Sachverhalt und Erklärung des Vereines
Vielleicht ist es dem einen oder anderem geneigten Leser aufgefallen, dass wir mal wieder das Lied in der Halbzeit gewechselt haben. Slime ersetzte dabei Los Fastidos und „Let’s get united“ ersetzte die „Antifa Hooligans“.
Man kann dies als absolut nebensächliches Problem erachten. Ein Thema, was man bei ein, zwei Bier am Tresen diskutiert und dann feststellt, dass man unterschiedlicher Meinung ist und ein drittes Bier gemeinsam trinkt.
Und hier könnte der Bericht dann auch enden. Aber Musik beim FCSP ist anderseits auch ein emotionales Thema und nicht nur wir sind an der Erklärung interessiert gewesen. Dann eine zitierfähige, abgesegnete Erklärung zu bekommen, war etwas schwierig, aber nach einer Wartezeit von gut 36 Stunden hatten wir diese dankenswerterweise in der Hand und wollen euch die dann auch nicht vorenthalten:
Seit drei Spielen läuft vor Beginn der 2. Halbzeit der song „Let´s get united“ von Slime statt „Antifa Hooligans“ von Los Fastidios. Nun erreichten uns Anfragen aus diversen Ecken, warum der Song denn ausgetauscht wurde. Teils garniert mit einer Prise Verschwörungstheorie („wer hat Euch dazu gezwungen?“). Deshalb hier mal einige hoffentlich aufklärende Zeilen:
Zunächst einmal ist es wichtig klarzustellen, dass niemand, weder intern noch von außen, gefordert hat, den bisherigen Song abzuschaffen. Weder aus inhaltlichen noch aus musikalischen oder anderen Gründen. Auch sind wir uns sicher einig, dass man über Musikgeschmack schlicht nicht streiten kann.
Nein, es war einfach so, dass Ende September die neue Platte von Slime mitsamt dem Song „Let´s get united“ erschienen ist und es sofort einige Stimmen gab, den Song im Stadion zu berücksichtigen. Daraus wurde dann die Idee des Austausches des Einlaufsongs zur zweiten Halbzeit. Ausschlaggebend hierfür waren in der Summe folgende Gedanken:
- Vielleicht nach einigen Jahren mal wieder was Neues?!
- Slime sind eine Band „aus dem eigenen Stall“
- Endlich keine nervigen Diskussionen mehr, warum bei uns im Stadion „was mit Hooligans“ läuft
Der wichtigste Punkt war aber, dass der Text von „Let´s get united“ zwar im Grunde die gleiche Problematik (Rechtsruck in der Gesellschaft…) aufgreift, diese aber textlich ausgefeilter angeht. Während „Antifa Hooligans“ sich darauf beschränkt, körperliche Präsenz zu zeigen und Nazis zu jagen, appelliert „Let´s get united“ insgesamt für die Einhaltung von Werten und das solidarische Einstehen eben dafür. Und das sogar in drei Sprachen und mit Hilfe zweier weiterer Bands (Unsere Freunde von The Wakes aus Glasgow und, da sind sie ja wieder, Los Fastidios aus Italien). Kurz nach der Wahl in Deutschland mitsamt dem Einzug der AFD in den Bundestag fanden wir, dass es nun an der Zeit ist, auch hier in unserem bescheidenen Rahmen neue Akzente zu setzen. Zudem fanden wir neben den genannten politischen Aspekten, dass es vor Beginn einer zweiten Halbzeit auch fußballerisch passend sei, etwaige Zwistigkeiten mal beiseite zu packen, um solidarisch alle zusammen das Team noch mal für 45 min anzufeuern.
Dieser Argumentation konnten sich nach kurzer Umfrage die gesamte Bereichsleiterrunde, das Stadionsprecherteam und etliche mehr, die wir spontan gefragt haben, anschließen und so wurde das eben schnell umgesetzt. Ich hoffe, das klärt nun so einiges und wir können das Thema nun wieder abschließen und uns wichtigerem zuwenden. […]
(Am Ende gekürzt)
Allgemeine Anmerkungen
Ja, das Thema abschließen können wir damit nun wirklich, aber nicht ohne uns ein paar subjektive (!), teilweise geschmackliche (!) Anmerkungen zu leisten.
Musik ist immer ein Geschmacksthema. Und Rockstars sind keine Engel und in den seltensten Fällen 100 % politisch auf unserer Linie. Es ist ein extrem männlich geprägtes Umfeld mit all seinen Problemen und üblen Ritualen. Das sind aber übergreifende Anmerkungen zum Rock Business.
Was wir jetzt mal außen vor lassen, ist die Band Slime und die Person ihres Sängers. Das diese auch in linken Kreisen polarisiert, kann man wohl als Fakt darstellen. Wer sich damit genauer beschäftigen mag, dem sei dieses Buch als Ausgangspunkt empfohlen. Das flog zumindest früher auch im Fanladen als Leseexemplar rum.
