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Zur Lage des FC St. Pauli Stand 24.10.2016

Es ist immer so einfach im Fußball. Der Sportdirektor, der Trainer, der Investor, wer auch immer ist schuld. Und der muss dann gefeuert werden und alles wird gut.

Dass dies so einfach nicht der Fall ist, beweisen die Abgründe im Volkspark. Denn dort geht es auch unter dem 100sten Manager und dem 1000sten Trainer drunter und drüber. Der einfache Austausch der handelnden Personen hat also eigentlich gar nix gebracht.

Aber wir wollen nicht über den Volkspark reden. Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße. Wir haben gerade gegen ein extrem schwaches Sandhausen verloren und haben auch gegen Aue nicht wirklich gut ausgesehen. Der Trend geht in die falsche Richtung, und Leben ist in der Mannschaft nicht zu erkennen.

Man macht sich daher natürlich so seine Gedanken. Die vielleicht nix mit der Wahrheit zu tun haben, denn wir wissen nicht, was hinter verschlossenen Türen so passiert. Wir können es vermuten, aber wissen tun wir es alle nicht.

Was gibt es nun zu tun?

Arbeiten alle?

Erstmal abchecken, ob jeder seine tägliche Arbeit macht. Einen Kaffeetrinker, Lowperformer, was auch immer können wir uns zur Zeit nicht leisten. Wir gehen erst einmal davon aus, dass sowohl Manager als auch Trainer als auch Spieler jeden Tag ihr Bestes geben. Ist dies nicht der Fall, dann muss man da handeln.

Man muss sich so einen Mannschaftskader als nicht unproblematische Gruppe vorstellen. Um die 30 Egos, 30 Ideen und 30 Einstellungen müssen sich zusammenraufen, und der Stürmer muss den Fehler des linken Verteidigers ausbügeln, auch wenn der Grün wählt und man selber Linkspartei. Oder so. Dass eine solche Gruppe sowohl gute als auch schlechte Dynamiken entwickeln kann, weiß jeder, der schon mal einen Mannschaftssport betrieben hat. Sollte es hier Spieler geben, die sich als toxisch beweisen, dann muss man die bei allem Personalmangel eingrenzen und aus der Gruppe entfernen. Und das ist nicht mal ein persönlicher Vorwurf. Spieler A kann in Gruppe 1 super ankommen, aber in Gruppe 2 kann er sich als absolut fehl am Platz beweisen. Dies vorher zu erahnen ist nebenbei die hohe Kunst des Managers und Trainers bei Neuzugängen. Eine Kunst, die niemand fehlerfrei spielen kann.

Was macht der Trainer?

Unser Trainer ist ein Querkopf. Das ist wohl aus allem, was man so von ihm erlebt, eine feste Tatsache. Man muss sich immer fragen: Wirkt dieser Trainer noch auf die Mannschaft ein? Zu Beginn der Saison hatte man uneingeschränkt dieses Vertrauen, denn obwohl nicht immer die Ergebnisse da waren wurden taktische Änderungen übernommen und ausgeführt. Man kann das bei Spielverlagerung nachlesen. Ist dies noch der Fall? Kann man aus der Mannschaft noch etwas rausholen?

Erneut: Auch hier gibt es wenig persönliche Vorwürfe. Mal passt ein Trainer wie Arsch auf Eimer, mal passt er nicht. Und man arbeitet hier in einem Bereich der Hochleistung, wo Motivation teilweise auch kurzfristig und über Adrenalin gesteigert wird. Eine flammende Rede kann einmal wirken, zweimal, aber irgendwann nutzt sie sich vielleicht ab. Die Kunst des Trainers ist dann noch eine zweite, dritte, vierte Art der Motivation zu finden. Ihr selber wisst das. Was heute noch einen richtig kickt und motiviert, das ist morgen schon fade und langweilig.

Und kommt nun nicht mit dem „aber die verdienen viel Geld damit“. Springt Ihr des Montags morgens immer jubelnd aus dem Bett, weil Ihr nun zu dem Job müsst, der „viel Geld“ – hoffentlich – einbringt? Nein! Tut niemand.

Und etwas ist auch klar: Ist erstmal eine miese Dynamik drin wird die Motivationsansprache schwieriger. Weil sie bisher schon nicht funktioniert hat. Da stimmt dann der Spruch der neuen Besen, die gut kehren.

Wir können hier Ewald nicht beurteilen. Wollen wir nicht. Aber das gilt es zu überprüfen.

Klar hat auch Lienen offensichtliche Fehler gemacht. Dies fängt schon damit an, dass er die jungen Nachwuchsspieler bringt, um sie dann zur Halbzeit auszuwechseln. Viel deutlicher kannst Du so einem Spieler nicht das Vertrauen entziehen. Und gerade bei einem Nachwuchsspieler wird dies nicht zu einer Steigerung der Leistung beitragen.

