USP versuchte in Kiel ein neues Lied einzuführen. Daraus entwickelte sich der gleich wiedergegebene Dialog und jetzt ein Gastartikel von @stachelflosse wie wir das nächste Lied einführen werden. Aber lest selbst:
„Also in der Schule würde ich ein Lied anders einführen. Das kann man didaktisch schöner lösen.“ „Ja, dann schreib doch einen Gastbeitrag und erklär mal wie das richtig geht.“ Tja und jetzt sitze ich hier.
Ein kleiner Disclaimer vorweg; Das Folgende hat keinen Anspruch auf pädagogische oder didaktische Perfektion. Und wäre in der Schule so auch nicht umsetzbar. Es ist mehr oder weniger der Versuch die Einführung eines Liedes in der Grundschule auf den Gästeblock in Kiel zu übertragen. Das ist weder ernst gemeint, noch als Kritik zu verstehen. Ihr macht das super, liebe Ultras. Ich möchte keinem Haufen von 1000+ Chaot*innen ein Lied beibringen müssen. Meine 25 reichen mir schon.
Sachanalyse
Ein Lied lässt sich grob in drei Komponenten aufteilen: Text, Melodie und Rhythmus. Grundsätzlich sind diese Elemente in einem Lied gleichwertig und sollten deswegen auch alle erarbeitet werden. Allerdings ist dies auch immer vom Schwerpunkt, von der Art des Liedes und dem Kontext abhängig. Der Text des zu erarbeitenden Liedes lautet wie folgt:
Ja, wenn die braun-weiß-roten Fahnen
Durch den Abendhimmel weh’n
Und die ganze Meute brüllt,
was sie für Sankt Pauli fühlt.
Dann wissen alle sofort,
sie sind am richtigen Ort.
Oh, Sankt Pauli
Oh, Sankt Pauli
Melodisch bezieht sich dieser Text auf folgende Verse des Liedes „I will survive“ von Gloria Gaynor:
Just turn around now
‚Cause you’re not welcome anymore
Weren’t you the one who tried
to break me with goodbye
Do you think I’d crumble
Did you think I’d lay down and die?
Oh no, not I,
I will survive
Musikalisch ist das zugrunde liegende Lied in A-Moll gehalten. Die zyklisch wiederholte Akkordabfolge lautet Am, Dm, G, Cmaj7, Fmaj7, Bm7 b5, Esus4 und E. Die Grundtonart wird hierbei in Aufwärtsschritten (Quarten) oder Abwärtsschritten (Quinten) durchlaufen, wobei auf jedem Ton der leitereigene Dreiklang gespielt wird. Daraus ergeben sich die Grundtöne. Das Lied ist im 4/4 Takt geschrieben mit 120 BMP. Der Song ist musikalisch sehr komplex, weswegen er schon früh für Coverversionen vereinfacht wurde. Für das Stadion bedeutet dies, die Komplexität auf ein Minimum zu reduzieren. Dies garantiert die Umsetzbarkeit und vereinfacht das Lernen des Liedes in der relativ kurzen Zeit.
Didaktische Reduktion
Für den Block ist es wichtig, die Melodie, den Text und den Klatschrhythmus zu kennen. Der Hinweis auf welchem bekannten Lied der neue Text basiert, unterstützt das Lernen, da auf schon vorhandenes Wissen zurückgegriffen werden kann. Diese Vernetzung sorgt für ein leichteres und tiefergehendes Lernen. Melodisch sollte das Lied an eine für eine große Menge Menschen angemessene Tonlage angepasst werden. Ist das Lied zu tief oder zu hoch, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Teil des Blocks nicht mitsingt. Dadurch geht dem gesamten Block Volumen und Lautstärke verloren. Es reicht, wenn dem Block nur der Text schriftlich zur Verfügung gestellt wird, da alle anderen Angaben für das performen des Liedes nicht relevant sind bzw. das Lied melodisch und rhythmisch vor allem nach Gehör und Nachahmung gelernt wird.
Lernstandsanalyse
Grundvoraussetzung, um eine Liedeinführung planen zu können ist zu wissen, auf welchem Wissenstand der Block ist. Es ist davon auszugehen, dass das Lied und dessen Melodie (fast) jedem bekannt ist. Allerdings ist hierbei darauf zu achten, dass ein Lied kennen und ein Lied melodisch richtig singen, zwei verschiedenen Sachen sind.
Deswegen empfiehltes sich auch bei so einem bekannten Lied, die entsprechenden Verse zu wiederholen und genau einzuüben. Für den Zweck des Singens im Stadion ist zudem zu beachten, dass Lautstärke in vielen Fällen vor melodischer Richtigkeit steht. Deswegen ist es unbedingt nötig den Block gut auf den Gesang vorzubereiten.
