oder
Dit und Dat im Sommerloch
Vorwort
Geliebte Leser, es ist Sommerpause. Zeit für Panikattacken (wir werden alle sterben, absteigen, Pleite gehen etc.) und für Sommerlöcher. Und wenn es ein Sommerloch gibt, dann darf Herr Wendt nicht fehlen. Und natürlich dürfen Spielerwechsel nicht fehlen. Und neue Sportchefs kommen. Und doch gilt der alte Spruch: Spieler kommen, Trainer gehen, nur St. Pauli bleibt bestehen.
Heute (31.05.2012) sind wir nebenbei genau ein Jahr mit einer Fanseite auf Fratzenbuch. 1.183 „gefällt mir“ Angaben sind so grob drei pro Tag, so dass wir in ungefähr 300 Jahren Justin Bieber eingeholt haben. Oder so ähnlich. Danke für jeden einzelnen Klick, zeigt es uns doch, dass sich einige Leute für unser Geschreibsel interessieren.
Tschüß, Mann aus London
Leider ist es in diesem Geschäft auch mal üblich, dass man sich nicht einigt. Und wenn man „weit“ in den Vorstellungen nach Gehalt und Laufzeit auseinander liegt, dann soll man sich nichts vormachen. Dann ist es besser sich noch mal die Hand zu schütteln, sich alles Gute zu wünschen und getrennte Wege zu gehen. Nun hatte Moritz Volz den Charakter hier ein Held zu werden, er wird es nun aber nicht und wird es wohl in seiner langen Karriere nirgendwo mehr. Wir wünschen einem sehr sympathischen Spieler, dass er bitte bitte keine Verletzungen mehr erleidet und noch irgendwo seine Tore bejubeln kann. Alles gute Volzy. Und falls dich London mal langweilt, komm mal in Hamburg vorbei.
Hallo, Mann aus Fürth
Unser neuer Sportchef ist für uns, die schon Probleme mit der Schreibweise von Bartels haben, wirklich eine Herausforderung. Rachid Azzouzi, herzlich willkommen auf Hamburg St. Pauli. Und bitte, bitte sieh uns jetzt schon nach, wenn dein Name mal in unsere Falschschreibmaschine gerät.
Ob und wie er an dem Erfolg von Fürth beteiligt war, wird niemand so richtig bemessen können und erfolgreich ist ein Spieler, Trainer, Sportchef immer erst dann, wenn seine Methoden bei mehr als einem Verein funktionieren. Ob dies bei Azzouzi der Fall sein wird, werden wir nun erleben.
Viele werden sich fragen, warum er in Fürth in dieser Situation aufgehört hat, aber vielleicht hilft ein Blick darauf, wer in Fürth eigentlich jedes Halbzeitinterview bestritten hat. Das war meistens nicht er, sondern regelmäßig der Präsident des Vereines. Und vielleicht sind es diese Kleinigkeiten, die einen überlegen lassen, ob man nicht auch mal woanders vollständig auf eigenen Füßen stehen will, denn unser Ehrenamtspräsidium neigt ja eher nicht zu sportlichen Pressekonferenzen.
Keine Zukunft für Nazis
Letztmalig rufen wir dazu auf am Samstag (02.06.12) dem sogenannten Tag der deutschen Zukunft entgegen zu treten. Nun ist die Teilnahme an Blockaden nicht jedermanns Sache, auch im Hinblick auf die nicht wirklich abschließend geklärte Strafbarkeit, aber jedem sollte es möglich sein im Rahmen des ihm möglichen IN WANDSBEK laut und deutlich den Nazis klar zu machen, dass sie sich mal gehackt legen können. Bildet Bezugsgruppen, lasst euch nicht verarschen, bleibt friedlich und sorgt dafür, dass diese Nazis keinen einzigen Meter weit ihre Propaganda verbreiten können.
Eine Teilnahme an der „bürgerlichen“ Demo empfinden wir eher als Muster ohne Wert. Wenn eine Demo gegen Rechts von Kräften mitgetragen wird, die doch das ideologische Feld des Rassismus bestellen, dann ist das eher nicht unser Platz.
Weitere Infos erhaltet ihr bei der Basch auf Fratzenbuch und bei dem Bündnis.
Keine Zukunft für Wendt
Gestern trafen sich die Innenminister der Länder und irgendwann in der Sommerpause treffen sich die Präsidenten aller Fußballvereine von Liga 1 bis 3. Gerade letzteres Treffen wird zu Änderungen für Fußballfans führen und sie werden uns nicht gefallen. Denn machen wir uns nichts vor, solche Treffen bringen immer irgendwelche populistischen Maßnahmen hervor.
