Nein, wir machen jetzt keine Witze über die Jungs und Mädels aus dem Volkspark. Die frisch nach dem Motto „Back to the roots“ mal wieder einen Ex-Funktionär zurückholen und das Thema „Rente bis 70“ aktueller den je machen. Unser Manager hat im Millernton schon mal erläutert, was er an Heribert B. schätzt.
Aber wir fahren dieses Wochenende nach Fürth. Deutscher Meister 1914, 1926 und 1929. Dann lange vom Erdboden verschwunden und nach der Vereinigung mit Vestenbergsgreuth wieder im Profifußball beheimatet. Wo Vestenbergsgreuth liegt, wissen nur fränkische Insider und auch die Fankurve wird – wie Plakate zur zweiten Halbzeit belegten – nur ungern an diesen Namenszusatz erinnert.
Fürth ist ein Symbol für einen sympathischen Dorfverein
Bevor es jetzt Mecker gibt: Die Bezeichnung „Dorf“ ist hier nicht abwertend gemeint! Sie war es bei Meppen nicht, sie ist es bei Fürth und Sandhausen nicht. Da wird an kleinen Standorten einfach solide Arbeit geleistet. Hinzu kommt eine Fanszene, die schon mehrfach durch intelligente Stellungnahmen aufgefallen ist und nicht so tut, als ob sie die Geilsten und Härtesten der Welt seien.
Das Stadion liegt nicht nur mitten in einem Wohngebiet, was heutzutage schon echt ein Plus ist, es ist auch ein wunderbares Baukastenstadion mit vier Tribünen, die irgendwie nur halb zu einander passen. Auch das hat was. In Zeiten der genormten Stahlbeton-Arenen fällt das schon positiv auf. Gerade wird eine neue Haupttribüne errichtet, die zur Zeit nur einer teilweisen Nutzung zugänglich ist.
Der Gästeblock ist zumindest im oberen Bereich ganz okay und man sieht alles, was auf dem Spielfeld passiert. Auch er wurde in den letzten Jahren vergrößert und überdacht. Und die absurden Sponsorennamen sind auch Vergangenheit.
Vor dem Spiel herrschte immerhin beim Stadion-DJ Optimismus vor.
Im Stadion läuft „Let me entertain you“.
Dieser Optimismus <3 #fcsp #spvggfcsp
— Stachelflosse (@Stachelflosse) 11. Dezember 2016
Unterhaltsam ist nun nicht das Wort, was uns in der ersten Halbzeit über die Lippen kommt. Kampf und Krampf sind eher prägend. Wenn man es positiv sehen will, dann lassen unsere Jungs nicht viel zu. Wenn man es negativ sehen will, dann bekommen sie die sehr hoch spielende Viererkette von Fürth nicht einmal zu einem schnellen Zurücklaufen genötigt.
Was einen so ein bisschen das Regelwerk beim Fußball hinterfragen lässt: die auf dem Foto gezeigte Aktion
The post-match reaction can be found here: https://t.co/bFGikUUcwW #spvggfcsp #fcsp pic.twitter.com/JugNvyWc9z
— FC St. Pauli English (@fcstpauli_EN) 11. Dezember 2016
Dafür gibt es die gleiche Strafe wie fürs Trikotziehen. Wohlgemerkt, der Ball ist weit weg und der Fürther nimmt doch ordentlich Anlauf und verhindert, dass Cenk an der Seite durchstarten kann.
Halbzeit
Und Optimismus ist eine seltene Pflanze im Gästeblock, der nebenbei 90 Minuten halbwegs ordentlich mit den Vorsängern mitzieht.
Zu wenig geht nach vorne und man überlegt schon, ob eigentlich Thomas Müller oder der FCSP länger nicht getroffen hat. (Für Statistikfreunde: Müller 999 Minuten von Tor bis Tor. FCSP 508 Minuten laut Kicker.)
Aber in Halbzeit 2 passiert etwas, was Hoffnung macht. Unsere Jungs werden von Minute zu Minute stärker. Das,was nun die nächsten 15 Minuten folgt, lässt sich als „offener Schlagabtausch“ bezeichnen. Keine Mannschaft bekommt ihre Linie klar durchgesetzt und es geht hin und her, endlich auch mit Torchancen für uns.
Und dann macht Sobota den Tank, Aziz macht den Flipper und sein zweiter Versuch erlöst einen Gästeblock und eine Mannschaft.
Folge ist ein nun steigender Puls bei allen Beteiligten. Hat man doch plötzlich was zu verlieren!
Man sollte keine Pulsuhr zum #fcsp Spiel tragen. pic.twitter.com/P4Ra7NsmhE
— N. (@TeddyTria) 11. Dezember 2016
Und irgendwie läuft jetzt der klassische Film „Der FCSP verkackt noch durch zwei späte Gegentore der Marke ‚ARGH!'“ Fafà wird eingewechselt, rennt einen Konter und dann muss er nur noch abspielen auf Choi und und und vergessen wir es … ebenso den Eckball, wo wieder Fafà (der Kicker Ticker sagt Avevor, aber das war Fafa, oder?) vollkommen frei aus gefühlt einem Meter zum Kopfball kommt und ihn gepflegt daneben setzt. Bevor das nun als Fafà-Bashing durchgeht: Der Kopfball ist auch viel Pech und der Konter, da war er gerade eingewechselt. Das war wohl ein bisschen überraschend dann gleich so frei durch zu sein. Schwamm drüber.
Viele Fans greifen schon zu den letzten Mitteln:
@sielaeuftde ich denke genau das selbe. ich war gerade noch spazieren. ICH! SPAZIEREN!
— thees uhlmann (@theesuhlmann) 11. Dezember 2016
Aber es kommt alles anders. Cenk erläuft sich einen Ball, geht 1 gegen 1 in Richtung Strafraum durch. Man hat dreimal das Gefühl, dass er den Ball verdaddeln wird und dann macht er was, was wohl nur so Straßenfußballer in einer solchen Situation abziehen können. Er chippt das Ding vollkommen lässig in den Winkel. Auf den Rängen wird ca. 0,3 Sekunden Flugzeit nicht ein Herzschlag registriert und dann explodiert der Gästeblock in Jubelszenen.
Puh, wie wichtig
Und was für zwei schöne überlegte Tore. Wieder zu null gespielt. Man merkt den Jungs an, dass sie daraus auch Sicherheit ziehen. Es ist echt nicht alles Gold, was glänzt, und in den 90 Minuten war auch viel Stückwerk und Kampfkrampf dabei. Aber PUH!
Kleiner Haken an der Sache: Wenn wir auch nur annähernd eine Chance in der Rückrunde haben wollen, dann müssen wir gegen Bochum noch mal gewinnen. Nur zur Erinnerung: 2014/2015 hatten wir nach der Hinrunde genau 13 Punkte und haben uns mit einer wahnsinnigen Rückrunde gerade mal knapp den Arsch gerettet. Vor uns liegt also noch ein langer Weg durch eine trockene Wüste. Aber der erste Schritt, der ist gemacht.