Spezielle Anmerkungen
Zu der Erklärung im einzelnen:
- „nach einigen Jahren“? Puh, viel länger als ein Jahr war das doch jetzt nicht, oder? Zeit fliegt, wenn man Spaß hat, daher mögen wir uns hier täuschen. So lange sind Cock Sparrer doch noch nicht her, oder? (Warum der Song weg ist, ist eine Geschichte, die ihr euch gerne mal am Tresen von anderen Leuten erzählen lassen könnt.)
- „aus eigenem Stall“? Das kann man positiv wie negativ auslegen. Als Promotion-Klüngel ebenso wie als „bekannt und bewehrt“. Ob mit dem Abspielen in der Halbzeit wirklich eine nennenswerte Promotion verbunden ist, sei mal dahingestellt.
- zu dem Versuch einer Textanalyse in der Erklärung folgendes. Hier der Text von „Antifa Hooligan“ , hier der von „Let’s get united“ Letztendlich ist die Textanalyse in der Erklärung von einem subjektiv gewünschten Ergebnis gedacht. Denn wenn man ehrlich ist, ist der Gassenhauer von Slime nun auch keine differenzierte Analyse der Verhältnisse mit einem detaillierten Lösungsvorschlag. Und die dort erwähnte innerlinke Kritik dann doch sehr verkürzt. Es gibt ja auch Gründe, warum z. B. ein „united“ in Hamburgs Linke nicht ganz so einfach ist. Und diese Gründe sind auch nicht einfach so vom Tisch zu wischen. ABER! Musik, insbesondere Punk arbeitet nun mal mit Verkürzungen, Zuspitzungen und Parolen. Das tut „Antifa Hooligans“ auch, was auch so ein bisschen die Monothematik dieses Liedes erklärt und die Kritk relativiert. Und wenn wir jetzt eine Textanalyse unserer Stadionlieder beginnen, dann sollten wir zu den beiden Klassikern der Musikbeschallung schnell Alternativen finden. Die Texte sind nun nicht einmal politisch. Bei Stadionbeschallung ist wahrscheinlich auch der „Mitgröhlfaktor“ entscheidender als der Text. Und ganz subjektiv ist der bei „Antifa Hooligans“ irgendwie höher.
- Wenn extern niemand gefordert hat, den Song zu wechseln, was waren das dann für „nervige Diskussionen“? Solche Diskussionen beginnen doch eher nicht mit „ey, geiler Song, wer ist das? wo kann ich den kaufen?“, denn dann wären sie nicht nervig. Und das ist doch eigentlich auch das charmante an „Antifa Hooligans“ es besitzt Reizwörter für die bürgerliche Mitte. Es ist ein sofortiger Stachel im Fleisch. Und „stay rude, stay rebel“ steht dem FCSP prinzipiell immer gut.
Lange Rede kurzer Sinn
Aus eher subjektiven Gründen war man sich beim Verein einig zu wechseln. Radikal subjektiv wie das Kollektiv dieses Blogs ist, sind wir uns einig, dass wir „Antifa Hooligans“ wieder haben wollen. Herr Ober, noch ein Bier bitte für uns. Und nun alle:
Come on come on
Antifa – Hooligans!
Darf ich ganz unreflektiert anmerken, dass der Slime-Song mir musikalisch auf den Sack geht, und ich bei Antifa Hooligans mitwippen musste?
Scheiß „Früher war alles besser“, aber…
Aber die Ultras!!!
[…] spielen die jetzt diesen doofen Slime Song statt Antifa Hooligans (Lieblingsblog hat die Antwort. Ich möchte dennoch unqualifiziert […]
Wenn ich mir das offizielle Musikvideo zu „Let´s get united“ – https://www.youtube.com/watch?v=-yMIIPHptKA – anschaue… Was soll das denn sein? Ein Werbevideo fürs Jolly Roger? Ist gefühlt in dreiviertel der Zeit prominent im Musikvideo zu sehen. Wird die Musikeinspielung im Stadion eigentlich auch mit dem Musikvideo auf der Videowand begleitet?
Und so rein musikalisch finde ich ein 20x gebrülltes „Lets get united“ beim FC St. Pauli auch nur bedingt passend – vielleicht doch eher bei Manchester United als Halbzeitendelied zu etablieren versuchen und irgendeine Kaschemme in Manchester im Musikvideo dauerpromoten? 😉
Ich finde man hätte den Slime song mal zwei drei Jahre abhängen und reifen lassen sollen. Wenn man ihn dann immer noch für passend erachtet…fein. Direkt nach dem rauskommen das Ding ins Stadion bringen und jedes Mal an prominenter Stelle zu spielen, wirkt schon ein bischen wie der oben angemerkte „Promotion-Klüngel“ Und die Sache mit dem Wippen aus dem Kommentar weiter oben kann ich voll und ganz bestätigen. Subjektiv natürlich – wie ginge das auch anders 😉
Last uns doch mal einen Schlager nehmen.
Regenbogenfarben von Kerstin Ott ,-: