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Wohlfühloase

Am 01.06. fand ein Treffen der aktiven Fanszene und diverser Blogger mit Oke statt, zu welchem er geladen hatte, um einen Rückblick auf die letzte Saison zu geben.

Ähnliche Treffen hatte er auch mit den Gremien und der Hamburger Presse abgehalten.

Solche Hintergrundgespräche sind in der Verarbeitung immer etwas schwierig, da vieles nicht zitiert werden kann und auch nicht zitiert werden sollte. Daher wollen wir nur eine grobe Zusammenfassung geben und ein Bauchgefühl für das weitere Vorgehen.

Natürlich waren auch einzelne Spielernamen im Gespräch Thema, aber das wollen wir aus den oben genannten Gründen vollkommen ausblenden. Außer natürlich, dass die Runde sich einig war, dass Jogi ohne Schnecke keine Chance bei der WM haben wird. „Eindeutig Weltklasse“ ist der Kalla halt.

Wann ein Präsident schweigt und wann er redet

Vorab: Es zeigt wie besonders dieser Verein ist, dass man solche Treffen abhält. Wir erlebten einen Oke, der deutlich zielstrebiger und deutlicher in der Ansprache war, als man ihn sonst wahrnimmt.

Für ihn ist aber auch deutlich klar, dass es nicht seine Art der Führung ist, plötzlich im Abstiegskampf als Präsident was zu seinem sportlichen Personal zu sagen. Er verwies zu Recht auf einen Konkurrenten, bei dem der Präsident zu einem vollkommen unpassenden Zeitpunkt mehr aus Versehen den Trainer aus Sicht der Öffentlichkeit in Frage stellte. Wir können die Herangehensweise unseres Präsi da sehr gut nachvollziehen, aber für die sehr einfache Welt des Fußballs in der immer „Macher“ und „starke Männer“ gefordert werden, ist dies natürlich gewöhnungsbedürftig. Aber eben doch richtig.

In der Analyse der Saison wurde natürlich der Einbruch in der Hinrunde und der schlechte Abschnitt in der Rückrunde als Schwerpunkt gesehen. Ohne nun in Details gehen zu wollen, fanden wir, dass Fehler gesehen werden und zumindest die Chance besteht, dass man diese nicht mehr macht.

Oke warf auch viel deutlicher als sonst in der Öffentlichkeit ein Ziel in den Raum. Sein Ziel ist es besser zu sein als der Platz der TV-Einnahmen. Das heißt, dass wir besser als Platz 7 sein sollten.

Die zweite Liga muss man dabei grob dritteln, wenn es um die Einnahmesituation geht. Wir gehören da irgendwo in das obere Drittel und diese PS gilt es auf die Straße zu bekommen. Dies ist nicht gelungen.

Zu Recht stellte unser Präsi fest, dass wir eben nicht mehr der Underdog sind, der finanziell allen unterlegen ist. Dies ist allerdings wahrscheinlich noch nicht bei allen im Verein angekommen.

Oder um es mal deutlich zu sagen: Außer den beiden Dickschiffen, die abgestiegen sind, gibt es kein Verein, der „wenn wir wollen, kaufen wir euch auf“ ernsthaft umsetzen kann.

Natürlich verzichten wir auf Einnahmen, wenn wir nicht jeden Stadionnamen und Tribünennamen verkaufen. Diese Einnahmen müssen wir anders kompensieren und tun dies auch teilweise (Stichwort „Modelabel“). Umso wichtiger, dass wir da wieder Herr im eigenen Haus sind.

Wins above Replacement?

Wir sind ja in Teilen so Baseball-Nerds. Und in diesem Sport ist etwas üblich, was in unsere linken Köpfe nicht kritiklos rein will, aber auch im Fußball knallhart notwendig ist: nämlich einen Spieler als Anlage, als Wertgegenstand, als Investition zu sehen, die man erhalten und nutzen muss. Und dabei ist es halt wichtig, einen Spielerwert zu beurteilen. Und zwar sowohl in die Vergangenheit, wie auch in die Zukunft.

Im Baseball gibt es dafür Computermodelle, die das ganze extrem präzise beurteilen. Am Ende wird daraus ein Wert, der sich im Baseball „Wins above Replacement“ nennt. Grob übersetzt heißt das „wieviel Spiele mehr gewinnt mir dieser Spieler im Vergleich zu einem durchschnittlichen Zweitligaspieler?“. Kurze Anmerkung: 1. ist das eine sehr verkürzte Erklärung für „Wins above Replacement“. 2. wer sich für Modelle wie ZIPS oder Steamer interessiert, die so etwas für die Öffentlichkeit vorhersagen, der kann das hier nachlesen. Teams haben eigene Systeme und auch für Sportarten wie Basketball gibt es solche Modelle.

