oder
Rock im Park 2013
Vorwort
Liebe Leser, wer nix über Musikfestivals lesen will, der sollte jetzt diesen Bericht schließen. Während meine beiden Mitblogger sich nämlich sinnvoll betätigen, lungerte ich auf einem Festival rum. Und so wie es Tradition ist, folgt nun der übliche Bericht:
Freitag / Nur vier mal Frei.Wild
Die donnerstägliche Anreise war komplett problemlos und ohne besondere Vorkommnisse. Und das Bier im Landbierparadies schmeckt auch immer noch sehr lecker, so dass man tief und fest schlief, bevor Freitagmorgen die Morgensonne einen weckte.
Unsere Gastgeber hatten wieder groß aufgefahren und hatten Frühstück für eine Kohorte aufgefahren. Am Freitag traditionell noch etwas reduziert, sprich ohne Rührei. Das ist zwar normal, aber muss natürlich stark angeprangert werden. Nun wird schon beim Rührei gespart. Der Eklat konnte nur knapp abgewendet werden.
Mit der Straßenbahn ging es wie üblich zum Festivalgelände. Was auffiel: Keine Einlassschlangen. Insgesamt war die von uns den Tag über genutzte Alternastage sehr leer. Das ist natürlich ein subjektiver Eindruck, aber man hatte nicht das Gefühl, dass das Festival wirklich ausverkauft ist. Auf den Zeltplätzen das übliche Getummel, aber es fiel auf, dass es alle sehr sauber war. Im Gegensatz zu den Vorjahren lag sehr wenig Müll (aka Bierdosen) rum.
Zu wenig Klos, wie immer. Zu teures Bier, wie immer. Wir hatten uns eigentlich als Spaß ausgedacht, dass wir dieses Jahr Frei.Wild Shirts zählen, aber dieser Freitag war echt „enttäuschend“ nur vier Stück und ein „Nordmann“ Shirt auf der Habenseite.
Das Programm dieses Jahr ist eher durchwachsen. Wenig Bands, die man nicht schon mehrfach gesehen hat und die Headliner sind nicht alle mein Geschmack. Hier nun die Bands des Freitags:
Stereophonics: Ach waren die nicht mal in den 90er Jahren das nächste große Ding? Naja, Britpop, ganz nett zu hören, aber davon gibt es Millionen. Ganz nett, im Sinne von ganz nett.
Wetter ist bei Open Air immer ein Thema und ein komplett trockenes RiP haben wir bisher noch nicht erlebt. Der Freitag war erstmal sonnig und trocken. Und da wir Sonnencreme dabei hatten, hielt sich der Sonnenbrand auch in Grenzen. Wenn man mal von der kleinen Stelle absieht, die ich beim eincremen vergessen habe.
Buffy Clyro sagte mir Banausen ja wieder gar nix. Aber der Mob kannte das und war auch in den hinteren Reihen textsicher. Ganz unterhaltsamer Rock war es auch, also gut zum anhören.
Zu Tocotronic dann in die ersten Reihen, soviel muss dann für (Ex-) Hamburger sein. Viel Publikum war nicht vorhanden, denn dafür ist Tocotronic wohl auch zu speziell und hat wohl auch seine besten Zeiten hinter sich. Immerhin sitze ich da so rum, starr in mein Bier, als ich gefragt werde, ob ich vom Magischenfcblog sei. 😀 So wurde die Zeit fröhlich mit einem Marathonabteilungsmitglied und einem Südsaisonkarteinhaber verschnackt. Du liest das ja garantiert A. Danke, für den Schnack, wir sehen uns.
Tocotronic sind alt geworden und überroutiniert. Das schockt dann nicht so ganz. Da fehlt irgendwie das Feuer.
Phoenix. Die Franzosen sind eine perfekte Festivalband. Insbesondere wenn auch noch die Sonne scheint. Tanzbarer Indiepop ist an so einem sonnigen Nachmittag ein riesiger Spaß.
Die Frau Liebtdi_ch hatte dann empfohlen zu Disco Ensemble zu gehen und da halte ich mich doch dran, wenn sie das sagt. Und die vier Finnen rockten. Bemerkenswert: Beide Saiteninstrumentalisten spielten Linkshänderinstrumente. Das sieht man auch selten. Sonst Roggnroll ohne Showallüren. Die kommen auf die Bühne kicken Arsch und gehen wieder. Kann man mal machen.