Und in diesem Überbietungswettbewerb der Sicherheitsfanatiker muss man schon mit abstrusesten Vorstößen kommen, um noch eine Schlagzeile zu produzieren. Ein Meister in diesen Klassen ist Herr Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Herr Wendt zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er ein spannendes Verständnis von Demokratie und Zivilgesellschaft hat, was er bereits 2006 verdeutlichte, als er alle Menschen, die keine Steuern zahlen die Nutzung von öffentlichen Plätzen ausschließen wollte.
Nun fordert er also höhere Zäune, die Abschaffung von Stehplätzen und 100.000 Euro Strafe pauschal für „Ausschreitungen“ und will keine Runden Tische mehr, denn Zitat
„Polizei-Gewerkschafter Wendt ist gegen weitere Gespräche von Politikern mit Vertretern des Deutschen Fußball-Bundes (/DFB/) und der/Deutschen Fußball Liga/ (DFL). Bei der inneren Sicherheit sei es am Staat und nicht an DFB und DFL, die Spiegelregeln für empfindliche Geldbußen festzulegen. „Am Runden Tisch drehen sich die Teilnehmer meist nur im Kreis. Die Innenminister müssen sich endlich gegen die Borniertheit der Vereine und Ligen durchsetzen““ (nicht wundern, das ist ein Zitat im Zitat, liebe Leser. Zitiert nach diversen Zeitungen, die sich auf die DPA berufen.)
Stellen wir erstmal folgendes fest: Liebe Presse, Herr Wendt ist nicht „die Polizei“. Herr Wendt ist Vorsitzender einer von zweier Gewerkschaften, die meinen Polizisten zu vertreten. Herr Wendt ist damit nebenbei Interessenvertreter und das, liebe Medien, MÜSST ihr kennzeichnen und auch werten. Es kann nicht sein, dass Fanvertreter in Konjunktiven zitiert werden und Herr Wendt als „die Polizei“ und dann mit „die Polizei fordert“. Das ist einfach schlichtweg Volksverarschung (oh man, der Nichtbegriff Volk sei uns hier mal verziehen).
Oh, man kann Herrn Wendt beinahe mal Recht geben, denn „innere Sicherheit“ ist – wenn man denn Staaten als Konstrukt hier mal duldet – die ehrenvollste Aufgabe eines Staates und seiner Vertreter. Nur das er sich hier Fachwissen holt und mit Betroffenen (denn der DFB und die Vereine sind keine Täter, sie sind Opfer, Herr Wendt. Genauso wie 90 % der Opfer der Straftaten Fußballfans sind.) und sachnahen Kräften spricht, das nennt man in der Politik auch Expertenanhörung. Und da wird wahrscheinlich auch gerne mal die Deutsche Polizeigewerkschaft dran teilnehmen und auch teilnehmen wollen. Liebe Politik: Herr Wendt hat sich gerade selber ausgeladen. Gleiches gilt nebenbei für den Runden Tisch, lieber DFB. Nun gehen wir nicht davon aus, dass ihr die Polizeigewerkschaft eingeladen habt (warum auch?), aber falls doch: Ausladen, Fanvertreter einladen!
Nun könnte man noch seitenlang über das Demokratieverständnis des Herrn Wendt schreiben, denn es ist schon mehr als spannend, dass er anscheinend die Definitionsmacht für die notwendigen Maßnahmen ausschließlich bei der Polizei (und damit der Exekutive, den ausführenden Organen) sieht und nicht bei der Judikative. Es ist schon sehr bemerkenswert, wenn so jemand meint den Innenministern Tipps geben zu können. In einer Demokratie sollte das eigentlich genau anders herum laufen.
Achtung Exkurs!!!
Man kann und muss das natürlich auch mal im Kontext sehen, denn die Populisten kommen ja nicht aus den Löchern, weil in den letzten Wochen nix passiert ist. Und hier muss man auch mal die Fanseite betrachten:
Und hier hat es Fehlverhalten gegeben. Insbesondere aus dem Ultrabereich. Das muss man nicht kleinreden und das muss man auch sehen. Aber man darf auch nie vergessen in welchem Klima es zu diesen Fehlverhalten kommt. Wir haben es hier mit Jugendlichen bzw. Jungerwachsenen zu tun, die eine ständige Kriminalisierung sehen, die bei jedem Spiel von behelmten Kampfmaschinen empfangen werden, die sie nicht als Mensch sehen, sondern nur noch als Sicherheitsrisiko. Die an der eigenen Haut erleben, dass sie für Lapalien oder für nicht bewiesene Sachen Stadionverbote bekommen und sie sehen, dass sie niemand ernst nimmt. Und hier muss man die abgebrochenen Verhandlungen in der Pyrosache anführen. Es geht am Ende nicht darum Pyro wirklich zu legalisieren. Wenn man mit guten Argumenten am Ende nicht zu einer Einigung kommt, dann hat man seinen Gesprächspartner ernst genommen. Wenn das eigene (!!!) Gutachten aber zu dem gleichen Ergebnis kommt, wie das Gutachten der Gegenpartei und man dann in einem Basta sagt „Nö, wir wollen nicht“, dann nimmt man die Gegenseite nicht ernst und dann sieht die (gerade in einer nicht taktisch denkenden jugendlichen Logik) nur den Ausweg wilde Sau zu spielen. Hier ist viel Porzellan ohne Not zerschlagen worden. Und natürlich kann man die fehlende Selbstkritik von Ultras geißeln und die halbgaren Distanzierungen von Gewalt mehr als problematisieren. Wenn man jedoch mit Ultras spricht, dann wird schon deutlich, dass da eine Selbstreflektion, eine Diskussion stattfindet und das kann der aufmerksame Beobachter auch zwischen den Zeilen lesen, kann das auch an Neugründungen und Umgründungen von Gruppen erkennen, er muss es nur wollen. Allerdings nur sehr zart in der Öffentlichkeit, ist doch logisch. Aber eine Selbstreflektion der Polizei vermissen wir vollkommen und selbst ein zärtestes Pflänzchen erkennen wir nirgendwo.
