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Etwas ist faul im Staate FCSP

In der Derbysiegeuphorie ist einem “neben dem Platz”-Thema nur wenig Beachtung geschenkt worden. Und das zurecht. Weil Hamburg verdammt noch mal braun-weiß ist.

Ihr fragt Euch, warum wir darüber schreiben?

Wir haben irgendwann zwischen dem 26. August (Heimspiel gegen Kiel) und dem 16. September (DERBYSIEG!) einen neuen Sponsor der Kategorie “Stammspieler” (die zweitniedrigste Sponsoringkategorie beim FCSP) hinzugewonnen. Zumindest wenn man die beiden VIVAs zu den Heimspielen vergleicht (links das Derby, rechts die vom Spiel gegen Kiel):

Das an sich ist natürlich erstmal kein Thema. Oder auch doch. Wenn man zwei Dinge in Betracht zieht:

  1. Der Eindruck, dass bei der Werteveranstaltung bewusst mit falschen Informationen agiert wurde: Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass die 200 Menschen, die sich am 29.08. mit Vereinsoffiziellen zum Thema Werte, Marketing und Vertrieb ausgetauscht haben, mit falschen Informationen versorgt wurden. Bei einer Veranstaltung zum Thema Werte!
  2. Der Sponsor lässt sich der Kategorie Tabakprodukte zuordnen. Es handelt sich nämlich um Moods, die sich selbst auf ihrer Homepage (https://www.dannemann.com/de/our-company) folgendermaßen beschreiben:
    “Im Jahr 1994 haben wir mit MOODS die ersten „Aromatic Cigarillos“ auf den Markt gebracht und dank vieler weiterer Innovationen bestimmen wir noch heute dieses Segment. Feinste tropische Einlagemischungen, veredelt mit Virginia & Orient Tabaken, sowie ein erstklassiges Deckblatt sorgen dabei für einen unverwechselbar aromatischen Rauchgenuss, der typisch für MOODS ist.”

Rollen wir das Pferd von hinten auf

Am 29. August fand die Veranstaltung der Veranstaltungsreihe (M)ein Verein statt, Schwerpunkt Sponsoring und Werte. Wir berichteten an anderer Stelle bereits. Ein Thema findet in dem Artikel noch nicht mal Platz. Weil es nebenbei abgehandelt wurde und weil wir keinen akuten Schreibbedarf sahen: In der Diskussion zum Thema Suchtmittel kam nämlich auch die Frage auf, ob und wie die Verantwortlichen aus Marketing und Vertrieb zum Thema Tabaksponsoring stehen.

Die Antwort lautetet, dass es keine aktuellen Pläne gebe und ein solches Sponsoring in Absprache mit CSR intensiv geprüft werden solle, bevor eine solche Kooperation angebandelt werden würde; bei bisherigen Gesprächen habe man sich dagegen entschieden.

Achtzehn Tage nach dieser Aussage haben wir dann einen neuen Sponsor, der beim Derby auch bereits in Erscheinung tritt. Mehr zum wie unten. Wir schätzen ja Geschwindigkeit und schnelles Handeln. Vor allem auf dem Platz (Ryo <3), aber auch sonstwo. Wollen aber doch zumindest schwer anzweifeln, dass in einem Zeitraum von 18 Tagen eine Kontaktaufnahme mit einem Sponsor stattfindet, alle Details zur Kooperation geklärt werden, die Prüfung des Sponsors bzgl. Passung zum Verein (wir erinnern an die Aussage, dass wir vor allem Kooperationen mit Sponsoren anstreben, die zu unseren Werten passen) und der intensive CSR-Check durchgeführt werden können und ein Vertrag von allen Beteiligten unterschrieben ist. Und dann auch noch Promoter*innen für das Derby gefunden werden.

So viel zum Prozess, nun zum inhaltlichen: Wir haben innerhalb des Kollektivs verschiedene Ansichten bzgl. privatem Tabakkonsum. Und das ist auch vollkommen in Ordnung.

In einer Sache sind wir uns aber einig: Beim Fussball, in einem Umfeld, in dem sich viele Jugendliche aufhalten ist das offensive Werben für Tabakprodukte vollkommen daneben. Und als solches muss man die Anwesenheit von Promotern auf mindestens zwei Tribünen während des Derbies bezeichnen:

Achtzehn Tage nachdem 200 Menschen gesagt wurde, dass eine solche Kooperation aktuell nicht geplant ist, befinden sich in der Nord und Gegengerade (Belegt durch die obigen Fotos – für die anderen Tribünen können wir dies ebenfalls nicht komplett ausschließen) Promoter, die Werbeartikel einer Tabakfirma verteilen. In einem Stadion, in dem auch viele Minderjährige vor Ort sind.

Selbst die Mitglieder eines Lobbyverbandes wie der Deutsche Zigarettenverband, in dem der Moods-Eigentümer Dannemann nicht Mitglied ist, verpflichten sich im eigenen Werbekodex auf folgendes:

“Zu den wichtigsten Bestimmungen des DZV-Werbekodex zählen:
[…]
der Verzicht auf das Sponsoring öffentlicher Sportveranstaltungen;
der Verzicht auf Marketingaktivitäten in oder an Sportstätten;
[…]“

Oder in anderen Worten: Selbst die Big Player der Branche erkennen an, dass das Sponsoring an Sportstätten eine beschissene Idee ist. Die für das Thema Kooperationen in diesem Verein verantwortlichen Menschen sehen darin aber scheinbar kein Problem und öffnen unser Stadion für einen Tabakhersteller, damit Promoter hier Werbung machen können.

Dem ganzen die Krone wird im übrigen auch dadurch aufgesetzt, dass Dannemann/ Moods erstmalig beim Derby gegen den H$V in Erscheinung treten. Nachdem sie vor Jahren noch einen VIP-Bereich in der Imtech-Arena (ja, so hieß das Stadion an der Müllverbrennungsanlage damals) betrieben.

Und uns sei auch noch erlaubt, hier auch noch weiter den Finger in die Wunde zu legen: Auch das offensive Werben von Alkoholherstellern in einem Stadion, in dem sich viele Jugendliche befinden, ist weiterhin kritisch zu betrachten und zu begleiten. Warum es wirklich nötig ist, hier noch neue Partner hinzu zu gewinnen, ebenso. Und lasst uns nicht mit dem Thema Werbung durch Anbieter von Sportwetten anfangen.

Die Tragödie, an die die Überschrift dieses Artikels angelehnt ist, nimmt kein gutes Ende. Und wir müssen sagen, wir werden mit jeder neuen Entwicklung im Bereich Marketing/ Sponsoring pessimistischer. So geht das einfach nicht. Eine Richtungsänderung ist dringend nötig. 

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