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Hot Take / Chemnitz. Und was das für uns bedeutet.

Die jüngsten rechten Ausschreitungen und das politische Klima in Karl-Marx-Stadt sind aktuell das Top-Thema in vielen deutschen Medien und findet auch in der internationalen Berichterstattung starken Widerhall. (Der Autor dieser Zeilen war sehr irritiert, als in den amerikanischen TV-Nachrichten ein Beitrag zu sehen war.)

Auch wenn wir uns durchaus darüber im Klaren sind, dass wir nicht die dezidierten Experten für dieses Thema sind und wir vermutlich auch nicht die beste Analyse des Geschehenen liefern können, möchten wir trotzdem – nur sehr kurz – den Fokus darauf legen, welche Bedeutung der Fußball in diesem Sachverhalt hat und dass die Vernetzung für die rechten Proteste durch die Gruppen aus dem Umfeld des Chemnitzer FC vorangetrieben wurde.

Wie verschiedene Medien, hier zum Beispiel die bürgerlich-konservative Tageszeitung „taz“, berichten war anfangs die Mobilisierung innerhalb rechter Gruppen aus dem Umfeld des CFC ein wesentlich größerer Faktor als zum Beispiel der Aufruf der lokalen AfD.

Fußball und der geschützte Bereich in denen sich rechte Fanszenen dort bewegen ist ein wesentlicher Mobilisierungs- und Vernetzungsfaktor rechter Szenen in diversen Städten, u. a. in Chemnitz. Spätestens seit HoNaRa oder HoGeSa oder ähnlichen Phänomenen sollte allen klar sein, welche Mobilisierungspotenzial diese Szenen besitzen und wie gefährlich es ist, ihnen die Kurven zu überlassen. Chemnitz zeigt daher erneut den Wert und die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit in den Stadien und den Fanszenen.

Kenner der Materie könnten sich jetzt gelangweilt schlafen legen, denn dass Nazis Kurven als Erlebnispark, als Mobilisierungsstelle und als Bekräftigungsort sehen, sollte eigentlich schon seit Michael Kühnen und Siggi Borchert bekannt sein. Aber anscheinend ist die Welt sehr vergesslich.

Überhaupt, es gibt ja gerne mal die Behauptung, dass die FCSP-Fans 1986 begonnen hätten, den Fußball zu politisieren. Dies ist aus diversen Gründen kompletter Schwachsinn, aber auch, weil zu diesen Zeiten offen faschistische Fangruppen in diversen Kurven tonangebend waren. Wenn man dies nicht als politisch empfindet, dann liegt es vielleicht daran, dass man das politisch ganz cool findet.

Vereine, Politiker, Einzelpersonen, Fangruppen müssen verstehen, dass ihre Kurven Foren sind, in denen mindestens lokale Identitäten verhandelt werden und dabei rechte Agitatoren auftreten. Alle diese Akteure sollten auch begreifen, dass ein „wir sind unpolitisch“ solchen Leuten freie Hand lässt beim Aufbau von Machtbasen und Strukturen. Entscheidend ist nicht, ob sie im Stadion ein rechtsradikales Banner hochhalten können. Entscheidend ist der Zugang zu Jugendlichen, die sich für „wir gegen die“ und Gewalterlebnisse begeistern können. Und es ist soziologisch keine neue Erkenntnis, dass die Stadionkurve dies bietet.

Der Schritt aus einem gesicherten Kurvennetzwerk zu großen international beachteten Ausschreitungen ist dann ein sehr kleiner.

Umso wichtiger ist es, dass die Vereine und Politik endlich begreifen, dass es besser ist, eine Kurve zu haben, die mal Pyro zündet, aber sonst Adorno verehrt, als eine Kurve, die lieb und brav ist, aber privat Hitler liest. Leider beobachten wir häufig genug genau das Gegenteil. Pyro? SKANDAL EINE NEUE DIMENSION DER GEWALT ALLE WEGSPERREN!!! Bisschen abhitlern? Ach, das sind nur besorgte Bürger, verwirrte Jugendliche etc.

Vereine müssen ihrer gesellschaftlichen Rolle sehr klar bewusst werden, sie müssen die Speerspitze einer Anti-Nazi-Bewegung sein. Uns ist auch klar, dass du in einer Stadt wie Chemnitz einen schweren Stand hast. Aber was örtliche Bands vormachen, können örtliche Fußballvereine gut nachmachen. Wehrt euch!

Wir wollen ja gar nicht behaupten, dass Dynamo Dresden als Verein alles richtig macht. Aber die twittern z. B. so etwas als Reaktion auf Chemnitz:

Wir haben nachgeguckt: Der offizielle Account des Chemnitzer FC informiert dafür über Besuche beim Stadtfest und die letzten Spielergebnisse. (Stand zur Veröffentlichung). Andere Vereine verhielten sich wie Dynamo (z.B. gesehen bei Arminia Bielefeld). Kleiner Hinweis: Für eurer Wohlbefinden, lest bloss nie die Kommentare und Antworten auf solche Tweets.

Es kann so einfach sein, sich zu engagieren.

Ein Kommentar

  1. Ralle Ralle

    Zur Ehrenrettung des CFC: Auf der Vereinshomepage findet sich seit gestern ein Statement.

    Zu wenig, zu spät, aber immerhin.

    Ansonsten volle Zustimmung.

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