Eben veröffentlichte der RAV eine Pressemitteilung, die an die Grundfesten einer freien und offenen Gesellschaft gehen, wenn ihr Inhalt stimmt. Wir haben aber keinen Grund, an dem Inhalt der Pressemitteilung zu zweifeln.
Was da geschildert wird, ist weit über G20 extrem beunruhigend und extrem gefährlich, dass die Polizei so etwas überhaupt als Argument nimmt. Käme sie damit durch, dann wäre dies noch schlimmer.
Im Mittelpunkt steht wieder, wie man „Gefährder“ oder auch „Gefahr“ definiert. Noch mal im Klartext: Gefährder / Gefahr sind Prognosebegriffe. Es ist noch nichts passiert, es könnte was passieren und man sucht „Tatsachen“, warum von einer Person oder Situation eine Gefahr ausgeht.
Eigentlich sollte man deswegen schon sehr vorsichtig sein, denn Prognosen, die sich auf die Zukunft beziehen, sind schon sprichwörtlich sehr ungenau. In der Praxis ergibt sich aber ein ganz anderes Bild. Es wird keine enge Auslegung mehr verfolgt, sondern der Begriff immer weiter gefasst und immer mehr vorab verboten, weil es eine Gefahr darstellt. Oder eine Person wird in Gewahrsam genommen (= ihrer Freiheit beraubt) oder auch gerne mal abgeschoben, weil sie „Gefährder“ ist. Exkurs: Würde man diese Ideen ins Steuerrecht übertragen, dann würde es keine Restaurants mehr geben.
Nun kommt die Polizei auf die Idee, dass man auch dann eine Gefahr ist, wenn man dem RAV nahe steht.
PUH!
Das ist schon härtester Tobak. Der RAV ist in keinem einzigen Verfassungsschutzbericht erwähnt (zumindest lässt sich das nicht googeln), es handelt sich um Anwälte (!) – nicht gerade die Berufsgruppe, von der Gefahr ausgeht. Der RAV ist uralt (1979 gegründet) und hat schon ganz viele Menschen in höhere Berufe gebracht. Man könnte sagen: Wie viele Gründungen der Endsiebziger ist er durch die Instanzen gegangen. Eine gewisse Altlinks-Spießigkeit kann man ihm nicht absprechen (persönliche Meinung).
Wenn man jetzt schon alleine die Mitgliedschaft bzw. das Nahestehen in diesem Verein als Gefahrbegründung überhaupt in Betracht gezogen wird, dann ist es bald eine Gefahr bei den Grünen, bei der SPD, bei der FDP oder wo auch immer zu sein. Das so eine Denke in einem Schriftsatz einer Polizei sich findet, zeigt wie weit dort eine pluralistische Gesellschaft als Gefahr, als nicht wünschenswert gesehen wird. Bist du nicht unserer Meinung oder nimmst du auch noch Schutzrechte von Angeklagten als Anwalt wahr, so bist du Gefährder. Umso mehr, wenn du uns nervst.
Das ist unfassbar.
Noch unfassbarer ist: Wo sind eigentlich die Grünen? Ähnliche „durch die Instanzen“-Geschichte, in HH an der Macht. Diese Geschichte müsste bei denen eigentlich eine sofortige politische Reaktion auslösen. Und zwar eine, in der die Worte „platzen“, „Rücktritt“, „Austritt aus der Regierung“ sehr viel Raum einnehmen sollten.
Es grüßt erneut der Hausjurist.