oder
Motzende Schlüssel
Vorwort
Liebe Leser, ich hatte Freitag das zweifelhafte Vergnügen ein Spiel im Raval verfolgen zu können. Nein, nicht zweifelhaft, weil das Raval irgendwie zweifelhaft ist, jeder weiß, dass dies die tollste Brasserie überhaupt ist. Aber zweifelhaft, weil man dann Sky gucken muss und den Kommentator hören muss. Der machte bei dem Wettbewerb „wie häufig kann ich „Kult“ in 20 Sekunden sagen außer Konkurrenz mit. Denn er wäre sowieso unschlagbar gewesen. Und das der Kult mal wieder mit mehr oder minder nackten Stripdamen visuell untermalt wurde, sagt ja wohl alles aus, oder? Da freue ich mich ja schon auf die JHV und die ganzen Leute, denen das alles nix ausmacht. Ich zumindest unterstütze den Antrag, den da ein Radsportler und ein AFMler eingebracht haben.
Aber heute soll es mal nicht um Fußball gehen, das wird ab morgen wieder unser Thema sein. Dann auch zu dem Dresdenverzicht mehr.
Staffeln nerven
Denn Samstag ging es nach Frankfurt. Nach dem ich noch bei einer geheimen Hochzeit den Zeugen und den Fotografen gegeben hatte, ging es entspannt mit dem IC und dem ICE nach Wiesbaden. Tja, während der IC pünktlich war, sorgte der ICE für einen kleinen Trainingslauf. Suche noch den Trainingsplan, der für einen Marathon am Vorabend „Laufen sie in Frankfurt im Vollsprint von Gleis 9 zu Gleis 23“ vorsieht. Gefunden habe ich ihn noch nicht, aber es gibt ihn garantiert. In Wiesbaden dann alles voller Mainzern und Bremern, aber schnell hatte ich mein Empfangskommando gefunden und schon ging es in die Stadt, welche sprichwörtlich die Polizei hasst.
Unser Nachtlager wie immer auf 5 Sterne Niveau. Das ich nicht schlafen konnte, lag eher an meinem Sprint und der allgemeinen Hektik der Reise. Doof ist es trotzdem und es wurde locker 1 Uhr alter Zeit, bevor ich ein Auge zudrücken konnte. Da kam die Zeitumstellung doch sehr gelegen.
Auch die Ernährung war nicht ganz optimal, denn statt Nudeln gab es indisch und eine dicke Torte, aber egal. Die Nacht war dann irgendwann viel zu schnell zu Ende und drei müde Menschen knabberten eher nervös tippelnd ihr Frühstück. Unser Gastgeber kniff dieses Jahr nicht und wollte die 4 fallen sehen. Ich die 5 und Schwesterherz war sich nicht so ganz sicher, aber irgendwas fallen, das musste ja.
Leicht nebelige, leere Autobahn bis Frankfurt, dann in die Schlange gestellt und relativ schnell einen Parkplatz bekommen. Das große Plus von Frankfurt ist und bleibt die Nutzung des Messegeländes, welches halt direkt an der Autobahn liegt. Die Parkgebühr in Höhe von 10 Euro für den Tag buchen wir mal unter „aber so gerade eben noch angemessen“.
Die Pendelbusse bringen einen dann schnell zur Messehalle, wo wir das übliche in Kloschlangen warten Spiel spielten, unterbrochen vom Wegbringen der Sachen. Das ganze war aber enger, als im Vorjahr, da merkte man schon, dass Frankfurt ausgebucht ist und dann an seinen Kapazitätsgrenzen arbeitet. Ich mag mir diesen Lauf nicht mit mehr Teilnehmern vorstellen. Und genau daran denkt der Veranstalter.
Auf dem Weg zum Start wurde der Rest der „Kein Sprint“ Truppe gefunden. Ist ja auch klar, ganz viele Leute, du hast 100 Wege zum Start und wir laufen uns ungeplant über den Weg. Gut für unseren Gastgeber, der so einen Triolauf machen konnte und so die 4 zerstören konnte. In meiner Welt gibt es leider keinen Mitläufer, so langsam ist niemand.