Den Schritt, Spieler als Wert zu sehen, den ist man bei uns gegangen. Und ja, das ist entmenschlichend, das ist brutaler Kapitalismus. Nur wie dieser Wert bestimmt wird, das ist bei uns und wahrscheinlich auch im Fußball insgesamt immer noch viel Bauchgefühl und „mal gucken“. Machen wir unseren Verantwortlichen gar keinen Vorwurf, aber wir hoffen, dass der FCSP irgendwann das objektivere Computermodell entwickeln und nutzen kann. Das befreit nebenbei Kapazitäten, um sich die menschliche Seite zu kümmern.

Der Idealfall wäre, dass mir der Computer relativ sicher sagt, dass der Spieler zehn Tore und fünf Vorlagen machen wird und der Scout herausfindet, ob der seit Kindheit in Rautenbettwäsche schläft und ob er in unsere Kabine passt. Das kann einem kein Computer abnehmen und diese weichen Faktoren sind extrem wichtig.

Zurück zu den Werten

Mögen wir einen Spieler noch so emotional positiv oder negativ beurteilen, so sehr muss man als Verantwortlicher versuchen, das zu objektivieren. Bleiben wir bei unserem „zehn Tore, fünf Vorlagen“-Stürmer. Wenn der uns Fans ob einer etwas lässigen Spielweise wahnsinnig macht, dann ist das eine Sache. Er ist mit 15 Torbeteiligungen aber alleine drei Tabellenplätze „wert“ und was das kostet, kann man alleine am TV-Ranking nachlesen.

Gut, dass man bei unserem Verein so weit ist, gut, dass man da präzise arbeitet. Gut, dass man da auch weiter lernt und lernen will.

Umfeldfaktoren wurden besprochen, das was Oke leicht ironisch „Wohlfühloase“ nannte. Man muss auch hier eine Balance finden zwischen „der individuelle Mensch, der selbstständig ist und nur das Gute will“ und einem „schulisch-strengen“ Ansatz. Und seien wir ehrlich: Die Ausbildung in Jugendinternaten führt nicht gerade zu einer Eigenverantwortlichkeit, die man beim späteren Profi ansprechen kann. Das ist nebenbei vielleicht auch der große Unterschied zu US-Sportlern, die im College eine extreme Eigenverantwortlichkeit und Eigenmotivation an den Tag legen müssen, um überhaupt Profi zu werden.

Umfeldfaktoren reichen vom Athletiktrainer über den Masseur bis hin zum Trainingsplatz und Teammanager. Z. B. fiel bei uns letzte Saison der Athletiktrainer durch Krankheit aus. Und dann ist da eine Unruhesituation, die man auffangen und abfedern muss. Dies gelingt oder gelingt nicht. Wichtig ist, dass man Strukturen und Prozesse hat, die so etwas vorhersehen und planen. Oder anders ausgedrückt: Ich muss das Umfeld haben, welches Erfolg ermöglicht und so wahrscheinlich wie möglich macht.

Dazu gehört auch die Trainingssituation, die klar verbessert werden kann und muss. Wir trainieren und spielen als Verein zur Zeit an fünf Standorten und besitzen z. B. keine Rasenheizung an der Kollaustraße. Auch da ist man kurz-, mittel- und langfristig dran. Stichwort ist hier natürlich auch „Verletzungen“ oder „Jugendanbindung“. Das alles kostet extrem viel Geld, was dann wieder kurzfristig im Profi-Etat fehlt.

Leider weiß man hier nicht objektiv nicht, wie unsere Konkurrenz (die oben genannten oberen sechs der zweiten Liga) aufgestellt sind. Denn das z. B. Sandhausen in diesen Umfeldfaktoren wahrscheinlich sehr schmal aufgestellt ist, kann für uns kein Maßstab sein. Definitiv haben wir hier Nachholbedarf und das wirkt sich auch direkt auf das „Produkt“ auf dem Platz aus.

„Jetzt pudern die den Versagern auch noch den Arsch“ werdet ihr nun brüllen, aber das ist Unsinn. Erfolg ermöglichen & Werte für den Verein schaffen, das sind entscheidende Stichworte. Und auch ihr arbeitet lieber und leistungsstärker in einem guten Umfeld. Also erwartet nicht von Leistungssportlern, dass sie da anders sind. Gehalt ist auch bei euch nur ein geringer Wohlfühlfaktor, wenn im Job sonst wenig stimmt.

Kommen wir zu einem Fazit

Hättet ihr euch vorstellen können, mit Corny über Prozesse im Verein zu diskutieren? Seien wir ehrlich: Mehr als ein genervtes Gesicht hättet ihr nicht bekommen. Der Verein entwickelt sich weiter. Und es gab auch viele offene Selbstkritik, die wir a. hier aus den oben genannten Gründen nicht wiedergeben wollen und die wir b. in dieser Form zuvor auch noch nicht erlebt haben.

Vieles kann, nein muss noch besser, progressiver und vielleicht auch mehr Sabermetrics werden, aber im Groben sind hier keine Träumer am Werk, eben kein Zampano, der als Präsident alles diktatorisch regelt, sondern ein prozessorientiertes Team. Das macht auch Hoffnung auf zumindest eine Stabilisierung des Vereins in sportlicher Hinsichts.

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