Manager?

„Die Öffentlichkeit“ hat sich auf den Manager eingeschossen. Klar, das mit dem fehlenden zentralen Mittelfeldspieler sieht jeder. Ist dies der Fehler des Managers? Hat Thomas Meggle das verschlafen? Leute, dieser Gedanke ist schon ein bisschen naiv, oder? Mal ganz davon ab, dass er in der Winterpause 14/15 und in der Saison 15/16 noch für seine super Transfers gefeiert wurde. Zum einen entscheidet den Einkauf eines Spielers ein Manager nicht mehr alleine in einem dunklen Zimmer. Auch der FC St. Pauli hat Analysten – Leute, die beobachten, Leute die Kader planen und einen ganzen Stab an Leuten, die sich mit dem Thema „wie plane ich eine Truppe“ auseinandersetzen. Sind die alle unfähig? Wissen wir nicht, wenn ja, dann haben sie schon viele Körner als blinde Hühner gefunden. Selbst wenn man jetzt Meggle vor die Tür setzen würde, könnte ein neuer Manager nur auf den Daten dieser Truppe aufbauen. Oder wieder wie in der Steinzeit arbeiten und sein individuelles Notizbuch abarbeiten und Spieler holen, die er – ohne Rücksprache mit einem Team – für geil findet. Mal so gefragt: Welche Methode haltet Ihr denn für langfristig erfolgreicher?

Und wie sichere ich eine längerfristige Spielerbeobachtung und Entwicklung, wenn der neue Manager aus seinem Notizbuch alleine im dunklen Zimmerchen arbeitet und irgendwann geht? Fang ich dann immer wieder von Null an? Ja, so ist lange genug beim FCSP gearbeitet worden. Einer der Hauptpersonen, die dieses gerade ändert, ist ein gewisser Thomas Meggle. Wahrscheinlich zu spät. Was der so im Hintergrund anstößt kann man u.a. beim Millernton aus dem November 2015 nachhören.

Und wisst ihr, ob wir nicht den super-duper-zentralen Mittelfeldspieler an der Angel hatten? (oder ihn selbst mit Schahin verpflichtet haben, der Junge aber leider nicht so schnell fit geworden ist, wie alle erhofft haben?) Und dann kam Mainz und bot das Doppelte? Zu einfach ist es da, Ratsche oder Alushi nachzutrauern. Bei beiden gab es Gründe, warum man sich nicht auf eine weitere Zusammenarbeit einigen konnte, und so etwas passiert zwischen Himmel und Hölle. Dass für beide der Wechsel nicht wirklich super gelaufen ist, macht das ganze noch bitterer. Ratsche wärmt die Bank, und seitdem sich Alushi verletzt hat, läuft es bei Nürnberg.

Erzählen wird man uns das nicht. Wie sähe es aus, wenn man nun sagen würde „wir hatten XYZ an der Angel, aber dann kam Mainz“? Viel schlimmer kann man in das Selbstvertrauen der Truppe nicht reinhauen.

Was auffällt: Man wollte definitiv eine offensivere Spielidee umsetzen. Dafür waren die ganzen schnellen technischen Außen gedacht. Diese Idee und diese Spieler haben bisher nicht funktioniert. War die Spielidee ein Fehler? War das Meggles Idee? Lienens Idee? Die Idee des ganzen Stabes? Sie ist in die Hose gegangen. Das muss man sich ehrlich zugestehen.

Nein, das ist kein absolutes Plädoyer für den Verbleib von Meggle. Denn wir wissen nicht, ob er auf seine Kaderplaner hört und welche Kompetenzen wer hat. Wir wissen nur, dass ein eventueller Ersatz jemand sein müsste, der genau diese ganzen Strukturen weiter nach vorne bringt. Kaffeetrinker, die bei Schalke 04 alle Spieler ausleihen, hatten wir lange genug.

Spieler?

Es ist offensichtlich, dass viele Spieler nicht annähernd die Form der letzten Saison wiederholen können. Ob da was im Training schief läuft? Keine Ahnung. Ob da einfach auch die erfahrenen Leute fehlen?

Fakt ist: Wir sind – wenn wir es richtig sehen – bisher nicht zwei Mal hintereinander über 90 Minuten mit der gleichen Viererkette gekommen. Gerade in diesem Bereich, in dem Eingespieltheit und Vertrauen ein extrem hohes Gut ist, haben wir nicht annähernd eine Formation gefunden. Meistens durch Verletzungen, Sperren oder Erkrankungen. Hier wäre Konstanz Gold wert. Und hier passieren auch die meisten haarsträubenden Fehler, die eben aus ganz vielen schlechten 0-0-Spielen ganz viele schlechte Niederlagen machen.