Da der neue Text nur einer kleinen Gruppe vorab bekannt ist, ist es von Bedeutung diesen genau zu besprechen und auch sicherzustellen, dass dieser (zumindest einigermaßen) sicher sitzt, bevor weiter am Lied gearbeitet wird. Dies kann auf vielfältige weiße geschehen. Optische Hilfen, wie Textzettel, dienen hier zur Unterstützung. Da der Block acapella bzw. nur mit der Unterstützung einer Trommel singt, sollte der Text rhythmisch gut eingeschult werden. So bietet es sich zum Beispiel an, den Text zu erst gemeinsam im richtigen Rhythmus zu sprechen, bevor an der Melodie gearbeitet wird. Dies erleichtert außerdem den Übertrag des neuen Textes auf die schon bekannte Melodie.
Es ist zudem zu beachten, dass es sich um eine sehr heterogene Gruppe handelt, die mit unterschiedlichen Vorerfahrungen in den Block kommen und sich die Zusammensetzung des Blocks bis auf einen bestimmten Teil von Spiel zu Spiel ändert. Daraus folgt, dass es für die Erarbeitung unbedingt nötig ist, dem Kern des Blocks, das Lied intensiver näher zu bringen, als dem wechselnden Teil. Der feste Kern der Gruppe ist somit in der Lage, ihr Wissen an den nächsten neu zusammengesetzten Block weiterzugeben. Die permanente Veränderung des Blocks, ist zudem der Grund, weswegen das Lied an einem Spieltag erarbeitet und präsentiert wird. Da ein Großteil schon reichlich Erfahrungen im Erlernen neuer Lieder im Kontext Stadion hat, ist davon auszugehen, dass dies ohne größere Schwierigkeiten funktioniert. Dennoch sollte das Lied auch an den nachfolgende Spieltagen regelmäßig gesungen werden um das gelernte zu festigen.
Verlaufsplan
Zeit/ Artikulation |
Geplanter Verlauf |
Organisation |
Aufwärmen 11:55 Uhr – 12:05 Uhr |
Vorsänger macht Aufwärmübung vor Block macht nach Körperaktivierung Öffnen der Resonanzräume (dehnen, strecken, hüpfen) Atmung Zwerchfellaktivierung (hecheln, pusten, tief durchatmen, gähnen) Stimme Registerausgleich (nach oben / unten) zunehmende Erweiterung des Tonraums(Terzen singen, Halbton höher, Halbton tiefer) Sprache Teile der Melodielinie dazunehmen |
Plenum (evtl. In Kleingruppen), Trommel, Megaphon |
Texterarbeitung 12:05 Uhr – 12:15 Uhr |
B. liest Text für sich selbst Gemeinsames lesen des Textes Erst frei dann im Rhythmus V. spricht vor B. spricht nach Von einzelnen Gruppen wiederholen lassen |
Plenum, Megaphon, Trommel
Gruppen |
Rhythmuserarbeitung 12:15 Uhr – 12:25 Uhr |
Im Rhythmus klatschen Trommel dazunehmen Tempo langsam steigern Text dazu nehmen Mehrmals wiederholen |
Plenum, Trommel, Megaphon |
Melodieerarbeitung 12:25 Uhr – 12:45 Uhr |
V. singt Lied einmal vor. Call-and-response V singt einen Vers vor Block singt nach (mehrmals) Falls nötig: Tonhöhe anpassen! Wiederholung schwieriger stellen Singen in unterschiedlichen Gruppen |
Call-and-respons Megaphon Plenum Gruppen Trommel |
Sicherung 12:45 Uhr – 13:00 Uhr |
Wiederholtes Gemeinsames Singen Klatschen langsam dazunehmen Tempo steigern Lautstärke variieren Singen mit/ohne Trommel Singen mit/ ohne V. |
Plenum Trommel Megaphon |
Präsentation Ab 13:00 Uhr |
Singen des Liedes |
Plenum, Trommel, Megaphon |
Ob das so in Realität funktionieren würde? Wahrscheinlich nicht. Es wäre aber bestimmt lustig zu sehen, wie der Block darauf reagiert, wenn unsere Jungs auf dem Zaun erst mal mit allen Dehn- und Stimmübungen machen wollen.
Wenn die das versuchen sollten, würde ich beim Punkt „Zwerchfellaktivierung“ hängen bleiben, weil ich einen Lachkrampf bekäme.
Streng genommen bin ich aber auch schon bei
im „Häh? Gib mal erstmal nen Bier“- Stadium. Äh, Stadion.
[…] Umfeld des fcsp begegnen, schreiben. Wie das genau aussehen wird, werden wir sehen. Ob das eher wieder die didaktische Erarbeitung eines neuen Fangesangs im Block (nein, wird es nicht) oder die Textanlayse und Interpretation des Krachers auf der letzten […]