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Einlasssystem revisited
Vorwort
Liebe Leser, bereits vor gut 1,5 Jahren haben wir uns mit dem kommenden Einlasssystem auf elektronischer Basis in einem Artikel auseinandergesetzt. Anlass war damals eine Präsentation des Vereines vor Fans. Nun 1,5 Jahre später verkündet der Verein, er werde dieses System nun einführen.
Und wir haben mal wieder was zu nörgeln. Wie soll es anders sein?
Man verzeihe die Benutzung von „der Verein“ als Kurzform für „die kommerziellen Bereiche des Gebildes FC St. Pauli e.V. und seiner Tochtergesellschaften“. Der Verein sind natürlich weiterhin wir.
Servicegedanke?
Man kann sich nicht immer gegen alles Neue sträuben. Wir leben in einem kapitalistischen Wettbewerb und da sind Neuerungen beinah Pflicht. Man muss lange überlegen, ob und wie man eine Kritik an solchen Neuerungen formuliert. Trotzdem wollen – und müssen – wir sie hier etwas schärfer formulieren, denn wenn man sich den alten Artikel durchgelesen hat und ihn mit der neuen Pressemitteilung vergleicht, dann stellt man eines fest: Keine der damals aufgeworfenen Fragen und Probleme ist beantwortet worden. Der Verein weiß schon, warum er auf Farce Nr. 2 = eine neue Informationsveranstaltung verzichtet hat.
Machen wir uns nichts vor. Der Kapitalismus lebt insbesondere auch von Neuerungen, welche den Gewinn optimieren und die Kosten minimieren. Die Frage ist immer nur: Muss ich dies bis zum letzten ausreizen? Und muss ich insbesondere bei denen sparen, die sowieso schon ganz unten in der Nahrungskette des Kapitalismus leben?
Der Verein schreibt, es stünde der Servicegedanke im Vordergrund und dies sind natürlich auch die großen Vorteile eines solchen Systems. Verlustersatz und nichtkörperlicher Tausch sind wirkliche Vorteile eines solchen Systems und dies auch für einen Kunden. Dieser Print at Home Kram mag Vorteile bergen, da kennen wir uns nicht so aus. Mag bequemer sein.
Aber glaubt ihr dem Verein, dass der Servicegedanke im Vordergrund steht? Service am Kunden leistet dieser Verein ja selbst dann nicht, wenn er offensichtlich Einnahmen liegen lässt. Das beste Beispiel ist doch ein Clubheim, welches auch nach 6 Jahren seiner Existenz nicht Kundenorientiert arbeitet und von einer fanseitigen AG geprügelt werden muss, sich seinen potentiellen Kunden zu öffen. Und bei dem Gesaufe beim FCSP geht es hier um ordentliche Einnahmeausfälle, die dem Verein definitiv fehlen. Ein Verein, der Kartenschalter nach Spielen schließt und so den Impulskauf „Oh nächstes Spiel muss ich hier aber wieder her, das war so geil heute“ damit unterbindet? Nur zwei sehr offensichtliche Beispiele, wo der Verein Serviceleistungen nicht definiert bekommt, obwohl ihm diese richtig Geld einspielen würden. Wir sind wieder bei den fehlenden Visionen des Vereins, die wir schon auf der JHV hatten.
Kurz: Nette Aussage, aber glaubwürdig ist etwas anderes. Man kann eher vermuten, dass die Rechnung „neue Einnahmequelle“ und „weniger Ordner“ eher zu lukrativ war. Liegt die Vermutung eigentlich sehr fern, dass die Einführung eines solchen Systems auch im Eventim Vertrag belohnt wird? Immerhin sparen die ja auch durch „Print at Home“ Geld, welches sie garantiert nicht an den Kunden zurückgeben.