Und dann muss man den Exkurs noch mal in einen zweiten Exkurs exkursieren. Ja, das wird jetzt ein ganz großer Bogen. Betrachten wir doch mal das Instrument des Stadionverbotest:
Und dann meint der DFB auf Drängen von den Wendts dieser Welt dieses Ersatzstrafrecht „Stadionverbot“ aufzubauen. Und mehr ist es einfach nicht. Man muss feststellen, dass es gescheitert ist. Als es eingeführt wurde, sollte es präventiven Charakter haben. Jemanden aber aus dem Hochsicherheitstrakt Bundesligastadion herauszuhalten und ihn damit schwerer kontrollierbar zu machen, in dem er vor dem Stadion steht, hat nicht wirklich einen präventiven Effekt. Durch die Solidarisierung der Gruppe und durch die teilweise vorhandene Anerkennung der Betroffenen (sozusagen „Kriegsverletzung mit der man prahlen kann“) wird das ganze ins Gegenteil verkehrt.
Sprich: Die eigentliche Wirkung wird schlichtweg verfehlt. Es bleibt der Ausschluss und Strafcharakter. Und um es mal deutlich zu machen: Es kann nicht Sinn des Privatrechtes sein Strafen zu erfinden, die bereits bei dem reinen Verdacht einer Straftat (!!!) und die ohne die Einhaltung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien (Unschuldsvermutung!) verhängt werden können. Das ist einfach Aufgabe der staatlichen Strafgerichte mit allen ihren Prinzipien. Man verstehe uns nicht falsch: Örtliche Hausverbote, wenn jemand sich wirklich daneben benimmt, sind vollkommen okay. Und wenn ein Gericht einem verurteiltem Gewalttäter einen Aufenthalt in einem Stadion begrenzt verbietet, dann ist das nicht schön, aber es ist eine – nebenbei schon jetzt – mögliche Nebenauflage, die eventuell selbst Sinn ergibt. Nur dann ist sie dort, wo sie hingehört. Im Strafapparat. Disclaimer: Damit soll der Strafapparat nicht unfehlbar und schon gar nicht als perfekte Lösung hingestellt werden.
Absurd wird es aber, wenn auf der einen Seite das Abbrennen von Bengalos zum Untergang des Abendlandes erklärt wird, ein Fan ein Stadionverbot von mindestens einem Jahr bekommen würde und nun Lambertz zwei Spiele gesperrt werden soll.
Man mag uns nun vorwerfen, dass dies nicht wirklich vergleichbar ist und klar, hier geht es einmal um Berufsausübung und einmal um Hobby. Aber wenn man bedenkt, wie Bengalos aufgehängt werden, dann ist es schon bemerkenswert, dass ein Spieler nur zwei Spiele Sperre bekommen soll und damit weniger, als z.B. jemand nach einer Schubserei, ein Fan aber für ein ähnliches Vergehen mindestens ein Jahr draussen sitzen soll.
Und nein, davon unabhängig ist natürlich die strafrechtliche Bewertung.
Neues Urteil zur Weiterreichung von Verbandsstrafen
Es gibt ein neues Urteil zur Weiterreichung von Verbandsstrafen und nach den Presseinformationen soll auch das LG Karlsruhe eine Weiterreichung prinzipiell erlaubt haben. Leider liegt der Volltext noch nicht vor und vorher sollte man sich nicht zu Urteilen äußern. Wenn dieser Text aber vorliegt, dann werden wir uns äußern.
Es setzen sich aber Menschen für die Kontrolle der Polizei ein …
http://www.amnesty-polizei.de/2012/05/gemeinsames-papier-zu-den-kriterien-fur-eine-unabhangige-kontrollinstanz-zur-untersuchung-von-polizeigewalt/