Also gegen Bielefeld, wo ein Hund für Viele bellt. Samstag, 13 Uhr. Das klingt schon so langweilig, da will nicht mal der HVV hinfahren. Und so wird der Fußweg zum Stadion ein Symbolbild für ein Samstagsspiel gegen eine zu 33 Prozent graue Maus wie Bielefeld (zumindest sagt dies 1/3 der Redaktion, daher die Prozentzahl). Es ist eben nicht immer so komfortabel.
Es sprechen die 33 Prozent
Warum ich Bielefeld als graue Maus erachte: keine Ahnung. Bei dem Namen denke ich entweder an Verschwörungstheorien oder Soziologie. (Ihr könntet euch mal der Macker-Ottos auf dem Zaun des Gästeblocks annehmen.) So ist es nun mal. Und das mit Arminius ist ohnehin ein dämmlicher national überhöhter Mythos. Was hat das mit dem Sport zu tun? Gar nichts. Aber warum nicht mal direkt am Anfang fronten? Achja, und nur wegen irgendeiner Althool-Nazi-Connection à la Hamburg-Hannover-Bielefeld wird weder Spiel noch Verein für mich interessant. Vielleicht lässt sich ja einer meiner Mitautoren zu einer Gegenrede begeistern
Also begeben wir uns in das Stadion und betrachten zunächst mal die Ränge. Die Südkurve mit einem kleinen Gruß an Ultras Inferno 96, die, wie der Name bereits nahelegt, seit zwei Jahrzehnten bei Standard Liège aktiv sind. Nicht zuletzt weil sie dabei geholfen haben, Ultrà in Europa zu politisieren, einen lieben Geburtsgruß auch von unserer Seite.
An ein traurigeres Ereignis erinnerte die Choreo der Gegengerade. Es ist zwei Jahre, dass Michel aufgrund von Depressionen aus unserer Mitte genommen wurde. Egal wo du auch sein magst, wir hoffen du kannst das heute mit einem Joint und einem Glas Havanna genießen. Ruhe in Frieden.
An dieser Stelle sei auch noch mal auf die Arbeit des Stammtisches Sankt Depri verwiesen. Die Notwendigkeit, gesellschaftliche Aufklärungsarbeit zu leisten, zeigt sich zuletzt wieder bei einer ganzen Reihe widerwärtiger Tweets über Menschen, die den Mut aufgebracht haben, bei Twitter öffentlich über ihre Krankheit zu sprechen. Also vielen Dank an Sankt Depri, dass ihr da ganz praktisch helft, wo Teile dieser Gesellschaft für gesundheitliche Probleme nur Spott übrig haben.
Fußball? Naja, die ersten 20 Minuten erinnerte wenig an das, was man so aus dem Fernsehen als Idealbild kennt. Entsprechend dürftig ist zunächst der Support. Immerhin danach zeigt die Kombination Sobota-Bouhaddouz zwei mal, was in ihr steckt. Was in der 22. Minute immerhin zu einer guten Chance wird, ist 15 Minuten später ein genialer Pass, den Bouhaddouz so unglaublich cool verarbeitet und eiskalt an Bielefelds Keeper Hesl vorbeigeht, als wollte er ihn mit Absicht dumm aussehen lassen. Ganz großes Tor!
Wer jetzt kritisch einwirft, dass zuvor den von uns nicht beachteten zwanzig Minuten der Schiedsrichter schon einige fragwürdige Aktionen hatte, dem sei gesagt: ja. Ja, stimmt. Aber wir sind froh, dass wir nun nicht gegen den Schiri ranten müssen, sondern uns einfach freuen können, dass es noch gut gegangen ist. Abseitstor hin oder her, auch wenn es uns sehr für Choi gefreut hätte. Und seien wir ehrlich, der Schiedsrichter gab dem Spiel mit dieser und anderen spannenden Entscheidungen die notwendige Würze. Nach dem Führungstor ist wenigstens die Gegengerade richtig wach.
