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I’m at…

oder

Alles kann, nix ging

Vorwort

Liebe Leser, wenn man bloggt, dann gehört dazu eine sehr große Portion Egozentrik. Mal ehrlich: Niemand wartet auf mehr oder minder belanglose Blogs. Daher wirkt es immer albern, wenn man etwas schreibt, was so klingt, als ob man sich über die Egozentrik von anderen lustig macht. Trotzdem bleibt mir heute nix anderes übrig, als den Bericht als eine Reihe von fiktiven Foursquare Meldungen aufzubauen, weil gestern bei dem Versuch eine Karte über ein soziales Netzwerk zu vermitteln, ich eigentlich nur in diese Meldungen gelaufen bin. Für Leute, die soziale Netzwerke nicht benutzen: Foursquare ist ein „standortbezogenes soziales Netzwerk“ (Wikipedia), wo sich Leute in Orte, wo sie sich gerade befinden „einchecken“ und dies dann gleichzeitig auf anderen sozialen Netzwerken mitteilen können. Und dies auch extensiv machen. Diese Meldungen beginnen dann immer mit dem typischen „I’m at…“ und dann einem Link auf Foursquare. Post Privacy ich hör dich trapsen, wofür brauch man Telefondaten, wenn Menschen von sich Bewegungsprofile und Krankheitsbilder anlegen? Das ganze mag auch einen Nutzen haben, ist aber auch irgendwo zwischen nervig und lustig, wenn das zu häufig und zu kleinteilig wird. So checkte sich gestern ein User kurze Zeit nacheinander im Kartencenter, im AFM Container und im Millerntor ein. Also wenn dann richtig, dann auch bitte „I’m at Millerntor, Eingang, zweiter Ordner von links“, dann I’m at Millerntor, Klocontainer“, dann „I’m at Millerntor dritter Bierstand von links Gegengerade und dann zu guterletzt „I’m at Gegengerade, zweiter Wellenbrecher von oben“. Daher jetzt ein Bericht in fiktiven Foursquare Meldungen. Und natürlich dem dazugehörigen Geschehen des Tages.

Fanfreundschaften

I’m at Fanladen – Tresen with Fanladenhoschis. Der Tag begann im Fanladen und es folgte ein langer Dialog, der irgendwann auch die Sonderzugfahrt nach Dresden umfasste. „Ja zwei Sonderzüge, zwei Partywagen und du organisierst die [Getränkeversorgung].“ sagt der eine Hoschi. „Na super, das wird ein ziemlicher Stress.“ Der andere Hoschi grinst sich einen, nickt und sagt nur „Ich bin da leider nicht da.“ Ich glaube das muss man ihm wohl als Feigheit vor dem Feind auslegen, oder? Nun ja, seine Strafe folgte ja auf dem Fuße, hatte er die Wohnung doch voller Düsseldorfer. 😉 Okay, zwei Sonderzüge 1400 Plätze und das ganze ohne nennenswerten Aufenthalt in Dresden? Ich glaube ich suche schon einmal hiermit Freiwillige für den Tresendienst und als DJs. Meldet euch einfach bei meiner Kontaktadresse.

Paramat Bremen behauptete, dass sie 10 Jahre alt werden! Vor 10 Jahren waren die zwar alle noch Werder Bremen Kutten, aber falls diese Behauptung stimmt: Alles Gute und haltet die Ohren steif. „Kein Style, trotzdem geil“ ist immer noch einer meiner Lieblingsfanladenaufkleber und ich freue mich immer noch, dass der als Fliese nach dem Umzug in Fanräume weiterlebt. Immerhin ist schon das Motto gefunden für die Dresden Fahrt. Oder war irgendwer gegen „Faust des Westens“? (Achtung, das ist ein Witz!)

I’m at Fanladen – Keller Fanräumelager. Das packen beginnt. Ich mache sehr ungerne Stand. Das liegt alleine schon daran, dass an Spieltagen meine Konzentrationsspanne gleich Null ist. Und dann sabbeln mich am Stand auch zu viele Leute zu, als dass ich wirklich eine Hilfe bin. Taschen eingeworfen, restlichen Kram eingeworfen und ab zum Auto, weil das ganze zum Stadion gefahren werden sollte.

I’m at Heiligengeistfeld – schlechtgelaunter Parkplatzeinweiser. Ja, der war wirklich schlecht gelaunt, musste er die Autos doch anders stellen, als er wollte. Und das passte ihm gar nicht. Aber immerhin hatte ich so den perfekten Parkplatz für meine Zwecke und nur das zählt. Nix anderes.

