Fakten
Fangen wir mit einem Zitat an:
„Zauberhaft und liebenswürdig – die neue Kollektion Ruby
Hot Pink ist die Farbe des Sommers 2018 und das verbinden wir mit einem edlen hellen Grau. An den Artikeln selber haben wir im Vergleich zu den letzten Jahren nur ein wenig geschraubt. Zum Frauenshirt mit weitem Halsausschnitt und dem Basic Hoody gesellt sich ein Frauenkleid aus leichtem Baumwoll pique.
Viel Spaß beim Einkauf am ersten warmen Wochenende. Wie immer in den Shops eures Vertrauens und unter www.fcsp-shop.com“
So steht es in einem Facebook-Post vom 08.04.2018 auf der offiziellen Präsenz des FC St. Pauli.
https://www.facebook.com/FCSP/photos/a.10150103749628137.269418.184324518136/10155616160608137/?type=3&theater
Beworben wird die Kollektion „Ruby“, die a. einen ganz üblen Kaiser-Chiefs-Ohrwurm auslöst und b. sich anscheinend nur an Frauen (man entschuldige uns bitte die bigeschlechtliche Aufteilung) wendet.
Die Produkte sind entweder in Grau, in „Hot Pink“ (wir Antimodemenschen würden sagen „Rosa“) oder in beidem gleichzeitig. Sie zeigen eine Variation des beliebten Totenkopfmotivs. Könnt ihr euch alles unter dem genannten Link ansehen.
Soweit wir das sehen können, findet sich der oben zitierte Text in der Werbung in Social Media und auf der offiziellen Homepage. Im Shop ist das Ganze ohne weitere Beschreibung (Korrektur: Doch Text findet sich auch dort).
Allgemeines
Wir sind garantiert nicht die richtigen, um eine vollständig perfekte Kritik an Gender-Marketing und sexistischem Marketing hin zu bekommen. Dafür gibt es genügend Seiten, die man echt sich mal in Ruhe durchlesen kann. Nehmen wir doch mal z. B. pinkstinks , die sind garantiert nicht die Einzigen, aber da sie mal mit dem FCSP was zusammen gemacht haben, seien sie hier genannt. Wir haben ihn eben auf die Schnelle nicht gefunden, aber es gibt wohl auch einen offenen Brief von denen (Korrektur: einer Einzelperson) mit einer Stellungnahme der Marketing. Screenshot hier.
Kurzer Exkurs: Es gibt auch feministische Stimmen, welche sich dieser Farbe annnehmen und versuchen, sie positiv zu besetzen. Hauptargument dabei ist, dass in linken/alternativen etc. Gruppen immer noch Männer dominieren und damit auch eine männliche (oder als männlich verstandene) Ästhetik vorherrsche. Farben wie Pink (und eben auch exklusiv auf Frauen zugeschnitten) könnten dabei helfen, Frauen oder Weiblichkeit in diesen Gruppen stärker sichtbar zu machen. Man kann das hier offen lassen, was nun richtig oder falsch ist. Denn das antiquierte Frauenbild, welches beim FCSP noch mit transportiert wird, z. B. durch die Attributisierungen, zeigt, dass da niemand dran saß, der das vor genau dem Hintergrund als feministisch versteht. Eine Hot-Pink-Kollektion mit feministischen Motiven und Slogans wäre daher wahrscheinlich ganz anders zu sehen, selbst wenn sie Girls only wäre. Exkurs Ende.
Uns ist auch klar, dass wir in einer Welt leben, in der gerade solche Produkte hart nachgefragt werden. Und wo schon Kinder in eine rosa und eine blaue Welt eingeteilt und genau diese „nur für Mädchen“- oder „nur für Jungs“-Produkte am meisten nachgefragt werden. Und bei aller Kritik, die nun folgt: Keine Frau ist weniger emanzipiert, weil sie gerne Rosa mag. Siehe auch der Exkurs eben. Oder weil sie diese Klamotten kauft, weil sie die cool findet. Darum geht es schlichweg nicht. Geschmäcker sind verschieden und die eine mag rosa Frauenkleider aus Baumwoll pique und die andere mag den schwarzen True Rebel Hoodie. Alles cool.
Und gilt genauso für Kerle und alle anderen Menschen. Kerl X mag rosa Hemden, Kerl Y blaue und Kerl Z gar keine. Das sind unsinnige Äußerlichkeiten, nach denen man einen Menschen nur beurteilen sollte, wenn man unbedingt in heutigen Polizeistrukturen arbeiten möchte.
ABER!
Entscheidend ist etwas anderes. Entscheidend ist die Rolle, das Klischee was – mal wieder- in diesem Text verbreitet wird.
