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Wie Aachen alles falsch machte…
Vorwort
Liebe Leser, in der WinterPause wollen wir eigentlich Pause machen als Blog. Die Spielberichte fallen flach und auch sonst passiert bei uns im Verein nicht viel. Wir verpflichten weder angebliche Startrainer, noch haben wir (zum Glück) irgendwelche Investoren, die nun meinen die Macht übernehmen zu müssen. Der Blick zu dem einen TSV ist schon traurig genug. Blickt man jedoch auf den anderen TSV, nämlich den aus Aachen, dann kann man nur den Kopf schütteln.
Nein, ACU sind keine Engel
Liebe Leser, die Aachen Ultras haben ihre Tätigkeiten im Stadion eingestellt. Dafür gab es sehr große, bundesweite Sympathie, aber auch Kritik. Letztere insbesondere von Menschen, die sich als „normale“ Aachener verstehen und gegen „alle Ultras“ sind. Diese Kritik ist verkürzt und falsch.
Vorab: Auch ACU werden junge Menschen sein. Und auch ACU sind keine Engel, sondern Ultras mit allen Vor- und Nachteilen. Junge Menschen neigen auch zu Impulsivität, Übertreibungen, zu taktisch unklugem Verhalten und wollen häufig mit dem Kopf durch die Wand. Typische Merkmale für eine Ultragruppe. Das ist kein unproblematisches Verhalten und führt auch mal zu Kritik. Auch unser geliebter FCSP ist da keine Ausnahme. Wir erinnern nur an diverse Pfeiffkonzerte der Gegengerade gegen die Südkurve oder nervige, endlose Supportdiskussionen.
Aber das ist ja nicht der Grund, warum ACU tätlich angegriffen wird. Supportdiskussionen werden in den wenigsten Vereinen körperlich geführt. Und gerade in solchen kleinen und gebeutelten Szenen wie Aachen wäre ein solcher Graben doch nicht unüberwindbar. Nein, es ist eben das eine, Supportdebatten zu führen, aber es ist etwas ganz anderes, wenn es um politische Solidarität geht. Wer dies nicht differenzieren kann, der hat ein Problem.
ACU werden angegriffen, weil sie politisch sind. Weil sie den Mund gegen eine rechtsoffene und diskriminierende Normativität aufmachen. Und das versäumen die „normalen“ Aachener bis heute. Stattdessen singt der Auswärtsblock noch heute etwas von „Hauptstadt der Schwulen“ in Köln. Gegenwehr? Fehlanzeige! Ja, liebe Aachener, da ist es einfach das Problem. Das Problem sind nicht Nazis. Das Problem ist nicht, dass man einen Nazi vielleicht nicht sofort erkennt. Das Problem ist ein Klima in dem sich Nazis wohl fühlen, in dem sie sich verstanden fühlen und sie meinen, dass sie doch eigentlich nur aussprechen, was die breite Masse denkt. Wie man so etwas bekämpft, liebe „normale“ Aachener? Nicht in dem man diffus gegen Gewalt oder Extremismus ist. Das juckt den Nazi nicht. Denn so kann er sich weiter unter dem Radar ausbreiten. Da wird das unpolitische eben sehr schnell politisch. Falsch politisch.
Und hier versagen die restlichen Aachener Fans und auch der Verein. Wir verweisen da nur auf die Statements von 2011 (!!!). Und getan hat sich bisher wenig. Wo ist die Antirassismus AG? Wo sind die offensiven, lauten und deutlichen Antidiskriminierungsansagen? Vorbild wie man es in einem schwierigen Umfeld machen kann, kann man sich nebenbei in Dresden holen. Ein Verein, der in Aachen doch aufgrund der Farbwahl Sympathien haben müsste.
