Ich kann ja nicht anders. Ich muss immer wieder auf die Halbdistanz. Und dies obwohl mein äh sonstiger Lebenswandel damit nicht zu 100 % kompatibel ist. Um es mal so zu formulieren.
Dazu kommt: Ich habe mich unsterblich in eine Veranstaltung verliebt. In die Challenge Almere.
Allgemeines
Almere ist eine Kunststadt auf künstlich erschaffenen Land in einem künstlich geschaffenen See. Und doch werdet ihr an wenigen anderen Stellen soviel Natur erleben. Der Ijsselmeer, der Markermeer (laut Wikipedia sind beides Binnenseen und damit der See) und Flevoland sind ein Vogelparadies und es wimmelt von Vögeln.
Almere selber hat den Nichtcharme einer 70er Jahre Bebauung, ist jedoch mit viel Platz und einem komplett den Autoverkehr nie kreuzendem Radwegenetz geplant. Radwege und Straßen laufen immer über- oder untereinander durch die Stadt.
Anreise
Ging ganz in Ordnung, wenn wir mal von ständigen Regengüssen und einer Vollsperrung absehen. Am Hotel angekommen, hatten mein Navi und die Realität noch ein paar kleine Abstimmungsprobleme, aber dann war das Hotel gefunden.
Das Hotel war letztendlich ein absoluter Glücksfall, aber als ich ankam war da noch richtig Party. Das änderte sich aber zur Schlafenszeit.
Warm up, Briefing, Check In
Am nächsten Morgen weckte mich das Pladdern des Regens an die Fenster. Ein Blick auf den Wetterbericht zeigte schnell, dass zumindest für diesen Freitag keine Besserung zu erwarten war.
Lasse ich dann meine üblichen 10 Rad / 2 Laufen am Tag vorher sein? Ich entschied mich dagegen, alleine weil der Wetterbericht für den Tag danach auch Regen versprach, so dass eine Runde im Regen als Übung vielleicht ganz gut ist. Spaß macht es trotzdem nicht im strömenden Regen zu radeln und dann zu laufen. Lief aber alles sehr locker und schnell. Alle Systeme auf Grün, kann los gehen.
Im Hotel zweifelte ein Langdistanzler an seinem Start und ich kann ihn verstehen. Das ist bei diesen Bedingungen immer noch ein anderes Brett.
Das Briefing brachte nix wirklich Neues. Wie immer. Ich gehe trotzdem jedes mal brav hin.
Alle Helfer freundlich, zweisprachig und zuvor kommend. Eine der Stärken dieser Veranstaltung.
Check In dementsprechend auch schnell erledigt. Nur blieb jetzt Zeit bis zur Carboloadingparty.
Die ich mit dem zum scheitern verurteilten Versuch verbrachte eine Winterjacke ohne Fellkragen und/oder Daunen zu finden.
Die Carboloadingparty war klasse. Gute Auswahl, nicht nur Nudeln und schmackhaft. Nur viel zu voll. Es bildete sich eine riesige Schlange. Die Kapazitäten sind mit 3.300 Teilnehmern über alle Distanzen und Tage dann wirklich an den Grenzen.
Aber freundliche Helfer mit einem Schnack auf den Lippen machen alles wieder gut.
Kurz noch ein Eis für den Rückweg und ab ins Bett.
Renntag
Der Wecker klingelt und es gießt immer noch. Na toll.
Hinfahren, Parkplatz, Rad checken. Nass aber sonst okay. Viele verringerten den Druck ihrer Reifen, wohl um Rutscher und Pannen zu vermeiden.
Das Gute in Almere: die Beutel hängen trocken, das für mich nicht so Gute: Man muss über eine Behelfsbrücke zum Start. Und da man ja bekanntlich auf einem Bein nicht stehen kann und ich letzte Woche schon einen Sturz hatte, rutschte ich die Treppe runter und erstmal tat alles weh und verkrampfte. Puh? Nicht starten? Glücklicherweise ging es nach 5 Minuten wieder.
Ab ins Wasser
Das Schwimmen
Geschwommen wird in einem sehr flachen Binnensee, der vor dem Rennen extra noch mal gemäht (!!!) wird, sprich von Algen befreit wird.
Damit ich als langsamer Schwimmer nicht für spätere Wellen im Weg bin, schwimme ich eher außen. Und da war das Mähen nicht so erfolgreich gewesen. Ständig hatte ich Grünzeug im Gesicht oder in den Fingern.