Zauberhaft, liebenswürdig, Hot Pink wird alles mit „Frau“ verbunden in diesem Post. Oh je. Müssen wir hier eigentlich den Erklärbären machen? Eigentlich nicht, oder? Daher nur kurz:
Rosa gleich Mädchen, nech? Und „echte Kerle“ bekommen das Braun. Außer vielleicht sie sind schwul. Dann „dürfen“ sie Rosa tragen.
Und „zauberhaft“ und „liebenswürdig“? „Weiche“, weibliche Attribute … argh … Würde man damit eine Kerle-Kollektion verkaufen? Wohl kaum. Warum eigentlich nicht? Eigentlich möchte man schreien „Wir wollen unsere Mädels aber so, dass sie gehasst werden und kratzbürstig sind!“, aber auch das wäre natürlich ein Klischee. Wir finden vielmehr: Sei weich, sei hart, sei was auch immer, aber sei FCSP-Fan.
Ja, ihr merkt es selber, da schwingen so viele Klischees in diesem Post mit und die muss gerade der FCSP einfach nicht bedienen. Nicht immer die weichen Attribute nur für Frauen. Nicht immer „Hot Pink“ nur für Frauen.
Warum nicht mal „Hot Pink“ für genderneutral? Gerade der Ruby-Kapu würde sich dafür geil eignen! Das Shirt auch! Warum nicht mal ein genderneutraler Text in der Werbung? Warum die Produkte (die wahrscheinlich ja modisch sind) auch noch in einer „neutralen“ Farbe? Grün, Gelb, wie wäre es – Achtung revolutionär – in Braun? Muss ja nicht immer unser Vereinskackbraun geben. Kann ja auch ein helles sein. Erdfarben sind doch gerade im Kommen, oder Gehen? Keine Ahnung!
Pink? Gerne! Cool. Z. B. wäre ein pinkes Herrenhemd mit Totenkopf mal was richtig Cooles. Ein Shirt, eine Hose, ein Hoodie für alle. Und natürlich ein pinkes Hassi.
Wir sind da echt keine konservativen Knochen, die nun fordern, alles nur in Braun-Weiß zu machen. Soll doch jeder seine Vereinsliebe zeigen, wie er will. Aber in der Werbung einfach mal ein „Hey Loide, wir haben jetzt die „Hot Pink“ Kollektion für modische Kiezmenschen“ raushauen, ist doch gar nicht so schwer, oder? Ja klar, ist jetzt auch nicht der super Werbespruch, aber wir sind ja auch Historiker, Juristen und Metal-Texter und keine Werber. (Suchmaschinenoptimierung zählt nicht.) Und wirklich feurig ist das Zitierte nun auch nicht.
Oder mal so etwas wie die „Tommy Adaptive“-Kollektion! (Googelt das mal, ist ziemlich cool.)
Ja klar, Pink for all humans oder adaptive Kleidung ist vielleicht auch mal ein Nischengeschäft. Aber der FCSP darf einfach nicht nur eine Profitmaximierungsgesellschaft sein. Er muss Zeichen setzen, neue Wege gehen und für alle eröffnen. Das ist nämlich sein Markenkern, sein USP.
Auch wenn es einfach nur um Stoff geht.
Positiv möchten wir bemerken, dass die Bildsprache – zumindest aus unserem bescheidenen Blickwinkel – recht okay ist. Da hat man schon ganz andere, schlimme, sexualisierte Posen gesehen, mit denen Frauenklamotten beworben werden. Hier ein Haar in der Suppe zu suchen, wäre unfair.
Noch was
Der Totenkopf war mal rebellisch. Er war mal Punk. Er war mal beim FC Bayern verboten und bayerische Zeitungen haben Angst vor den linksautonomen Horden gehabt. Er ist jetzt nur noch ein leeres Symbol einer guten Vergangenheit. Niemand – auch wir nicht – wollen ihn abschaffen. Man kann sich auch mal in wohlfühlenden Erinnerungen kleiden. Aber er sollte nicht das einzige, immer wieder in jeglicher Variation durchgekaute Element auf allen Klamotten sein, die wir herausbringen.
Liebes Merch, sucht euch mal ein paar fähige Leute aus der Szene und entwickelt Alternativen. Entwickelt coole Sachen in unzähligen Farben. Setzt wieder Trends bei den Klamotten für Fußballverrückte. Das wäre cool.
(Danke an alle Menschen, die uns für diesen Artikel Stichworte und Meinungen gaben, bevor er erschien.)
[…] häufig gerade diese Menschen an die Einhaltung der Leitlinien erinnert werden mussten. Siehe z.B. Hot Pink, siehe Astra, siehe Entgleisungen von Vermarktungspartnern, siehe aber auch sexualisierte […]
[…] Jahren waren wir nicht immer nur glücklich mit den Kollektionen beim FCSP. Und wir haben unter Braun-weiße Rosablau-Falle und Marketing & Vertrieb: Ein Boysclub auch schon über die jeweiligen Probleme […]