I’m irgendwo im Viertel. Fußmarsch durchs Viertel, überall Fortunen und braun-weiße. Alles super entspannt und so sollte Fußball sein. Die Fortunen wie immer: Voll, lustig, sometimes antisocial und ein bunter Querschnitt der Gesellschaft. Aber Aggression oder ähnliches habe ich den ganzen Tag nicht mitbekommen. Ich rede garantiert nicht einer allgemeinen Fanfreundschaft das Wort, denn auch bei der Fortuna gibt es genügend Vollidioten, aber es gibt sehr viel wenige sympathischere Szenen als die. Und einem Montag Gästeblock und Business Seats zu füllen und einen fetten Alarm im Gästeblock zu machen, das hat was. Nebenbei: Lieber Verein, wenn es irgendwann auf der Haupttribüne knallt, dann ist das schlichtweg eure Schuld. Wie kann es sein, dass da wieder ein riesiger Block Fortunen rumhängt und abfeiert. Klar, bei der Fortuna geht das, auch weil eine riesige Grundsympathie zwischen den Fanlagern besteht, aber gegen Frankfurt/Dresden/Braunschweig etc. sehe ich schwarz. Und man erzähle mir nicht, dass da kein Mob präsent sein wird.

I’m at Hin und Veg üblicher Tisch, übliches Essen, übliche Leute. Ne nicht ganz, denn wir hatten Zuwachs bekommen. Das Essen lies auf sich warten und so verzapften wir Blödsinn. Die Frage, wann wir unseren Lappen wieder aufhängen, wurde beantwortet, als H. vorschlug doch soviel Pyros zu zünden, dass wir nicht nach Dresden fahren dürfen. Dann würden wir unseren Lappen für sie umgedreht wieder aufhängen, so lange bleibt er aus Aberglaube zu Hause. Karten wurden verteilt, Essen vertilgt, alles versucht alle Aberglauben einzuhalten. Daher auch:

I’m at Hin und Veg, Männertoilette. Die beklebteste und gleichzeitig sauberste Toilette der ganzen Schanze. Hier hat sich ungefähr jeder einen geklebt, aber trotzdem ist das Klo super sauber. Und hier wird sich rituell umgezogen und die Ringelsocken (Aberglaube vorbei) angezogen.

I’m at Hin und Veg, Nachspeise. Die musste etwas unter Zeitdruck eingenommen werden und der Mann, den sie das Gehirn nennen, stoppte auch schon, wie lange man brauche, aber dann war das auch durch und es ging wieder durchs Viertel.

I’m at Fanräumestand. Verkauf lief ganz okay, auch wenn man die Füllung drin lassen muss (Insider) und ich es auch noch deutlich verkackte. Viele spannende Gespräche geführt, ein paar Sachen erläutert und vieles Internes so nebenbei geklärt. Was erstaunlich ist: Wir bauen Fanräume am Ende auf Buttons und Schlüsselanhängern, denn das verkauft sich immer noch wie blöde.

I’m at Eingang zum Stadion. Schnell rein, kurz in die Nord um eine Karte abzuholen und dann:

I’m at meinem normalen Wellenbrecher. Das in meiner Familie Gedankenübertragung funktioniert, sieht man daran, dass Schwesterherz eine SMS mit „Bring Bier mit“ schreibt, ich die nicht lese, ich aber trotzdem Bier mitbringe. Passt also.

Höhepunkte an diesem Tag waren ab jetzt dünn gesät. Der Krankenschein für die Düsseldorfer Fanszene war einer davon (ganz großes Tennis und wird garantiert auf unzähligen Fotos zu sehen sein; das in die Gegenrichtung sausende Auto ging irgendwo mit einer Panne unter), ein anderer war die Bibertapete, die einfach und trocken nur ein „Alles kann, nix muss“ in Richtung Lost Boys vorschlug.

Ich finde es beachtlich, dass dieser Dialog nun schon gut 10 Jahre immer wieder am Laufen gehalten wird. Und ich erzähle ihn nun einfach mal nach: Fing es irgendwann mal mit „Wat is jetzt mit die Bumserei?“ an (boa, das ist noch der alte Gästeblock in der alten Süd), entwickelte sich daraus im Anschluss ein Dialog mit viel Drama und viel Sex. Ein freudiger Biber, der „Erster“ verkündet und ein ähm, ja, wie soll ich sagen, leicht besudelter Cartman oder ein „Nur mit Gummi, ihr knattert ja mit jedem“ und dem CFHH Männchen in einer Dreierbeziehung (Düsseldorf), dann ein „Europa wir kommen“ der Biber (Das war die Pokalsaison), was wieder mit eine „In Europa fickt euch keine Sau“ plus einer „Swinger Club Mitgliedskarte Uefa; Mitglied seit 1973“ (von den Düsseldorfern) gekontert wurde. Dann ging man Jahre auseinander, weil die Vereine sich in unterschiedliche Ligen bewegten und nach Jahren begrüßte man sich mit einem fröhlichem „Endlich wieder ficken“ (Biber). Die Fortuna konnte uns im Rückspiel dann nur noch in Richtung Liga 1 verabschieden und meinte „Bereitet schon mal alles vor“ inklusive gefesseltem Geißbock. Tja, hat nicht wirklich alles so geklappt und daher traf man sich nun zwanglos wieder. Bilder siehe die Fratzenbuchseite der Biber.