Exkurs: Es wäre nebenbei toll, wenn man den ganzen Mist endlich ohne irgendwelche Dienstleister durchführen könnte, die in ihrem Oligopol einfach nur nervig und teuer sind. Visionen, Herr Meeske, Visionen. Und eine Vision wäre, dass der FCSP alle Rechte bei sich hat und alle Recht selber ausübt. In voller Konsequenz. Exkurs Ende
Nun kommen wir mal zurück auf den alten Artikel. Und erinnern uns daran, was wir damals gesagt haben. Daten sind Vertrauenssache. Ich gebe meine Daten am liebsten der Institution, die mein Vertrauen in sie stärkt. Dies tut man am besten mit zwei Dingen: Transparenz und klarer Sprache!
Wenn man diese beiden Parameter ansetzt, dann muss man Folgendes fragen: Sind die Datenschutzbedenken ausgelöscht? Klare Sprache? Was schreibt der Verein:
„Bedenken, die es bisher zum Thema Datenschutz gab, konnten insofern beseitigt werden, dass lediglich die Daten verwendet werden, die prüfen, ob eine Karte gültig ist oder nicht und ob eine Ermäßigung vorliegt oder nicht. Alle Daten werden zudem auf einem hauseigenen Server abgelegt, die separat nach der Abwicklung eines Spiels gelöscht werden. Personenbezogene Daten werden entsprechend nicht ausgewertet. Allgemeine Daten, die helfen den Service zu verbessern (z.B. wie viele Personen nutzen welchen Einlass), werden natürlich verwendet.“
Weitergehende Fragen nach einem Datenschutzkonzept, einem Datenschutzbeauftragten, nach der Verhinderung von Hackermöglichkeiten werden lieber nicht beantwortet. Auch welche Daten genau gesammelt werden, da hält sich der Verein bedeckt. Alleine die Nummer einer Karte ist personenbezogen, denn sie kann mit allen Personendaten verknüpft werden. Wann ist ein Spiel abgewickelt? Der Verein schreibt zum Thema Ermäßigung auch: „Darüber hinaus kann künftig sichergestellt werden, ob eine Karte überhaupt gültig ist oder nicht und ob eine Ermäßigung berechtigt ist oder nicht.“ Um zu prüfen, ob eine Ermäßigung berechtigt ist, muss ich Daten mit einer Person verknüpfen.
Kurz: Klare Sprache? Transparenz? Nicht vorhanden. Blicken wir noch mal auf den alten Artikel zurück und die damals schon kritisierten AGB. Bisher sind diese nicht geändert. Werden diese geändert? Oder will der Verein bewusst einen Widerspruch eingehen? Und wie ist diese Datenlöschung gegenüber Eventim abgesichert. Die würden diese Daten nämlich garantiert gerne haben. Z.B. Target Marketing „Sie kommen immer spät zum FCSP Spiel, wollen sie nicht lieber einen bequemen Sitzplatz nehmen, anstatt einen unbequemen Stehplatz?“.
Es bleibt aber noch an einer anderen Stelle Unbehagen. Man kann in einem solchen System Karten sperren und die Verhinderung des Schwarzmarktes (und des organisierten Graumarktes) ist garantiert aller Ehren wert. Neben den bereits im ersten Artikel beschriebenen rechtlichen Problemen, wird aber auch nicht geklärt, wer die Sperrkompetenz für welchen Fall hat. Darf sich Daniel Bierhoff dann zum Schnell-Ehrenrat aufschwingen? Gerade wenn es um z.B. ausstehende Mitgliedsbeiträge geht.
Das ganze Unbehagen wird noch dadurch verstärkt, dass es anscheinend keine Zustimmung von Fanvertretern zu diesem Schritt in der jetzigen Form gibt. Denn die Formulierung „Nach Rücksprache mit diversen Vereinsgremien, Fanvertretern und Institutionen hat man sich zu diesem Schritt entschieden.“ setzt gerade eine Zustimmung nicht voraus.