Hat Aachen gelernt? Nein. Man lese nur, was der Jan Tölva als Augenzeuge des letzten ACU Spieles schreibt:
Und so können auch die sogenannte „Westwall Hooligan GmbH“ ungestört für Soliveranstaltungen werben. Macht man sonst Konzerte mit der ja vollkommen unpolitischen Band Kategorie C für eine rechtsradikale Gefangenenorganisation (siehe Lotta 50), sammelt man diesmal – ganz Menschenfreund – Geld für einen Verein, welcher schwerkranken Kindern hilft. Wer hier an den Gutmenschnazi glaubt, der glaubt auch an den Osterhasen. Immerhin fanden sich Aachener, welche den Verein, der bedacht werden soll, auf die Veranstaltung aufmerksam machten und es bleibt zu hoffen, dass dieser Verein sich die Spende verbittet (Nachtrag: Dies hat er zwischenzeitlich ausdrücklich getan.). Das Ganze nebenbei in der Gaststätte des Ex-Spielers Stefan Lämmermann, der auch bereits die Karlsbande zu Gast hatte und sich in der Presse wie folgt zitieren ließ: „Aber es ist mir auch egal. Ich verstehe mich mit einigen Mitgliedern der ‚Karlsbande‘ auch privat gut. Die politische Gesinnung interessiert mich dabei überhaupt nicht.“. Noch Fragen? Wir nicht!
Kurz: Ohne die ACU ist Aachen ein Verein, dem man nur die sofortige Auflösung wünschen kann.
Dennoch, es gibt etwas zu tun. Auch für uns. Wir Fans sind schnell mit sehr lauten Aktionen dabei, wenn es darum geht unsere eigenen Rechte einzufordern.Und Lobbyismus in eigener Sache ist notwendig und wichtig. Aber auch hier müssen wir überregional tätig werden. Auch abseits des FCSP müssen Fans (und Ultras) verstehen, dass es nicht sinnvoll ist, rechtsoffene und rechte Gruppen durch Zweckbündnisse aufzuwerten und zur jeweils örtlichen Norm zu erklären. Dieser Kritik müssen sich Bündnisse wie „12:12“ oder „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ nun endlich stellen und sich von entsprechenden Gruppen trennen. Oder sie sind Teil des Problems. Es gibt ihn eben nicht, den Nazi, mit dem man gemeinsame Sache machen kann.
Und insofern hat der Störungsmelder recht. Nazis sind wichtiger als Nacktkontrollen. Schmeißen wir sie raus. Aus den Stadien, aus unseren Zusammenhängen, aus der Gesellschaft. Und noch viel wichtiger: Machen wir ein Ende mit einer diskriminierenden Wirklichkeit in der -ismen bis weit in die Mitte der Kurve akzeptiert sind. Dann gehen die Nazis von ganz alleine. Weil sie sich nicht mehr wohl fühlen.
Was sonst noch war…
… unser Verein twittert seit neustem. Warum man dafür einen Account neu aus der Taufe gehoben hat, anstatt den bereits bestehenden und immer halboffiziell geführten Account @fcstpauli zu übernehmen, wird wohl das ewige Geheimnis des FC bleiben. So warten 30.000 Twitterer vergeblich auf die neusten News, während ca. 1000 Follower (grob aufgerundet, das ändert sich doch noch sehr schnell) zumindest zur Zeit bestens mit Bildern aus dem Trainingslager unterhalten werden. Die Hauptarbeit scheint dabei unser Pressesprecher persönlich zu erledigen und auch zarte Versuche der Interaktivität gab es schon.
Nur wem der Account folgt, daran muss noch dringend gearbeitet werden. Unter den ersten 16 Followern schon die Bildzeitung zu haben, aber mit dem Übersteiger nur einen einzigen Fanaccount ist – seien wir mal nett – verbesserungswürdig.
…. unser persönlicher Freund Herr Wendt, der seine langjährige Zusammenarbeit mit der Jungen Freiheit weiterführt. Nun ist es schlimm genug, dass Herr Wendt ein rechtsaußen ist. Richtig problematisch wird es aber, wenn die sogenannte 4. Gewalt (sprich die Presse) ihn ständig als Quasipolizeisprecher versteht und seine Aussagen in keiner Weise hinterfragt.