Ich stellte mich also hinten an und wartete auf den Start. Und bereits vor dem Start merkte man bei vielen Teilnehmern: Hier geht heute etwas! Das Wetter perfekt, weder zu kalt, noch zu warm, die Sonne mal da, mal weg, wenn es zu warm wird und die Strecke als schnell bekannt. Lustig in diesem Zusammenhang der Mensch, der unter @laufeninleipzig twittert und fragte, ob jemand ihm sagen könne, ob auf dem und dem Platz die Strecke drüber oder außen rum führe. Auf die Nachfrage, ob er vorne weg laufen wolle, denn man könne doch einfach dem vor einem hinterherlaufen, meinte er, nein er müsse das aber mental so planen. Das ist doch Vorbereitung. Ich lasse mich da eher überraschen.
In meiner Nähe stellte sich der 4:59 Minuten Ballonträger auf und ich überlegte kurz, ob ich mich direkt an den anhängen sollte. Ich schwankte, aber nachdem es am Mann mit dem Hammer vorbei ging, war der immer noch in meiner Nähe, als blieb ich erstmal hinter denen. Das sah auf KM 1 auch super aus, denn die liefen schön mit 6:57 und 6:45 an. Nur danach war das irgendwie nix mehr, denn dann kamen 7:46 und 7:10 und auch der nächste Kilometer begann wieder in einer Pace, die weit über 7:06 (das sind die 5 Stunden) lag. Sorry, das ist mir a. zu unrhythmisch und b. zu doll auf Endsteigerung gedacht. Ich musste gerade in dem 7:46 KM mehrfach abstoppen um dem vor mir nicht in die Hacken zu treten. Das ist es also nicht, also machte ich mich alleine auf die Reise. Es lief gut, nur diesmal war nahezu kein Publikum an der Strecke, so dass ich mich auch ein bisschen langweilte. 6:47, 6:45, 7:00 waren die nächsten Kilometer und gerade als ich dachte, dass ich einen entspannten Rhythmus gefunden hatte und eine Kleingruppe, die ungefähr mein Tempo anstrebte, da kamen von hinten die Staffeln an und brachten alles durcheinander. ES NERVT! Und alle Veranstalter sollten sich wirklich überlegen, ob Marathonstaffeln wirklich eine tolle Idee sind. Ständig wird man überholt, ständig weiß man nicht, wer wirklich mit einem noch Marathon läuft und es können auch keine zusammen laufenden Gruppen entstehen, weil immer wieder ein Staffelmob den Platz auf der Straße beansprucht. Und so geht das bis ca. Kilometer 30 bis der Großteil der Staffeln vorbei ist.
Genervt wie ich war, hilft nur Musik auf die Ohren. Vorteil: Ablenkung Nachteil: Ich werde ein kleines Stück zu schnell. Egal. Bestzeit oder Tod! Zwischen KM 10 und 15 pendelte ich also irgendwo zwischen 6:45 und 7:00. Nach KM 10 hat man auch das Gewirr in der Innenstadt hinter sich gelassen und läuft nun in einem großen Bogen raus in Richtung Höchst. Ich lief relativ locker und der HM war in 2:26:38 absolviert. Bis hierhin noch ganz ohne Gehpausen. Die erste kurze Gehpause absolvierte ich nach dem Durchlauf bei KM 25 und daher war der 26. Kilometer auch der erste, der sich deutlich von der 7:06 Marke nach oben entfernte. Der Plan war nun sich irgendwie mit Gehpausen alle 5 Kilometer ins Ziel zu schummeln. Denn meinem Körper ging es eigentlich gut. Ein kurzes Magengrummeln wurde durch einen Dixibesuch behoben, welcher mir zwar gut 3 Minuten kostete, aber halt mal sein musste.
Danach ging es bis Kilometer 30 gut in 7:06 bis 7:16 pro Kilometer weiter. Leider mit wirklich sehr sehr wenig Publikum an der Strecke, das war letztes Jahr doch mehr. Immerhin wurde ich bei jeder Moderationsstation namentlich genannt und das motiviert, da kann man sagen, was man will.