Was bleibt denn von den Serviceleistungen übrig? Ob der Einlass mit einer Maschine wirklich schneller wird, das wird sich zeigen. Tauschbörse und Kartenersatz sind halt die großen Vorteile, es bleibt aber die entscheidende Frage: Was kostet der Scheiss? Und wenn ein Tausch weiterhin 20 % des Kartenpreises kosten soll und der Ersatz einer Karte 25 Euro, dann ist der Service gleich wieder durch unangemessene Gebühren entwertet. Dass der Verein sich hier in Schweigen hüllt, spricht Bände. Mal ganz davon ab, dass es sinnvoller wäre EINE Tauschbörse GEMEINSAM mit der AFM zu organisieren. Organisationsvorschlag: Moderate Gebühr für Nicht-Vereinsmitglieder, gebührenfrei für Vereinsmitglieder. Würde wieder Mitglieder in den Verein bringen und damit längerfristig Geld in das Gebilde spülen. Wahrscheinlich selbst mehr Geld, als eine parallele Struktur. Und die Liquidität der Tauschbörse würde auch erhöht werden. Und mit Tommy hätte man gleich einen erfahrenen Meister, der Kartenorganisation ab von Kommerz kann. Herr Meeske, Herr Gunkel, arbeiten sie dran.
„Und wir haben mal wieder was zu nörgeln. Wie soll es anders sein?“ Damit habt ihr oben eigentlich schon alles gesagt. Klar, alles Kommerz, alles Scheiße!
Ich kanns nicht mehr hören, echt nicht mehr!
Danke für deinen sehr differenzierten und inhaltlichen Kommentar. Kleiner Tipp: Nur unkritische Hochglanzmeldungen des Vereines lesen und glauben. Um mal eine Kollegin zu zitieren: „Realität ist was für Leute, die Angst vor Einhörnern haben.“
Sorry, aber unser Verständnis des FCSP ist ein anderes als sich blind und taub zu stellen.
All hail to unicorns!
Aber mal ehrlich, wenn man eure Meinung nicht mag, kann man doch die Lektüre abrechen.
Ich finde den Hinweis auf Datenschutzkonzept (dit allumfassende Pipapo) und die fehlende Transaparenz gerechtfertigt. Aber das ist ja nur meine Meinung.
@Nervenbündel (Kommentar 1) Ach so, alles Scheiße, alles Kapitalisten. Man kann es nicht oft genug hören. Kannst ja versuchen die den Verein in eine GmbH oder KGaA zu wandeln, alter Banker.
Danke für den super Tipp! Aber als langjähriger Fan des FC Sankt Pauli tue ich sowas aus Natur schon nicht. Mich nervt einfach nur die immer wieder total negative Einstellung zu allem!
Ich sehe hierbei eher die positiven Seiten, die ihr in 2-3 Sätzen abfrühstückt. Denn mir ist es seit jeher ein Dorn im Auge, wie die „Karten-Dealer“ überall rumstehen oder bei Ebay die Karten teuer verkaufen. Das sehe ich! Und wenn das mit diesem Fortschritt (oh ja, Fortschritt) behoben oder zumindest vermindert werden kann, finde ich das eine tolle Sache.
Mir geht es nämlich auch um eine etwas differenzierte Darstellung der Tatsachen und nicht darum, alles zu glauben was Vorstand/Präsidium von sich geben.
Das fehlt mir leider bei Euch viel zu oft!
Kleiner Tipp: den Fortschritt mal sehen, positive Seiten rausstellen!
Vielen Dank 🙂
Kleiner Tipp: Text mal lesen und verstehen. Dann würdest du in dem alten Text sehen, dass du mit einem solchen System eBay und Schwarzmarkt nicht verhinderst. Und dann ist zu dem positivem alles gesagt. Gruß ein ebenso langjähriger FCSP Fan.
woher weiss das system denn, ob die karte nach dem kauf noch einmal (auf dem schwarzmarkt) weiterverkauft wurde? die automateneingänge werden den schwarzmarkt zu 0% tangieren…