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Michael, vollende es!

oder

Der irgendwie Unvollendete

Ein offener, fiktiver Brief

Lieber Michael,

nun bist du nicht mehr Nationalspieler. Und irgendwie endet ein weiterer Teil deiner Karriere unvollendet nach 98 Länderspielen. 98 Länderspiele ist eine extrem undankbare Zahl. Denn erneut verpasst du einen Meilenstein ganz knapp. 100 Länderspiele in der deutschen Nationalmannschaft machen einen Spieler unsterblich. Er ist auf Jahrzehnte in aller Munde und gehört zu einem exklusiven Kreis, dem zur Zeit nur 8 Spieler angehören. Und da gehörst du eigentlich hin, Michael.

Über deine Fähigkeiten und deine Nichtfähigkeiten ist viel geschrieben worden in den ganzen Jahren und Kritiker haben dich immer wieder darauf reduziert, dass du kopfballstark bist und einen sehr guten Abschluss hast (nebenbei beidfüssig). Klar, kann man einen Spieler drauf reduzieren, aber ich glaube ungefähr 18 Bundesligatrainer hätten gerne einen Mittelfeldspieler, der diese beiden Fähigkeiten in Perfektion hat und beidfüssig ist. Und läuferisch hat dir in deiner Karriere sowieso nie jemand was vorgemacht. Nein, es gibt bessere Techniker, es gibt größere Leader, auch Leute, die ein Spiel besser dirigieren können, aber hey, nicht einmal Messi kann alles. Die Kombination deiner Fähigkeiten machen dich alleine zu einem Weltklassespieler.

Trotzdem wirst du am Ende deiner Karriere bei keinem Verein die 13 aufgehängt bekommen. Kein Verein wird dich als ewigen Held führen und auch in der Nationalmannschaft gehörst du eben nicht zu diesem Kreis der jetzt 8 Spieler. Aber Schweinsteiger, Podolski und Lahm werden es bald tun. Und das ist gemein.

Du bist häufig gewechselt, etwas, was ich immer für falsch halte, weil ich immer denke, man sollte in seiner Fußballerkarriere irgendwann mal sesshaft werden, aber das ist meine persönliche Meinung, du hast das anders gesehen. Du hast viele Titel gewonnen, bist in England und in Deutschland Meister geworden und viele andere Titel errungen. Nur der große Titel, der internationale Titel, der fehlt. Das geht vielen großen Fußballern so, insoweit ist das eigentlich nicht weiter tragisch, aber wenn man wie du in insgesamt vier großen Finals gestanden hat (ich zähle 2002 trotz der Sperre mal mit) und dann doch immer wieder den Pokal nur in den Händen des Gegners gesehen hat, dann ist das bei einem so großen Spieler einfach nur brutal und prägend. Und wenn man dann noch erinnert, wie Chelsea den Champions League Titel 2008 verloren hat, dann weiß man, dass sich der Fußballgott anscheinend gegen dich verschworen hat. Ich glaube, du wusstest in diesem Moment, dass diese Chance nie wieder kommen wird. Das Gemeine dabei, das verlinkte Foto ist für mich immer noch eines der besten Sportfotos ever.

Daher wird immer von dir als ewiger Zweiter oder als Unvollendeter gesprochen und leider stimmt es. Da helfen die großartigen Spiele, die Titel, das alles hilft nicht. Nah dran und dann doch nicht, das prägt deine Karriere. 98 Länderspiele sind eben nicht 100. Vizeweltmeister, Vizeeuropameister und Vize-Champions League Sieger haben eben alle dieses gemeine „Vize“ davor.

Und nun dieses Tamtam um deinen Abschied in der Nationalelf. Irgendwie ist das auch mies. Der Nationalmannschaftskapitän wird nicht nur in Deutschland, aber gerade auch dort, komplett überhöht. Und daher können Kapitäne nur sehr schwer angemessen aus der Nationalelf verabschiedet werden. Sie werden meistens unwürdig abgesägt, auch weil die meisten nicht merken, dass sie zwar noch ein guter Spieler, aber eben nicht mehr der Leader sind. Ich behaupte mal, wenn du nicht Kapitän gewesen wärst, sondern nur ein „normaler“ Spieler, dann wärst du schon lange wieder berufen worden, wenn auch vielleicht nur als „Ergänzungsspieler“, denn das der Nationalelf ein erfahrener kampferprobter Spieler ab und zumal gut tun könnte, das wird niemand abstreiten. Aber als Kapitän hat man diesen Alles oder Nichts Anspruch. Und alles, nein so dominant bist du auf deiner Position nicht mehr. Insgeheim wirst auch du sehen, dass Schweinsteiger und Khedira einen Klasse Job auf deiner Position machen. Und nur als Ergänzungsspieler? Du würdest es vielleicht akzeptieren, aber sowohl Jogi, als auch du wissen, welche mediale Aufregung dies geben würde.

Ich weiß nicht, wer lügt, ich weiß nicht, was du mit Jogi besprochen hast. Aber dieses Kommunizieren über Pressemitteilungen, das ist doch Scheiße, Michael. Du willst ein Leader sein, du hast doch den Anspruch ein Leader zu sein, da muss man auch mal dahin gehen, wo es weh tut. Und das eben nicht nur auf dem Spielfeld. Fahr in den Schwarzwald, brüll meinetwegen Jogi zwei Stunden lang an, aber dann solltet ihr alle über euren Schatten springen und wenn es dann nach mir ginge, dann solltest du die zwei Länderspiele noch machen. Vollende mal etwas, mache dich mal zu einem vollständigen Gewinner. Ich würde es dir von Herzen gönnen. Die beleidigte Leberwurst steht einem so großen Spieler nicht.

