Liebe Ultrà Sankt Pauli,
herzlichen Glückwunsch! Erstmal vorab wünschen wir euch, dass wir gemeinsam auch das 20jährige und auch das 30jährige feiern können. Wir wünschen euch weiterhin, dass ihr frisch, unangepasst und auch mal unbequem bleibt.
Wie gratuliert man euch am besten? Man kann euch Gedichte schreiben, man kann euch Tapeten malen, alles großartige Ideen, die auch uns schmunzeln lassen haben. Jeder sollte auf seine Art gratulieren und das kann bei uns natürlich nur ein Artikel sein, der erinnert, der lobt, der aber auch kritisiert. Ihr kennt uns ja.
Fangen wir doch mal historisch an und gucken mal so in dem Archiv der Vorgängerkolummne. Und siehe da: Eure Gründung wird gar nicht groß erwähnt. Zu groß war die Kontinuität zu Carpe Diem, eurer Keimzelle, eurem damaligen Kern.
Die ersten Monate waren von einem komischen Verhältnis zu den damaligen Passanten geprägt. Der heutige Vorwortgott hatte mehr oder minder ein Kontaktverbot verordnet und viele Mitglieder hielten sich dran. So kam es zu der lustigen Situation, dass wir irgendeine Auswärtsfahrt gemeinsam im Doppeldecker verbrachten, ihr unten, wir oben. Und in der ersten Reihe blieben zwei Plätze frei, die zwei arme junge USPler besetzen mussten. Und ja nicht mit uns reden durften, saßen sie da schüchtern und still. Was Orsen nicht davon abhielt, ihnen ungefähr jede Bierrunde ein Bier ausgeben zu wollen. Keine Ahnung, wer die beiden Jungs waren, die diese „Folter“ ertragen mussten.
Schnell entspannte sich das Verhältnis und man stellte fest, dass man eigentlich zwei Seiten der gleichen Medaille „aktive Fanszene“ waren.
Ja, ihr habt von Beginn keinen Konflikt gescheut und ab und zumal würde man euch bis heute mehr Gelassenheit, mehr Taktik und weniger Kopf durch die Wand wünschen. Aber Unvernunft und Ungeduld sind zwei besondere und wichtige Stärken der Jugend und trotz vieler Mitglieder in den 30ern seid ihr mit zehn Jahren immer noch jugendlich. Klar auch bei euch klappt nicht immer alles und es bleibt auch mal eine Kontaktanfrage unbeantwortet. Bei wem nicht?
Ultra ist die große Jugendbewegung unserer Zeit und für deutsche Ultras seid ihr garantiert die Triebfeder. Da mögen euch noch so viele Gruppen anfeinden oder behaupten, es sei nicht so, aber als ihr die Bühne betrat, da sprachen alle Gruppen noch von UltraS und waren kleine Haufen. Und heute sprechen alle von Ultrà, sind riesig, sind nach links gerückt und kopieren euch, wo sie nur können.
Klar habt ihr auch kopiert, da muss man sich nur italienische Gruppen ansehen. Und damit sind wir auch an der Zukunft angekommen.
Der Untergang der italienischen Fankultur muss jedem ein warnendes Beispiel sein. Und auch euch würden wir am liebsten ein Wort mit auf den Weg geben: Emanzipation. Emanzipation in ihrer klassischen Bedeutung. Das Bild einer Frau auf dem Zaun ging um die Welt. Nur leider habt ihr das nicht verstetigt. Ja, es ist ein Symbol. Aber niemand sollte die Kraft von Symbolen unterschätzen. Emanzipation aber auch von den Mechanismen des Ultra seins. Bestes Beispiel: Es musste der Weg hinters Tor gewählt werden und so wurde auch die Chance vertan auf einer der größten deutschen Stehtribünen etwas unglaubliches zu entwickeln. Nebenbei einer Tribüne, wo ihr nicht unter Business Seats stehen würdet. Ja, wir alle waren blauäugig, als wir glaubten, dass die einmal in der Süd geschaffenen Plätze wieder umgewandelt werden.
Daher unser Wunsch unser Geschenk für die nächsten Jahre: Neben der Hoffnung euch alle irgendwann wieder im Stadion zu sehen und nicht irgendwo draußen, würden wir uns wünschen, dass ihr wieder anders werdet, stellt alles bei euch auf den Kopf und bleibt führend und Vorbild für andere Gruppen. Sei es in Style, sei es in Gewaltfragen. Aber stagniert nicht! Stagnation ist Rückschritt!
Das Schlusswort gehört euch selber, denn es passt immer wieder:
„Wer es nicht fühlt, der kann es nicht verstehen.“
Kontaktverbot? Kann mich da mal bitte jemand aufklären? Das war leider „vor meiner Zeit“ als FCSP-Fan.
Mit Passanten wird nicht geredet! War aber nur kurz und soll bitte als lustige Anekdote verstanden sein. (Bevor das jemand falsch versteht)