Dann wieder zur Alternastage (den ganzen Tag nicht einmal Center Stage, kann man mal machen): The Killers. Ach wenn jeglicher Pop so wäre, dann wäre er sehr unterhaltsam. Ansagen oder so machen die nicht, aber man sieht den Jungs an, dass sie Spaß an ihrer Musik haben uns so etwas kommt dann auch beim Publikum an. Das ist nebenbei die perfekte Laufmusik. Um so komischer, sie mal im Stehen zu hören. 🙂
Danach ging es ins Bett und obwohl es kein Rührei gab, war es ein guter Tag. Was auffiel: Sehr wenig vollkommene Alkoholausfälle. In der Bahn hatten wir noch zwei Jungs, die nicht mehr ganz Herr ihrer Sinne waren, aber auch die waren komplett harmlos.
Samstag der HipHop Tag
Endlich Rührei! Der Tag konnte nur gut werden. Aber vor das Rührei hatte der Zeitplan das ritualisierte Festivallaufen gelegt. Wie immer der kürzeste und langsamste Lauf des Jahres. Wer also nicht glauben will, dass saufen und rumstehen leistungshemmend ist, der kann mir glauben: Es ist leistungshemmend.
Das Frühstück wie immer eine Eins mit Sternchen. So kann man gestärkt in den Festivaltag gehen. Beim Frühstück waren ostfränkische Spezialitäten Thema. Und die Klöse der Gegend. Zitat: „Das ist das Grundnahrungsmittel für Coburger Kinder. Von der Brust an den Klos“.
Der Blick über das Gelände offenbarte Festivalroutine. Der erste Gang auf die Center Stage zeigte auch hier nur minimale Anpassungen um das ganze noch weitläufiger zu machen. Aber nicht jeder ist routiniert im RiP Besuchen. Da läuft eine Truppe mit selbstgemachten Hüten rum, auf denen „RiP13“ steht und Passanten kommentieren dies mit „Guck mal, wie clever, die haben ihre Hüte durchnumeriert, damit sie sich erkennen.“ Wir haben mal darauf verzichtet, sie die RiP9 suchen zu lassen.
Okay, ab ins Pit um Bad Religion zu sehen. Es wird aufgebaut und Herr Bentley (Bassist steht sabbelnd am Rand). Dann kommt der (grauenhafte) Moderator, er ist immer noch am sabbeln. Sein Gitarrist spielt die ersten Akkorde und Herr Bentley so „oh ich muss jetzt spielen? Dann spiel ich mal.“ Das nennt man dann wohl 32 jährige Routine, so wenig aufgeregt zu sein und dann doch sofort warm zu sein. Die alten Herren rocken, haben augenscheinlich immer noch Spaß an ihrer Musik und legten einen Set nach meinem Geschmack hin. Aber ich bin auch Fanboy.
Simple Plan: Nun ja, das ist irgendwie so Poppunk, wie ich ihn unfassbar langweilig finde. Die sind ja auf der ganz nett, aber die Geschichten, dass sie nun deutsches Bier, deutsche Mädchen und deutsche Pornos lieben und einen deutschen „Girlfriend“ haben wollen, ist dann schon wieder zu doll Rockklischee.
Kraftklub: Vor zwei Jahren noch mit vielleicht 200 Leuten in der Clubstage gesehen, nun stehen die auf der Centerstage und es ist voll. Die Leute gehen ab und obwohl die Band nun gut zwei Jahre durchgängig mehr oder minder unterwegs ist, haben die immer noch Bock und freuen sich über die Reaktion des Publikums. Und dementsprechend ist auch die Energie. Und wenn dann zu „Songs für Liam“ Casper auf die Bühne kommt und die schönen Zeilen aus der Echo Version rappt, dann haben die eigentlich schon gewonnen.
Danach erstmal Biergartenpause. Das Festivalgelände umfasst auch die Eishockeyhalle und deren Catering hat einen eigenen Biergarten, bei dem es anderes und billigeres Bier gibt. Da es auch dort auch ordentlich Sitzgelegenheiten gibt, wird das immer zum Treffpunkt der älteren Generation.
Danach zur Alternastage und Casper geguckt. Ich finde ja, der Typ rockt. Und zwar von der Attitüde her. Endlich mal ein Rapper, der nicht nur davon singt, wie geil er ist und wie es abgeht und wie seine Beats reinhauen, sondern jemand, der über ganz andere Dinge singt. Und jemand, der sich auf der Bühne einen Ast abfreut, weil ihn die Leute feiern, ist sowieso schon mein Freund.