… die Polizei Niedersachsen, die wieder mal zeigt, wie problematisch präventive Polizeieingriffe sind. Einem Politiker der Piraten (die Presse spricht vom „Spitzenkandidaten“) wird der Zugang nach Gorleben aufgrund eines laufenden Verfahrens (= Unschuldsvermutung!) verweigert. Damit wird aufgrund einer unsicheren Prognose, aufgrund von „polizeilichen Erkenntnissen“ direkt in die demokratischen Prozesse eingegriffen. Einen viel stärkeren Eingriff in die Gewaltenteilung kann es eigentlich nicht geben und man muss sich wirklich fragen, ob den Verantwortlichen eigentlich bewusst ist, was sie da machen.
… spannend auch die Klage eines Nürnbergers, der unter tragischen Umständen nach einem Fußballspiel den Arm verlor und sich dann noch in einer eleganten Täter/Opfer Umkehr als „Gewalttäter“ in entsprechenden Listen und Berichten der ZIS wieder fand. Man lese genauer bei der Rot-schwarzen Hilfe nach. Die ZIS beruft sich nun auf die Meinungsfreiheit. Gerüchteweise sollen auch Juristen im Polizeidienst zwei Staatsexamen haben. Wie sie diese gemacht haben, wenn sie nicht einmal den Grundsatz kennen, dass Grundrechte etwas für den Bürger gegen den Staat sind, nicht für den Staat gegen Bürger. Als das juristische Drittel von uns noch studierte, wäre man mit der Unkenntnis in dieser Frage durch jedes Staatsexamen gefallen.
… eine Pressemitteilung, die schlimmstes befürchten lässt. „100 Prozent Das Spiel – 0 Prozent Gewalt. Leider ist zum Zeitpunkt des Schreibens der Kurzfilm noch nicht draußen, aber wenn man schon meint „Fans eine Stimme“ verleihen zu müssen und mal wieder das Thema Gewalt auf durch die dreifache Pauschalmangel zieht, dann wird es wahrscheinlich sehr erschreckend werden.
Und als wir noch schrieben, ist der Spot auch da. Bemerkenswert dabei ist, dass er gerade mal eine einzige wirkliche Gewalthandlung ablehnt. Und zwar in dem er „0 % Schlagstock“ fordert und anstatt Bratwürste serviert.
Wenn einem bei einem Anti-Gewaltspot nur eine Gewalthandlung der Polizei einfällt, dann zeigt dies schlichtweg nur eines: Gewalt ist kein wirkliches Thema im Fußball. Und „0 % Rauchentwicklung“ mit dem gleichzeitigen Zeigen von Familien ist dann schon beinah ein Anti-Glimmstengel, aber kein Anti-Pyrospot.
Kurz: Überflüssig wie ein Tropf, das Geld wäre in einer soziologischen Studie oder ähnlichem besser angelegt gewesen.
… die Sportblogger Award 2012 von Fokus Fußball (bzw. vom Sportbloggernetzwerk, wie der Kommentar zu Recht anmerkt). Wir sind mit einem Text nominiert, aber seien wir ehrlich: Wir werden hier nicht aufrufen für uns zu stimmen. Dafür sind die anderen zehn Texte viel zu gut. Lest sie!
(Bei der Erstveröffentlichung hatten wir es nicht so mit dem Zählen. Wir nannten die Presse 5. Gewalt und behaupteten es seien 9 andere Beiträge. Man bitte dies zu entschuldigen.)
Kurze Anmerkung zum Sportblogger-Award. Dieser Preis ist ein Preis des Sportbloggernetzwerks. Fokus Fußball hat sich nur als Plattform zur Verfügung gestellt. Viel Erfolg euch!