Wenden wir uns direkt der zweiten Hälfte zu …
… denn in der ersten passiert auf dem Rasen nicht mehr allzuviel. Nach dem Seitenwechsel geht es gleich los mit einem großartigen Freistoßtreffer durch Schuppan. Auch wenn Himmelmann knapp dran sein mag, wir legen uns da mal fest, der war nicht zu halten. Die verbleibenden 40 Minuten erfolgte (aus subjektiver Sicht) die Jagd nach dem einen Treffer, der wieder die so sehnsüchtig erhofften ersten drei Punkte sichern würde.
Was man aber über 90 Minuten sagen muss: Es ist die Intensität da, die man in den letzten Spielen doch leicht vermisste und die auch von Ewald eingefordert worden war. Das führt am Ende dazu, dass beide Mannschaften – denn auch Bielefeld zeigt ein sehr intensives Spiel – stehend KO sind, s dass ein „lucky punch“ das Spiel zu unseren Gunsten entscheidet.
Aus diesem kollektiven Aufreiben ist der Aziz vom Kiez positiv hervorzuheben. Der Junge geht Wege, pflückt Bälle elegant aus der Luft und hat auch immer noch eine Idee für einen guten Pass oder Abschluss. Ganz stark von ihm.
Hoffen wir, dass unser Kapitän nicht zu schwer verletzt ist, und dass auch Buchti, der am Ende nur noch humpelt, nichts Schlimmes abbekommen hat.
Stimmung auf der Gegengerade
Auch wenn das kein Sangeshaufen mehr wird, uns gefällt die aktive Beteiligung am Spielgeschehen. Man hört wenig Geschichten über Uni, Job, was auch immer; dafür aber viel aktive Anteilnahme und knabbern an Nägeln.
Was unschön ist, ist dieses Werfen von Bierbechern. Nein, nicht das Aus-Versehen-ausschütten im Torjubel, das passiert. Aber bei ein, zwei Schirientscheidungen finden wieder Becher ihren Weg auf den Platz. Leute, seid ihr denn nicht aus Schaden klug geworden?
Bayern wird gelöscht!
Zuletzt noch eine kleine juristische Anmerkung: Ein Professor hat beim zuständigen Amtsgericht den Antrag gestellt, den FC Bayern München e. V. zu löschen. Dazu muss man wissen, dass eingetragene Vereine nicht dazu da sind, professionelle Geschäfte zu machen. Vielmehr ist nach dem Gedanken des Gesetzgebers von 1900 – denn so alt ist das BGB – der Verein zu der unkommerziellen Förderung von Sport, Gemeinschaft etc. pp gedacht. Das hat weniger was mit der berühmten Gemeinnützigkeit im Steuerrecht zu tun. Ein Verein kann auch dann unkommerziell sein, wenn er steuerlich aber nicht gemeinnützig ist.
Nun ist schon seit anno dazumal unter Juristen streitig, was denn ist, wenn ein Verein eine kommerzielle Seite hat. Die reine Lehre sagt, das dies nicht gehe und er dann aufzulösen sei. Das vertritt aber niemand mehr ernsthaft. Vielmehr gibt es unter Juristen die sogenannte Gepräge-Ansicht. Danach muss der unkommerzielle Teil dem Verein sein Gepräge geben.
Ob er dies tut, darüber kann man dann geteilter Meinung sein. Der FC Bayern hat seine kommerziellen Aktivitäten ja bereits in eine AG ausgegliedert, aber auch dies reicht nach vielen Leuten nicht aus, denn auch diese vom e. V. kontrollierte AG soll schädlich sein.
Nun vermuten wir mal nicht, dass das Amtsgericht München diesem Antrag nachkommt, aber er ist juristisch genau so spannend, wie er für die Idee eines Vereines, der demokratische Strukturen hat, aber im Profifußball spielt, gefährlich ist.
Wobei man beim FCSP mit seinen lebenden Amateurabteilungen, die klassisches Vereinsgepräge sind, vielleicht wieder anderer Ansicht sein kann als beim FCB, bei dem 99 Prozent aller Mitglieder nicht bei ihm wären, würde es nicht einfacher Karten geben. Aber wer will das schon abwägen?