Seeed: Was soll man sagen? Diese riesige Band weiß es Massen zu unterhalten. Die drei Frontleute die ganze Zeit mit synchronen Tanzschritten und einer wirklich guten Bühnenpräsenz. Die Musik für das Bein. Und die Hits des einen Frontmannes werden dann halt ein bisschen umgeschrieben und einfach mit vorgetragen. Nur die Obsession des Pierre B mit dem Handtuch konnte nicht so ganz aufgeklärt werden. Zumindest hielt er 90 % der Zeit eines in der Hand beim tanzen und singen.
Tag vorbei, Green Day nicht gesehen, später den Rock am Ring Auftritt bei EinsLive gesehen und beschlossen, dass das die richtige Entscheidung war. Nein, nicht weil Green Day schlecht sind, sondern weil das einfach besser war.
Sonntag der Light Tag
Der Sonntag begann mit dem üblichem Frühshoppen, diesmal aber nicht im „Wanner“ sondern in einem anderen Biergarten. Der Wetterbericht sagte eigentlich nur Regen voraus, aber außer ein paar Tropfen am Vormittag blieb dieser aus. Und damit war es amtlich: Im neunten Versuch das erste Mal Rock im Park ohne ein Tropfen Regen während wir auf dem Gelände weilen.
Bring me Horizon: Also wenn der Sänger kein Drogenproblem hat, dann hat er zumindest eine Essstörung. Man war der Dünn. Sonst gab es das amerikanisch geprägte Metalbrett. Der Typ vor uns in einer Metalkutte konnte jedes Lied mitsingen, sagte aber, die höre er „nur so nebenbei“.
A day to remember: Eine Band zwischen etwas härterem Collegerock und Hardcorebrett. Einige Songs bretthart, andere sehr melodisch. Alles aber gut anzuhören.
Amon Amarth: Man entschuldige mir diese Assoziation, aber bei den beiden Bands vorher standen ja mehr so die jungen schmalen Bubis auf der Bühne, nun kamen so Wikingerkerle, der Marke, groß, langhaarig und stämmig. So echte Kerle halt (jaja, ich weiß). Wikipedia spricht in seiner Weisheit von „melodischem Deathmetal“. Ich als nicht Metalhead hätte nun „melodisch“ und Deathmetal“ als sich ausschließende Kategorien verstanden. Nun gut, wieder etwas gelernt, denn das geht. Ich kann ja mit dieser nordischen Mythologie Ausschlachtung nun so gar nix anfangen, aber gut, ist halt Metal und die Musik geht gut ins Ohr. Und jemand den man beim Metalsingen wirklich versteht, sprich die Texte verfolgen kann, ist schon interessant. Kamen sonst auch sympathisch rüber auf der Bühne, also ein netter Auftritt.
Cro: Sprach ich gestern von Attitüde? Der hat eine, die einfach bei mir nicht ankommt. Und insgesamt ist das Songwriting auf Dauer zu dünn. Das ist Hiphop gewöhnlich und damit punktet man bei mir nicht. Ist aber wie alles natürlich Geschmackssache.
Also ein letztes Bierchen im Biergarten.
Fettes Brot: „für Sie immer noch Herr vorragend“ singen die in einem Lied und das fasst es eigentlich auch schon zusammen. Die – ähm, ja ist wohl so – alten Herren können es einfach. Was können sie? Ein Publikum richtig gut unterhalten. Und wenn auf der Bühne „gesabbelt“ wird und man „Shitbüdel“ von der Bühne genannt wird, dann schlägt das norddeutsche Herz doch gleich höher. Hits und ein paar neue Stücke und fertig ist die Hausabrissparty. Dazu noch Gags wie „Wisst ihr was das meistgenutzte Instrument der Musikgeschichte ist?“ „Das Döp“ (man singe danach einfach mal Scooter und weiß, was gemeint ist).
Okay, da 30 Seconds to Mars eher so gar nicht mein Ding sind und Limp Biskuit auch nicht, blieb nur die Alternative zwei Stunden auf Korn warten oder nach Hause gehen. Kurz überlegt: Das zu Hause siegte.
Fazit: 84 fränkische Würstchen (böse Stimmen behaupten, ich hätte davon 80 gehabt), unzählige Brötchen, Biere, Kaffee, eine Zigarette, zwei zauberhafte Gastgeber und ein Wochenende voller Spaß. 2014 sind wir wieder dabei. Warum? Weil wir es können.