Gefühlt ging es gar nicht voran, es war zäh und irgendwie lief es nicht. Und gefühlt war ich weit über einer Stunde unterwegs. Umso überraschter war ich von den geschwommenen 56:48. Das ist für mich super.
Ab in die Wechselzone. Da Zeit gelassen, auch weil ich -wie eigentlich alle anderen Teilnehmer- erstmal warme Sachen anzog.
Das Radfahren
Erstmal 5 km auf sehr engen Wegen und ich werde nie verstehen, wie man hier als schnellerer Überholer nicht in der Lage ist mal kurz „hey“ oder so zu brüllen. Die Wege teilweise auch kurvig und eckig. Ich schenkte mir daher eine Überholung bis wir auf dem Deich waren. Auf dem dann mehr als genug Platz ist. Lieber 30 Sekunden verlieren, als zusammen mit einem anderen Teilnehmer auf dem Asphalt liegen.
Die Radstrecke geht gut 40 km auf dem Deich, dann quer durchs Land und am Ende noch mal auf den Deich zurück.
Prinzipiell eine schöne Strecke zum rollen, sie hat aber auch ein paar Tücken. Zum einen ist es nicht überall Asphalt (sondern auch mal Gehwegplatten oder ähnliches), zum anderen ist dieser nicht immer perfekt. Und zum Dritten gibt es Viehgitter in der Strecke.
Dies alles und die nassen sorgten doch für viele Pannen, die ich sah. Leider auch einige Stürze. Ich hoffe ohne ernste Folgen.
Die ersten 5 Deichkilometer noch quer zum Wind, dann aber mit Rückenwind und es folgten gut 30 km Segeln. Der Tacho fiel nie unter 30 km/h und dies ohne Vollgas zu treten.
Aber ihr wisst alle was dies bedeutet: Man muss irgendwann auch wieder gegen den Wind zurück.
Und dies ist die mentale Herausforderung dieses Rennens. Nach 45 gefahrenen Kilometern ändert sich der Charakter des Rennens komplett. Da muss man sich erstmal drauf einstellen. Und auch ich musste mir immer wieder klar machen, dass es nicht schlimm ist, wenn der Tacho mal 24 km/h anzeigt. Nach gut 10 km war dies auch gelungen und ich hatte einen Rhythmus.
Und die Beine fühlten sich locker an. Zwar merkte ich ab km 75 was ich getan hatte, aber dieses Gefühl des vollkommen fertig seien, was ich sonst gerne mal habe, das kam nicht.
Nach 3:27:05 sprang ich vom Rad. Wieder eine etwas längerer Wechsel und ab auf die Laufstrecke.
Der Lauf
Ich begann wieder mal viel zu schnell. Auch das ist ein Klassiker bei mir im Triathlon. Nach zwei Kilometern daher erstmal eine kleine Gehpause und eine innere Ermahnung hier nicht zu überdrehen.
Die Runde um den See wird von blau gekleideten Freaks nach der Hälfte aufgelockert. Die haben eine Discoanlage, spielen üblen Kirmestechno und feuern jeden Teilnehmer wie verrückt an. Das ist echt großartig.
Ich hatte nun ein Tempo gefunden und außer kleinen Gehpausen zum Verpflegen lief es.
Erste Runde in 48:34 Minuten.
Auch die zweite Runde lief. Es kam kurz die Sonne raus, aber bevor ich überlegen konnte, ob es mir vielleicht noch zu warm wird, kam die dunkle Wolke und es folgte ein Wolkenbruch. Inklusive Hagelkörner. Die Ärmsten, die da noch auf der Radstrecke waren.
Zweite Runde in 52:41
In der dritten Runde konnte ich dann das Tempo nicht mehr ganz halten, brauchte etwas längere Verpflegungspausen ;-). Aber es rollte immer noch. Ich überholte noch einige langsamere Läufer.
Und wurde vom Gewinner der Langdistanz überholt. Aber egal.
Nach 7:18:48 war ich zufrieden im Ziel. Platz 975 von insgesamt 984 Teilnehmern, die ins Ziel kamen. In der Altersklasse 146. Platz von 147 in Ziel gekommenen. Der 147. hatte vor dem Laufen noch 31,5 Minuten Vorsprung auf mich. Und ist dann komplett eingebrochen.
Halbmarathon in 2:37? Damit kann ich aber richtig gut leben.
Fazit
Almere hat sich wieder gelohnt und trotz des nassen Wetters hat es sehr viel Spaß gemacht. Ich komme wieder. Keine Frage.