besitz des FCSP ist. Daher ist folgendes ungenau und führt wahrscheinlich auch nicht zum Erfolg:
„Das Präsidium wird beauftragt das Millerntor in Olaf Scholz Arena umzubenennen.“
Da werden Oke und Co mit den Schultern zucken und sagen „können wir nicht“ und da haben sie absolut Recht. Ihr müsst sie dann anweisen, dass sie ihre Rechte in einer Gesellschafterversammlung der Besitzgesellschaft (die MSB) in der Gestalt wahrnehmen, dort einen Antrag einzubringen, dass das Stadion umbenannt wird. Man müsste wie ungefähr wie folgt formulieren:
„Das Präsidium des FCSP wird beauftragt in der Mitgliederversammlung der MSB ihre Rechte als Gesellschafter so auszuüben, dass die MSB das Millerntor in Olaf Scholz Arena umbenannt wird. Dabei wird das Präsidium beauftragt einen entsprechenden Antrag zu stellen und diesem in einer Gesellschafterversammlung zuzustimmen. Es wird beauftragt alle weiteren notwendigen Schritte für eine Umbenennung einzuleiten. Insbesondere hat es entsprechende Weisungen an die Geschäftsführung der MSB zu erteilen.“
Ihr merkt, das ist sehr gestelzt, sehr förmlich, aber anders wäre es nicht wasserdicht. Das dieser Antrag ggf. trotzdem kein Erfolg bringt, liegt dann daran, dass in der MSB noch andere Gesellschafter vorhanden sind und eine Einstimmigkeit vereinbart ist. Diese Gesellschafter kann die Mitgliederversammlung natürlich nicht anweisen. Puh. Keine Olaf Scholz Arena.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, an wen die MV Anweisungen verteilen kann. Die MV muss vereinsrechtlich als höchstes Gremium betrachtet werden und kann prinzipiell allen Akteuren des e.V. Weisungen erteilen. Dies kann prinzipiell anders geregelt werden, ist es aber beim FCSP ausdrücklich nicht.
Aus vereinsrechtlicher Sicht macht es aber in den allermeisten Fällen Sinn, Aufträge an Gremien im Sinne des Vereinsrechts (Aufsichtsrat oder Präsidium), die auch von der MV gewählt werden, zu erteilen. Diese können dann entsprechend der Governance des FCSP die Umsetzung durchsetzen. Beispielsweise macht es vereinsrechtlich wenig Sinn, die Medienabteilung/ Leiterin der Medienabteilung damit zu beauftragen, auf Social Media nur noch Fotos von Schnecke, Mats und James zu posten. Gebt diesen Auftrag an das Präsidium, welches dann dafür verantwortlich ist, dieses in den hauptamtlichen Bereichen umzusetzen.
Was auch wenig Sinn machen würde, wäre ein Auftrag an den Ehrenrat jemanden auszuschließen. Denn da gibt es die Satzung, die dieses Verfahren detailliert regelt. Und eine satzungswidrige Weisung ist Unsinn, da die MV das höchste Organ ist, das die Satzung ändern kann. Aber die Satzung steht über “einfachen” Beschlüssen. Siehe dazu später genauer.
Geht das sofort?
Wichtig ist auch zu überlegen, ob das überhaupt sofort geht. Nehmen wir Beispiel 3. Der FCSP wird mit Carlsberg einen langfristigen Vertrag (laut Werteveranstaltung Ende August ist dies nach unseren Notizen bis 2022 der Fall) haben, ein Produkt namens Astra im Stadion auszuschenken. Daher hat folgende Formulierung Probleme:
„Das Präsidium wird beauftragt dafür zu sorgen, dass es ab sofort nur noch Riesling im Stadion als alkoholisches Getränk gibt.“
Natürlich kann das die Mitgliederversammlung beschließen, aber ihr müsst dann auch wissen, dass sich der FCSP absolut vertragsbrüchig verhalten muss, was a. nach außen nicht gut aussieht und b. Jurist*innen und Gerichte beschäftigen wird und dem FCSP Geld kosten wird. Das kann man machen, sollte dann aber dafür eine gute Begründung haben, sonst wird der Antrag nichts.
Besser ist dann eher eine Formulierung, die etwas offener ist. Solche Formulierungen haben aber natürlich immer die Gefahr, dass sich die Gremien da raus winden. Beispiel:
„Das Präsidium wird beauftragt nach Ablauf des jetzigen Sponsorenvertrags den Ausschank von alkoholischen Getränken im Millerntor auf trockenen Riesling zu beschränken. Es wird beauftragt dies in Catering- und Sponsorenverträgen sicherzustellen. Das Präsidium wird beauftragt der MV Auskunft darüber zu erteilen, wie lange der Sponsorenvertrag mit der Carlsberg Brauerei noch läuft.“
Natürlich muss man hier auch wieder prüfen, ob die Cateringrechte wirklich vom e.V. vergeben werden. Wahrscheinlich nicht. Und wahrscheinlich ist auch der e.V. nicht Vertragspartner der Carlsberg Brauerei, es müsste also wieder mit den „Wahrnehmung der Gesellschafterrechten“ argumentiert werden.
Wie wollt ihr formulieren? Es geht von weich bis knallhart
Nehmen wir doch mal unsere Leitlinien:
Seien wir ehrlich, die sind eher ein Gefühl, als ein festes Leitbild, denn dazu sind sie in vielen Dingen zu schwammig. Es ist schon bemerkenswert, dass z.B. ein wie auch immer geartetes „Nazis aufs Maul“ sich in diesen Leitlinien nicht findet. Wenn man zynisch sein will, dann könnte man behaupten, dass auch ein AFDler die sofort mit unterschreibt. Deswegen ist es so schwer diese Leitlinien für konkreten Protest oder konkrete Kritik an Sponsoren zu nutzen.
Daher ist Beispiel 4 z.B. nicht ausreichend. Da diskutierst du ständig darüber, was Gesamtscheiße eigentlich ist. Man kann das aber auch klar formulieren und z.B. Zweifelsfragen einer Art Schiedsgericht unterwerfen (ob das dann rechtlich haltbar ist, sei mal dahin gestellt). Beispiel:
„Das Präsidium wird beauftragt sicherzustellen [ggf. wieder durch Gesellschafterrechte], dass in alle Verträge mit Angestellten, Sponsoren etc. folgender Passus aufgenommen wird:
„Der Vertragspartner verpflichtet sich zu antisexistischem Handeln. Dies umfasst u.a. aber nicht nur den Verzicht auf sexistische Darstellungen, sexistische Aussagen oder sexistische Handlungen. Der Vertragspartner verpflichtet sich bei Zweifelsfragen die Beurteilung der Antisexismusbeauftragten des FCSP als bindend zu akzeptieren. Bei Verstoß steht dem FCSP ein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht zu. Dies betrifft sowohl das mittelbar mit dem FC St. Pauli verbundene Handeln, als auch das unmittelbare Handeln der Vertragspartner.“
Man kann (und sollte wahrscheinlich sogar, wegen Schwammigkeit) dann einen solchen Passus auch noch um eine Definition was denn jetzt genau antisexistisch ist ergänzen.
Natürlich ist ein solcher Passus am Markt schwer durchsetzbar. Partner würden sich wahrscheinlich bevormundet fühlen. Insofern wird sich ein Präsidium wahrscheinlich gegen so etwas auch wehren. Wollen wir mal über herrschende Verhältnisse und Ermöglichung von Sexismus sprechen? Würde hier den Rahmen sprengen, aber das sollte uns allen klar sein. Eine*n Antisexismusbeauftragte*n oder ähnliches haben wir weder als FCSP noch gibt es da wirklich eine Schiedsgerichtsstelle, die auch nur halbwegs vernünftig wäre. Klar wäre auch, dass eine solche Stelle natürlich allgemeiner sein müsste im Sinne einer allgemeineren Awareness.
Auch ob man ein solches Kündigungsrecht wirklich vereinbaren könnte, sei mal vertragsrechtlich dahin gestellt.
Entscheidend ist, dass ihr folgendes lernt: Es gibt Möglichkeiten von relativ wischiwaschi bis knallhart. Je härter ihr formuliert, je mehr wird sich ein Präsidium natürlich wehren. Das will seine Freiheiten behalten und natürlich nicht in Gespräche mit Sponsoren oder Berater*innen von Spielern gehen und dann das erstmal vorlegen müssen. Ist so. Mag uns nicht gefallen, aber ist so.
Daraus folgend: Seid auf Gegenargumente vorbereitet
Was aus dem eben genannten Absatz folgt ist, dass ihr euch Argumente gegen Gegenargumente zurecht legen solltet. Es kann nicht schaden, dass man eine gute*r Redner*in ist und sich auf die Situation vorbereitet hat. Bedenkt auch, dass ihr den Antrag gegen 0 Uhrbegründen müsst und alle genervt sind. Wie das am besten geht? Erinnert ihr euch an den Antrag auf einer JHV den Gegengeradebau zu verschieben? Der dann zurück gezogen wurde nach einem ellenlangen Vortrag und dem Antragssteller wurde trotzdem applaudiert? Ungefähr so müsst ihr begründen. Die Begründung gibt es schriftlich immer noch online http://lichterkarussell.net/problemfelder-und-vollendete-tatsachen/.
Spielt das mit Menschen durch, redet eure Rede vor und seid auf Kontra vorbereitet.
Wichtig ist die Satzung
Womit ihr wir bei Satzungsanträgen sind. Und bei Beispiel 2. Es ist fraglich, ob folgender Text zum Erfolg führt:
„Motzige Blogger sind aus dem Verein auszuschließen.“
Warum? Weil die Satzung immer noch vor geht. Und diese bestimmt in § 11 Abs. 4 das Verfahren und die Gründe. U.a. gibt es bei uns kein Recht der Mitgliederversammlung Mitglieder auszuschließen. Möchte man dies ändern, dann sollte man auch die Satzung ändern. Satzungsänderungsanträge müssen einen konkreten Textvorschlag enthalten Dies ist alleine schon notwendig, weil die ins Register eingetragen werden. Ein Antrag „nehmt mal „wir sind gegen die Gesamtscheiße in die Satzung auf“ reicht nicht aus.
Es müsste formuliert werden:
„Die Mitgliederversammlung möge beschließen die Satzung wie folgt zu ändern:
In § 1 wird ein Absatz 4 eingefügt, der „4. Wir sind gegen die Gesamtscheiße!“ lautet.“
Oder um im Beispiel zu bleiben:
„Die Mitgliederversammlung möge beschließen, dass der § 11 Abs.4 durch folgenden Satz ergänzt wird:
„Die Mitgliederversammlung kann mit 2/3 Mehrheit motzende Blogger aus dem Verein ausschließen.“
Auch hier gilt natürlich, dass man sich im Klaren sein muss, welche Gegenargumente kommen. Und darf man bei einem Ausschluss ohne Gründe immer überlegen, ob das wünschenswert ist und auch mit Minderheitenrechten in einem demokratischen e.V. kompatibel ist.
Ablauf der Mitgliederversammlung
Die allermeisten Leser*innen waren wahrscheinlich schon mal bei einer Mitgliederversammlung des FCSP. Für die Personen, die bisher nicht das Vergnügen hatten und diejenigen unter Euch, die das spätabends eher im Halbschaf mitbekamen und nicht mehr erinnern, sei daher noch mal der typische Ablauf zusammengefasst.
Die Mitgliederversammlung des FCSP findet typischerweise unter der Woche am Abend statt, beginnt bummelig um 19 Uhr und endet nur in Ausnahmefällen vor Mitternacht. Die Diskussion und Abstimmung findet typischerweise als letzter Programmpunkt statt, sprich es ist schon spät abends, einige Leute haben keinen Bock auf lange Debatten und wollen ggf. schnell zur Abstimmung kommen. Dies solltet ihr bei den Vorbereitungen zu den Begründungen Eurer Anträge in jedem Fall berücksichtigen.
Exemplarisch hier einmal die (vorläufige) Tagesordnung der letzten MV, Präsidiums- und/ oder Aufsichtsratswahlen finden in 2019 allerdings nicht statt.

Und ja, das mit den späten Antragsdiskussionen ist unglücklich. Begründet wird die Terminierung immer mit Terminkonflikten bei Amateursportler*innen (der FCSP ist Breitensportverein). Kann man natürlich auch einen MV-Antrag für die Zukunft verändern, der Ausgang einer solchen Diskussion ist natürlich komplett offen.
Sonstige Formalien
Anträge sind schriftlich einzureichen. Sie sind zu begründen. Die Frist für Satzungsänderungsanträge sind drei Wochen, dies ist wenn wir richtig rechnen der 06.11.2019, bei normalen Anträgen 2 Wochen, wenn wir richtig rechnen ist dies der 13.11.2019.
Sie müssen von einem Mitglied unterzeichnet sein (Mitgliedsnummer angeben!) und in der Geschäftsstelle eingereicht werden. Siehe für alles § 15 unserer Satzung
[…] und dem enttäuschendem Unentschieden geäußert. Zusätzlich gibt es dort noch ein sehr schönes Tutorial zum Schreiben von Anträgen in Vereinen. Zum KSC-Spiel hat sich auch Zaphod Beebleblox geäußert […]
[…] Handlungsaufforderung ohne wirklichen Adressaten. Das macht ihn nicht sehr verbindlich. („How to Anträge“ anscheinend nicht […]