Und damit waren auch alle Höhepunkte erzählt. Seien wir mal ehrlich: Natürlich ist Düsseldorf eine – formulieren wir es mal neutral – mit allen Wassern gewaschene Truppe, aber wir haben uns davon auch viel zu schnell aus dem Konzept bringen lassen und haben uns viel zu schnell drauf eingelassen. So einem Spinner wie Rösler sagt man einmal deutlich, dass er sich mal Stollen unterschrauben soll, damit er nicht immer hinfällt und gut ist. Unsere Mannschaft investiert da aber viel zu viel Kraft rein. Und man muss im Mittelfeld auch viel laufbereiter, viel präsenter sein. Es kann einfach nicht angehen, dass bei allen drei Toren Spieler lange Dribblings machen können und ein Spieler von uns hinterher läuft. Da muss auch mal das taktische Foul kommen. Und da muss auch der Rest der Mannschaft mit nach hinten arbeiten. Aber an dieser Aggressivität, an diesem unbedingten wollen, dies fehlt der Mannschaft einfach komplett. Düsseldorf war nicht unschlagbar, aber sie waren einfach deutlich besser heute. Und wie gegen Aue ist das umso erstaunlicher, weil wir gut beginnen und auch in Führung gehen, aber nach der Führung schlafen wir komplett ein und betteln regelrecht um den Ausgleich. Das kann nicht sein. Nachsetzen ist eine Floskel, aber das versäumt unsere Mannschaft komplett. Aue wie Düsseldorf zeigten uns deutlichst die Grenzen auf, weil sie einfach uns ausliefen und auskämpften. Und beides tut am Millerntor immer noch sehr weh. Nebenbei haben Düsseldorf und Aue eine Fanfreundschaft.

Was mir diese Saison am Millerntor gefällt ist, dass die Stimmung und der Support immer dann noch mal anschwillt, wenn wir in Rückstand geraten. Das hat gestern nun so gar nix gebracht und der Funke ist so gar nicht übergesprungen, aber mir gefällt diese Publikumsreaktion. Was ich schade finde ist, dass sich kreative Ideen und lustige Rufe so gar nicht mehr durchsetzen. Das gestrige „Meyer mach die Nuss“ von hinten gerufen, hatte eigentlich alle Qualitäten, sich durchzusetzen. So bleibt leider auch unsere Idee, doch nach Rostock mit einem neuen Freundschaftsschal „Hansa – St. Pauli / No one likes us, we don’t care“ zu fahren, eine Idee. Ich würde nur gerne mal die Gesichter der Rostocker sehen, wenn denen plötzlich ein ganzer Block mit solchen Schals gegenüber steht.

Zu Recht fragte heute jemand im Forum, wie antiseptisch unser Stadion noch werden soll. Denn wenn wir schon das werfen von Klopapierrollen, die sich abrollen (!!!) diskutieren und verdammen und es eine offizielle (!!!) Anweisung gibt, dass niemand mehr den Gegengeradenzaun nach dem Spiel besteigen darf, dann fragt man sich: Wann müssen wir endlich alle sitzen und dürfen nur freundlich während der Unterbrechungen in die Hände klatschen? Wenn hier nicht bald irgendwann gegengesteuert wird und nicht irgendwann Leute mal einsehen, dass Fußball und Fußballfans auch ein bisschen was mit Rebellion und Anarchie zu tun haben, dann sehe ich schwarz.

I’m back at Fanladen, auspacken, die Kassenwärtin nach Hause fahren, auf einem Zebrastreifen unterschreiben und ins Bett. Und Capo, wir müssen reden.

5 Kommentare

  1. Armin Armin

    Notiz an mich: Norbert nicht am Fanräume Stand vollabern, einfach zahlen und gehen.

  2. Notiz an Armin: Mich volllabern, mache die nächsten Spiele keinen Stand 🙂

  3. Holger Holger

    Betrifft HT : Wie beschrieben war es auch im letzten Jahr in H3 . Bloß da hat sich keiner aufgeregt. War ja erste Liga !!
    Vor und hinter einem rum hüpfende Schalker, Dortmunder oder Frankfurter inkl Bierduschen.. Wenn man die Ordner darauf angesprochen hat,heisst es nur, lass Sie mal Feiern und wir sind ja schließlich auf St. Pauli. Es hat genervt

    Ansonsten. Weiter so , Norbert !

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