Denn seien wir ehrlich: Auch letztes Jahr hat uns nach Vorne meistens ausschließlich der liebe Gott geholfen. Aber hinten standen wir eben extrem sicher. Auch, weil wir eine relativ feste Formation hatten.

Hinzu kommt, dass ein Spieler wie Avevor, der – so erkennen wir es wenigstens – als Backup für all diese defensiven Positionen geholt wurde, zur Zeit gar nicht funktioniert. Keine Ahnung, wie der Junge an sich und der Welt arbeitet. Persönliche Vorwürfe wären absolut fehl am Platz. Aber auf demselben funktioniert er nicht.

Das Gleiche gilt aus unserer Sicht für Dudziak. Der Junge hat alles, was man eigentlich für einen Offensiven braucht, könnte mit seiner Technik garantiert auch zentral was reissen. Aber er bringt seine PS nicht auf dem Platz. Warum nicht? Das gilt es zu intern erörtern.

Die Mittelfeldzentrale ist mit Buchtmann und Nehrig mit zwei Spielern besetzt, die letzte Saison super funktioniert haben. Aber zur Zeit? Kommt da nix. Deswegen mal ehrlich: Wer hätte gedacht, dass trotz dieser beiden Namen dies unser absoluter Schwachpunkt werden würde? Klar „Qualität“ auch im Sinne von „Kadertiefe“ ging verloren, aber so extrem?

Wie voran?

Erstmal die oben angerissenen Fragen beantworten. Das können wir Externen nicht, intern muss aber dran gearbeitet werden und wird dran gearbeitet werden. Da sind wir sicher.

Was noch?

– Kick!

Die Jungs brauchen einen Kick. Klassische Art, diesen Kick zu holen, ist ein Trainerwechsel. Geht es auch anders? Irgendjemand schlug vor, dass die Jungs mit dem Bus nach Stuttgart fahren und den dort verlorenen Spirit abholen sollten, anstatt zu trainieren. Das ist natürlich etwas radikal, aber vielleicht bringen ja die 30 Minuten schweigender Gästeblock und die anschließende Diskussion im ICE etwas. Respekt nebenbei an allen Spielern, die sich dieser Diskussion stellten. Die weiteren Klassiker: Mannschaftsabend, Aussprache etc. pp. Vielleicht wäre ein Besuch am Mittwoch beim USP-Treffen auch das Richtige? Mal sehen, was Leute so Verrücktes machen für diesen Verein? Keine Ahnung.

Fakt ist: Die normale Trainingsroutine wird diesen Kick nicht bringen.

So kommt das Pokalspiel vielleicht doch nicht zur Unzeit? Sicher, man kann nicht an Fehlern trainieren, aber das haben die sowieso schon getan. Die sollten einfach rausgehen und Fußball spielen. Ohne Druck des gewinnen Müssens.

Sportpsychologe? Vielleicht ist das ein Weg. Aber da ist in dem veralteten Führungsstil des Fußballs wahrscheinlich der Trainer gefragt, dass er dies nicht als Untergraben seiner Kompetenz auffasst.

– Fehler abstellen!

Aus den oben beschriebenen Fehlern muss gelernt werden. Das ist einfacher gesagt als getan, muss aber Priorität sein. Nicht das Ergebnis zählt, nicht der schöne Fußball – die Null hinten. Die zählt. Das muss erste Bürgerpflicht von 1 bis 11 sein. Und jeder muss bereit sein, für den anderen zu arbeiten. Über die Kotzgrenze hinaus. Nur so geht es. Wer dies nicht will und kann, der ist fehl am Platz. Aber erstmal trauen wir das jedem zu.

– Zusammenhalten

Wir wissen nicht, wie es im Kader aussieht. Aber was wir wissen ist, dass wir eine Wohlfühloase sind und auch bleiben sollten am Millerntor. Auspfeifen oder beleidigen wird die Jungs nicht weiterbringen. Und intern muss eben an diesem Zusammenhalt gearbeitet werden. Klar, das ist alles pfeifen im dunklen Walde.

– Don’t panic!

Noch ist genug Zeit und auch nach der Winterpause gibt es diesmal 17 Spiele, so dass wir doch mehr Zeit haben als in den letzten Saisons. Ja, es ist gerade alles Scheisse, aber wir haben immer noch nix verloren.

2 Kommentare

  1. Hast du den Text vor oder nach der Pressekonferenz am Montag geschrieben?

  2. […] Ist nicht unsere Aufgabe, das zu beurteilen. Wir wünschen Thomas alles Gute. Er hat so oder so St. Pauli über mehrere Jahrzehnte geprägt. Und verlieren tun immer beide Seiten. Denn es war ja ein gemeinsamer Plan, den man mit diesem Angestellten verwirklichen wollte. Und sich dann getäuscht hat. Siehe dazu auch unseren Bericht von letztens. […]

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