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Unbekanntes Fußballobjekt

Es ist Sonntag, 16.22 Uhr und jemand ruft von hinten:

„Wir kommen aus dem Norden,
wir rauben und wir morden,
wir waschen uns nie
Sankt Pauli!“

Gab’s auch ’ne Weile nicht mehr. Ich stapfe über das pfützige Heiligengeistfeld, Grünkohl und ein paar Bier im Leib, feuchte Schneeflocken erinnern an die Unbarmherzigkeit des Dezembers und ich frage mich: Was war das jetzt?

Vermutlich ist es zu früh, diese Frage zu stellen

Es liegen turbulente Wochen hinter uns, vermutlich genau so wie vor uns. Vor einer halben Woche entschied sich der FCSP, die personelle Reißleine zu ziehen (fünf Euro ins Phrasenschwein) und den Trainer auszutauschen. Wird kaum jemanden überrascht haben, nach zwei so derben Klatschen müssen in diesem Fußballzirkus, dessen Teil wir trotz aller Besonderheiten wir nun mal sind, einfach sein – und wenn sie auch symbolisch sein mögen.

Natürlich reicht eine halbe Woche nicht, um ein ganzes, offensichtlich fehlgeschlagenes System auf dem Kopf zu stellen und plötzlich leichtfüßigen Fußball spielen zu lassen, der Herzen und Spiele gewinnt. Das konnte nicht passieren und passierte auch nicht. Immerhin, da ist ein Punkt, da ist keine demütigende Klatsche – aber so richtig doll nützt es uns nicht. Zu früh, um was Wegweisendes beobachten zu können.

Fassen wir uns da lieber an die eigenene Nase

Und beginnen wir mit dem Schönen. Die von je her aufopferungsvollen Menschen auf der Süd haben anlässlich des 15-Jahre-Jubiläums von Ultrà Sankt Pauli noch mal richtig in die Trickkiste gegriffen und eine Choreo von einem anderen Stern auf die Kurve gezaubert. Lassen wir das Bild für sich sprechen.

MagischerFC St. Pauli vs. MSV Duisburg Dezember 2017
Choreo von einem anderen Stern

Kleine Erläuterung nebenbei, denn zum Teil brauchte es die für unsereins aus: Das bewegliche UFO wird von der Gegengerade aus in Richtung Süd abgeseilt, zudem spielen die Planeten und deren Farben auf die Verbindungen von USP zu Crews von Hapoel oder Ternana an. Schönheitsfehler: Zu wenig Gezündel (Pro Pyro! Warum explodiert das UFO nicht?) und das Timing der Enthüllung war nicht ganz tight. Dennoch eine Choreografie, die mal wieder Maßstäbe setzt und USP markieren damit erneut ein dickes Ausrufezeichen in Sachen Kreativität. Geil, einfach stark!

Damit haben wir die leicht zu bewertenden Dinge für heute abgehakt. Der Fußball ist weit komplizierter und es bleiben Fragen, die aber, wie eingangs schon behauptet, wohl zu früh gestellt werden.

Gegen das System?

Ein 4-2-3-1 soll es nominell sein, es sieht aber ganz anders aus. De facto haben wir wieder zwei Menschen da vorn, die wenig Lust haben, nach hinten zu arbeiten. Mit zwei Spitzen zu spielen, die die ganze Saison noch nicht funktioniert haben, ist keine aber mutige Entscheidung. Eher eine hilflose. Oder es steckt ein Plan dahinter, Allagui und Bouhaddouz doch noch zu einem kongenialen Duo zu entwickeln, wovon sie derzeit so weit entfernt sind wie der FC Köln vom Klassenerhalt. (Mitleid im Abstiegskampf will niemand, liebe FC-Fans.)

Nun ja, dass das eine halbe Woche nach Kauczinkis Dienstantritt auch noch nicht funktioniert, überrascht wohl keinen. So schnell legt wohl kein Trainer die nötigen Schalter um. Um es jetzt schon zu sagen: Hoffen wir mal, dass wir das letzte Spiel dieses Jahres am Montag nächster Woche nicht verlieren, dann wird hoffentlich in der Winterpause ordentlich gearbeitet und auf geht’s frisch in ein neues, erfolgreiches Fußballjahr.

Jedenfalls läuft heute natürlich der Ball auch nicht so, wie er es diesem Kader angemessen wäre. Wir sehen haufenweise planlose hohe Bälle kurz vor den Strafraum, wo sie niemand verwerten kann. Wir sehen immerhin etwas mehr Gift auf dem Platz, was in absurde Pfiffe, seltsame Gelbe Karten, zwei wenigstens fragwürdige Elfmeter und sogar einen Platzverweis, der zwar dämlich provoziert, aber auch nicht so richtig doll nachvollziehbar ist.

Wir sehen eine Mannschaft, die beim Gegentor nicht auseinanderfällt. Das tat sie aber auch noch nicht in Fürth oder Bielefeld, dort waren die zweiten Tore maßgeblich im Zerbrechen des fußballerischen Standings. Immerhin fällt dieses zweite Gegentor nicht so früh, sondern erst nach eigener Führung. Da halten wir uns gerade noch.

Unlust überwinden

Duisburg – eine recht lautstarke Fanschar, so am Rande bemerkt – gelingt es, aus gümmeligen Chancen Tore zu machen. Unser Problem in der Verteidigung ist ja durchaus kein unbekanntes. Der FCSP auf der anderen Seite ist auch nicht gerade zielstrebig da vorn und so geht das Ergebnis – man könnte die zwei Witz-Elfmeter ja beiderseitig abziehen – schon irgendwie in Ordnung. Unverständnis bleibt, wann immer ein Trainer sein Wechselkontigent nicht ausschöpft, gerade nach einem Platzverweis, und überhaupt wahnsinnig spät erst frische Spieler (immerhin Schnecke <3) auf den Platz schickt.

Ja und nun? Seit den Spielen, über die niemand mehr reden mag, stecken wir wieder knietief in der Scheiße und da kommen wir vor der Winterpause auch nicht mehr raus. Die gelähmte Unlust am Fußball, die die Akteure auf dem Platz präsentieren, zeigen die Ränge in ähnlichem Maße. Es ist kalt, in Handschuhen klatscht es sich nicht gut, die Glühweinversorgung könnte besser sein und die Trommel im Supportblock hängt aufgrund von zu viel Gegenwind vorerst am Nagel. Wer Argumente gegen die Trommel liefern möchte, behält die besser für sich. Die schläfrige Stimmung auf der Gegengerade an diesem Tag ist jedenfalls keines davon.

Nun gut … es ist kalt, wir sind jetzt schon etwas fußballmüde und freuen uns auf die Winterpause. In einer Woche geben wir noch mal Vollgas und würden uns über volle Ränge, laute Kehlen, kompromisslosen Kampf auf dem Rasen und drei Punkte als Weihnachtsgeschenk sehr freuen. Enttäuscht uns nicht, ihr Lieben!

Und dann war da noch …

Wir bekamen es selbst gar nicht mit, aber offenbar hat jemand seitens des FCSP an diesem Tag bei der Musikauswahl ganz schön ins Klo gegriffen. Wir verweisen auf folgendes Getwitter und kommentieren das nicht weiter, hoffen aber, dass man da Konsequenzen zieht:

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