Bis KM 30 ging es mir außer langsam schwerer werdenden Beinen eigentlich super, aber dann erwischte mich volle Elle der Hammer. Mein Körper streikte kurz, mir wurde beim laufen kalt und ich entschied, dass Cola und eine Gehpause sinnvoll wären. Auch störte die Musik in den Ohren plötzlich und ich beendete sie daher sofort. Kilometer 31 wurde daher nur in 8:51 absolviert. Ich gab schon die Hoffnung auf eine Bestzeit auf, aber irgendwann begann die Cola zu wirken und ich konnte wenigstens immer wieder längere Strecken traben. Bis Km 37 blieb ich immer wieder unter 8 Minuten und zwar waren die 5 Stunden damit weg, aber ich hatte immer noch eine realistische Chance auf die Bestzeit. Ich hatte nun auch zwischendurch mal jemanden zum schnacken gefunden und die gemeinsamen Kilometer gingen außer extraschweren Beinen doch noch ganz gut von der Hand. Bei Kilometer 39 und 40 hatten dann aber meine Beine doch mehr als genug und begannen komplett zu streiken. Eine kurze Dehnungspause und dann ging es auf den Rest. 8:16 für KM 41, 7:58 für KM 42, das Ziel näherte sich. Die letzten 1.000 Meter, dann aber wirklich mit dem ständigen Blick auf die Uhr und immer wieder der Selbstanfeuerung „Du hast noch 9 Minuten für 1.000 Meter, du hast noch 8 Minuten für 900 Meter…“. Gefühlt war dieser letzte Kilometer mindestens 10 Kilometer lang, aber dann hörte man auch schon die Musik aus der Festhalle. Und das ist DAS Highlight von Frankfurt, der Einlauf in die Festhalle. Die Leute brüllen einen an, die Musik, das Licht, auch die Cheerleader (ja, hier passt das), das bringt einem nach einem Marathon Gänsehaut. Die Uhr blieb bei 5:14:34 stehen und ich hatte meine Bestzeit um 108 Sekunden verbessert.
Bemerkenswert ist noch folgendes: Morgens haben wir noch gewitzelt, dass falls ich es schaffe mit 4:59:XX in die Festhalle zu laufen, dass ich dann vor dem Ziel stehe um genau mit 5:00:00 über die Linie zu laufen, das hat nicht ganz geklappt, aber meine Bruttozeit (das ist vom Startschuss gerechnet, aber in meiner Zeitgruppe braucht man gut 15 Minuten bevor man losläuft, daher gibt es immer auch eine Nettozeit, welche wirklich zählt)) ist genau 5:30:00.
Der zweite Halbmarathon in 2:47:57, was mein schnellster 2. Halbmarathon in einem Marathon ist. Okay, ich breche immer noch heldenhaft ein, weil mir auch im Training die Konsequenz bei den langen Läufen fehlt, aber daran kann man ja arbeiten und ich bin so super zufrieden. Die fehlenden 14 Minuten knabbere ich dann 2012 weiter ab. Wobei: Ich bin bisher nur in Frankfurt schneller als 5:36 gelaufen und ich laufe nächstes Jahr Frankfurt nicht. Ich muss also auch mal auf anderen Strecken schneller werden. Helgoland in Bestzeit? Das wäre doch mal ein Brett.
Jubel, Beckerfaust, Adrenalin und kurz hat man sämtliche Schmerzen vergessen. Normalerweise lässt man sich nun fröhlich eine Medaille umhängen, strahlt von A nach B und freut sich. Nur leider hatte der Veranstalter nicht genügend Medaillen am Start, so dass es viele lange Gesichter gab. Und ganz ehrlich: DAS IST MEGAPEINLICH! Bei Facebook hat man versucht sich zu entschuldigen und in einer Antwort eine Nachlieferung versprochen, aber auf der offiziellen Homepage oder als wirklichen Eintrag bei Facebook findet man dies nicht (Stand 1.11.11) und auf eine persönliche Mail wurde bisher auch nicht geantwortet. Das ist beschämend und mit nichts zu rechtfertigen. Wenn man seit Wochen ausgebucht ist, dann muss man genügend Medaillen am Start haben. Und falls dies aus irgendwelchen Gründen mal nicht klappt, dann ist sofortige, schnelle und umfangreiche Information oberste Veranstalterpflicht.
