Hamburg bleibt zusammen
Rosa Luxemburg soll mal gesagt haben, dass sich der Charakter einer Frau nicht zeige, wenn die Liebe beginne, sondern wenn sie ende. Das gilt anscheinend nicht nur für Frauen (Sowieso – was für ein Klischee, warum soll das nicht auch für Männer und Diverse gelten?), sondern auch für Kommentatoren unter Postings des Lokalrivalens.
Das war der schöne Teil des (bevorstehenden) Saisonendes. Der unschöne war, dass wir nicht gleichzeitig die Chance beim Schopfe gepackt und uns auch sportlich zur einzigen Bundesligamöglichkeit in dieser Stadt gekürt haben. Denn auch unsere Rückrunde war ziemlich unschön.
Die Kommentare unter den Postings des FCSP sind trotzdem deutlich entspannter. Nein, auch sie sind immer wieder mit hanebüchenem Blödsinn durchsetzt (“Warum nicht Stani???1??”), aber an die Quali Nichtqualität einiger Menschen mit Liebe zu schwarz-weiß-blauen Vereinen kommen sie einfach nicht ran.
Ein Twitterer schrieb folgendes:
Mit dem #HSVplus wird alles besser! Endlich nur Fachleute in der Führung und keine dummen Fans.
Mit Häme habt ihr die aktive Fanszene übergossen damals. Oh wie ich es euch Vollidioten gönne. #SCPHSV— Nicolai (@nicolaido) 12. Mai 2019
Man wird ihm wohl mit diesem Tweet und den folgenden schönen Grüßen an die Hamburger Sportmedien recht geben müssen. Da ändern auch die “Aber dann wären wir 2014 pleite gewesen!”-Antworten wenig. Das ist genau das, was euch die Hamburger Sportmedien erzählt haben. Mal ganz davon begann die ganze Geschichte ja schon vorher. Genauso wie sie euch alle zwei Jahre erzählt haben, dass ihr nun unbedingt Experten wählen müsst, um euch nach zwei Jahren zu erzählen, dass die ja alle keine Ahnung haben und ihr nun endlich Experten wählen müsst. Und das soll keine Kritik an unseren Ligakollegen im Volkspark werden. Eher an der Hamburger Medienlandschaft, die ihre eigene Rolle nie reflektiert.
Womit wir den Bogen zu unserem Verein schlagen. Wir nörgeln ja gerne – und natürlich immer zu Recht – an Entscheidungen unserer Führungskräfte herum. Aber insgesamt sind wir bei aller Kritik im Detail glücklich, dass wir „dumme Fans“ in allen Führungspositionen haben und keine „Experten“ von Abendblatts, MoPos und Bilds Gnaden.
Tschüß Jungs
Der Tag gegen Bochum beginnt mit einem Abverkauf von altem Fanräume-Merch. Das funktioniert ganz gut und viele Sachen gehen zu den verbilligten Preisen über den Tresen. Trotzdem können die Stufen, welche die Welt bedeuten, früh eingenommen werden und dies ist auch gut so. Es ist nämlich voll im Stadion. Es wird zwar jedes Spiel ein „Ausverkauft“ gemeldet, aber gerade auf den Stehplätzen der Gegengerade ist der Füllungsgrad schon sehr unterschiedlich. Warum er diesmal so hoch ist, wissen wir nicht. Fanfreundliche Anstoßzeit? Letztes Spiel? Oder doch die Han-Solo-Rechnung mit zwei Union-Niederlagen, höchstens einem Rautenpunkt und zwei hohen Siegen von uns? Wir wissen es nicht. Wir würden uns aber allemal wünschen, dass die Karten regelmäßiger genutzt werden. Alleine schon, weil ein anwesender Besucher auch noch ein Bier trinkt und irgendwas isst und damit dem Verein zusätzlich Geld einbringt.
Auf dem Platz werden Spieler verabschiedet. Allagui nicht, Meier nicht, diverse andere nicht, siehe Vereinstwitter. Das heißt nun nicht gerade, dass die beiden (oder die Anderen) auch nächste Saison am Millerntor auflaufen werden; aber man scheint zumindest noch unsicher genug über die Situation, um keine Verabschiedung vorzunehmen.
Neudecker, Hoogma, Müller, Schneider und Dudziak werden aus dem aktuellen Kader verabschiedet. Bei Nehrig wird die Verabschiedung an diesem Tag nachgeholt. Nehrig kann man eine gewisse Sehnsucht ansehen und der Beifall fällt verdientermaßen auch laut und lang aus. Man kann sich vorstellen, dass dies bei Dudziak genau anders herum ist. Buhrufe, freundliche Erinnerungen, dass sein neuer Arbeitgeber doof ist und ein bisschen Beifall sind die Reaktionen.
Danke euch allen und viel Glück auf euren weiteren Wegen. Ja auch dir Jerry, mögest du als guter Zweitligaspieler dieser Liga noch lange mit deinem neuen Arbeitgeber erhalten bleiben und in ihr für Furore sorgen.