Oder vielleicht bezahlt dich der Fußballgott doch noch und du gewinnst mit Bayer die Champions League.

Hessens Innenminister fordert ein absolutes Alkoholverbot in Stadien

In einem Interview mit der Bildzeitung ein absolutes Alkoholverbot in Stadien gefordert. Bildzeitung? Hessens Innenminister? Ja, das bürgt für Qualität (daher auch der Link auf 11 Freunde). In diesem Interview zeigt Herr Rhein erstmal, dass er und sein Stab keine Ahnung haben, weil sie pauschal Ultras für Gewalt und Homophobie (!!!) verantwortlich machen und für einen Männerkult (leider ist der damalige Aufruf von Ultra Femminile nicht mehr im Orginal zu finden, man scrolle bei dem Link mal ein bisschen). Das ist schon mal ein Hammer. Nein, ich will das Gewaltproblem von Ultras nicht kleinreden, auch nicht die weit verbreitete Homophobie unter Fußballfans und Ultras. Auch sind jugendliche Männer in Gruppen IMMER und schon seit Jahrzehnten problematisch. Aber mit der Pauschalkeule wird man diese Probleme nie in den Griff bekommen. Ich habe genügend Gewalt und insbesondere auch Homophobie von „anderen“ Fussballfans mitbekommen. Vielmehr müsste man die positiven Ansätze mal fördern, auch mal lobend erwähnen, sich mit dieser Kultur wirklich mal beschäftigen und gut und böse wirklich trennen. Dann könnte man vielleicht mal was ändern.

Und dann kommen wir zum Alkoholverbot. Ja, auch ich finde Alkohol in Stadien eher problematisch. Das hat weniger was mit Gewalt zu tun, als mit der Suchtförderung und der pauschalen Behauptung „es gehöre dazu“. Das stört mich. Mich stören auch die ständigen Vollsufftypen, die einfach nerven, der Sexismus, die Homophobie, die häufig genug von diesen Typen ausgeht. Nur die meisten davon sind „ganz normale Fußballfans“, wenn wir Herrn Rhein fragen würden. Ich habe auch viel dagegen in immer mehr öffentlichen Räumen Alkohol zu verbieten. Denn das Problem, dass viele Leute die 3 Stunden Stadionbesuch anscheinend für Alkoholkonsum brauchen, das bekommt man so nicht in den Griff.

Hinzu kommt: Gewalt bekommt man damit nicht in den Griff. Die „harten“ Gewalttäter nutzen sowieso lieber andere Drogen und die Massenphänomene der Aufregung und des Hochschaukelns passieren auch bei Demos, wo alle nüchtern sind. Man muss sich darüber einfach nur mal klar werden. Und man muss sich darüber klar werden, dass man dies nicht durch Repressionen löst. Und auch nicht wildgewordene BFH Einheiten die Lösung sind. Das Phänomen bleibt, geht vielleicht weg vom Fußball oder vom Stadion, aber es bleibt. Die Lösung liegt für mich ganz woanders, sie ist aber nicht Bildzeitungsfähig.

Und noch etwas: Alkohol ist seit langem in deutschen Stadien verboten. Das ganze ist ein Verbot mit einem Genehmigungsvorbehalt. Es ist also etwas einfaches für Herrn Rhein in seinem Verantwortungsbereich die Polizei anzuweisen diese Genehmigungen pauschal nicht mehr auszusprechen. Warum er dies nicht tut? Ganz einfach: Weil dann die Bildzeitung plötzlich ganz anders reagieren würde. „Rhein verbietet uns das Bier zum Fußball“

Ich denke die Lösung des Problems liegt ganz woanders. Nämlich in einer radikalen Abkehr von Repression, in einer radikalen Abkehr von Polizei und Zäunen. In einer radikalen Hinwendung dahin, Ultras, Jugendliche und Fußballfans an sich ernst zu nehmen, einzubinden und auch in die Pflicht zu nehmen. Aber nicht pseudomäßig und ohne Geduld. Sondern wirklich.

2 Kommentare

  1. Ich muss ja zugeben, dass ich diese ganze Ballack-Diskussion nicht verstehe.

    Zur N11 wird man nominiert. Das heißt: Alle nominierten sind dabei, alle nichtnominierten eben nicht.

    Das heißt auch: Es gibt keinerlei Recht/Anspruch/Whatever auf Teilnahme oder so.

    Wenn der Trainer einen Spieler für nicht nominierenswert hält, ist das so und der Spieler möge sich damit abfinden.

    Und ob man dann früher mal wichtig war, oder Kapitän, Leistungsträger oder wasauchimmer, das zählt nichtmehr. Nominiert wird (hoffentlich!) nicht aufgrund zurückliegender Leistung, sondern aufgrund von Leistungserwartung.
    Spieler, die bei Ihren Forderungen auf die Leistungen der Vergangenheit verweisen zeigen damit doch primär, dass ihre aktuellen Leistungen nicht erwähnenswert sind.

    Wenn der Trainer Dich nicht mehr aufstellt, solltest Du Dir überlegen, ob Du noch gut genug bist. Das ist im Fußball doch relativ einfach.

    Wäre ich Bundestrainer ich hätte dem Thema nichtmal eine Zeile gewidmet.
    Maximal als Antwort bei Nachfragen. „Ist er nominiert? Sehen Sie, dann wird er wohl nicht spielen“.

  2. Hallo Kollege Curi0us,

    du hättest vielleicht Recht, wenn wir nicht vom nominellen Kapitän sprechen würden und es diese Überhöhung des Kapitänsamtes nicht gäbe. Ich behaupte, dass man Ballack gut noch nominieren könnte, wenn er denn nicht der nominelle Kapitän wäre.

    Grüße

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