Ganz ehrlich: Das zieht die ganzen tollen Helfer absolut in den Dreck. Die haben sich an den Getränkeständen so zerrissen um uns allen zu helfen, die Flasche wurde blitzschnell aufgefüllt und jeder Helfer hatte ein aufmunterndes Wort auf den Lippen, alleine diese Helfer hätten eine vernünftige Orga der Medaillen verdient.
So genug gemotzt. Ansonsten war es klasse, danke Frankfurt, danke an alle ehrenamtlichen Helfer. Wir sammelten nun unseren Mitfahrer wieder ein, der zwar der schnellste von uns war, aber so auch Zeit hatte, sich festzuquasseln. Egal, schnell war er gefunden und wir waren auf der Autobahn.
Irgendwann fuhr ich dann und Schwesterherz und ich können doch nicht ganz leugnen verwandt zu sein, denn auf der Autobahn können wir doch beide sehr über den Verkehr fluchen. Schwesterherz sollte zwischendurch schon www.siemotzt.de genannt werden. Und ich dann magischermotzer?
Kurz hinter Kassel dann die obligatorischen Burger und das obligatorische alkoholfreie Bier. Der Rest der Rückfahrt wurde versabbelt und unser Mitfahrer fand auch seinen Schlüssel. Am Dienstag. Gut, dass er einen Ersatzschlüssel bei Nachbarn hatte.
In den ganzen Berichten der einzelnen Teilnehmer kann man sehen, dass so ein Marathon viele Helden gebärt, aber auch ganz viele persönliche Enttäuschungen. Einige laufen so einen Marathon super rund, fühlen sich toll, laufen Bestzeit. Andere laufen, verkrampfen, der Magen spielt nicht mit, die Taktik klappt nicht und leiden. Stellvertretend für all diese Erlebnisse habe ich ein paar Blogbeiträge am Ende dieses Berichtes verlinkt.
Noch etwas ist bemerkenswert: Man läuft einen Marathon und weiß am Ende nicht, wer eigentlich gewonnen hat. In Frankfurt war derjenige eigentlich gleich die ärmste Sau. Denn Wilson Kipsang lief wahrscheinlich das Rennen seines Lebens und verpasste den Weltrekord nur um 4 Sekunden. Und wie meinte ein Mitläufer so richtig: Der wird sich richtig ärgern, denn wenn er knapp einen neuen Weltrekord läuft, dann bekommt er die Prämie und der in Berlin hat sie schon bekommen und ärgert sich nicht ganz so, dass sein Rekord wieder Geschichte ist. So bekommt er keine.
Cool nebenbei auch Fr. Mockenhaupt, im Ziel zusammenklappen, aber im Fallen wie in Trance die Uhr stoppen. Das nennt man dann wohl Reflex. Immerhin ist sie mit der Zeit bei den olympischen Spielen dabei. Glückwunsch dazu.
Die Marathonsaison 2011 ist vorbei, die Wintersaison beginnt. Der Hagener Lümmellauf ist gebucht und nach Oldendorf wird es auch wieder gehen. Mal sehen, was sonst noch so läuft. Ziel von mir ist es allemal sehr viele lange Strecken zu laufen um einfach mein Durchhaltevermögen etwas weiter in Richtung 42 Kilometer zu verschieben. 2012 sind Helgoland, Berlin und New York fest gebucht. Ich hätte gerne noch einen weiteren Marathon im Frühjahr und hoffe darauf, dass wir Hansa nicht an einem Sonntag empfangen (dann ginge Hannover). Vielleicht kommt es aber auch ganz anders. Ihr werdet es hier lesen.
Hier nun die Berichte, die ich bisher gefunden habe:
Robert mit einer minutengenauen Beschreibung seines Laufes.
Schwesterherz muss ich nicht weiter erwähnen, oder?
Btw: Schwesterherz: Können jetzt mal bitte alle Facebooknutzer ungefähr hier „Gefällt mir“ klicken? Dankeschön!
Und ein Erstläufer (Auf Englisch)
Und zum Abschluss der beste Ausblick des Laufes
Frühjahrsmarathon? Düsseldorf – St.Pauli wird eh ein Montagsspiel, also laufen wir beide gemeinsam in Freiburg. Ähm also jeder für sich in seiner Zeit versteht sich. 😉