0-0 der taktischen Sorte
Eigentlich hat Tim vom Millernton alles geschrieben, was ihr über das Geschehen auf dem Platz wissen müsst. Wir verweisen auf diesen Artikel und empfehlen sehr das Lesen. Auch seinem Saisonfazit kann man nur zustimmen. Wir müssen in der Rückrunde gerade einmal 26 Punkte holen und wären nun mitten drin im Aufstiegsrennen. Wenn man bedenkt, dass wir sechs Punkte in der Rückrunde gegen Union und gegen Paderborn geholt haben, dann haben wir den Aufstieg mehr oder minder gegen die Abstiegskandidaten dieser Liga verspielt. Das tut sehr weh. Es wäre so einfach gewesen.
Auch wenn wir uns wiederholen: Es war selbst noch brutaler, denn aus den letzten 16 Spielen hätten wir selbst nur 23 Punkte holen müssen für das eben Gesagte. Das ist ein Schnitt von ca. 1,4 Punkten. Ein Schnitt, wie ihn Teams wie Bielefeld oder Regensburg über die ganze Saison hatten. Das sind keine Wunderdinge.
Der Artikel stützt auch wieder eine unserer Thesen der gesamten Saison. An der taktischen Idee liegt unser Scheitern nicht. Das Trainerteam hat Ideen und versucht diese auch mit dem vorhandenen Spielern umzusetzen. Das klappt häufig genug und Dutt sagte auf der Pressekonferenz, dass er ein Kompliment ausspreche, weil er zweimal innerhalb kürzester Zeit zum Umstellen gezwungen worden sei. Das ist also wirklich nicht unser Problem.
Unser Problem liegt natürlich einmal in Verletzungen. Wie sehr bitte fehlt uns Veerman als Bande, als zentrale Anspielstation und als Spieler, der die Abwehr verrückt macht? Nehmen wir doch z. B. die Scorerausbeute von Allagui. Mit Veerman: Drei Tore, eine Vorlage. Ohne ihn? Ein Tor, keine Vorlage.
Ein weiteres augenfälliges Problem ist und bleibt, dass wir – ganz im Gegensatz zur Hinrunde – es nicht schaffen, Tempo und Aggression über 90 Minuten hoch zu halten. Und wenn das einzelne Spieler doch können, dann sind es Spieler, die in der Hinrunde nicht eingesetzt wurden und wahrscheinlich nicht ein Mal 100 Prozent der Zeit bei den Profis trainiert haben. Becker ist hier auffällig. Coordes von der Bank auch. Sowieso ist „Jugend forscht“ angesagt an diesem letzten Heimspieltag und Coordes macht in seinem Kurzeinsatz Lust auf mehr.
Er kommt für Schnecke Kalla, der seinen 150. Einsatz in Liga 2 zeigt. Die geringe Anzahl auf seine unzähligen Jahre spricht auch für die vielen Verletzungen, die seine Karriere auch geprägt haben. Ob diese nun in einer aktiven Spielerrolle noch viel weiter geht, wird sich zeigen. Schon vor dieser Saison hatten wir prophezeit, dass etwas schief gelaufen ist, wenn er viele Einsätze bekommt. Es sind am Ende der Saison 9 (und vielleicht noch 10?) und er hat die beste Whoscored-Note des Kaders. Es zeigt halt, wie wichtig ein guter 12. Mann ist, der dazu noch die absolute Kampfmaschine ist. Der unfassbar intensive lange Zweikampf mit seinem Gegenspieler in der ersten Halbzeit ist exemplarisch.
Haben wir uns jetzt wieder lieb?
Auf den Rängen ist eine ausgelassene Sommerstimmung sehr verbreitet. Das Ergebnis des Lokalrivalens sorgt natürlich für Heiterkeit und für neue wie alte Spottgesänge. Spott muss man sich halt verdienen. Und es ist besser als Mitleid.
Es gibt nach einer gewissen Pause mal wieder ein „Aux Armes“ und es den Versuch von Wechselgesängen über alle Tribünen. (Das kann noch besser werden, gerade die Nord kam bei uns gar nicht an, was nicht heißen soll, dass man sich da nicht bemüht …)
Die Gäste sind mit einem Sonderzug angereist, vor dem Stadion dementsprechend gut betankt und im Stadion mit einer Choreo dabei. Diese untermalt von (verspätet?) gezündetem Rauch, was so nicht wirklich beeindruckend aussieht. Nicht auf die Uhr geguckt, liebe Bochumer?
Danach
Gibt es in den Fanräumen noch Büffet und wir besuchten noch kurz das gallische Dorf des Hafengeburtstags namens Jolly-Bühne. Puh, nichts gegen schöne Schiffe und Städte mit Häfen haben ja immer noch Hoffnung, aber das ist ein gewöhnungsbedürftiges Fest. An der Bühne aber viele nette Menschen und ein netter Ausklang zum Wochenende.
Unser Tag wird kommen.
PS: Derbyfluch? Maik der alte Investigationsjournalist hat da mal tiefer gebohrt.